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Kapitel 49
Ein Sturm zieht auf
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Aufgeregt sehe ich Killian dabei zu, wie er unsere Rucksäcke in den Kofferraum des gemieteten Autos packt. Auch seine Gitarre findet ihren Platz. Mein Liebster hat mir versprochen, am Lagerfeuer für mich zu spielen und zu singen. Ich bin mir sicher, dass er mir mit seiner Stimme die Abende des Campingausflugs versüßen wird. Ich kann es schon förmlich vor meinen Augen sehen. Ich nasche leckere S’Mores, während mein Liebster auf seiner Gitarre klimpert. Darauf freue ich mich wohl am meisten.
Bevor er mich wie geplant in das Diner ausführt, muss er noch eine Kleinigkeit erledigen. Killian will eine meiner Perlen gegen Geld eintauschen. Das Geld können wir gut für Benzin und Verpflegung gebrauchen. Mein Liebster schließt den Kofferraum. Ich falle ihm in die Arme und drücke ihn ganz fest.
„Du bist so niedlich, wenn du dich freust“, meint Killian, während er meinen Kopf streichelt. Ich sehe zu ihm auf und bekomme einen Kuss.
„Meinst du?“
„Ja“, bestätigt Killian sich, dabei streicht er mit seinen Fingern durch mein Haar. Er betrachtet eine meiner eingeflochtenen Perlen in seinen Fingern, dann lässt er meine Haarsträhne los. Er zieht mich in eine Umarmung und drückt mich fest an sich, lässt dann aber schnell wieder von mir ab. Killian zieht einen Mundwinkel hoch, als er mich ansieht, dann schenkt er mir einen Kuss. „Jetzt aber ab ins Auto. Wir haben heute noch viel vor.“ Ich bekomme einen kleinen Klaps auf den Hintern.
„Schon auf dem Weg!“, antworte ich ihm enthusiastisch. Ich hüpfe aufgeregt um das Auto herum, um zu dem Beifahrersitz zu gelangen. Heute sehe ich Killian das erste Mal fahren. Ich war mir gar nicht sicher, ob er das überhaupt kann. Killian reicht mir seine Jacke und schließt die Tür, als er sich setzt. „Wenn du sie nicht willst, dann kannst du sie nach hinten legen. Falls es drüben bei Mike länger dauert, kannst du dich ein wenig einkuscheln.“
„Oh, dann darf ich nicht mit nach drinnen kommen?“
„Nein, der Typ ist eklig, den will ich dir nicht zumuten. Zu Kev kann ich nicht mehr gehen. Der hat mich an Austin verpfiffen und wenn ich mir von ihm wieder Geld hole, geht der ganze Mist vielleicht wieder von vorne los. Ich will nur noch meine Ruhe haben und anfangen, mir ein richtiges Leben mit dir aufzubauen. Der Stress ist mir zu viel.“
Ich lege meine Hand an Killians Arm und streichle ihn. „Mach dir darüber keine Gedanken mehr. Wenn Austin wiederkommt, reiße ich ihm wirklich das Herz raus.“
„Prinzessin, das ist nicht so beruhigend, wie du vielleicht denkst.“
Ich kichere und lege dann den Gurt an. „Fahr los, ich will sehen, wie du das machst.“
„Alles klar.“ Killian startet den Wagen. Er wartet einen Moment, bis das Auto hinter uns vorbeifährt. In der Zwischenzeit legt er seinen Sicherheitsgurt an, ehe er selbst auf die Straße fährt. „Hey, wenn du willst, dann können wir uns die nächsten Tage irgendwo einen leeren Parkplatz suchen und ich kann dir zeigen, wie man fährt. So hat meine Mum es mir auch beigebracht. Wir haben alle im Teenageralter auf einem leeren Parkplatz angefangen. Das könnte lustig werden.“
„Meinst du, dass ich das schaffe?“, frage ich interessiert nach. „Ich bin mir da nicht so sicher. Das sieht doch recht kompliziert aus mit dem Hebel und dem Lenkrad.“
„Also in den Straßenverkehr würde ich dich nicht lassen, weil du dich bestimmt schnell ablenken lässt, aber auf einem leeren Parkplatz kann nicht viel passieren.“
„Wenn du mir das zutraust, dann kann ich es versuchen.“ Killian scheint ein guter Fahrer zu sein. Ich nehme keinerlei Nervosität oder andere negative Gefühle wahr, während wir die Straße langfahren. Aus dem Radio läuft leise Musik. Ich fühle mich wohl. Als ich zu Killian hinübersehe, streicht er gerade durch seinen Bart.
„Alles gut?“, fragt er, wobei er mir nur für den Bruchteil einer Sekunde einen Blick zuwirft. Er konzentriert sich schnell wieder auf die befahrene Straße vor uns.
„Ja, alles gut.“
„Und wie mache ich mich als Fahrer?“
„Hm.“ Ich überlege gespielt. „Mein professionelles Urteil lautet, dass du der gutaussehendste Fahrer bist, den ich je hatte.“
Mein Liebster schnaubt amüsiert. „Auch wenn die Konkurrenz auf einer Hand abzählbar ist, freue ich mich sehr über das Kompliment.“ Killian grinst. „Danke, Prinzessin.“ Er legt eine Hand an meinen Schenkel und steuert das Auto mit seiner anderen Hand. Mit einem Lächeln blicke ich aus dem Fenster. Die Straßen von San Francisco ziehen an uns vorbei. Ich sehe mir die Menschen und auch die Kunstwerke an den Wänden der Stadt an.
Wir haben Glück. Killian findet schnell einen Parkplatz. Zum Abschied bekomme ich einen Kuss von ihm. Aus seiner Jacke holt er noch die Perle, die er in ein Tuch eingewickelt hat. Er sieht sich die Perle an und auch ich betrachte die große, in Perlmutt schimmernde Perle ein letztes Mal und sehe dann zu Killian auf.
„Letzte Chance, falls du sie zurückhaben möchtest.“
Ich schüttle den Kopf. „Nein, nimm sie.“ Mit sanftem Druck gegen seine Finger sorge ich dafür, dass er eine Faust macht und die Perle einschließt. „Wir brauchen das Geld. Das ist wichtiger.“ Ich lege meine Hand an meine Halskette. „Diese Perle ist die Einzige, die wirklich wichtig ist. Der Rest ist bedeutungsloser Schmuck, den ich mit anderem Schmuck ersetzen kann.“
Killian zieht einen Mundwinkel hoch. „Danke, dass du das für uns machst. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen, auch wenn ich das vielleicht nicht ganz rüberbringen kann.“
Mein Liebster bekommt einen sanften Kuss von mir. „Geh' schon, ich will endlich frühstücken. Ich bin schon ganz gespannt auf das Diner.“
„Dein Wunsch ist mir Befehl, Prinzessin.“
Killian steigt aus dem Auto. Die Tür fällt hinter ihm zu. Obwohl ich wusste, dass es passieren wird, erschreckt mich das Geräusch trotzdem. Um Killian nachsehen zu können, muss ich mich auf meinem Sitz ein wenig verrenken, doch ich verfolge ihn so lange, bis er die Tür aufdrückt und in das Gebäude verschwindet. Ich verharre einen Moment in dieser unmöglichen Position, doch dann mache ich es mir wieder bequem. Ob es lange dauert, eine Perle an einen Menschen zu verkaufen?
Da ich nicht recht weiß, was ich in der Zwischenzeit mit mir anfangen soll, lehne ich meinen Kopf an das Fenster und überblicke die Umgebung. Der Großteil der Menschen, die draußen unterwegs sind, blickt beinahe ununterbrochen auf ihre Smartphones. Es ist interessant zu beobachten, wie sie einander meiden und nur kurz aufsehen, um nicht von einem Auto angefahren oder angerempelt zu werden. Es ist beinahe so, als wäre jeder einzelne von ihnen in seiner eigenen, kleinen Welt gefangen. Dabei gibt es da draußen so viel zu entdecken. In der Stadt gibt es an den Wänden unzählige wunderschöne Kunstwerke. Sie übersehen auch die Natur, die in kleinen Gebieten der Stadt ihr Leben verbreitet. Vielleicht ist auch das einer der Gründe, wieso die Feen so lange unentdeckt blieben. Die Menschen achten nicht mehr auf ihre Umgebung, alles ist zu grauem, langweiligen Alltag geworden, dem sie kaum einen Blick würdigen. Ob sie irgendwann wieder aus ihren kleinen Welten ausbrechen?
Schlagartig setze ich mich auf, als ich einen weiteren Menschen erblicke. Seine giftgrünen Haare stehen im starken Kontrast zu seiner dunklen Haut. Doch nicht der Mensch ist derjenige, der mich erschreckt. Ich bin überrascht, da er eine große, lebendige Schlange um die Schultern trägt. Das Tier bewegt sich geschmeidig, als sie ihren Kopf hebt und eine Frau dazu veranlasst, eilig den Gehweg zu verlassen und zwischen den Autos zu verschwinden. Neugierig versuche ich, einen genaueren Blick auf die Schlange zu werfen, als der Mann an mir vorbei geht. Sie ist braun und schwarz. Der Mann schreitet so schnell an mir vorbei, dass ich nicht die Gelegenheit habe, zu erkennen, ob es eine schwarze Schlange mit braunem Muster ist oder es sich um eine braune Schlange mit schwarzem Muster handelt. Ich bin mir jedoch schnell sicher, dass ich so eine Schlange in meiner Welt noch nie gesehen habe. Nachdenklich sehe ich dem Mann und seinem Haustier hinterher. Dass die Menschen Hunde und Katzen als Haustiere halten, ist nicht ungewöhnlich. Auch Fische habe ich bei Lauren gesehen, doch Schlangen sind mir vollkommen neu. Ich sehe dem Mann noch nach, da öffnet sich plötzlich die Tür neben mir. Erschrocken zucke ich zusammen, doch ich bin sofort wieder beruhigt, als ich Killian erkenne. Er steigt zu mir ins Auto.
Erleichtert spreche ich ihn an: „Du hast mich erschreckt.“
„Entschuldige, das wollte ich nicht.“
„Hast du den Mann mit der Schlange gesehen?“
Killian zieht die Brauen zusammen. „Den Mann mit Schlange? Welcher Mann?“
„Da war ein großer, dunkler Mann mit grünen Haaren. Er hatte eine Schlange um seine Schultern gelegt. Eine echte, lebendige Schlange. Sie hat sich bewegt.“
„Oh, klar, klar.“ Killian nickt. „Das ist ein Künstler. Mister Exotic? Oder Prince Exotic? Ich weiß es nicht mehr so recht. Irgendwas mit Exotic jedenfalls. Er soll sehr exzentrisch, aber ein netter Kerl sein. Ich kenne ihn aber nicht persönlich. Vielleicht kennt Ian ihn, der kennt so gut wie jeden.“ Mein Liebster startet das Auto. „Du kannst ihm ja eine Nachricht schreiben und ihn fragen, ob er den Mann kennt.“
Ich schüttle den Kopf. „Nein, Ian ist bei seinem Freund, da soll er sich lieber ihm widmen und sein Smartphone liegen lassen. Er muss die Zeit unbedingt nutzen und genießen.“
Killian zieht einen Mundwinkel hoch. „Gilt dasselbe für unseren Campingausflug?“
„Ja“, antworte ich ihm. „Aber Fotos sind erlaubt, ich will auch Fotos machen.“
„Und Videos?“
Ich zucke mit den Schultern. „Kommt darauf an, ob du sie ansehen willst oder ob du sie aufnimmst.“
„Vielleicht beides.“ Killian räuspert sich. „Im Rucksack ist ein Survival-Kit von Ian. Das hat sogar einen Feuerstein. Ich wollte das schon immer ausprobieren. Wenn ich es nicht schaffe, wie ein Höhlenmensch Feuer zu machen, wäre ein Tutorial bestimmt hilfreich.“
„Ja, gut, das ist erlaubt.“
„Muss ich auch für die Nutzung der Uhr eine Erlaubnis einholen?“, fragt Killian mich amüsiert.
„Selbstverständlich nicht, aber wenn du ständig auf die Uhr siehst, muss ich dir auf die Finger klopfen. So eine langweilige Gesellschaft bin ich nicht, dass du die Uhrzeit im Auge behalten musst.“
„Ach, so eine bist du also. Erst süß und unschuldig, aber wenn wir alleine im Wald sind, wirst du brutal.“ Um mir zu zeigen, dass es sich nur um einen Scherz handelt, legt er seine Hand wieder auf meinen Schenkel und streichelt mich. „Vielleicht sollte ich doch ein anderes Reiseziel ins Navi eingeben. Könnte sein, dass ich Zeugen brauche.“
„Tz, ich bin doch nicht gefährlich.“ Ich blicke auf meinen Schenkel. Killian drückt sanft zu. „Zumindest für dich nicht.“
„Ich weiß, war ja nur ein Witz. Sieh mal, da vorne ist schon das Diner.“ Mit seinem Kopf deutet er an den Straßenrand. Ich blicke sofort in die Richtung, in die Killian gedeutet hat. „Nimm dein Smartphone unbedingt mit, die Pancakes wären eine gute Ergänzung für deine Social Media Galerie. Die werden sehr hübsch angerichtet.“
„Das ist eine gute Idee.“
Killian findet einen Parkplatz, dafür muss er allerdings einmal um den Block fahren. Das gibt mir die Chance, mir die Umgebung etwas genauer anzusehen. Ich erkenne ein pinkes Gebäude, das sofort Erinnerungen weckt. „Oh, das dort vorne ist der Thrift Shop, in dem wir waren, nicht wahr?“
„Ja“, bestätigt Killian meine Annahme. Wir steigen aus. „Wenn du deine Tasche hierlassen willst, gebe ich sie in den Kofferraum. Es ist immer besser, wenn man nichts im Auto herumliegen lässt.“
„Schon in Ordnung, ich nehme sie mit.“
Killian greift nach meiner Hand und eilt mit mir über die Straße. Normalerweise nehmen wir die gekennzeichneten Wege, um die Straße zu überqueren, heute machen wir wohl eine Ausnahme. „Wenn das da vorne der Thrift Shop ist, dann sind wir gar nicht weit weg von zu Hause, oder?“
„Genau. Unglaublich, dass du dich erinnerst.“
„Die pinke Farbe war sehr einprägend.“
Killian nickt. „Ja, das stimmt wohl.“ Wir gehen die Straße entlang. Der Thrift Shop liegt nun hinter uns. Mein Liebster bleibt stehen und öffnet eine Glastür. Ein leuchtendes Schild neben der Tür zeigt, dass das Diner geöffnet ist. Von außen sieht es nicht nach etwas Besonderem aus, doch wenn Killian mich hierherführt, dann lohnt es sich bestimmt, dem ersten Eindruck nicht zu viel Bedeutung zu schenken. Bis jetzt haben mich die Köstlichkeiten der Menschenwelt noch nicht enttäuscht. Mit großer Sicherheit wird das auch heute nicht anders sein.
Im Inneren des Diners wirkt es gemütlich. Die Farben sind dunkel, jedoch nicht unangenehm. Die Theke wird als eine Art Bar genutzt. Hier sitzen einige Menschen und nehmen ihr Frühstück zu sich. Die Frau hinter der Theke schenkt gerade Kaffee in eine Tasse. Es duftet wunderbar nach süßen und herzhaften Köstlichkeiten. Ich bin schon neugierig darauf, was mich hier erwartet. Wenn es jedoch so gut schmeckt, wie es duftet, dann weiß ich jetzt schon, dass ich sehr zufrieden sein werde.
Killian führt mich zu einem freien Tisch an der Wand. Ich setze mich und mein Liebster nimmt mir gegenüber Platz. Meine Tasche lege ich neben mich. Auf einer zweistöckigen Servierplatte auf dem Tisch findet sich alles, was man brauchen könnte. Servietten, Salz und Pfeffer, auch Ketchup und Zucker sind zu finden. Neugierig werfe ich einen genaueren Blick auf die vielen kleinen Dinge, doch ich erkenne leider nicht alle.
„Das ist Kaffeesahne“, erklärt Killian mir. „Ähnlich wie Milch.“
„Oh, danke. Und was ist das hier?“ Ich zeige Killian eine weitere, kleine Plastikverpackung.
„Das ist Jelly, so wie in den Sandwiches, die ich uns schon ein paar Mal gemacht habe. Das ist für die Pancakes gedacht.“ Über unserem Kopf an der Wand hängt auch das passende Bild dazu. Eine Zeichnung von einem Stapel Pancakes. Das Gericht, das Killian mir empfohlen hat. Killian deutet auf eine Kanne, die sich ebenfalls auf der Servierplatte befindet. „Das ist Ahornsirup, der schmeckt etwas eigen, aber auch sehr süß. Den kann man auch auf den Pancakes verteilen. Das ist bei uns in Amerika sehr beliebt.“ Fasziniert sehe ich die dunkle Flüssigkeit in der Glaskanne an.
„Ich bin schon ziemlich aufgeregt. Es gibt schon wieder so viele neue Dinge, die ich ausprobieren und kosten kann. Das alleine wird ein kleines Abenteuer.“
Killian legt seine Hand an meine. Er zieht einen Mundwinkel hoch. „Du kannst so viel essen, wie du willst. Heute ist Geld kein Problem für uns. Alles, was du nicht aufessen kannst, können wir auch mitnehmen und später essen.“
Die Frau, die vorhin noch an der Theke Kaffee ausgeschenkt hat, begrüßt uns freundlich und reicht uns im Anschluss zwei Karten. Killian bestellt für uns beide Getränke, während ich mir einen Überblick über die Speisen verschaffe. Wie erwartet wählt er Kaffee, auch für mich trifft er die richtige Entscheidung. Heiße Schokolade. Ich bin mir nicht sicher, wofür ich mich entscheiden soll. Am liebsten würde ich von überall ein wenig kosten, um herauszufinden, was mir am besten schmeckt.
„Können wir öfter hierherkommen?“, frage ich Killian, als ich von meiner Karte aufsehe.
„Klar, der Weg ist nicht weit. Wenn Geld da ist, können wir immer auswärts essen.“
Ich nicke. „Welche Pancakes empfiehlst du mir?“
Killian überblickt meine Karte, dann zeigt er auf einen Abschnitt. Hier sind die Pancakes, aber sie haben auch noch Pancake Tacos. Die werden auf einem Taco-Ständer serviert und sind gefüllt. Je nachdem, was du dir aussuchst ist dann in den Tacos drinnen. Das ist ziemlich lecker und sieht auch cool aus.“ Er blättert in der Karte. „Hoffentlich haben sie die Pancake Tacos überhaupt noch.“ Er blättert nun in seiner eigenen Karte und zieht einen Flyer heraus. „Ah, super, die haben die Karte nur bei dir vergessen. Hier, sieh dir das an.“ Er legt den bunten Flyer so hin, dass ich ihn lesen kann. „Die mit Erdbeeren und Bananen sind gut, da werden die Pancakes mit einer Schokoladencreme bestrichen und dann mit den Früchten gefüllt. Die herzhaften Pancakes mit der Avocado sind auch lecker. Du müsstest aber nachlesen, ob Fleisch dabei war. Das weiß ich nicht mehr auswendig. Ist doch schon eine Weile her, als ich das letzte Mal hier war.“
„Wie lange denn?“
„Ein oder zwei Jahre?“, antwortet er mit fragender Stimme. „So genau weiß ich es nicht, um ehrlich zu sein.“ Er schnaubt. „Du weißt ja, wie gerne ich lange schlafe. Für gewöhnlich verschlafe ich die Öffnungszeiten.“
Sanft tätschle ich Killians Hand. „Gut, dass wir das geändert haben.“
Mein Liebster wiegt den Kopf hin und her. „Naja, ich war eigentlich zufrieden damit.“ Als ich ihn anblinzle, spricht er weiter. „Aber jetzt bin ich natürlich viel zufriedener, weil ich dich habe.“ Killian hebt meine Hand an und küsst liebevoll meinen Handrücken. „Ich würde nicht tauschen wollen, auch wenn ich doch sehr gerne lange schlafe.“
„Das war eine sehr gute Antwort“, meine ich, ehe ich kichere.
Killian deutet mit dem Kopf zu meiner Karte. „Du musst aber nicht die Pancake Tacos essen, nur weil ich sie dir empfehle. Du kannst selbstverständlich alles bestellen, was du möchtest. Ich dachte nur, dass sie dir schmecken würden.“
„Es ist gar nicht so einfach, mich zu entscheiden“, stelle ich fest, als ich mich wieder mit der Karte beschäftige. „Was bedeutet ‚vegan‘ eigentlich?“
„Ohne tierische Produkte. Keine Eier, kein Fleisch oder Fisch, kein Honig.“ Killian macht eine ausladende Handgeste. „Ohne all die leckeren Dinge, die uns die Natur geschenkt hat.“
Mit einem Schmunzeln sehe ich wieder auf die Karte. „Was wirst du denn essen?“
„Das Basic Breakfast. Mit extra Bacon. Vielleicht danach noch Pancakes, ich bin mir noch nicht sicher. Mal sehen, was mein Magen sagt.“
„Gut, dann will ich erst einmal die Pancake Tacos. Ich will die mit den Früchten, die sind bestimmt köstlich.“
„Alles klar, sag' es der Kellnerin. Wenn du aufmerksam bist und schnell lernst, wie man bestellt und bezahlt, dann kannst du das auch bald alleine.“
Killian nickt in ihre Richtung. Sie kommt an unseren Tisch und bringt Kaffee für meinen Liebsten und meine mit großer Vorfreude erwartete heiße Schokolade. Ich gebe meine Bestellung selbst ab und auch Killian bestellt für sich. Interessiert sehe ich mich wieder im Diner um. Hier gefällt es mir. Die Bilder an den Wänden und die zufriedenen Gäste lassen das kleine Restaurant sehr gemütlich wirken. Man spürt, dass sich alle Menschen wohlfühlen. Mein Blick bleibt an einem älteren Mann an der Theke hängen. Er steht gerade auf. Als er mich erblickt, nickt er mir lächelnd zu. Da erinnere ich mich an ihn. Wir sind uns im Park begegnet. Mit einem Lächeln winke ich ihm zu. Der Mann klemmt sich seine Zeitung unter den Arm und verlässt langsam das Diner.
„Wer war das denn?“, fragt Killian mich. Die deutliche Verwirrung in seinem Gesicht kann er nicht abstreiten.
„Wir kennen uns nicht richtig, aber wir haben uns im Park getroffen. Ist schon eine Weile her. Er hat sich neben mich gesetzt und in seinem Buch gelesen. Er hat mir außerdem ein Kompliment zu meinen Haaren gemacht.“ Als ich das sage, streiche ich durch mein Haar. „Er war wirklich sehr freundlich.“
„Hm“, gibt Killian nachdenklich von sich. Er greift nach dem Zucker und süßt seinen Kaffee. „Es freut mich, dass du dich alleine gut zurechtfindest.“
„Ja, naja, mit dem Bus will ich lieber noch nicht fahren und ich nehme doch lieber Straßen, die ich kenne, um mich nicht zu verlaufen. Ich bin zwar schon mutiger geworden, aber ganz ohne Plan möchte ich doch lieber nicht aus dem Haus gehen“, antworte ich ihm. Ich hebe meine Tasse an und schnuppere an dem süßen Getränk. „Wenn du mir den Weg hierher zeigst, dann könnte ich hier auch ganz alleine eine Kleinigkeit essen. In meiner Welt war ich auch schon in Tavernen. Ich weiß also, wie das alles funktioniert.“
Killian nickt. „Klar, können wir bei Gelegenheit gerne machen. Jetzt sind wir doch eher einen Umweg gefahren, weil ich erst ins Pfandhaus musste. Warte ich zeige dir die Karte, es ist wirklich fast um die Ecke.“ Auf seinem Smartphone zeigt er mir den Weg. „Hier ist unser Zuhause, dann gehst du hier lang. Eine Straße, dann die zweite Straße. Rechts müsstest du dann sogar schon den Thrift Shop sehen. Das Pink sticht ja raus und dann gehst du nur noch geradeaus.“ Ich nicke. „Ich zeige dir das noch einmal im richtigen Leben, wenn wir wieder vom Campen zurückkommen. Du bist vielleicht fünf, sechs Minuten unterwegs, maximal zehn, wenn du länger an den Ampeln warten musst.“
„Klingt gut. Danke, Killian.“
„Ach, nicht dafür. Es ist ja auch in meinem Interesse, dass du dich zurechtfindest und wieder heil nach Hause kommst. Ich will ja nicht, dass du dich verläufst. San Francisco ist doch recht groß und nicht immer ungefährlich.“
Es dauert nicht mehr lange, schon bekommen wir unser bestelltes Essen. Killian hatte recht. Die Pancake Tacos sehen unglaublich köstlich aus. Aus meiner Tasche hole ich mein Smartphone und mache dann ein Foto meines Frühstücks. Da Killian so gut aussieht, mache ich auch ein Foto von ihm. Beim ersten Foto sieht er auf sein Essen, doch dann grinst er mich an. Auch das muss ich natürlich sofort festhalten.
„Zufrieden?“, fragt Killian mich. Er nimmt eine Flasche von dem Tisch und liest das Etikett, ehe er die rote Sauce auf seinem Essen verteilt.
„Was ist das?“, erkundige ich mich und stecke mein Smartphone wieder in meine Tasche.
„Tabasco, damit du mir nichts klaust.“ Killian zwinkert mir zu. „Und falls du es doch tust, leidest du.“
„Wie fies du bist“, antworte ich gespielt beleidigt. Ich ziehe eine übertriebene Schmolllippe, was Killian zum Lachen bringt.
Er schüttelt den Kopf. „Du weißt ja, wie gerne ich scharf esse.“
„Ja, schon bei der Erinnerung an die scharfen Chips will ich sofort wieder Milch trinken.“
Mein Liebster tätschelt meine Hand, dann widmet er sich seinem Frühstück. Der knusprige Bacon scheint ihn besonders glücklich zu machen. Ich überlege erst, wie ich meinen Pancake Taco am besten essen sollte, anstatt einfach hineinzubeißen. Um mich nicht schmutzig zu machen, entscheide ich mich dafür, sie einzeln aus der kleinen Metallhalterung zu nehmen und auf meinen Teller zu legen. Ich esse mit Messer und Gabel. Mein Frühstück ist köstlich. Schokolade, Sahne und Früchte passen ausgesprochen gut zu dem fluffigen Pancake. Aus Neugierde probiere ich auch den süßen Ahornsirup. Auch meine heiße Schokolade passt perfekt zu dem süßen Frühstück. Killian und ich nehmen uns Zeit in Ruhe zu essen. Wir bestellen sogar noch eine Kleinigkeit nach.
Mein Liebster bezahlt unser Essen und wir machen uns auf den Weg nach draußen. Es ist angenehm warm, viel wärmer, als wir das Haus verlassen haben. Wir sind gerade dabei, die Straße zu überqueren, da fällt mir auf, dass ich meine Tasche liegen gelassen habe.
„Geh' schon mal vor, ich habe meine Tasche im Diner vergessen.“ Ich lasse Killians Hand los und mache mich auf den Weg zurück.
„Ich warte am Auto. Pass auf, wenn du die Straße überquerst.“
„Mach ich!“
Ich eile zurück zum Diner, wo die Kellnerin bereits auf mich wartet. Sie hält meine Tasche in ihrer Hand. „Ich dachte schon, dass du gleich wieder hier bist“, spricht sie mich an, als sie mir meine Tasche reicht.
„Oh, vielen, vielen Dank. Manchmal bin ich unglaublich zerstreut.“
Ich nehme meine Tasche an mich und hänge sie über meine Schulter. Die freundliche Kellnerin lacht. „Ja, das kommt mir sehr bekannt vor. Ich würde wahrscheinlich morgens meinen Kopf im Bett vergessen, wenn er nicht angewachsen wäre.“ Ihre Aussage bringt mich zum Kichern. Ich verabschiede mich und sehe mich noch einmal um, dann verlasse ich das Diner.
Killian wartet auf der anderen Straßenseite auf mich. Er winkt mir, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Lächelnd erwidere ich das Winken, doch ich sehe mich sehr gründlich um, um sicherzugehen, dass ich ungestört die Straße überqueren kann. Ich gehe einige Schritte, doch plötzlich ändert sich alles. Der Boden unter meinen Füßen vibriert.
„Bleib da! Ich komme zu dir! Beweg dich nicht!“, ruft Killian in meine Richtung. Zwischen all dem Lärm, der zeitgleich von den parkenden Autos ertönt, kann ich seine Worte nicht richtig verstehen oder gar einordnen. Meine Knie werden weich, der Boden vibriert immer stärker. Ich kann mich kaum noch halten. Panisch greife ich nach dem Auto neben mir, doch ich rutsche an dem glatten Lack ab. Mit meinen Fingernägeln versuche ich, Halt zu finden. Das Quietschen ist schmerzt in meinen Ohren. „Ilaria! Pass auf!“
Staub rieselt auf mich herab. Alles um mich herum passiert so schnell, dass ich nicht begreife, was geschieht. Mit meinen Händen und Armen schütze ich meinen Kopf. Durch den bebenden Boden unter meinen Füßen verliere das Gleichgewicht. Ich falle, mein Arm bekommt mein gesamtes Gewicht zu spüren. Das letzte, was ich sehe, ist, dass etwas auf mich herabfällt. Ich kneife meine Augen zusammen. Der Lärm um mich herum ist schwer zu ertragen.
„Ilaria!“
Es ist dunkel, der aufgewirbelte Staub macht es mir schwer, zu atmen. Ich kann kaum etwas sehen. Ich höre Menschen schreien, Sirenen heulen und auch die Alarmanlagen der Autos dröhnen in meinen Ohren. Ich halte mir eine Hand vor den Mund, mit meinem Ärmel versuche ich, wieder freie Sicht zu bekommen. Meine Augen brennen. Ich kann nichts sehen.
„Fuck! Ilaria!“ Ich schnappe nach Luft und huste. Verschwommen nehme ich Umrisse eines Menschen wahr. Er berührt mein Gesicht. „Ich bin da, ich bin da. Es wird alles gut, hörst du?“
„Was ist passiert?“, frage ich, ehe ich wieder huste. Der Staub in meinem Mund schmeckt fürchterlich. Ich bekomme kaum Luft.
„Keine Ahnung.“ Die Erde bebt erneut. Killian beugt sich über mich, um mich mit seinem Körper zu schützen. Staub und kleine Steine rieseln auf uns herab. „Fuck. Beweg dich nicht, ich ziehe dich da raus. Bleib am besten ganz ruhig.“
„Woraus? Was ist los?“
Verwirrt schließe ich meine Augen. Ich ertaste Killians Oberschenkel und halte mich an ihm fest. Aufkommender Wind lässt den Staub um uns herum abziehen. Ich erhasche einen verschwommenen Blick in den Himmel. Es ist möglich, dass ich es mir nur einbilde, doch am klaren Himmel ziehen besorgniserregend schnell dunkle Wolken herauf. Ich nehme einen tiefen, aber hektischen Atemzug. Mein Arm pocht vor Schmerzen. Ich fasse an mein Gesicht und wische mir über die Augen. Meine Sicht wird jedoch nicht ganz klar.
„Was zur Hölle?“
Killian lässt mich los. Er tastet meinen Körper, insbesondere mein Bein ab. Ich versuche, mich zu bewegen, doch mein Bein will nicht, wie ich es möchte. Ich sehe an mir herab und erkenne, dass etwas in meinem Oberschenkel steckt. Über mir befindet sich ein Teil eines Gebäudes. Es droht, zusammenzubrechen und könnte mich jede Sekunde unter sich vergraben. Ich kann nicht glauben, was ich da sehe.
„Scheiße, scheiße, scheiße“, gibt Killian geschockt von sich. „Fuck.“ Er sieht mich an und berührt zittrig mein Gesicht. „Es wird alles gut, okay? Mach dir keine Sorgen. Wir befreien dich und dann wird alles gut.“ Ich spüre, dass mein Bein immer nasser wird. Ist das etwa Blut?
„Killian.“
„Ja, ich bin hier. Ich bin bei dir, Prinzessin. Halt durch, okay? Halt einfach durch, alles wird gut.“
Ich taste nach meinem Bein und betrachte dann meine Finger. Ich blute. „Ich bin verletzt.“
„Ich weiß. Ich weiß, aber es ist nicht schlimm. Das ist nicht schlimm.“ Killian streichelt über meine Wange und meinen Kopf. „Ich hole Hilfe.“
„Nein, nein, bitte, geh nicht weg“, bitte ich ihn wimmernd. „Es tut weh, lass mich nicht alleine.“ Heiße Tränen laufen über mein Gesicht. Ich versuche, mein Bein frei zu bekommen, doch es schmerzt zu sehr.
„Okay.“ Killian sieht sich um. „Hilfe! Kann mir jemand helfen!“
Die Alarmanlagen der Autos verstummen nach und nach. Ich nehme einen beißenden Geruch wahr. Als ich einen Tropfen an meiner Wange spüre, sehe ich nach oben in den Himmel. Es wird immer dunkler.
„Hierher!“, ruft Killian. Er winkt und ich drehe meinen Kopf, sodass ich sehen kann, was passiert. Ein Mann läuft auf uns zu, doch er wird immer langsamer. Seine Schritte werden schwerer und plötzlich kommt er zu stehen. Der Mann beginnt, vor Schmerzen zu schreien. Trotz verschwommener Sicht, kann ich die Panik in ihm erkennen. Geschockt beobachte ich, wie er sich mit beiden Händen an den Kopf fasst. Er sinkt kraftlos in die Knie. Ich kann meine Augen kaum von seinem schmerzverzerrten Gesicht lassen. Von dem Menschen geht ein grünes Schimmern aus. Ich blinzle, um den Staub aus meinen Augen zu vertreiben und wieder klarer zu sehen. Der Mann löst sich schreiend in grünes Schimmern auf, das ähnlich wie ein ruhiger Fluss in den Himmel hinauffließt. Ein weiterer Mann beginnt panisch zu schreien, er muss sich irgendwo hinter den Autos befinden. „Ach du Scheiße, was zur Hölle ist hier los?“ Killian hält meine Hand fest. „Scheiße, Ilaria, was passiert hier?“
„Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was passiert.“ Ich versuche erneut, mich zu befreien, doch die Metallstange, die sich in mein Bein gebohrt hat, sitzt fest.
„Hey, hey, hör auf. Nicht bewegen.“ Um uns herum schreien immer mehr Menschen. Ich bin ziemlich sicher, dass jemand weint. Die Angst in mir steigt immer weiter hoch. Was, wenn alle Menschen verschwinden? Was, wenn auch Killian verschwindet? „Scheiße, du verlierst so viel Blut.“ Killian zieht seine Jacke aus und deckt mich zu. Weitere, dieses mal sanftere Vibrationen kommen auf uns zu. Ich halte mich an Killians Arm fest. Er löst meine Hand vorsichtig von sich und zieht seinen Pullover aus. Als er ihn gegen mein Bein drückt, schreie ich vor Schmerz. „Tut mir leid. Ganz ruhig. Ich muss das irgendwie stoppen.“
„Das hört von alleine auf“, drücke ich angestrengt heraus. Um gegen meine Schmerzen anzukämpfen, beiße ich die Zähne zusammen. Mein Herz schlägt schneller und schneller. Mein Bein zuckt wie von selbst. Meine Instinkte zu unterdrücken ist kaum noch möglich. Mein Körper versucht, sich zu befreien, doch ich habe keinen Erfolg.
„Bleib ganz ruhig, du machst es nur schlimmer“, bittet Killian mich. Er lehnt sich gegen mein Bein, um es ruhig zu halten, doch das funktioniert nicht besonders gut. Das nächste kleine Erdbeben lässt den Boden unter mir vibrieren. Noch mehr Staub fällt auf uns herab. Die Trümmer um uns knarzen. Ein großer Stein löst sich und fällt auf das Auto neben mir. Die aufkommende Panik bringt mich dazu, noch einmal fest an meinem Bein zu ziehen.
„Ich will nicht sterben!“, schreie ich vor Angst. Es tut so verdammt weh. Ich zucke und ziehe an meinem Bein. Killian hält mich fest, dabei drückt er auch eine Hand auf meinen Mund. Wir sehen uns in die Augen. Mein Körper wird ganz ruhig. Meine Atmung ist flach und unregelmäßig, doch sie wird ruhiger, je länger wir uns ansehen. Killian lässt mein Bein los, dann beugt er sich zu mir, um meine Stirn zu küssen.
„Keine Ahnung wie, aber ich hole dich hier raus.“ Er streicht über meine Stirn und lässt schließlich auch von meinem Mund ab. „Bleib ruhig.“ Er sieht sich um, dabei kämpft er sichtlich mit seinen Emotionen. Ein weiterer Schrei einer Frau verstummt. „Ich muss zum Auto.“
„Nein, nein, lass mich nicht hier“, bitte ich ihn. Ich klammere mich sofort an sein Shirt. „Lass mich nicht alleine.“
„Ich muss irgendwas tun.“
„Bleib bei mir“, bitte ich ihn. „Bitte lass mich nicht alleine.“
Killian presst die Lippen zusammen. Er greift nach meiner Hand und versucht, sie von sich zu lösen. „Lass mich los, Prinzessin!“
„Nein, geh' bitte nicht weg.“
„Fuck.“
Killian ist so grob, dass er mir wehtut, als er mich von sich löst. Er steht auf und sieht auf mich hinunter. Ich versuche, nach seinem Bein zu greifen, doch er zieht es weg. Weinend versuche ich, Killian zu erreichen. Er schüttelt den Kopf und nimmt Abstand von mir. Nach einem letzten Blick auf mich verschwindet er hinter dem Auto.
„Killian!“, rufe ich hysterisch. „Lass mich nicht alleine! Komm zurück! Bitte komm doch zurück!“ Da die Schmerzen immer größer werden, lasse ich einen lauten Schrei los. „Hilf mir doch, Killian!“ Weinend bleibe ich auf dem Boden liegen. Ich sehe in den Himmel, als immer mehr Wassertropfen auf mich herab nieseln. Schluchzend wische ich mir über das Gesicht. Ich drücke meine Hände gegen den Boden und versuche, mich aus den Trümmern zu ziehen. Mit meinem freien Bein drücke ich mich vom Boden ab, doch der Versuch, mich zu befreien ist zwecklos. Die Schmerzen sind so stark, dass ich all meine Kraft verliere. Schluchzend sehe ich in den Himmel. Für einen Sekundenbruchteil zieht ein grüner Blitz durch die dunklen Wolken. Ich schließe meine Augen und wische darüber, ehe ich einen weiteren, verschwommenen Blick in den Himmel werfe. Grüne Wellen ziehen wie Fäden in Richtung der immer bedrohlicher wirkenden Wolken. Ich höre die Schreie eines Mannes, dann wird alles um mich herum schwarz.