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Kapitel 10
Auf den Spuren der grünen Blitze
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„Erinnerst du dich denn noch daran, wo du mich gefunden hast? Es ist ja nun schon ein paar Tage her, dass du mich aufgenommen hast“, frage ich Killian, als ich mich im Spiegel des Badezimmers betrachte. Die Tür hinter mir ist einen Spalt geöffnet, Killian sollte mich also gut hören können.
„Selbstredend, das war in der Sutter Street“, antwortet er mir. „In einer Seitengasse direkt neben einem Hotel.“
„Hotel? Was ist das?“, frage ich nach. Ich flechte meine Haare zu einem seitlichen Zopf, den ich mir über die rechte Schulter lege. Mit einem elastischen Band, das ich mir von Killian geliehen habe, binde ich meine Haare zusammen. So dürfte es einfacher sein, die Kapuze zu tragen. Ich werde mich weniger beengt fühlen.
„In einem Hotel kann man Zimmer mieten, um dort zu übernachten.“
„Also eine Art Gasthaus, ja?“
„Ja, genau. Bist du angezogen?“ Killians tiefe Stimme dringt durch den Spalt in das Badezimmer. Im Spiegel erblicke ich seine Finger an der Tür. Bevor er die Tür öffnet, will er wohl sicher gehen, dass ich nicht gleich wieder nackt vor ihm stehe. Dass es albern ist, da er mich nun schon öfter unbekleidet gesehen hat, behalte ich für mich. Der Mensch hat eben einige Eigenheiten, mit denen ich mich zurechtfinden muss.
„Mhm“, antworte ich ihm und drehe mich in seine Richtung, als er eintritt. „Hoodie und Jeans, jetzt fehlen nur noch meine Schuhe.“ Als ich die Kleidungsstücke erwähne, deute ich darauf, um Killian zu zeigen, dass ich mich erinnere. Der Mensch mustert mich von oben bis unten und sieht mir dann wieder ins Gesicht. Er zieht einen Mundwinkel hoch.
„Ich hatte kurz die Befürchtung, dass du wieder so wenig Kleidung wie möglich trägst. Heute ist es ziemlich kühl, du würdest frieren.“
„Ich war schon an der Feuertreppe und da war mir bereits kalt. Außerdem sollte ich draußen meine Haut ohnehin nicht zu auffällig präsentieren. Meine Schuppen könnten die Blicke der anderen Menschen auf sich ziehen.“
„Sehr gut mitgedacht, Ilaria. Du siehst übrigens sehr hübsch aus“, macht Killian mir ein Kompliment, das mich zum Schmelzen bringt. Komplimente treffen mich immer genau ins Herz, daran führt kein Weg vorbei.
„Danke“, antworte ich ihm verlegen.
„Nicht dafür. Bist du fertig?“
„Ja, das bin ich.“
Wir beide verlassen das Badezimmer. Nachdem ich mir die Schuhe angezogen habe, hilft Killian mir freundlicherweise in meine Jacke. „Vielen Dank.“
„Du musst dich nicht bedanken, das ist selbstverständlich.“
Gemeinsam gehen wir nach draußen. Wie immer verschließt Killian die Tür. Bereits im Flur verstecke ich mein Gesicht wieder so gut es geht unter der Kapuze. Wir verlassen gemütlich das Gebäude und gehen die Straße entlang. Soweit ich mich erinnern kann, schlagen wir dieselbe Richtung ein, in die wir gegangen sind, um mit dem Bus zum Strand zu fahren. Verzweifelt versuche ich mich zu orientieren, doch ich kann mich kaum an etwas Auffälliges erinnern. Die Gebäude der Menschen sehen doch irgendwie immer gleich aus, auch wenn sie sich in Farbe und Größe unterscheiden. Außerdem war es das letzte Mal dunkel, als wir in diese Richtung gelaufen sind.
Erst als wir an einer bunten Wandmalerei vorbei kommen, habe ich endlich einen Anhaltspunkt. Ich kann mich an die in bunte Kleidung gehüllten, hellblauen Bären erinnern. Sie sehen niedlich aus. Meine Aufmerksamkeit liegt so lange auf ihnen, bis Killian seine Hand an meine Taille legt und mich etwas in seine Richtung zieht. Erst bin ich etwas irritiert, doch dann bemerke ich, dass er mich von einer uns entgegenkommenden Menschenmenge wegmanövriert.
„Wie lange wird der Weg noch dauern?“, erkundige ich mich neugierig, als wir an einer Ampel Halt machen. Ich erinnere mich noch gut daran, was sie bedeutet, immerhin sind mir Ampeln nun schon mehrmals untergekommen.
„Dieses Mal dauert es ein wenig länger als bis zum Waschsalon. Ist grob geschätzt noch eine halbe Meile, vielleicht zehn Minuten.“
„Ich verstehe. Was machen wir, wenn wir in dieser Gasse nichts finden?“
„Dann müssen wir uns etwas anderes überlegen“, antwortet Killian mir neutral. Er legt seine Hand an meinen unteren Rücken und schiebt mich mit leichtem Druck vorwärts, als Zeichen, dass wir weitergehen können. „Am liebsten würde ich mir selbst in den Arsch treten, weil mir das noch nicht früher in den Sinn gekommen ist.“
„Es ist nicht deine Schuld. Ich hätte selbst darauf kommen können“, beschwichtige ich Killian sofort.
„Trotzdem. Ich verspreche dir lang und breit, dass ich dich nach Hause bringen werde und was tue ich? Ich surfe ein bisschen im Internet und gehe dann meinem Alltag nach, als wäre nie eine Meerjungfrau in mein Leben gespült worden. Du armes Ding sitzt die ganze Zeit in meiner Wohnung und fragst dich, ob du jemals wieder nach Hause kommst.“ Killian schüttelt den Kopf. „Ich müsste mich viel mehr anstrengen, um dir zu helfen, nur weiß ich nicht, wo ich anfangen soll.“
Ich hake mich bei Killian ein, er wirkt überrascht. „Du bist ein netter, fürsorglicher Mensch, Killian. Du hast alles getan, was du für richtig gehalten hast und das werde ich dir nicht vorwerfen. Wir beide wissen nicht, was wir tun sollen. Die Verantwortung liegt nicht alleine bei dir. Du gibst dein Bestes und das weiß ich zu schätzen. Mehr kann ich von einem Wesen aus dieser Welt gar nicht erwarten. Das wichtigste ist jetzt, dass wir in der Gasse etwas finden. Danach können wir uns wieder die Köpfe zerbrechen.“
„Mhm, okay…“ Der Mensch seufzt, er geht jedoch zu meinem Bedauern nicht weiter auf meine Worte ein. Eigentlich habe ich mit einer aussagekräftigeren Antwort gerechnet, doch selbst an der nächsten Ecke, an der wir die Richtung wechseln, kommt noch kein Ton von ihm.
Minutenlang gehen wir schweigend die Straße entlang. Um mich von der Spannung und Aufregung, die ich fühle, abzulenken, beobachte ich meine Umgebung genau. Immer wieder kommen wir an vereinzelten Bäumen vorbei, zu meinem Erstaunen entdecke ich sogar Palmen. Außerdem fällt mir auch in dieser Straße auf, dass viele Fenster und Türen durch Gitter geschützt sind. Mir kommt schnell in den Sinn, dass diese Gitter wohl vor aggressiven Menschen schützen sollen. An einer weiteren Ecke wechseln wir erneut die Richtung. Wenige weitere Schritte später, spricht Killian endlich wieder.
„Sieh mal, da vorne, das große Gebäude mit den rötlichen Ziegeln. Das ist das Hotel.“ Beeindruckt sehe ich nach oben. Durch seine Größe sticht es zwischen den kleinen Gebäuden links und rechts davon deutlich hervor. Farblich ähnelt das Gebäude dem, in dem Killian wohnt, jedoch ist das Hotel um einiges höher. „In der kleinen Gasse daneben habe ich dich gefunden.“ Nun folgt mein Blick Killians Hand. Wir begeben uns Schritt für Schritt auf das Hotel zu. Mir entgeht nicht, dass mein Begleiter sich sehr genau umsieht. „Behalt den Kopf bitte unten, Ilaria. Das ist sehr wichtig.“
„Wieso?“, frage ich, dabei senke ich sofort meinen Blick Richtung Boden.
„Weil es hier Kameras gibt, die alles aufzeichnen.“
„Oh.“
„Bleib hi…“ Killian räuspert sich. „Nein, lieber doch nicht. Komm.“
Der Mensch zieht mich mit in die Seitengasse. Wie versprochen halte ich meinen Blick gesenkt, um den Kameras zu entkommen. Je tiefer wir in die Gasse gehen, desto mehr senkt sich der Weg unter unseren Füßen. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, dass die Gasse so ausgesehen hat. Es war zu dunkel, um mich genau zu orientieren. Ich hatte es schwer genug, mich auf den Beinen zu halten, da hatte ich nicht die Gelegenheit, mich genauer umzusehen. Doch jetzt sieht das alles anders aus. Mit gesenktem Kopf und einem durch die Kapuze eingeschränkten Sichtfeld, versuche ich, mir die Umgebung einzuprägen. Die Wände der Gebäude, zwischen denen wir uns befinden, haben eine neutrale Farbe. Zu unserer Linken befindet sich eine Abgrenzung aus Metall, außerdem liegt überall Plastik, nicht nur Flaschen, sondern auch anderer Müll. Besonders einladend ist die Gasse wirklich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich fühle mich nicht an diesem Ort überhaupt nicht wohl.
„Hm“, kommt es überrascht von Killian. „Sand. Wir sind zu weit weg vom Strand, es könnte also sein, dass der Sand mit dir angespült wurde.“
„Meinst du?“, frage ich und sehe zu dem Punkt auf den Boden, auf den Killian recht unauffällig deutet. Ich lasse von meinem Begleiter ab und gehe in die Knie, um den Sand anzufassen. Ich nehme etwas davon und reibe ihn zwischen meinen Fingern. Zaghaft schnuppere ich sogar daran, doch die vielen unangenehmen Gerüche der Menschenwelt haften daran. Es ist mir nicht möglich zu sagen, ob er nach den Stränden meiner Heimat riecht.
„Sonst sieht hier eigentlich alles normal aus“, meint Killian etwas enttäuscht. Nicht nur er ist enttäuscht, für mich fühlt sich dieser Moment ebenfalls sehr ernüchternd an. Ich habe mich so sehr an die Hoffnung geklammert, dass ich nun nicht mehr weiter weiß. Alles, was mir aus meiner Heimat bleibt, ist eine Hand voll Sand und nicht einmal dabei bin ich mir sicher.
„Verdammt“, murre ich genervt. „Dann muss ich vielleicht für immer hier bleiben. Ich will endlich zurück nach Hause.“ Frustriert fasse ich nun mit beiden Händen in den Sand, fast so, als würde ich mich an das kleine bisschen Heimat klammern, das mir übrig geblieben ist.
„Ilaria…“ Killian geht neben mir in die Knie. Er streicht über meinen Rücken. „Wir finden einen Weg. Ich bin sicher, dass …“
„Nein“, antworte ich aufgeregt. „Wir finden keinen Weg. Ich muss für immer hier bleiben. Ich muss mich für immer in deinem Zuhause verstecken.“
Killian versucht, mich zu trösten, indem er mich weiterhin streichelt, doch ich drücke ihn sanft von mir. „Bitte nicht. Hör auf.“
„Entschuldige.“
„Wenn wir hier nichts finden, das mich nach Hause bringt, was soll ich denn dann noch machen?“, frage ich aufgelöst. „Warten? Auf die grünen Blitze? Als ob die jemals wieder auftauchen würden, ich bitte dich. Wir machen uns etwas vor.“
Frustriert sinke ich nun ganz zu Boden. Ich lege meine Hände in den Sand, schluchze dabei. „Ich will nach Hause.“ Geschlagen schließe ich meine Augen. Ich habe meine ganze Hoffnung in diesen Moment gesetzt. „Wieso bin ich überhaupt hier gelandet? Das ist alles so ungerecht. Ich gehöre nicht in diese Welt…“
„Ilaria…“
„Bitte lass mich in Ruhe…“
„Du solltest dir das wirklich ansehen“, antwortet Killian. Er legt seine Hand wieder auf meinen Rücken. Ich öffne meine Augen und sehe Killian an. „Hier, sieh mal.“
Der Mensch streicht durch den Sand. Mit seiner kräftigen Hand wischt er eine Stelle auf dem Boden frei, die in einem erst sanfteren, aber dann immer intensiver werdenden Grün schimmert. Als Killian den Sand beinahe vollkommen verwischt hat, erkenne ich, dass es sich um eine Rune handelt. Das Zeichen selbst sagt mir jedoch nichts. Vorsichtig fasse ich an das geschwungene Symbol, das in genau diesem Moment noch heller erstrahlt. Die Rune muss aus meiner Welt stammen. Obwohl ich das Zeichen noch nie gesehen habe, fühle ich eine Verbindung, die ich nicht in Worte fassen kann.
„Wow, what the fuck?“ Killian räuspert sich. „Spürst du irgendetwas?“
„Es ist… warm?“, antworte ich selbst sehr irritiert und überrascht.
„Versuch an deine Heimat zu denken, vielleicht öffnet das Ding ein Portal.“
„So einfach ist das nicht, Killian. Man kann ohne Magier kein Portal öffnen. Dafür benötigt man viel mehr Magie und Erfahrung, als du vielleicht denkst. Jemand wie ich ist dazu nicht fähig.“
„Versuch es wenigstens, Ilaria. Das hier ist die Menschenwelt. Wir wissen doch gar nicht, wie die Magie in meiner Welt funktioniert. Wenn du es nicht versuchst, kannst du nicht sicher gehen, dass sich kein Portal öffnet“, schlägt er vor.
Ich nicke. Vorsichtig lege ich meine Hand auf die Rune und schließe meine Augen. Das wärmende Licht der Rune klettert über meine Finger, bis zu meinem Handgelenk und strahlt in meinen Unterarm. Ich spüre ein sanftes Kribbeln. In meinem Kopf stelle ich mir den Strand vor, das salzige Wasser, die Tiefen des Flüsternden Ozeans, die magische Barriere meiner Heimatstadt. Ich spüre schon beinahe das Wasser an meiner Haut, atme es und fühle, wie die Strömung mich umhüllt. Vor meinem inneren Auge sehe ich mein Zuhause und sogar die kleinen Seepferdchen, die sich vor meiner Höhle tummeln. Es fühlt sich beinahe so an, als wäre ich zu Hause, doch ich bin es nicht. Ich bin immer noch in der Welt der Menschen.
Das Kribbeln auf meiner Haut und auch die angenehme Wärme verschwinden. Enttäuscht öffne ich meine Augen. Das Leuchten der Rune ist erloschen, genau wie ich es mir gedacht habe. Ein weiteres Mal wird meine Gefühlswelt von Enttäuschung eingenommen.
„Es hat einfach aufgehört…“, gebe ich geschlagen von mir. Anstatt in einem satten Grün zu erstrahlen, sieht das Symbol nun so aus, als hätte man es mit Kohle auf den Boden gezeichnet. Es wirkt beinahe so, als wäre die gesamte Magie wieder verschwunden.
„Das tut mir leid, Ilaria.“
„Muss es nicht…“
Killian nimmt seine Hand von meinem Rücken. Er zückt sein Smartphone und hält es über die Rune. „Das ist ja seltsam. Sieh mal.“
„Hm?“
„Man kann die Rune nicht auf dem Bildschirm sehen.“ Killian zeigt mir das Display. Abgesehen von Sand ist tatsächlich nichts sichtbar. „Dann eben anders.“ Ich sehe zu dem Menschen, als er etwas aus seiner Jackentasche zieht. Mit einem Stift und wenigen Handbewegungen hat er die Rune aufgezeichnet.
„Was hast du damit vor?“, erkundige ich mich interessiert.
„Wer weiß, wozu wir die Rune noch brauchen können“, antwortet Killian mit einem sanften Lächeln. „Das ist unser nächster Anhaltspunkt, darauf können wir aufbauen, da bin ich mir ganz sicher.“ Er streicht durch den Sand, vermutlich sucht er nach einem weiteren Hinweis. Abgesehen von einer kleinen Muschel finden wir jedoch nichts mehr in der Gasse. Der Mensch hat vorgesorgt. In einen Beutel aus Plastik füllt er etwas von dem Sand und auch die Muschel landet darin. Als ich den Inhalt des Plastikbeutels in Killians Jackentasche verschwinden sehe, stellt sich große Ernüchterung ein. Dass das alle Hinweise sein sollen, fühlt sich so unwirklich an.
Obwohl wir die Gasse noch einmal absuchen, kommen wir zu dem Entschluss, dass es außer dem Sand, der kleinen Muschel und der erloschenen Rune nichts gibt, das in dieser Gasse an meine Welt erinnern könnte. Meine Enttäuschung zu verstecken ist unmöglich. Ich dachte wirklich, dass wir etwas auf der Spur sind.
Killian bricht das Schweigen, das sich zwischen uns ausgebreitet hat. „Es tut mir leid, dass wir nicht mehr finden konnten.“
„Du kannst ja nichts dafür“, antworte ich geschlagen.
„Hast du denn eine Ahnung, was diese Rune bedeutet?“
Ich lasse einen tiefen Seufzer los. „Dummerweise nicht. Runen zählen zur Magie. Die Bedeutungen der verschiedensten Runen gehören zur Ausbildung der Magier, zumindest ist es in meinem Volk so üblich. Es könnte durchaus sein, dass sie gar nicht von meinem Volk stammt. Vielleicht gehört sie zu dem Volk der Hexen oder zu einem der Elbenstämme. Sicher bin ich mir jedoch nicht…“
Killian legt seinen Arm um meine Taille, als wir wieder die Straße lang gehen. Er spricht mir gut zu: „Ich kann versuchen, etwas im Internet darüber zu finden. Das Problem ist nur, dass ich nicht sicher bin, ob wir Menschen auf der richtigen Spur sind, falls ich überhaupt etwas über die Rune finden kann.“
„Vielleicht sollten wir aufgeben… Ich komme nie wieder nach Hause…“
Killian bleibt stehen. Er legt seine Hände an meine Schultern und dreht mich zu sich. Ich meide seinen Blick, doch Killian legt seine Hand an mein Kinn und richtet meinen Blick in sein Gesicht. Er hält ehrlichen Augenkontakt.
„Denk nicht daran, aufzugeben“, bittet er mit Nachdruck.
„Was soll ich sonst tun, Killian?“
„Wir haben noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.“
Auch wenn Killian auf den ersten Blick zuversichtlich wirkt, kann ich Zweifel in seinen Augen erkennen. Er will mich aufmuntern. Ich weiß es zu schätzen, dennoch hilft es mir nicht besonders. Nicht in diesem Moment.
„Und was jetzt?“ Ich sehe verzweifelt in den Himmel. „Wieder auf schlechtes Wetter warten? Zumindest regnen könnte es heute. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir grüne Blitze zu sehen bekommen.“
Killian seufzt. Er zieht mich an sich heran und drückt mich an sich. „Ich weiß, dass es ausweglos aussieht, Ilaria. Jetzt ist es sogar noch ein bisschen beschissener als heute Morgen, aber es muss eine Möglichkeit geben. Schon, dass du hier bist, zeigt doch, dass es eine Möglichkeit gibt, von einer Welt in die andere zu gelangen. Wir müssen sie nur finden.“ Ich schließe meine Augen und versuche, mich zu beruhigen. Killian streichelt meinen Rücken. Schon in der Gasse waren diese Berührungen angenehm. „Die Rune ist doch schon ein Anfang. “
„Danke, dass du nicht aufgibst…“
„Das könnte ich gar nicht.“ Killian löst sich wieder von mir. Er zieht einen Mundwinkel hoch. „Kann ich irgendwas tun, um dich wieder aufzuheitern?“
„Mich heute nicht alleine lassen…“
„Das lässt sich einrichten.“ Killian zeigt auf seine Stirn. „Damit kann ich ohnehin nicht arbeiten gehen.“
Mitleidig betrachte ich die Wunde an Killians Stirn. Sie sieht noch genauso aus wie gestern. Die Menschen haben wohl eine sehr langsame Wundheilung. „Schmerzt es noch sehr schlimm?“, frage ich besorgt nach.
„Mach dir keine Gedanken, ich komme schon klar.“ Killian sieht nach oben. „Mit dem Regen könntest du allerdings Recht haben. Lass uns nach Hause gehen. Eigentlich wollte ich noch mit dir in den Park, aber ich will nicht riskieren, dass du nass wirst. Wir wollen ja nicht, dass du deine Beine verlierst.“
Schmunzelnd sehe ich Killian an. „Das kann ich mir erst erlauben, wenn du stark genug bist, mich zu tragen.“
Killian grinst. „Dann lass uns gehen. Heute werde ich mir leider keinen Muskelberg mehr zulegen können.“
༄ ♫ ༄
Wieder in Killians Zuhause angekommen, wird es Zeit, den Besuch in der Gasse zu verarbeiten. Ich erhole mich von unserer kleinen Reise, indem ich in eine kuschelige Decke gehüllt im Bett liege. Das Fenster ist geöffnet, draußen regnet es mittlerweile ziemlich stark. Killian befindet sich ebenfalls im Schlafzimmer. Zur Abwechslung schläft er nicht, im Gegenteil, er ist vollkommen auf sein Tablet konzentriert. Wie versprochen ist er damit beschäftigt, nach der Bedeutung der Rune zu suchen. Mit geschlossenen Augen ziehe ich das Kissen näher zu mir. Obwohl der Regen recht laut ist, kann ich deutlich hören, wie Killian gegen den Bildschirm des Tablets tippt.
„Geht es dir schon besser?“, fragt er mich in ruhigem, aber eindeutig besorgtem Tonfall.
Ich öffne meine Augen und sehe, dass Killians Blick auf mich gerichtet ist. „Nein. Ich bin sehr demotiviert.“
„Kann ich dir helfen?“
„Nein.“
Für meine Antwort ernte ich einen mitleidigen Blick. Killian legt seine Hand an meine Schulter. Er streichelt mich für einen Moment.
„Hast du etwas gefunden?“, frage ich leise nach. Die Hoffnungslosigkeit, die ich spüre, spiegelt sich deutlich in meinen Worten wieder.
Killians Gesichtsausdruck spricht Bände, dennoch antwortet er mir: „Leider nicht. Ich dachte mir schon, dass eure Runen mit denen der Menschen nicht viel gemein haben werden.“ Killian legt das Tablet weg. „Die meisten Runen, die den Menschen bekannt sind, sind eckig. Das geschwungene Symbol, das wir gefunden haben, hätte nicht dazu gepasst.“
„Natürlich war unsere Suche erfolglos…“
„Das tut mir wirklich leid, Ilaria. Ich wünschte, ich könnte mehr tun.“
Ich lächle bitter. „Ja, ich auch.“
Killian seufzt. Er sieht schweigend zum Fenster.
„Und was machen wir jetzt?“, frage ich nach einigen Minuten Stille, die nur von den Regentropfen unterbrochen wird. Killian dreht sich zu mir, er zuckt mit den Schultern.
„Aufgeben jedenfalls nicht. Ich bleibe an der Sache dran. Die Rune ist vielleicht im Moment eine Sackgasse, aber das muss nichts heißen. Vielleicht finde ich noch etwas, das Internet ist groß.“ Killian reibt sich über die Augen. „Gott, wieso fällt mir nicht mehr ein als das?“ Der Mensch richtet seinen Blick wieder zum Fenster. Überlegend streicht er durch seinen Bart. „Irgendwas muss ich doch tun können“, murmelt er vor sich hin. „Vielleicht finde ich in einer Bibliothek etwas. Ich sollte meine Suche auch in Richtung Esoterik erweitern. Nach dieser leuchtenden Rune sollte ich gar keine Möglichkeiten ausschließen.“
Auf der Suche nach Trost in dieser ausweglos erscheinenden Situation hebe ich meine Hand und lege sie an Killians Unterarm. Der Mensch sieht mich ein weiteres Mal an. Mein Blick muss so verzweifelt sein, dass ich großes Mitleid errege, denn Killians Augen quellen förmlich davon über. Killian zieht beide Mundwinkel hinunter. Ohne groß zu zögern legt er sich zu mir und zieht mich in seine kräftigen Arme.
„Wenn ich es nicht schaffe, dich nach Hause zu bringen, dann kann ich dir zumindest versprechen, dass du das alles nicht alleine durchstehen musst, Ilaria. Was auch immer wir finden oder nicht finden, du kannst bei mir bleiben.“
„Und das belastet dich gar nicht?“
Killian streicht durch meine Haare. „Nein. Ich bin schon ziemlich lange alleine.“ Der Mensch nimmt seine Hand von mir und kratzt sich am Hinterkopf. Ich nehme ein wenig Anstand von ihm, nur so viel, dass ich ihn ansehen und seine Augen betrachten kann. Killian räuspert sich, ehe er weiterspricht: „Es tut mir gut, Gesellschaft zu haben, vor allem, wenn es so eine reizende Gesellschaft ist.“
Es ist nun das erste Mal, dass ich seit unserem Besuch in der Gasse richtig lächle. „Danke, Killian.“
Der Mensch grinst frech, legt dann seinen Arm erneut um mich und zieht mich an seine Brust. „Du hast ein sehr schönes Lächeln. Das steht dir viel besser als diese Hoffnungslosigkeit.“
Dieses dezente Kompliment bringt mich dazu, noch etwas breiter zu lächeln. „Es ist nett, dass du das sagst.“
„Nun, es ist die Wahrheit“, antwortet er amüsiert. „Ich würde sagen, dass wir uns nach dieser Enttäuschung einen schönen Nachmittag machen, was meinst du?“
„Was hast du denn vor?“, frage ich, wobei ich meine Augen schließe.
Killians Körper ist angenehm warm. Ich fühle mich in seiner Umarmung sehr geborgen. Ich muss auch zugeben, dass es mir schon ein wenig besser geht. Zu wissen, dass ich bei Killian bleiben kann, gibt mir Halt in einer Welt, in die ich gar nicht gehöre. Ohne ihn würde ich mich hier in der Welt der Menschen wohl kaum zurechtfinden und wer weiß, an welche furchtbaren und bösartigen Menschen ich geraten würde, wenn er mich nicht beschützen würde.
Killian klingt amüsiert, als er mir antwortet: „Ich würde dich gerne in ein Klischee aus der Menschenwelt einweihen. Hättest du daran Interesse?“
Wieder nehme ich etwas Abstand, um Killian ins Gesicht sehen zu können. „Ja, erzähl es mir.“
„Wie weit das Klischee tatsächlich in der echten Welt vertreten ist, kann ich nicht so ganz beurteilen, aber in Film und Fernsehen wird es gerne angewandt. Es ist wahrscheinlich ziemlich albern.“ Killian grinst mich breit an. „Wenn Frauen traurig, wütend oder frustriert sind, dann setzen sie sich gerne in bequemen Klamotten vor den Fernseher und Essen Eiscreme.“
„Eiscreme?“, frage ich aus einer Mischung von Irritation, aber auch Neugierde. Eis sagt mir etwas. Gefrorenes Wasser. „Was ist das?“
„Soll ich es dir erklären oder willst du es lieber selbst herausfinden?“, antwortet Killian mit einer neckischen Gegenfrage. Wie immer, wenn es ums Essen geht, spielt er den Geheimnisvollen.
„Ich seh schon, du willst es mir nicht erklären.“
„Es ist spannender, wenn du es selbst herausfindest“, antwortet Killian mir. „Ich kann nur so viel verraten: Da du Süßes gern hast, wirst du Eiscreme vermutlich sehr gern haben.“ Um seinen frechen Tonfall noch zu unterstreichen, zwinkert er mir zu.
„Du machst mich neugierig, Mensch.“
༄ ♫ ༄
Killian und ich sitzen zusammen auf der Couch. Er hat mir einen seiner weiten Hoodies geliehen, in den ich mich nun kuschle. Der Stoff ist zwar nicht ganz so weich wie der meiner eigenen Kleidung, dennoch fühle ich mich sehr wohl darin. Über meine leicht bekleideten Beine ziehe in eine der Decken, die immer auf der Couch liegen.
Interessiert sehe ich Killian dabei zu, wie er ein Tuch um einen Becher wickelt. „Hier, probier das“, bittet er mich und reicht mir den Becher. „Eis wird dir ein Begriff sein, oder?“
„Natürlich. Eis ist gefrorenes Wasser“, antworte ich ihm, wobei ich den Plastikbecher annehme und sofort inspiziere.
„Das hier ist mit viel Schokolade. Die anderen beiden sind mit Vanille und Karamell und Erdbeere. Am besten du probierst von überall. Hoffentlich ist etwas dabei, das dir zusagt.“
Ich höre Killian aufmerksam zu und nicke. Schokolade ist mir mittlerweile ein Begriff. Ich kenne sie durch die köstlichen Donuts. „Sind das kleine Häschen aus Schokolade?“, frage ich, als ich die Schokoladestückchen auf der Eiscreme betrachte.
„Ja, das ist sozusagen das Markenzeichen der Hersteller“, klärt Killian mich auf.
Schmunzelnd nehme ich den Löffel an, den Killian mir hinhält. „Vielen Dank.“
„Wenn es dir nicht schmeckt, musst du es nicht essen, nur um mir einen Gefallen zu tun, okay?“
„Ich bin offen für dein – wie war das? Menschenwelt-Klischee?“
Killian lacht leise. „Ja, das Klischee, dass Frauen sich mit Eiscreme trösten“, antwortet er amüsiert. „Koste es. Ich bin gespannt, wie es dir schmeckt.
Ich werfe Killian einen kurzen Blick zu und führe dann den Löffel in den Becher, um von der Eiscreme zu probieren. Sie fühlt sich in meinem Mund nicht nur angenehm kalt an, auch der süße Geschmack ist faszinierend. Ohne etwas zu sagen reiche ich Killian den Becher und beuge mich vor zum Couchtisch, um den zweiten Becher an mich zu nehmen. Die nächste Eiscreme, für die ich mich entscheide ist heller, außerdem hat sie braune Streifen. Auch hier finde ich die Schokoladenhäschen wieder.
„Machst du es jetzt mit Absicht spannend?“, fragt Killian nach.
„Möglich?“, antworte ich mit einem frechen Grinsen, das er allerdings nicht sehen kann. Als ich mich wieder gerade hinsetze, probiere ich.
„Das ist übrigens Vanilleeiscreme. Die Streifen sind Karamell.“
Nickend lasse ich mir die Eiscreme auf der Zunge zergehen. „Und in dem letzten Becher ist Erdbeere, richtig?“, frage ich noch einmal zur Bestätigung, worauf nun Killian nickt. Ich stelle die Vanilleeiscreme zurück auf den Tisch und greife nach dem Becher mit der Erdbeereiscreme. Die Häschen haben dieses Mal eine andere Farbe. Sie sind rosa, genau wie die Eiscreme. Nach einem kleinen Löffel steht der Sieger fest. Neugierig auf das Ergebnis meines Geschmackstests sieht Killian mich an.
„Und? Was schmeckt dir am besten?“, fragt er nach.
„Das hier“, antworte ich und deute mit meinem Löffel auf den Becher, den ich gerade in der Hand halte.
Der Mensch zieht beide Mundwinkel hoch. „Perfekt.“ Er steht auf und stellt die Schokoladeneiscreme ab. „Dann stelle ich das hier zurück in den Kühlschrank“, meint Killian und nimmt den Becher mit der Vanilleeiscreme mit in die Küche. Sieht wohl so aus, als wäre Schokolade sein Favorit. Eigentlich hätte ich mir das denken können, schon bei den Donuts hat er die mit Schokolade bevorzugt.
Schwerfällig lässt Killian sich mit der Schokoladeeiscreme neben mich sinken. Er greift mit seiner freien Hand sofort nach der Decke, mit der ich ebenfalls zugedeckt bin. Ich gehe ihm zur Hand, damit er es auch warm hat.
„Und was sehen wir uns an?“, erkundige ich mich interessiert.
„Ich dachte, dass wir uns eine Doku über San Francisco ansehen. Du erinnerst dich? So heißt die Stadt, in der wir uns befinden.“
„Hm. Interessante Wahl“, antworte ich nachdenklich.
Killian ist schon dabei, alles einzustellen. „Das klingt aber nicht besonders interessiert“, bemerkt er.
„Nun …“, beginne ich zögerlich zu sprechen, führe den Satz allerdings nicht fort. Ich überbrücke meine kleine Denkpause, indem ich einen der kleinen rosa Häschen esse. Als ich kaue, bemerke ich, dass der Geschmack nach Erdbeere intensiver ist als der Geschmack der Eiscreme. „Wenn wir in San Francisco sind, könntest du mir die Stadt doch eigentlich selbst zeigen, meinst du nicht auch?“
„Und genau das ist der Punkt. Ich habe mir dabei etwas gedacht. Versteh mich bitte nicht falsch, Ilaria. Ich will die Doku nicht als Ersatz, sondern als Vorbereitung nutzen. Durch die Doku können wir herausfinden, was dir besonders zusagt.“ Mit einem Löffel Eiscreme im Mund sehe ich Killian an. „Ich merke mir alle Orte und Sehenswürdigkeiten, die dir gefallen und dann werden wir sie uns nach und nach gemeinsam ansehen. So wird die Stadtführung dich keinesfalls enttäuschen.“
Ich nicke. „Das klingt eigentlich nach einer guten Idee, Killian.“
Sein neutraler Gesichtsausdruck wird wieder freundlicher. Er lehnt sich zurück und fängt ebenfalls an, Eiscreme zu essen. Die Doku auf dem Fernseher startet bereits. „Ist dir das zu laut? Soll ich den Fernseher etwas leiser machen?“
Ich lächle, als Killian mich auf die Lautstärke anspricht. Dass er sich daran erinnert, dass ich etwas empfindlich bin, was Lärm angeht, ist sehr aufmerksam von ihm. „Nein. Es ist alles perfekt“, antworte ich ihm lächelnd. Mein Blick ist dabei auf ihn gerichtet. Einige Sekunden sehe ich ihn an, bevor er es zu bemerken scheint.
Killian dreht sich zu mir. „Ist alles in Ordnung?“
Ich nicke zur Antwort und lächle ihn an. „Willst du probieren?“, frage ich und hebe meinen Löffel mit ein wenig Eiscreme an. Killian sieht erst mich an, dann den Löffel und dann wieder mich. Es dauert einige Sekunden, doch dann öffnet er zaghaft den Mund und lässt sich von mir füttern. „Magst du es?“
Killian grinst mich breit an. „Ja, und genau deswegen habe ich es gekauft.“
„Du hättest dich nicht von mir füttern lassen müssen. Ich bin alt genug, um mit einem Nein umgehen zu können“, erkläre ich amüsiert.
Er schüttelt den Kopf. „Dir etwas abzuschlagen ist beinahe unmöglich.“
„Ach, tatsächlich?“
Killian meidet meinen Blick. Er sieht Richtung Fernseher. „Ja, wenn du dich über etwas freust, dann freust du dich vom ganzen Herzen. Man sieht deine Augen förmlich erstrahlen. Es ist schön, dass du dich für so viele, banale Dinge begeistern kannst.“ Killian nimmt einen Löffel seiner Eiscreme. Es dauert einen Moment, doch dann spricht er weiter: „Ich habe darüber nachgedacht, was passiert, wenn wir einen Weg gefunden haben, dich nach Hause zu bringen. Es ist verdammt egoistisch, aber ich schätze, dass es mir schwer fallen würde, dich gehen zu lassen. Mir gefällt deine Gesellschaft, Ilaria.“
Dass dieses Gespräch eine ernste Wendung nehmen würde, hätte ich nicht gedacht. Eigentlich wollten wir uns einen entspannten Nachmittag machen. „Dann möchtest du, dass ich bleibe, verstehe ich das richtig?“, frage ich nach.
„Ja, ich will, dass du bleibst. Ich weiß natürlich selbst, dass das Unsinn ist. Es wäre egoistisch von mir, das zu verlangen.“ Killian räuspert sich. „Ich helfe dir selbstverständlich trotzdem, dich nach Hause zu bringen. Ein Versprechen zu brechen ist nicht meine Art.“
Mit Hilfe eines Kissens mache ich es mir etwas gemütlicher. „So wie es aussieht, muss ich ohnehin noch bleiben und wenn ich schon in der Menschenwelt bleiben muss, dann will ich meine Zeit mit dir verbringen. Ich hab dich sehr gerne, Killian.“ Ich sehe von meinem Becher zu Killian auf und erkenne, dass er lächelt.
Es dauert nur wenige Sekunden, schon bemerkt er meinen Blick und stellt Augenkontakt her. „Wenn ich dir deinen Aufenthalt irgendwie angenehmer gestalten kann, dann sag es mir, okay?“
Ich rutsche etwas näher an Killian heran und lehne mich an ihn. „Du könntest anfangen, mir eure Schriftzeichen zu erklären. Dann würde ich mich nicht mehr so langweilen, wenn du wieder einen Gig hast.“ Der Mensch hebt seinen Arm und legt ihn um meine Schultern. Da ist sie wieder, die wohlige Wärme, die von seinem Körper ausgeht. Ihm nah zu sein stimmt mich auf eine ganz besondere Weise zufrieden.
„Ich schätze, dass sich das einrichten lässt. Wie wäre es, wenn wir morgen damit anfangen?“
„Das würde mir gut gefallen“, antworte ich voller Vorfreude.
Aus unserer sitzenden Position wird irgendwann eine bequemere, liegende Position, auch die Eiscreme verschwindet wieder in den Kühlschrank. Als Killian sich nach dem kurzen Besuch in der Küche auf die Couch sinken lässt, legt er sich hinter mich. Ich wende mich von dem Fernseher in seine Richtung und hebe die Decke an, damit er sich ebenfalls wieder zudecken kann. Das Angebot nimmt er schweigend an. Kaum sehe ich wieder zum Fernseher, spüre ich plötzlich Killians Arm, den er um mich legt. Seine Hand ruht an meinem Bauch.
„Ist das für dich okay oder soll ich lieber etwas Abstand halten?“
Bevor ich Killians Frage beantworte, rutsche ich ein wenig nach hinten, um ihm noch näher zu sein. Mit meiner Hand streiche ich seinen Arm entlang, bis meine Finger ihren Weg zwischen seine Finger finden. Seine warme Haut zu spüren ist immer wieder ein ganz besonderes Erlebnis. Ich drücke Killians Arm sanft gegen mich.
„Mir wäre es am liebsten, wenn du nie Abstand zu mir hältst.“
Eine Antwort bekomme ich keine, zumindest keine verbale. Mit einem sanften Ruck zieht Killian mich nun ganz an sich. Er lehnt seinen Kopf gegen meinen und atmet tief durch. Mit einem Lächeln auf den Lippen schließe ich meine Augen. Der Moment ist perfekt, um mich von diesem aufwühlenden Tag zu erholen.