„Für schmückendes Beiwerk hast du ziemlich viel zu sagen", stellte er augenrollen fest und zog die junge Frau mit in den Aufzug als dieser ankam.
„Ah, gut das ich weiß, wo ich stehe. Aber sicher dass ich mich so benehmen soll?", wollte sie wissen, denn sie glaubte nicht, dass das gut ankommen würde.
„Würdest du vermutlich ohnehin nicht hinkriegen", seufzte er und beobachtete ungeduldig die sinkenden Zahlen, auf der Anzeigefläche.
„Soll das eine Herausforderung sein?", fragte sie und hob eine Augenbraue. Allerdings konnte sie nicht leugnen, dass Darwin sie nervös machte, so wie er auf die Zahlen blickte. Sie wusste mittlerweile, dass er nicht lange still bleiben konnte, doch so nervös wirkte er sonst nicht.
Darwin lachte und blickte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Wenn du deinen Job eine Herausforderung nennst", erwiderte er provokant und stieg nun ruhig gemächlich mit Scarlett am Arm aus dem Lift.
„Mehr dich, als meinen Job", sagte sie ohne großartig über ihre Worte nachzudenken, während sie sich neugierig umsah. Wo wollte Darwin nur mit ihr hin?
In der Lobby angekommen, waren sie bereits mit wenigen Schritten in der Einfahrt, wo gerade ein schwarzer Wagen vorfuhr. Es war tatsächlich das erste Mal seit ihrer Ankunft, dass Scarlett wieder nach draußen kam. Das Lernen hatte wirklich viel Zeit beansprucht und noch dazu ihre Nerven.
Aber dadurch, dass sie draußen einen großen Balkon mit Pool gehabt hatte, fühlte sie sich nicht eingesperrt. Auch wenn es auf Dauer nichts gewesen wäre. Sie spürte schon jetzt das Gefühl von Freiheit und sie wollte am liebsten die Sonne noch ein wenig genießen. Was dumm war, denn das konnte sie jeden Tag auf der Sonnenliege. Dennoch fühlte sie sich freier. Ihr Blick richtete sich auf das Auto mit dem Fahrer, den sie bereits kannte. Ob Darwin auch selbst fuhr?
„Bissig?", fragte Darwin amüsiert und öffnete in einer fließenden Bewegung die Autotür, damit Scarlett einsteigen konnte.
Scarlett kam seiner stummen Aufforderung nach und ließ sich auf den Sitz nieder. Das Auto war geräumiger als jenes, mit dem der Fahrer sie abgeholt hatte. Auch als Darwin sich neben sie setzte, war noch immer recht viel Platz. Es musste sich also um ein anders handeln, was in Scarlett die Frage aufsteigen ließ, wie viele Autos Darwin eigentlich besaß.
„Möglicherweise. Nicht gut?", fragte sie, weil sie nicht genau wusste, ob diese Art von ihr bei Darwin auf Anklang stieß. Auch wenn sie oft das Gefühl hatte er würde es mögen. Dennoch würde es wohl seinen Eltern nicht ganz so sehr zusagen. Das musst sie abschätzen.
„Hm", seufzte er nachdenklich, ließ die Antwort jedoch offen für Scarletts Interpretationen. Konnte sich der Mann nicht einmal klar ausdrücken?
Nachdem er selbst neben sie eingestiegen war, zog er die Tür zu und gab dem Fahrer mit einem Kopfnicken zu verstehen, loszufahren.
Scarlett seufzte ebenfalls, schwieg jedoch, während das Auto durch die Stadt fuhr und sie die Häuser an sich vorbei rauschen sah.
Da sie in dieser Gegend noch nie gewesen war, konnte sie auch nicht sagen wohin sie fuhren.
Es dauerte eine Weile, bis das Auto wieder anhielt und Darwin ausstieg. Sie folgte ihm und fand sich in einer Gegend wieder, die recht edel war.
Vor ihr eine weiße Neonschrifttafel, mit dem Titel 'Lotus', wobei das 'u' eine offene Lotusblüte bildete. Wie passend... vielleicht sogar ein wenig kitschig, doch sowohl die Schrift, als auch die Blüte, waren sehr schlicht und sauber gehalten.
„Tu einfach so, als würdest du mich leiden können und du hast den Abend nichts zu befürchten", erklärte Darwin leise beim Aussteigen und reichte ihr höflich eine helfende Hand.
Scarlett ergriff diese und ließ sich aus dem Auto helfen. „Niemand hat etwas anderes behauptet", sagte sie und war ein wenig erleichtert, denn das würde ihr sicherlich nicht all zu schwerfallen. Solange auch Darwin mitspielten.
Gemeinsam mit Scarlett an seinem Arm, machte Darwin einige Schritte auf den Eingang zu, bis er jedoch davor wieder innehielt. „Und keine unnötig intimen Themen, wie mit Ray. Verstanden?", stellte er nun ernst klar und wandte ihr sogar seinen Blick zu.
Scarlett hob ein wenig den Bick und richtete ihre dunkelblauen Augen direkt auf ihn. „Verstanden", antwortete sie, auch wenn sie nicht ganz verstand, warum sie das nicht im Auto besprochen hatten. Es kam doch sehr plötzlich. Außerdem wusste sie nicht genau was bei Darwin intime Themen waren. Über was durfte sie reden und was nicht? „Aber flirten ist in Ordnung oder?", fragte sie sicherheitshalber nach. Immerhin sollte sie seine Freundin sein.
„Mach dir keine Hoffnungen... Wenn wir Glück haben, ist Ray nicht da", gab er nur augenrollend zurück und setzte seinen Weg fort. Am Eingang grüßte er einen Mann, mit asiatischen Gesichtszügen, welcher dieses erwiderte und die beiden einließ.
„Ich rede von dir, nicht von Ray", murmelte Scarlett unwillig. War das denn so zweideutig gewesen?
Sie versuchte die Eindrücke der Umgebung in sich aufzunehmen, während sie auf eine Erwiderung wartete.
Der asiatische Stil war hier vorherrschend, was bei dem Namen nicht verwunderlich war. Der Eingangsbereich war recht hell gehalten, zumindest im Gegensatz zur dunklen Nacht außerhalb dieser Wände. Dunkelrotes Kirschholz an Wänden, Decken und Bars, war dominierend. Ebenso wie mehrere ballonartige Lampen, welche in cremefarbenem Weiß, von den Decken hingen und Licht spendeten. Nicht zu strahlend, so, dass es noch eine recht gemütliche Atmosphäre behielt.
Einige wenige befanden sich gerade noch an der Rezeption, wo man Taschen, Jacken und alles Mögliche einschließen lassen konnte, doch das interessierte Darwin reichlich wenig. Er ging zielstrebig daran vorbei, hin zu einer Treppe an der Seite, die von filigran geschnitzten Trennwänden, eingerahmt wurde, verziert mit geometrischen Mustern und einigen runden Löchern dazwischen.
Scarlett hätte fast geglaubt sich in einem Chinarestaurant zu befinden, doch im Gegensatz zu den billigen Imbissen, in denen sie bisher gewesen war, war hier alles sehr hochwertig. Es würde sie nicht mal wundern, wären die feinen Porzellanvasen, die ab und an, an den Seiten zur Deko standen, echte Antiquitäten.
Oben angekommen, bot sich ihr ein wahres Labyrinth aus den halbdurchlässigen Trennwänden, die zwar nichts komplett abschirmten, doch auch nicht zu viel zeigten.
Scarlett fühlte sich nicht gerade passend angezogen und hätte wahrscheinlich eines der asiatischen Kleider nehmen sollen, die bei ihrer Garderobe dabei gewesen waren. Doch da Darwin ihr nicht gesagt hatte, wo sie hingingen, war das auch schwer zu entscheiden.
Sie schmiegte sich ein wenig mehr an Darwin, weil sie sich ein wenig unwohl fühlte. Es war alles neu für sie und sie wusste auch nicht ganz auf wen sie gleich treffen würde.
Gut das Darwin sie führte, denn er schien wenigstens zu wissen wo er hinging. Bei mehreren Abteilen, an denen sie vorbeigingen wurden Stimmen laut. Scarlett konnte zwar immer wieder einige Silhouetten hinter den Wänden erkennen, doch nie Gesichter.
„Lampenfieber vor deinem ersten Auftritt auf der Bühne?", fragte Darwin leise, gerade laut genug, um die aufkommende Musik und das Gerede zu übertönen.
„Ja. Was genau ist das hier?", fragte sie flüsternd und überlegte sich bereits welche Ausrede sie sich dieses Mal einfallen lassen konnte, warum sie mit andern nicht so viel sprach oder interagierte. Hier konnte sie jedoch nicht gehen. Sie würde sich also versuchen an Darwin zu halten und in ihm keinen Auftrag sondern einfach nur einen Mann sehen, den sie versuchte für den Abend zu erobern. Sie waren zwar in einer Umgebung, die nicht mit den Bars zu vergleichen war, in denen Scarlett sonst verkehrte, doch es schien eine Bar zu sein. Also etwas, wo sie sich heimisch fühlte. Auch wenn ihre Begleitung sonst eine andere war.
„Das ist der Lotus. Ein Club der gehobeneren Gesellschaft, in dem wir ab und zu ausspannen, wenn wir nicht gerade auf richten Partys unterwegs sind", erklärte Darwin beiläufig und wurde etwas langsamer, als er Scarlett seinen Arm entzog, um diesen um ihre Taille zu legen. „Bereit?"
Scarlett atmete tief durch und versuchte sich darauf zu besinnen, dass sie seine Freundin spielen musste. Sie würde ihm also den Abend lang so wenig von der Seite weichen wie möglich. So, wie sie es sonst bei den Männern tat, mit denen sie flirtete.
„Ja", versuchte sie fest hervorzubringen, doch ihr war die Nervosität anzuhören.
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