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Kapitel 32
Mit Liebe gemacht
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Es vergehen einige Tage und in der Zwischenzeit habe ich auch meine lang ersehnten Werkzeuge bekommen. Glücklicherweise komme ich mit den Werkzeugen der Menschen sogar richtig gut zurecht. Erst war ich etwas skeptisch, da meine gewohnten Werkzeuge anders aussehen, aber ich trete der Menschenwelt mit offenen Armen entgegen. Die Messer sind scharf und liegen gut in der Hand. Es ist angenehm, damit zu arbeiten. Die verschiedenen Materialien sind interessant, einige sind neu und bieten mir die Möglichkeit, auf abwechslungsreiche Art kreativ zu werden. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist, gibt es mir das Gefühl von Freiheit zurück. Es hilft mir, meine Gedanken zu ordnen und mich nützlich zu fühlen.
In den letzten Tagen habe ich einige Dinge ausprobiert und sogar mein erstes Schmuckstück gefertigt. Zufrieden betrachte ich das Armband in meiner Hand. Wie in meiner Heimat verwende ich eine Knüpftechnik als Verschluss. Durch diese spezielle Technik kann man das Band weiter und enger machen, ohne dass man es lösen muss. Ein einfacher Zug an dem Band oder den Enden reicht aus, um die Größe zu verändern.
Stolz auf mein erstes Schmuckstück, das ich in der Menschenwelt geschaffen habe, stehe ich auf und gehe zu Killian, der an dem unordentlichen Tisch sitzt und auf seinen Bildschirm starrt. Natürlich tut er das, das ist seine liebste Beschäftigung. Einige Dinge ändern sich nie und ich glaube, dass diese Gewohnheit eines dieser unveränderlichen Dinge ist.
„Killian“, spreche ich ihn an, wobei ich das Armband hinter meinem Rücken verstecke. Er sieht zu mir auf, dabei lächelt er.
„Was gibt’s, Prinzessin?“
„Du fehlst mir.“
„Ich fehle dir?“ Er lacht leise, dann rutscht er mit seinem Sessel zurück und klopft auf seinen Oberschenkel. Ich setze mich sofort seitlich auf seinen Schoß und schlinge meine Arme um seinen Hals. Liebevoll küsse ich seine Wange einige Male, doch dann lehnt er seinen Kopf zur Seite, um meiner übermäßigen Liebe zu entkommen. „Da braucht wohl jemand viel Aufmerksamkeit, hm?“
„Ja“, antworte ich, ehe ich meine Lippen spitze. Genau, wie ich seine Geste erkannt habe, erkennt er meine und gibt mir einen Kuss auf die Lippen. So hatte ich das geplant.
„Brauchst du irgendetwas?“
„Ja“, antworte ich ihm. „Dich.“
Nun lacht er etwas lauter, ehe er mich fest an sich drückt. „Aber dir geht es doch gut, oder?“
„Ja“, entgegne ich ihm. „Ich habe ein Geschenk für dich.“
„Ein Geschenk?“, fragt er überrascht nach. „Für mich?“
Ich löse meinen Griff und lasse meine Hände in meinen Schoß sinken, dabei offenbare ich, was ich eben hinter meinem Rücken versteckt gehalten habe. Killian löst einen Arm von mir, mit dem anderen hält er mich weiterhin an meinem unteren Rücken fest. Er greift nach seinem Geschenk und betrachtet das fingerbreite Armband erstaunt.
„Das ist für mich?“
Ich nicke eifrig. „Ja, das ist für dich. Das erste Armband sollte für jemanden sein, der mir viel bedeutet. Außerdem bin ich dir unendlich dankbar für alles, was du für mich getan hast. Dafür, dass du mich bedingungslos bei der aufgenommen hast, dass du alles mit mir teilst und dass du mich beschützt und dafür sorgst, dass es mir gut geht.“
In Killians Augen kann ich deutlich erkennen, wie gerührt er von dieser Geste ist. „Das ist wirklich süß von dir.“ Er küsst meine Lippen. „Danke, Ilaria.“
„Warte, ich lege es dir an.“
Ich nehme ihm das Armband aus der Hand und weite es, sodass es um seine große, kräftige Hand passt. Er legt seine Finger aneinander und legt seinen Daumen an seine Handfläche an, um mir entgegen zu kommen. Als ich es zuziehe, betrachtet Killian sein Handgelenk mit einem Lächeln. „Das sieht richtig aufwändig aus.“
„Ach, das sieht komplizierter aus, als es ist. Die Perlen sind aus dem Treibholz, das ich am Strand gefunden habe. Um es etwas persönlicher zu machen, habe ich auch einige meiner Haare eingeknüpft.“ Ich sehe von dem Band auf und in Killians Gesicht. Als er merkt, dass ich ihn ansehe, sieht er auch mich an. „Gefällt es dir?“
„Du hast deine Haare in das Armband geknüpft?“, fragt er überrascht.
Ich nicke. „Ist das seltsam?“
„Äh…“ Killian lacht. „Vielleicht ein bisschen.“ Ich presse meine Lippen zusammen und senke meinen Blick. „Hey, nein, nicht traurig sein.“ Er legt seine Hand an mein Kinn und richtet meinen Blick auf sich. „Es gefällt mir. Sehr gut sogar. Jetzt habe ich immer ein Stückchen von dir bei mir.“ Ich bekomme einen sanften Kuss von ihm. „Danke.“
Ich lehne mich gegen seinen Oberkörper, schließe die Augen und atme tief durch. „Gern geschehen.“
„Ist es bei euch üblich, dass man Haare in eure Schmuckstücke einarbeitet?“
„Ja und nein. Mittlerweile nicht mehr, aber es gibt eine alte Tradition, bei der das öfter gemacht wurde.“
„Eine Tradition?“, fragt Killian nach. „Willst du mir davon erzählen?“
„Dafür muss ich ein wenig ausholen.“
„Das ist in Ordnung, ich habe noch genug Zeit, bevor der erste Schüler kommt.“
Nickend lege ich meine Hand an meine Kette. „Ich habe dir doch meine Perle gezeigt.“
Killian mustert mich. „Ach, die Perle in deiner Kette, ja.“
„Nun, diese Perle ist etwas Besonderes. Wir alle schlüpfen bereits mit einer Perle. Sie ist der erste kleine Schatz, den wir besitzen. Das klingt jetzt vielleicht etwas kompliziert, aber sie ist sozusagen ein Teil von uns. Sie ist an unsere Seele gebunden. Und das hier ist meine seelengebundene Perle.“ Ich streiche mit dem Daumen über das Schmuckstück an meinem Hals.
„Und was bedeutet das?“, fragt Killian interessiert nach. Er sieht von meiner Kette in mein Gesicht. Seine Neugierde kann er unmöglich verstecken.
„Unsere Perlen sind sozusagen magische Artefakte. Wenn wir sie in einen Gegenstand einbetten, dann wird dieser Gegenstand beschützt.“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich weiß allerdings nicht, wie stark diese Magie in eurer Welt ist.“
„Wie würde sie sich denn im Normalfall äußern?“, fragt Killian interessiert nach. Sein Blick wandert wieder auf die Muschelkette an meinem Hals.
„Sollte jemand versuchen, mir meine Perle wegzunehmen, sorgt der Schutzzauber dafür, dass er große Schmerzen erleidet“, erkläre ich.
Killian nickt leicht. „Das ist spannend. Wieso erzählst du mir das erst jetzt? Du weißt doch, wie interessant ich deine Welt finde. Du darfst mir ruhig mehr erzählen.“
Ich zucke ein weiteres Mal mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Daran habe ich wohl nie gedacht? Wir haben nur einmal über meine Perle gesprochen. Ich schätze, dass ich ganz andere Gedanken hatte, als wir zusammen im Bus gefahren sind. Das war eine sehr aufregende Reise für mich.“
Killian zieht einen Mundwinkel hoch. Er beugt sich zu mir und küsst meine Schläfe. „Und wie hängt das alles mit den Haaren zusammen?“
„Oh, natürlich. Jetzt hätte ich beinahe vergessen, worauf ich hinauswollte.“ Ich sehe Killian wieder in die Augen, als ich weitererzähle: „Heute macht das kaum noch jemand, aber vor ein paar Tausend Jahren war es ein Brauch, dass man die Perlen untereinander ausgetauscht hat, wenn man eine Seelenverbindung geknüpft hat.“ Ganz beiläufig streiche ich über Killians Brust. „Es war üblich, sie zusammen mit einer Haarsträhne in Schmuck einzuarbeiten und die Schmuckstücke auszutauschen. Die Schmuckstücke haben dabei variiert. Haarschmuck, Halsketten, Armbänder, je nachdem, was deinem Gefährten gefällt. Auf diese Weise hat man immer einen Teil des Anderen bei sich.“ Killian hört mir weiterhin aufmerksam zu. „Mir hat diese Tradition immer gut gefallen, auch wenn sie sehr veraltet ist. Ich habe mir vorgestellt, dass ich meine Perle irgendwann von meiner Halskette löse, sie in ein Armband oder eine andere Halskette einarbeite und sie meinem Seelenverwandten schenke.“ Killian senkt seinen Blick auf meine Hand, die nun an seiner Brust ruht, dann sieht er wieder in mein Gesicht.
„Bei uns gibt es eine ähnliche Tradition. Bei Hochzeiten tauschen Menschen Ringe aus. Die sind zwar selten selbst gemacht, aber sie sind meistens graviert. Namen oder das Datum, kleine Liebesbeweise, so etwas in diese Richtung. Sonst bekommen Frauen oft Schmuck von ihren Männern. Die meisten Frauen stehen auf glitzernde Steinchen.“
Ich blicke auf meine Hand, dann in Killians Gesicht. „Oh, das ist ja eine interessante Parallele. Mir musst du aber keinen Ring schenken, der würde mir nur Probleme bereiten.“
„Hm? Ein Ring bereitet dir Probleme?“
Ich nicke. „Ich müsste ihn jedes Mal abnehmen, wenn ich mit Wasser konfrontiert werde.“ Mein Blick ist auf meine Hand gerichtet. „Mein Körper verändert sich und wenn sich hier ein Ring befindet, dann würde er wahrscheinlich in die Brüche gehen.“ Ich tippe auf eines meiner unteren Fingerglieder, an den Platz, an dem ich schon Ringe bei den Menschen entdeckt habe. „Alles, was der Verwandlung meines Körpers im Weg steht, wird zerstört. Und ein Ring wäre im Weg, wenn meine Schwimmhäute zurückkommen.“
Killian sieht mich überrascht an. „Das habe ich gar nicht bedacht.“
„Wenn wir Ringe tragen, dann tragen wir sie auf dem zweiten Fingerglied. Da sind sie sicher.“ Nun nickt er, ehe er meine Hand anhebt und meine Finger zärtlich küsst. Sein Bart kitzelt mich ein wenig. Eigentlich kitzelt mich sein Bart immer. „Hast du schon einmal einer Frau Schmuck geschenkt?“
„Mhm“, antwortet er, dabei lässt er meine Hand wieder sinken. „Im Nachhinein betrachtet, war das meistens eine sehr schlechte Idee. Bis jetzt habe ich es nur bei einer Frau nicht bereut.“
„Tatsächlich? Bei wem hast du es nicht bereut?“
Killian schnaubt. „Bei meiner Mum. Ich habe ihr eine Kette geschenkt, die hat sie jeden Tag getragen.“ Er reibt sich den Nacken. „Und bevor du fragst: Ja, ich würde dir auch Schmuck schenken, aber ich kann mir das alles auf die Dauer nicht leisten. Im Moment würde das gehen, weil ich deine Perle verkauft habe, aber dir immer wieder neuen Schmuck zu kaufen würde mich noch ärmer machen. Wenn ich könnte, würde ich dir die Welt zu Füßen legen, aber dazu fehlen mir die Mittel.“
Als Killian seinen Blick abwendet, lege ich meine Hand an seine Wange und drehe ihn zu mir. „Du musst mir keinen Schmuck schenken.“ Ich küsse seine Lippen. „Du machst mir durch viele andere Dinge eine große Freude. Ich brauche keine Geschenke.“
„Das sagen viele Frauen und dann sind sie doch sauer, dass sie keine große Überraschung bekommen, sobald der Valentinstag ansteht.“
„Der was?“, frage ich irritiert. Valentinstag habe ich noch nie gehört.
Killian winkt ab. „Das ist ein besonderer Tag im Februar, der den Liebenden gewidmet ist. Der Tag wird jedes Jahr gefeiert. Frauen erwarten Geschenke, Blumen, Pralinen, ein aufwändiges Date und so weiter.“
„Das klingt eigentlich ganz nett.“
„Ja, aber man bekommt spontan keine Tische mehr in guten Restaurants, weil jeder mit seiner Frau Essen geht. Die Blumen sind teurer als sie sein müssten, weil es doch nur Kraut ist, dass langsam in einer Vase verreckt und es gibt unnötigen Kram in Herzform, nur damit irgendwer Geld damit macht. Und deine Freundin ist wütend, weil sie sagte, dass sie kein Geschenk wollte, aber trotzdem erwartet hat, dass du ihre Gedanken liest und sie überraschst.“ Er verengt seine Brauen. „Und du bist dann der Arsch, weil du gedacht hast, dass sie es ernst meint, wenn sie mehrmals wiederholt, dass sie nichts Besonderes machen will.“
Für einige Sekunden sehe ich Killian an, ehe ich antworte: „Das klingt aber nicht besonders romantisch.“
Er schüttelt den Kopf. „Nein, das ist es auch nicht.“ Killian mustert mich, dann legt er seine Hand an meinen Schenkel und streichelt mich. „Jetzt musst du aber aufstehen, mein Bein schläft langsam ein.“
„Oh, entschuldige.“ Eilig drücke ich Killian noch einen Kuss auf die Wange, ehe ich aufstehe und mich genüsslich strecke. Killian blickt auf sein Armband, auf seinen Lippen breitet sich wieder ein Lächeln aus. „Es gefällt dir wirklich.“
„Natürlich.“ Er schnaubt. „Denkst du, dass ich dich anlüge?“ Sein Blick ist skeptisch.
„Nein, das war nur eine Bemerkung. Du trägst keinen Schmuck, deswegen war ich zwischendurch etwas unsicher, was du wohl sagen wirst.“
„Du hast das Armband mit viel Liebe gemacht und das nur für mich. Wie kann ich es da nicht mögen, hm?“ Er zwinkert mir zu, dann steht er auf. „Ich hab' ein wenig Hunger, willst du auch einen Snack?“
Killian greift nach seiner Tasse und geht dann in die Küche. Ich folge ihm sofort. Nachdem er seine Tasse ausgespült hat, stellt er sie zur Kaffeemaschine und stöbert dann im Kühlschrank. Als er die Kühlschranktür wieder schließt, sieht er mich mit einem frechen Grinsen an. Sein Blick überrascht mich.
„Was ist denn?“
„Vielleicht vernasche ich einfach dich.“
Er macht einen schnellen Schritt auf mich zu und hebt mich hoch. Da ich diese Wendung nicht erwartet habe, erschrecke ich mich und quietsche, doch dann lache ich. Killian setzt mich auf dem kleinen Tisch in der Küche ab und legt meine Beine um seine Hüfte. Mit einer lässigen Bewegung legt er meinen Hals frei und küsst ihn dann. Er brummt genüsslich, als er an meiner Haut saugt, doch ich schiebe ihn kichernd von mir.
„Nein, du kannst mich nicht essen. Ich bin kein Snack.“
Er lacht. „Doch, das bist du.“
„Nein, das bin ich nicht!“, antworte ich lachend. Ich gebe ihm einen verspielten Klaps auf den Brustkorb und als ich meine Hand wieder wegnehmen will, fängt er sie auf und küsst meine Finger.
„Okay, wenn du kein Snack sein willst, muss ich mir etwas Anderes zu essen suchen.“ Killian streicht durch mein Haar. Das zufriedene Leuchten in seinen Augen lässt auch mich vor Glück strahlen. Es fühlt sich gut an, langsam wieder auf die Beine zu kommen und das Positive zu erkennen, anstatt in Sorgen und Angst zu ertrinken. „Ich hätte da eine Idee.“
„Welche denn?“, frage ich.
„Wenn meine Schüler weg sind, ziehst du dir etwas Hübsches an und wir beide fahren nach Chinatown und gehen essen“, erklärt Killian mir.
„Wir fahren wohin?“, hake ich nach.
„Chinatown. Das ist ein paar Blocks von hier.“
„Du hast mir nie genau erklärt, was ein Block überhaupt ist.“
„Hab' ich nicht?“ Killian hebt seine Brauen. „Okay, wie erkläre ich das jetzt, damit du es verstehst?“ Er lässt von mir ab und kratzt sich am Kopf, ehe er weiterspricht: „Du weißt doch, wie viele Straßen wir immer überqueren, bis wir zum Beispiel bei dem Waschsalon ankommen, richtig? Ein Block ist das, was zwischen diesen Straßen liegt.“
„Aha.“
„Wenn du es von oben siehst, ergibt es vielleicht mehr Sinn. Warte einen Moment.“ Er küsst meine Stirn und will Abstand nehmen, also löse ich meine Beine von ihm, damit er ins Wohnzimmer gehen kann. Ich lasse meine Beine von dem Tisch baumeln und warte auf Killians Rückkehr.
Mein Liebster kommt mit seinem Tablet zurück in die Küche. Ich sehe ihm dabei zu, wie er das technische Gerät bedient. Killian zieht seine Brauen zusammen, als er auf dem Tablet herumtippt, doch dann zeigt er mir den Bildschirm. Ich erinnere mich sofort an die Karte. Es ist San Francisco. Ich habe mir die Stadt schon oft auf der Karte angesehen, um sie mir einzuprägen.
„Die Straßen sind so angelegt, dass die Wohnbereiche wie kleine Rechtecke aussehen. Diese Rechtecke sind die Blocks.“
„Oh, das ergibt natürlich Sinn. Danke für diese Erklärung.“ Ich lege zwei Finger auf den Bildschirm und vergrößere die Karte. Aufgeregt zeige ich Killian den Block, in dem wir wohnen. „Und in diesem Block wohnen wir. Das ist unser Zuhause.“
Überrascht dreht er das Tablet zu sich und sieht dann mich an. „Das hast du dir gemerkt?“
„Ja, hier ist der Lafayette Park und eine Straße weiter rechts wohnen wir. Genau an der Ecke“, erkläre ich stolz. „Ich habe mir die Karte oft angesehen. Ich bin neugierig.“
Killian nickt beeindruckt. „Wow.“ Er lacht, dabei überspielt er offensichtlich seine Verlegenheit. „Unfassbar. Ich unterschätze dich viel zu oft, tut mir leid.“ Nun schüttelt er den Kopf. „Ich werde dir später zeigen, wie man Google Maps benutzt. Ich denke, dass es an der Zeit wird, dass du die Führung für eines unserer Abenteuer übernimmst.“
„Was? Ich?“, frage ich, wobei ich meine Hand an meine Brust lege.
„Ja“, bestätigt Killian mit einem Grinsen. „Du wirst das schaffen. Du führst uns heute zu unserem Restaurant.“ Mit großen Augen sehe ich Killian an. „Das wird durch Google Maps ganz einfach, versprochen.“ Sein Versprechen versiegelt er mit einem Kuss. Auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich das schaffe, vertraue ich Killians Urteilsvermögen.
༄ ♫ ༄
Stunden später ist es dann so weit. Gebannt blicke ich auf mein Smartphone. Das Display zeigt die Karte der Stadt. Es ist aufregend, dass ich heute bestimmen darf, wohin wir gehen. Killian hat unser Ziel bereits eingegeben. Wir starten an der Franklin Street, dort wohnen wir. Eine kurze gepunktete blaue Linie zeigt den Weg zur Bushaltestelle, die Fahrt mit dem Bus wird durch eine durchgehende grüne Linie angezeigt, danach folgt wieder eine kurze gepunktete blaue Linie und schon wird das Ziel, eine rote Markierung, angezeigt.
Die Position meines Smartphones wird durch einen dunkelblauen Punkt angegeben. Zu meiner Verwunderung bewegt er sich, sobald ich mich bewege oder auch nur drehe. Killian hat Recht, auf diese Weise ist es unglaublich einfach, dem vorgeschlagenen Weg zu folgen.
Killian reicht mir die Hand. „Also, Prinzessin, wohin gehen wir?“
Zuversichtlich greife ich danach und übernehme die Führung. „Da lang!“, antworte ich enthusiastisch. „Es ist nicht weit, wir gehen jetzt zur Bushaltestelle.“ Ich folge der gepunkteten blauen Linie, dabei sehe ich immer wieder auf, um die Umgebung zu begutachten. Selbstverständlich muss ich auch auf die Autos und die Menschen um mich herum achten, damit wir unser Abenteuer unbeschadet überstehen. Der gepunkteten Line zu folgen ist einfach. Als ich die gläserne Bushaltestelle mit dem roten gewellten Dach erblicke, bin ich mit mir selbst zufrieden.
Nun warten wir. Lächelnd sehe ich zu Killian auf, auch er wirkt zufrieden. „Und wir sind hier richtig?“, fragt er mich.
„Ja, selbstverständlich.“ Ich zeige ihm das Display. „Siehst du?“
„Und in welchen Bus müssen wir einsteigen?“
„Ich… äh…“ Ich widme mich schnell wieder dem Display. „Ich sehe hier nur eine grüne Linie, dann das Bussymbol und eine Eins.“
„Steht etwas daneben?“
„Drum plus Clay.“
Killian nickt. „Und genau so funktioniert das mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.“ Er legt seine Hand an meinen Rücken und streichelt mich. „Die Karte zeigt dir wo und in welchen Bus du einsteigen und im Anschluss wieder aussteigen musst.“
„Das ist viel einfacher, als mit gezeichneten Karten einen Weg zu finden“, antworte ich begeistert. „Hoffentlich reicht das auch aus, damit ich es schaffe, uns sicher zum Restaurant zu führen.“
„Ich bin sicher, dass du das kannst. Wenn wir kurz davorstehen, die Haltestelle zu verpassen, dann übernehme ich das, okay?“ Killian lächelt mir zu, dann legt er einen Arm um meine Schultern und zieht mich zu sich. Ich lege eine Hand an seine Brust und strecke mich zu ihm, um seine Wange zu küssen, doch er dreht seinen Kopf im letzten Moment zur Seite, sodass ich seine Lippen anstatt seiner Wange küsse.
„Das war ja frech.“
Er grinst breit. „Ich weiß. Ich bin gerne frech, wenn es darum geht, von einer schönen Frau geküsst zu werden.“
Killian bringt mich zum Kichern. Ich umarme ihn fest, doch dann sehe ich auf und lasse schnell wieder los, als der Bus kommt. „Das ist er. Das ist unser Bus“, freue ich mich.
Während wir fahren behalte ich den blauen Punkt und die grüne Linie im Auge. Ungefähr 10 Minuten später stehe ich auf und reiche Killian die Hand. Er nimmt sie sofort an. An seinem Gesichtsausdruck kann ich erkennen, dass er nichts hat, worüber er sich beschweren könnte. Ich mache wohl alles richtig.
Als wir den Bus verlassen, sehe ich mich erstaunt und verwirrt um. Ich fühle mich, als wäre ich in einer vollkommen falschen Stadt ausgestiegen. Unsicher drücke ich Killians Hand. Die Schriftzeichen an den Läden sehen seltsam aus, sie ähneln weder der Schrift, die ich von Killian gelernt habe, noch den Zeichen, die jemand in meiner Welt verwenden würde.
„Irgendwas ist falsch gelaufen, Killian. Wo sind wir?“
„Nein, nein, es ist alles okay.“ Er drückt meine Hand und deutet mit der anderen auf mein Display. Ruhig erklärt er: „Sieh nur, wir sind gerade ausgestiegen, den Weg der grünen Linie haben wir hinter uns. Jetzt folgen wir den blauen Punkten bis zum Restaurant.“
Ich schüttle den Kopf. „Aber die Zeichen!“ Eilig deute ich auf eines der Schilder an den Gebäuden. Killian greift amüsiert nach meiner Hand und drückt sie hinunter.
„Prinzessin, wir sind in Chinatown. In Chinatown haben sich die Chinesen angesiedelt. Die Zeichen, die du da siehst, sind ihre Sprache.“ Ich nicke leicht. „Vielleicht hätte ich dich vorwarnen sollen. Du bist ganz geschockt.“
Nun schüttle ich den Kopf. „Nein, ich hatte nur kurz Angst, dass ich etwas falsch gemacht habe.“
„Ganz im Gegenteil. Du hast alles goldrichtig gemacht, Prinzessin.“ Killian lächelt mir aufmunternd zu. Ich widme mich wieder meinem Smartphone. Der Mensch lässt mir Zeit, er drängt mich nicht, obwohl ich seinen Magen knurren höre. Nach einem längeren Blick auf meine Umgebung folge ich wieder den blauen Punkten.
Erstaunt über die Andersartigkeit dieses Ortes, sehe ich mich immer wieder um. Die lichtspendenden Laternen sehen ganz anders aus als in der restlichen Stadt. Sie sind rot und grün und außerdem mit goldenen Schlangen oder Drachen verziert, so genau kann ich das nicht erkennen. Über unseren Köpfen hängen große rote Kugeln. Auch die sind mir vorher noch nie untergekommen. Einerseits wirken die tristen Straßen trostlos und etwas bedrückend, doch die bunten Bilder an einigen Wänden und die roten Kugeln lassen die Straßen ungewöhnlich festlich erscheinen. Ich bin im Zwiespalt und mir nicht sicher, ob ich mich wohlfühle oder die Straßen eher befremdlich auf mich wirken. Das Restaurant kann ich trotzdem nicht mehr erwarten. Ich bin gespannt, was Killian sich für uns ausgedacht hat.
Die rote Markierung auf meiner Karte bringt mich dazu, vor einem Gebäude an einer Ecke stehen zu bleiben. Ich sehe nach oben. Das türkisfarbene Schild gefällt mir. Auf der linken Seite kann ich die Zeichnung eines Schiffes erkennen.
„Ist es das?“, frage ich Killian, worauf er nickt und seine Hand wieder an meinen unteren Rücken legt. Er schiebt mich kurz an und wir betreten das Restaurant. Ich bin etwas nervös, kann jedoch trotzdem nicht erwarten, was wohl auf mich zukommen wird. Die Bedenken, dass mich jemand als nicht menschliches Wesen betrachten könnte, liegen glücklicherweise hinter mir. Ich kann mich aus Neugierde umsehen, ohne mich verstecken zu müssen. Die Aufregung in mir steigt immer höher, immerhin war ich noch nie in einem richtigen Restaurant. Außerdem bin ich gespannt, was wir heute essen werden. Killian hat mir ja nichts verraten.
Killian lotst mich gleich zu einem Sitzplatz. Er rückt mir den Stuhl zurecht und ich setze mich. Ich sehe mich für einige Sekunden um, doch ich kann nicht viel von meiner Umgebung aufnehmen. Das was vor mir geschieht, zieht meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Hinter einem Glas schwimmen Boote im Wasser. Sie sind miteinander verbunden und transportieren kleine Portionen köstlich aussehendes Essen. Aufgeregt beobachte ich die Boote. Ich bemerke gar nicht, dass Killian schon neben mir sitzt. Erst als er seine Hand an meinen Rücken legt und mich streichelt, schenke Ich ihm einen Blick.
„Sieh dir die kleinen Boote und das Essen an“, erzähle ich begeistert.
Killian zieht einen Mundwinkel hoch. „Ich wusste, dass dir das gefällt.“ Er beugt sich zu mir und küsst meine Schläfe. „Es funktioniert ganz einfach. Du fasst hier unter das Glas und schnappst dir einen der kleinen Teller, auf denen das Essen steht. Mach dir keine Gedanken, sondern nimm dir einfach, was dir gefällt, okay? Wenn es dir doch nicht schmeckt, dann esse ich es.“
Ich nicke. „Also muss ich den kleinen Booten nur ihre Ladung wegnehmen, verstehe ich das richtig?“
„Ganz genau. Was willst du denn trinken?“
„Wasser.“
Ich stütze mein Kinn an meiner Handfläche ab und beobachte die Boote, während Killian mit einem Menschen spricht, um uns Getränke zu organisieren. Abwechslungsreiche Köstlichkeiten schwimmen vor meiner Nase. Es ist schwer, sich für etwas zu entscheiden. Das Essen sieht interessant und auch köstlich aus. So etwas hat Killian mir noch nie gezeigt. Ich hätte schon fast damit gerechnet, dass wir heute wieder Pizza oder Pasta essen. Mein Mensch ist immer für Überraschungen gut. Nach einigen Minuten scheint Killian mein Problem zu bemerken und schiebt mir eine große Karte zu, auf der viele Fotos der Speisen abgedruckt sind. Mit dem Finger deutet er auf einen Reisklumpen auf dem ein Schrimp liegt.
„Das hier wird dir ganz bestimmt schmecken.“ Er deutet auch auf die anderen Reisklumpen. „Das ist Sushi mit verschiedenen Fischsorten, Muscheln und Garnelen. Das hier ist Maki.“ Er zeigt auf etwas, das mich an eine kleine Rolle erinnert. „Nimm da aber lieber nicht die grünen, in denen ist nämlich kein Fisch, sondern nur ein Stück Gurke und das langweilt dich vielleicht. Koste alles, was du interessant findest, aber lass lieber die Finger von der grünen Paste. Das ist Wasabi, das wird dir wehtun.“ Er deutet auf einen kleinen Teller, der vor ihm steht.
Ich verziehe bei der Erinnerung das Gesicht. „Die Chips. Ich erinnere mich genauer als mir lieb ist.“
„Ja, genau, auf den Chips war auch Wasabi. Du musst dir aber eigentlich keine großartigen Gedanken machen, alles, was du fangen kannst, ist ohne Wasabi.“ Ich nicke. „Los, fang dir dein erstes Sushi“, ermutigt er mich und deutet mit dem Kopf zu den schwimmenden Booten. „Du wirst sehen, das macht Spaß.“ Ich nehme mir einen weiteren Moment und schnappe mir dann meinen ersten kleinen Teller. Entschieden habe ich mich für Sushi. Laut der Karte ist es Lachs. „Warte bevor du isst.“
„Worauf?“
„Auf die nächste Lektion.“ Killian nimmt zwei Stäbchen aus Holz zur Hand. Ich sehe sie mir an, dann sehe ich ihm ins Gesicht.
„Soll ich die Sushis etwa damit aufspießen?“, frage ich verwirrt.
Killian lacht herzlich, dabei schüttelt er den Kopf. Sein lautes Lachen zieht die Aufmerksamkeit der anderen Menschen auf sich. Er bemerkt schnell, dass die anderen Gäste sich gestört fühlen und entschuldigt sich, dann widmet er sich wieder mir. Mit gesenkter Stimme spricht er weiter: „Gib mir deine Hand, Prinzessin. Lass sie einfach ganz locker.“ Er dreht und wendet meine Hand, die Stäbchen platziert er an meinen Fingern. Es wirkt ziemlich kompliziert. „Traditionell wird asiatisches Essen mit Stäbchen gegessen, das sind sozusagen deren Gabel und Messer. Kennst du so etwas?“
Ich schüttle den Kopf. „Nein, das habe ich noch nie gesehen.“
Killian greift sich selbst einen kleinen Teller mit Sushi und zeigt mir, wie er die Stäbchen benutzt. Zwischen den beiden Stäbchen hält er Fisch und Reis fest. Er führt das Essen zu seinem Mund und beginnt dann zu kauen. Bei ihm sieht das einfach aus, aber auch Gitarre spielen wirkt bei ihm einfach, obwohl es das nicht ist. „Versuch es.“
Konzentriert ahme ich seine Bewegungen nach, doch erst verliere ich eines der Stäbchen und beim zweiten Versuch fällt das Sushi gleich wieder zurück auf den Teller. Enttäuscht ziehe ich eine Schmolllippe und sehe Killian an. „Das ist schwer.“
„Du schaffst das schon, Prinzessin.“
„Vielleicht ist es mit dem Maki leichter, die sind kleiner“, meine ich motiviert und halte nach einem Boot mit Maki Ausschau. Als ich eines entdecke, greife ich sofort zu und stelle den kleinen bunten Teller vor mir ab.
Leider sind auch meine nächsten Versuche nicht besonders erfolgreich. Mein Essen fällt immer wieder zurück auf die Teller. Um in der Zwischenzeit nicht zu verhungern, füttert Killian mich mit einem der Maki. Natürlich sieht seine sichere Handhabung der Stäbchen erneut viel leichter aus, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Irgendwann werde ich so ungeduldig, dass ich meine Stäbchen fast schon gewalttätig in das Sushi ramme, das Essen dadurch aufspieße und in meinen Mund stecke. Schmollend kaue ich vor mich hin. Dass Killian sich darüber amüsiert, kann ich deutlich an seinem frechen Grinsen erkennen. Je länger wir in dem Restaurant sitzen, desto einfacher wird es allerdings für mich, mein Essen mit Stäbchen zu meinem Mund zu führen. Natürlich landen auch jetzt wieder einige Maki und Sushi auf meinem Teller, doch mein Magen geht nicht leer aus.
Da mich die Boote und das Essen nicht mehr zu sehr ablenken, kann ich auch endlich die Eindrücke um mich herum einfangen. Das Restaurant ist in warmen Holztönen gehalten. Ich entdecke auch die runden, roten Gegenstände, die ich auch schon in den Straßen bestaunt habe. Killian erklärt mir, dass es sich dabei um Lampions handelt. Sie sind aus Papier gefertigt und werden als Lichtquelle benutzt. Die rote Farbe steht für Glück. Auch wenn weder die Lampions im Restaurant, noch die auf der Straße geleuchtet haben, nehme ich diese Erklärung hin. Die Stimmen um uns herum sind verwirrend. Ich höre mehrere Sprachen, die ich nicht verstehe, aber ich mache mir nichts daraus, denn auch in den Städten in meiner Welt verstehe ich nicht jede Sprache.
„Wie viele Sprachen gibt es in eurer Welt eigentlich?“
„Wie kommst du denn jetzt darauf?“, fragt Killian amüsiert.
„Ich verstehe kaum jemanden.“
Killian sieht sich um. Er hört genau hin. „Chinesisch, Spanisch, könnte auch Italienisch dabei sein.“ Er zuckt mit den Schultern. „Gibt ziemlich viele Sprachen, wie viele es genau sind, kann ich dir nicht beantworten.“
„Unfassbar, dass ihr alle Menschen seid, aber dennoch so unterschiedlich miteinander kommuniziert.“
„Es wurde vor vielen Jahren eine universelle Sprache entwickelt. Sie nennt sich Esperanto. Irgendwie hat es sich aber nie richtig durchgesetzt, viele wissen nicht einmal, dass diese Sprache existiert. Es gibt zwar Leute, die diese Sprache beherrschen, aber sie ist im Großen und Ganzen nicht besonders weit verbreitet.“ Er zuckt mit den Schultern. „Ich weiß, dass du gleich danach fragen wirst, aber nein, ich spreche sie auch nicht.“
„Warum nicht?“
„Mit meiner Muttersprache kann ich eigentlich fast auf der ganzen Welt kommunizieren, außerdem bin ich zu arm, um zu verreisen“, antwortet er amüsiert. „Ich hätte auch gar keine Zeit und auch nicht die Geduld, mich hinzusetzen und zu lernen. In der Schule war das schon nicht so einfach.“
„Ich verstehe.“ Ich wende mich von Killian ab und lehne mich wieder zu den Booten.
„Du hast immer noch Hunger?“
„Nein, aber es schmeckt so gut“, antworte ich ihm freudig. Ich entscheide mich für einen kleinen Teller mit Süßigkeiten, einen mit Früchten und außerdem noch einen mit köstlichem Seetangsalat. Den Salat mit den Stäbchen zu essen ist gar nicht so einfach, aber er schmeckt mir so gut, dass ich mir die Mühe gerne mache. „Wenn du mich fragst, könnten wir jeden Tag Sushi essen.“
Killian zieht einen Mundwinkel hoch, dann trinkt er von seiner Coke. „War klar, dass dir der rohe Fisch schmeckt.“
Ich zeige mit den Stäbchen auf meinen Salat, während ich kaue. „Das erinnert mich sehr an zu Hause.“
„Freut mich, dass du ein kleines Stückchen Heimat spürst.“ Er legt seine Hand an meine und streicht mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Diese liebevolle Geste fühlt sich immer sehr angenehm an, auch jetzt fühle ich mich dadurch sehr geliebt.
„Willst du auch etwas?“, frage ich und deute mit den Stäbchen zu den Süßigkeiten. Er schüttelt den Kopf.
„Nein, den Pudding mag ich nicht.“
„Warum nicht? Du isst doch sonst so gerne Süßes.“
„Es ist diese wabbelige Konsistenz. Davor ekle ich mich, das kann ich nicht essen.“
„Oh“, bemerke ich und nicke dann. „Ich verstehe. Bleibt mehr für mich. Willst du etwas von den Früchten?“
Killian wiegt seinen Kopf hin und her und nimmt sich dann ein Stück der rosaroten Frucht. „Das ist übrigens Wassermelone“, erklärt er beiläufig und beißt dann hinein.
„Wassermelone“, wiederhole ich leise, dabei sehe ich mir die geschnittene Frucht noch einmal genauer an. „Schmeckt jedenfalls sehr gut.“
Während ich mich noch an dem Salat bediene und mit dem Pudding kämpfe, stapelt Killian die verschiedenfarbigen Teller aufeinander. Er ordnet sie. Als ich den Pudding mit den Stäbchen schon zum wiederholten Male zerquetsche, anstatt ihn zu essen, greife ich einfach nach dem Teller und schiebe den Pudding mit den Stäbchen in meinen Mund. Killians Abneigung gegenüber dem Pudding kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Mir schmeckt er. Das Einzige, was mich stört ist, dass es unmöglich ist, ihn mit den Stäbchen zu essen.
„Was machst du denn da?“, frage ich neugierig nach.
„Die Teller haben verschiedene Preisklassen.“ Er deutet auf eine Karte, auf der die bunten Teller abgebildet sind. „So kann ich mir ausrechnen, was wir heute bezahlen.“
„Oh, das ist ja schlau.“
„Mhm“, stimmt er mir zu. „Billig wird es nicht, deinen Hunger zu stillen.“ Er wirkt amüsiert.
„Soll ich aufhören zu essen?“
„Nein, nein, wenn es dir schmeckt und dir nicht schlecht wird, iss weiter. Im Prinzip bezahlt heute deine Perle.“
„Dann fange ich mir noch ein Sushi“, antworte ich motiviert und warte auf ein passendes Boot.
Mein erster Besuch in einem richtigen Restaurant stimmt mich sehr zufrieden. Der Frust über die Stäbchen und deren komplizierter Handhabung ist schon längst wieder vergessen. Ich esse mich an Sushi und Maki satt, entdecke meine Liebe zu der salzigen Sojasauce und zu dem wackelnden Kokospudding. Zum Schluss essen wir noch Kekse, die in diese furchtbare knisternde Plastikfolie verpackt sind. Diese Kekse werden Glückskekse genannt, denn in ihrem Inneren sind kleine Zettel mit Botschaften versteckt. Auch die knusprigen Kekse schmecken lecker und am liebsten würde ich gleich noch mehr davon essen, doch dann könnte ich mich wahrscheinlich gar nicht mehr bewegen. So satt war ich schon lange nicht mehr.
Ich betrachte den kleinen Zettel in meinen Fingern. Meine Botschaft lautet: Achten Sie darauf, dass Sie sich nicht zu sehr verausgaben.
Was das wohl bedeuten mag?