Ein etwas verkrampftes Lächeln begab sich auf Alexa Lippen, doch ehe sie etwas erwidern konnte, betrat mit einer lauten Begrüßung Ray das Abteil.
Scarlett erkannte seine Stimme sofort und wandte sich zu ihm um, um ihn zuzulächeln. Allerdings begrüßte sie ihn nicht sofort. Ihre Aufmerksamkeit wurde auf die junge Frau an seiner Seite gerichtet.
Ihr langes, blondes Haar war zu einem festen Zopf hochgebunden und ihre Ausstrahlung hatte etwas sehr selbstsicheres. Die Kleidung, die sie trug wirkte jedoch nicht so ausgelassen sondern eher streng, was sie etwas Fehl am Platz wirken ließ.
„Ach du scheiße", hörte Scarlett Darwin neben sich murmeln, als er mit einem gereizten Seufzen den Kopf an seine Hand stützte.
Alexa dagegen begrüßte die beiden Neuankömmlinge erfreut.
Nach Darwins Reaktion war es nicht schwer zu erraten, dass die Blonde wohl Rays Freundin sein musste, von der Darwin nicht so viel hielt. Nach ihrem Auftreten konnte Scarlett das durchaus verstehen.
„Aileen", grüßte Riley die Frau überschwänglich, die jedoch sofort klar machte, dass sie von diesen nicht berührt werden wollte. In ihrem Blick war die Abneigung deutlich zu sehen.
Etwas was Scarlett ihr sogar kaum übelnehmen konnte. Sie hätte es auch vorgezogen, sich von Riley zurückzuziehen. Ray erblickte Scarlett, als er mit seiner Begleitung, neben Darwins Nachbar Platznahm und begrüßte sie. „Scarlett, wie schön dich auch hier zu sehen."
Scarlett erinnerte sich gern an dem Abend am Pool zurück, an dem sie Ray kennengelernt hatte und so fiel ihr das Lächeln nicht schwer. „Hallo Ray, schön auch dich wiederzusehen", grüßte sie freundlich. Wenigstens ein weiteres vertrautes Gesicht, auch wenn sie Ray eigentlich genau so wenig kannte, wie den Rest der Gesellschaft. Darwin eingeschlossen.
Aileen, die an Rays Seite saß, starrte Scarlett förmlich an, ohne jede Scheu. „Ist sie das?", fragte sie mit einem Blick zu ihrem Freund, dessen Arm sie regelrecht umklammerte. Ray nickte beiläufig und schenkte zwei Gläsern ein. „Erstaunlich, ich hätte nicht erwartet, dass Raymond das ernst gemeint hat. Es ist auch mir ein Vergnügen, die Frau kennenzulernen, die Darwin angeblich an die Leine gelegt hat. Ich bin Aileen, Raymonds Freundin", erklärte sie und strich stolz über seinen Arm, den sie umklammert hielt.
Bei der Wortwahl, die sie nutzte, musste Scarlett überrascht blinzeln. Darwin an die Leine gelegt? Meinte sie das ernst? Und warum nannte sie ihren Freund Raymond? Das war sehr... seltsam. Sollte man seinem Freund keinen Kosenamen geben, statt seinen vollen Namen zu nutzen oder war das einfach ihre Art ihre Besitzansprüche zu zeigen?
„Freut mich", brachte Scarlett mühsam freundlich hervor. Irgendwie war ihr diese Frau unsympathisch, aber da man Ray ansehen konnte, dass er sie mochte, entschied sich Scarlett noch nicht so voreilig zu urteilen. Auch wenn sie durch Darwins Meinung vorbelastet war.
„Ist das deine Art, Ray deine geheimen Wünsche mitzuteilen? Oder bist du zu prüde für eine Leine?", mischte sich Darwin ein und lächelte sie provokant, wenn auch verkrampft an. Dabei nahm er ein Glas entgegen, das ihm gereicht wurde und trank es in einem Zug aus.
Aileen war anzusehen, dass sie von seiner Bemerkung nicht viel hielt. Dennoch erwiderte sie fast ruhig: „Stimmt ja, du legst die Frauen ja immer an die Leine. Seltsam, dass sie dir noch nicht weggerannt ist." Scarlett war, als wäre die Blonde dazu übergegangen nun sie zu attackieren. Als würde sie testen wollen, wie Darwin darauf reagierte. Oder als würde sie hoffen ihn so beleidigen zu können.
„Können sie ja nicht mit einer Leine", erwiderte er und schenkte sich gleich nach, um noch einen zu trinken.
Es war deutlich angespannter geworden und auch Alexa hatte ihre Aufmerksamkeit Darwin und Aileen zugewandt und nicht mehr Scarlett. Diese war zwar auch neugierig, doch sie wollte nicht, dass das Ganze eskalierte.
Scarlett wandte sich an Alexa. „Ist sie immer so? Irgendwie klingt es, als hätte sie die Absicht uns den Abend zu verderben", fragte sie leise. Sie wusste nicht genau wie die anderen zu dieser Person standen, doch da sie es eindeutig auf Darwin abgesehen hatte, fühlte sich Scarlett in der Plicht sich auf dessen Seite zu stellen.
„Normalerweise kommt sie nicht mit, aber wenn Darwin und sie aufeinandertreffen gibt es nur den einen Ausweg. Einer muss gehen", flüsterte Alexa zurück und nippte immer wieder an ihrem Getränk.
„Die Frauen können einem leidtun", gab Aileen mit einem leisen Schnauben von sich und wandte sich an Ray, wohl in der Absicht Darwin zu ignorieren.
„Deine Schwester hat sich nicht beschwert", erwiderte Darwin provokant, worauf Ray die Augen aufriss, als würde gleich etwas Schreckliches passieren.
Scarlett seufzte und stellte fest, dass sie wohl schon ein wenig zu viel Alkohol getrunken hatte, denn sie erhob sich und ließ sich provokant auf Darwins Schoß nieder, um so seine Aufmerksamkeit zu erhalten. „Warum verschwendest du deine Zeit mit einer Frau, die deine Aufmerksamkeit gar nicht wert ist?", fragte sie, dass es jeder hören konnte und strich ihn mit den Fingerspitzen provokant am Kinn entlang. Es war ein Versuch ihn abzulenken, doch sie wusste nicht, ob er bei Darwin gut ankommen würde.
Aileen rollte nur genervt die Augen, doch Darwin richtete bei Scarletts Berührung langsam den Blick zu ihr nach oben. „Da hast du wohl recht", antwortete Darwin und legte einen Arm um Scarletts Hüfte und die freie Hand auf ihren Oberschenkel.
Scarletts Blick huschte kurz zu Aileen, der anzusehen war, dass ihr das nicht gefiel, aber sie hielt den Mund. Was gut war. Dennoch blieb die Situation angespannt. Als würden Darwin und sie jeden Moment wieder aneinandergeraten.
Die Schwarzhaarige ließ sich davon jedoch nicht entmutigen und setzte ihre sanften Streicheleinheiten fort. Sie lehnte sich sogar ein wenig mehr an seine Brust. „Willst du ein wenig tanzen, dann musst du sie nicht sehen", fragte sie leise an sein Ohr, während ihre Finger nun über seinen Arm strichen.
Ohne zu antworten erhob sich Darwin, hielt Scarlett jedoch an der Hüfte fest, damit sie nicht hinfiel.
„Wir gehen nach unten, die Beine vertreten. Du bleibst hier, Riley", erklärte er warnend an den Blonden, damit er gar nicht auf die Idee kam, ihnen zu folgen.
Dieser griff sich an seine Brust, was ein wenig überdramatisiert wirkte. „Ich schwöre ich werde dich nicht stören. Aber das heißt nicht, dass sie schon von meiner Liste gestrichen ist", erklärte er mit einem Grinsen, das Scarlett unwillig die Lippen verziehen ließ. Allerdings sagte sie nichts und ließ sich von Darwin nach unten auf die Tanzfläche führen.
„Diese eingebildete Tussi macht mich wahnsinnig", murmelte Darwin gereizt, sobald sie das Abteil verlassen hatten und sich auf den Weg durch das Labyrinth machten. Diesmal gingen sie jedoch einen anderen Weg, der wohl zur Tanzfläche führte.
„Das kann ich verstehen. Ich hatte das Gefühl sie wäre nur hier, um uns den Abend zu verderben", murmelte Scarlett. „Warum kommt sie denn mit, wenn es ihr augenscheinlich gar nicht gefällt?"
Sie hielt sich an Darwin fest, um ihn nicht zu verlieren, denn sie wusste, dass sie sich hier nicht zurechtfinden würde.
„Aus demselben Grund, weshalb sie noch mit mir spricht. Wegen Ray. Vermutlich hat sie Angst, dass er endlich erkennt, was für eine Schlange sie ist", erwiderte Darwin und legte Scarlett wieder einen Arm um die Taille, als sie an einer breiten Treppe ankamen, die hinunter auf die Tanzfläche führte. An deren Fußende standen zwei Securitymitarbeiter, die den privaten Bereich regulierten, aus dem sie beide wohl kamen.
„Wie ist er überhaupt auf sie gekommen. Ray wirkte mir nicht so... oberflächlich", versuchte sie sich leise zu erklären, während sie Darwins Hand deutlich auf ihrer Haut spürte. Sie trug Darwins Jacke noch immer, doch dieser hatte seinen Arm unter diese geschoben und hielt sie an einer Stelle, die nur mit dünnem Stoff bedeckt war.
„Frag mich nicht. Ich hab absolut keine Ahnung. Er hätte jede andere haben können. Sie muss ihn hypnotisiert haben oder sowas", die beiden betraten die befüllte Fläche, die zwar noch recht zugänglich war, aber doch gut besucht.
„Bin ich vorhin zu weit gegangen?", fragte Scarlett leise, weil ihr diese Frage auf der Zunge brannte und sie sich in der Masse der Menschen unbeobachtet fühlte. Zumindest von den Leuten, die es nicht bemerken sollten. Hören würden sie es bei dieser lauten Musik erst recht nicht. Auch wenn der Rhythmus sehr gut war, wäre es ihr lieber wenn es ein wenig leiser sein würde.
„Was genau meinst du?", fragte Darwin nach und griff sich eine halbvolle Flasche von einer vorbeilaufenden Kellnerin.
„Ich wollte dich nicht bedrängen, aber ich hatte Angst, dass das Ganze eskaliert", versuchte sie sich zu erklären, weil sie nicht genau wusste, wie sie ihr Verhalten von vorhin beschreiben sollte. „Ich wollte dich auf andere Gedanken bringen."
Langsam kam er zum Stehen und zog Scarlett ein wenig dichter zu sich, als er ihr musternd entgegenblickte. „Das... ist dir gelungen", flüsterte er an ihre Wange und hielt eine Weile inne, wohl um ihr Parfum zu riechen.
Sie benutzte einen Duft, der ihn stark an Minze erinnerte. Nicht dieses süße Zeug, das er sonst immer an den Frauen roch. Es gefiel ihm.
Genauso, wie es Scarlett gefiel seinen Atem an ihrem Hals zu spüren.
Sie senkte die Lider ein Stück und sog ebenfalls einen Duft ein.
Seine Finger an ihrer Taille begangen sich dabei langsam zu bewegen und sie zu kitzeln.
Auch Scarlett legte ihm die Hände auf die Arme und begann diese ein wenig zu streicheln. Das Ganze war weniger ein Tanz, doch viele Pärchen tanzten sie. Sie waren fest umschlungen und bewegten die Hüfte oder die Beine ein wenig. Sie fielen also nicht weiter auf. Was Scarlett nur Recht kam.
„Gehst du gerne in Clubs?", fragte Darwin ohne sich von ihr zu lösen und wog sich weiter ein wenig unkoordiniert gegen sie.
„Ja. Ich gehe sehr gern in Clubs. Hier kann man sehr viele interessante Menschen kennenlernen", antwortete Scarlett ohne jede Scheu. Immerhin schien es ihm nicht unähnlich zu gehen.