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Kapitel 43
Mein Fels in der Brandung
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Auch heute beschließe ich, das schöne, sonnige Wetter auszunutzen und einen Spaziergang in Park zu machen. Im Gras mache ich es mir mit einer Decke bequem und genieße den Sommer. Eigentlich wäre es schön gewesen, wenn Killian mich begleitet hätte, doch er gibt heute wieder Gitarrenunterricht, um ein wenig Geld zu verdienen. Falls das Wetter nach dem Unterricht immer noch zum Spazierengehen einlädt, wird Killian mir Gesellschaft leisten. In ungefähr drei Stunden sollte er seine Arbeit hinter sich haben.
Ich mache es mir auf meiner Decke bequem und sehe in den Himmel. Das grüne Schimmern ist auch heute wieder gut zu sehen. Ich beobachte, wie die Wolken über den Himmel ziehen. Obwohl ich im Fernsehen immer wieder all dieses Chaos sehe, fühlt sich dieser Moment friedlich und ruhig an. Die Menschen machen Spaziergänge mit ihren Hunden, sie laufen durch den Park, um fit zu bleiben, Kinder spielen miteinander auf dem Spielplatz und ich höre Musik, während ich mich von den angenehmen Strahlen der Sonne wärmen lasse. Hätte ich all diese schrecklichen Bilder im Fernsehen nicht gesehen, wäre ich sicher, dass die Welt der Menschen ein friedlicher Ort ist. Unglaublich, wie sehr der Schein trügen kann.
Da mir irgendwann vom Herumliegen alleine doch langweilig wird, beschließe ich, mich zu beschäftigen. Ich nehme einen tiefen Atemzug, dann setze ich mich auf und ziehe meine Tasche an mich heran, um mein Buch herauszunehmen. Killian hat mir wie versprochen den zweiten Teil der Geschichte über die Zauberschule gegeben, damit ich herausfinden kann, wie es mit den liebgewordenen Charakteren weitergeht. Neugierig schlage ich das Buch auf und lese an der Stelle weiter, an der ich gestern aufgehört habe. Die Seite habe ich mit einem bunten Lesezeichen markiert. Ich lege mich auf den Bauch und beginne zu lesen.
„Hey, Süße!“, höre ich eine Stimme sprechen. Sie kommt mir bekannt vor, doch ich kann sie nicht sofort zuordnen. Ich sehe auf und entdecke Chad, einen von Killians Schülern. Er nickt mir grinsend zu, als er auf mich zukommt.
Ich ziehe einen der Kopfhörer aus meinem Ohr und sehe weiterhin zu ihm. „Oh, du bist doch Chad, richtig? Ist deine Stunde schon vorbei?“
„Klar, dass du dich an mich erinnerst, Baby. Ich hab' dich sicher schon beeindruckt. So wie du mich beeindruckt hast. Dein Hintern ist so geil, den kann man jedenfalls nicht vergessen.“
„Wie bitte?“, frage ich verwirrt nach und ziehe dabei meine Brauen zusammen.
„Du hast mich schon verstanden, Süße. Ich steh auf deinen geilen Arsch.“ Er legt seinen Gitarrenrucksack auf meiner Decke ab und setzt sich uneingeladen neben mich. Ein wenig frech ist das schon. Er mustert mich ausgiebig, sein Hauptaugenmerk ist dabei mein Hintern. „Also, Baby, was macht so eine heiße Schnitte wie du mit so einem fetten, langweiligen Loser wie Killian? Ich check’s nicht. Du könntest jeden haben und trotzdem willst du ihn. Was ist an dem so toll, dass er ein Mädchen wie dich bekommt?“ Ich blinzle Chad an. Die Art, wie er von Killian spricht, gefällt mir nicht, trotzdem möchte ich höflich bleiben. „Hat er 'nen riesigen Schwanz oder so? Irgendwas muss dich an ihm doch total anmachen. Sein Aussehen kann’s ja nicht sein, der ist bestenfalls 'ne Vier, also hat er dich gar nicht verdient. Das macht einfach keinen Sinn.“
„Es gefällt mir, dass er freundlich zu mir ist und dass er mich gut behandelt. Ich liebe Killian. Das Aussehen hat damit nichts zu tun, auch wenn er in meinen Augen ein sehr attraktiver Mensch ist.“
Chad rückt seine Sonnenbrille zurecht. „Okay, Baby. Du weißt aber, dass ich dich auch gut behandeln könnte? So ein Mädchen wie dich würde jeder gut behandeln. Du bist eine Zehn auf der Damn-Skala.“
Ich habe zwar keine Ahnung, wovon Chad eigentlich redet und was er genau von mir möchte, doch seine Art amüsiert mich. Ich kichere, schüttle dann aber den Kopf. „Was willst du eigentlich von mir?“
„Ich will dich kennenlernen und wenn’s gut läuft, dann lad' ich dich mal zu mir ein. Ich hab' 'nen Whirlpool.“ Er grinst breit. „Du bräuchtest nicht mal 'nen Bikini. Du bräuchtest in meiner Nähe eigentlich gar keine Klamotten.“ Chad streicht sich durch seine braunen Haare. „Weißt du, Baby, wir verbringen die Nacht zusammen und dann merkst du, was für ein Langweiler Killian eigentlich ist. Ich werd’s dir besorgen, wie es noch keiner gemacht hat.“ Er schiebt seine Sonnenbrille von seinen Augen und zwinkert mir zu. „Ich leg' dir die Welt zu Füßen, wenn du mich nur lässt.“
Ich fasse mir an die Stirn und klappe dann mein Buch zusammen, ehe ich mich aufsetze. „Chad, ich bin doch viel zu alt für dich. Und du bist doch noch ein kleines Baby.“ Ich mustere ihn. „Sieh dich doch an. Du bist ein dürres, kleines Kind, das über einen Mann schimpft, den es gar nicht richtig kennt. Du kommst schon so lange zu Killian und weißt überhaupt nicht zu schätzen, wie viel Geduld er mit dir und deiner unreifen Art hat. Er gibt sich unglaublich viel Mühe, damit du etwas lernst und deine leeren Versprechen erfüllen kannst.“ Chad lässt seine Schultern sinken. „Und selbst wenn du kein kleines Kind mehr wärst, lässt dich dein Verhalten wie ein kleines Kind erscheinen. Du bist faul, hast kein Benehmen und außerdem, was das Wichtigste ist: Du kennst mich überhaupt nicht. Du weißt nichts über mich. Du nennst mich Baby, Schnitte oder Süße und redest, ohne irgendetwas auszusagen. Wenn du ein Mädchen wirklich kennenlernen willst, dann solltest du mit diesem Mädchen reden, ihr Fragen stellen und sie nicht mit leeren Versprechen überfallen. Das gehört sich nicht. Du solltest Respekt vor den Menschen haben und dich mit ihnen beschäftigen. Niemand will in deiner Nähe sein, wenn er sich nicht wohlfühlt.“
„Okay, okay, okay, ich verstehe. Du checkst es noch nicht.“ Chad hebt seine Hände. „Was muss ich springen lassen, um dich zu beeindrucken?“
„Springen lassen?“, frage ich irritiert, weil ich diesen Ausdruck noch nie gehört habe. Ich weiß nicht, was das bedeutet.
„Du verhandelst, nice.“ Chad nickt. „Was willst du? Neue Schuhe? Ein neues iPhone?“
„Ich verhandle nicht“, antworte ich nun noch irritierter, da er mir nun noch mehr Dinge verspricht, die ich gar nicht brauche. Ich dachte, dass ich mich klar ausgedrückt habe. „Du hast gar nichts, was du mir bieten könntest und ich verstehe immer noch nicht, was du eigentlich von mir willst.“
Chad grinst wieder. Er nimmt seine Sonnenbrille ab und zeigt nun seine braunen Augen. Es ist schwer, zuzuordnen, was er wohl denkt oder fühlt, doch ich erkenne große Arroganz. „Wir können mit einem Kuss anfangen und ich taste mich langsam voran.“ Als Chad den Kuss erwähnt, lache ich los. „Hey, das war kein Witz. Ich will dich. Und sobald du siehst, dass ich es ernst meine, willst du mich auch. Ich mache dich zu einer glücklichen Frau.“
Ich schüttle den Kopf. „Nein“, meine ich amüsiert. „Nein, das glaube ich nicht, Chad.“ Als ich seinen enttäuschten Gesichtsausdruck sehe, muss ich noch mehr lachen. Sein Verhalten ist lächerlich. „Entschuldige, es ist nur so lustig.“
Chad seufzt laut. „Immer dasselbe mit euch Weibern. Ihr denkt, nur weil ihr geil seid, dürft ihr uns Jungs auslachen.“
„Entschuldige“, gebe ich immer noch amüsiert von mir. „Weißt du, Chad, wenn du dir ein besseres Benehmen zulegen würdest und Frauen keine Schuhe für einen Kuss versprechen würdest, dann würden dich Frauen nicht auslachen und vielleicht sogar mögen.“
„Ja klar“, antwortet er, ehe er sich seine Gitarre greift und aufsteht. Er sieht zu mir nach unten. „Du wirst noch an mich denken, wenn Killians arbeitsloser Arsch dir keine hübschen Sachen kaufen kann. Dann kommst du schon noch angekrochen und willst ein Stück von Chad.“ Er hebt seinen Kopf, als wäre er sehr stolz auf das, was er gerade von sich gegeben hat. „Vielleicht bin ich dann nett und gebe dir eine Chance, für 'ne kleine Gegenleistung natürlich.“ Chad nickt mir zu. „Wir sehen uns noch, Baby, da kannst du dir sicher sein. Ich weiß ja, wo ich dich an schönen Tagen finde.“ Er setzt seine Sonnenbrille auf, schnippt dann und zeigt auf mich. „Wir sehen uns.“ Verwirrt sehe ich Chad hinterher. Als eine Frau an ihm vorbei joggt, spricht er auch sie an: „Hey, Baby, wo willst du denn hin?“ Sie ignoriert ihn und läuft weiter, ohne ihn zu beachten. Chad zuckt nur mit den Schultern. Er zieht sein Smartphone aus seiner Hoodietasche und tippt darauf herum, während er den Weg entlang geht.
„Was ist da gerade passiert?“, frage ich mich selbst, ehe ich den Kopf schüttle und es mir wieder bequem mache. Zum Glück sind meine Gedanken schnell wieder bei der Zauberschule. Wahrscheinlich ist es das Beste, dass ich gar nicht richtig verstanden habe, was er zu mir gesagt hat.
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Mein Liebster hält ein weiteres seiner Versprechen. Schon als ich ihn noch nicht sehen kann, spüre ich seine Anwesenheit. Ich blicke von meinem Buch auf und tatsächlich sehe ich, wie Killian auf dem Weg auftaucht. Als ich ihn erblicke, winke ich ihm zu. Es dauert zwar einen Moment, doch dann entdeckt er mich. Auf seinem neutralen Gesicht breitet sich sofort ein Lächeln aus. Gemütlich kommt er auf mich zu.
„Ach, hier bist du“, begrüßt er mich, während er den Weg verlässt und in das grüne Gras tritt. „Hey, Prinzessin.“ Killian legt seinen Rucksack auf die Decke und setzt sich dann zu mir. Seine Gesellschaft ist mir viel lieber, als die von Chad. In Killians Nähe fühle ich mich immer wohl.
„Schön, dass du doch noch gekommen bist.“
„Das wollte ich um nichts in der Welt verpassen.“ Wir küssen uns und schon legt Killian sich zu mir. Er nutzt seinen Rucksack als Kopfpolster. Seine Hand wandert über meinen Rücken. Ich genieße es, von ihm gestreichelt zu werden. Es ist sehr angenehm.
„Wie war der Unterricht?“, erkundige ich mich.
„Johnny macht richtig gute Fortschritte. Eigentlich bräuchte er in meinen Augen längst keinen Unterricht mehr, aber er hat niemanden, mit dem er über Musik reden kann, also kommt er weiterhin jede Woche zu mir. Es ist immer nett, mit ihm die Stunde zu verbringen. Und Chad.“ Killian seufzt. „Er ist ein hoffnungsloser Fall. Er konnte seine Klappe kaum halten. Außerdem hat er mich gefragt, ob du mich schon verlassen hast, weil du nicht da warst.“ Er schnaubt. „Er würde töten für so eine geile Frau. Seine Worte.“ Killians Stimme klingt amüsiert. „Eigentlich ist mir die Meinung von Rotzlöffeln wie ihm egal, aber es ist doch ganz nett, wenn so ein reicher kleiner Scheißer neidisch auf dich ist. Mit Geld kann man sich zwar vieles aber nicht alles kaufen. Meinem Ego tut es auch ganz gut, dass ich sozusagen etwas habe, das er niemals haben kann.“
„Oh, wenn du es schon ansprichst: Er hat mich gefragt ob ich ihn für ein Paar Schuhe und ein iPhone küsse“, antworte ich ihm beiläufig.
„Was? Wann das?“, fragt Killian empört nach, dabei sieht er mich an.
Ich lege meinen Finger auf meine Zeile, um sie nicht zu verlieren und erwidere Killians Blick. „Vorhin. Er ist nach dem Unterricht hier vorbeigekommen und hat mich angesprochen.“
Killian legt seine Hand an seine Stirn, dann sieht er in den Himmel über uns. „Klingt leider sehr nach ihm. Dir geht’s aber gut, oder? Er hat nicht wirklich versucht, dich zu küssen oder anzufassen?“
„Nein, keine Sorge, alles ist in bester Ordnung. Er hat genug Abstand zu mir gehalten. Er hat mir allerdings viele Geschenke versprochen, wenn ich ihm eine Chance gebe.“ Ich schüttle den Kopf, als ich an das Gespräch mit Chad zurückdenke. „Wir haben nicht besonders lange miteinander gesprochen. Eigentlich habe ich fast nur zugehört. Chad war aber sehr von sich überzeugt. Das Meiste habe ich gar nicht so genau verstanden, aber nachfragen wollte ich auch nicht.“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich war die meiste Zeit verwirrt, aber seine Bemühungen waren doch irgendwie erheiternd. Es fällt ihm wohl auch schwer, mit einem Nein umzugehen.“
„Ja, seine Eltern kaufen ihm alles, was er will und erzählen ihm schon von klein auf, dass er besser ist, als alle anderen. Er ist ein verzogener Bengel, das ist alles. Die sind meistens nicht besonders einsichtig und verstehen nicht, dass es tatsächlich an ihnen liegen könnte, dass sie nicht besonders gut bei anderen Menschen ankommen.“ Killian schnaubt. „Und bei Meerjungfrauen wohl auch nicht.“
„Vielleicht lernt er es ja noch.“
Killian wiegt seinen Kopf hin und her. „Da habe ich keine besonders großen Hoffnungen, um ehrlich zu sein“, meint er, ehe er gähnt. „Frische Luft macht müde.“
Ich kichere. „Schieb es nicht auf die frische Luft, du bist immer müde.“
„Das Leben ist eben anstrengend.“
Ich beobachte Killian einen Moment. Er rümpft die Nase und streicht dann durch seinen Bart. Ich lächle. Es ist angenehm, ihn so zufrieden zu sehen. Wenn er sich wohlfühlt, fühle auch ich mich wohl. Killians Blick ist weiterhin in den Himmel gerichtet. Ich lege mein Lesezeichen zwischen die Seiten und klappe mein Buch zu. Mein Liebster sieht zu mir und hebt dann seinen Arm, um mich an seine Seite einzuladen. Ich kuschle mich an seine Schulter und werde sofort gestreichelt.
„Weißt du“, beginnt er. „Ich kann gar nicht genug von dem grünen Schimmern bekommen. Es ist so unwirklich, dass es in meiner Welt Magie gibt. Immer wenn ich die Magie im Himmel sehe, erinnere ich mich wieder daran, dass ich seit deiner Ankunft in einer magischen Welt lebe. Ich habe mir früher unendlich oft vorgestellt, wie es wohl wäre, in einer dieser Welten zu leben. Und jetzt ist es soweit. Keine Ahnung wieso, aber irgendwie will mein Kopf es nicht verstehen, obwohl es wahr ist.“
„Und wie fühlt sich das für dich an?“
Killian schnaubt, ehe er mir antwortet: „Du klingst wie meine Therapeutin.“ Er drückt mich an sich. „Irgendwie fühlt es sich seltsam normal an. Es hat sich zwar etwas geändert, aber nicht in die Richtung, in der ich es erwartet hätte.“
„Dann wärst du lieber der Held in einer abenteuerlichen Geschichte?“, erkundige ich mich interessiert.
„Nein, ich glaube, dass es als Randfigur interessanter wäre. Niemand erwartet, dass du die Welt rettest. Ich kann durch die Welt reisen, Köstlichkeiten der verschiedenen Völker probieren und ab und zu eine schöne Frau verführen.“ Nun grinst er frech. „Ich glaube, dass das Leben, das du mir in deiner Welt zeigen würdest, ganz interessant wäre.“
„Was hält dich davon ab, das auch hier zu tun? Du kannst doch einen Rucksack nehmen und hier in deiner Welt auf Reisen gehen, oder nicht?“, frage ich nach.
„So einfach ist das nicht, Ilaria. Klar, irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht. Ich kann mir schwer vorstellen, in der Wildnis zu jagen. Ich mag Waffen nicht. Geld habe ich keines, um zu reisen, ich wäre quasi darauf angewiesen, irgendwie Geld zu verdienen oder für meine Unterkunft zu arbeiten. Irgendwann muss man auch seine Klamotten waschen und eine Dusche nehmen. Wenn es kalt ist und es regnet will man ja auch nicht unbedingt in einem Zelt schlafen. Außerdem kann man nicht einfach irgendwo ein Zelt aufschlagen. Viele Gebiete, die wie Wald aussehen, gehören jemanden und man darf sie nicht betreten. Auf fremdem Land zu schlafen, kann dich in einigen Staaten sogar dein Leben kosten, wenn du Pech hast. Manche Menschen schießen auf Eindringlinge.“ Ich genieße Killians Streicheleinheiten und lausche weiterhin seinen Erzählungen. „Mit einem Wohnwagen wäre das etwas anderes. Da kann man auch duschen und eine Toilette haben die Dinger auch. Es ist auch ein bisschen bequemer, als in einem Zelt zu schlafen. Es gibt auch viele Campingplätze, auf denen man unterkommen kann. Das wäre eigentlich eine ganz gute Alternative.“
„Was ist ein Wohnwagen?“, frage ich nach. „Also es ist wohl selbsterklärend, ein Wagen, in dem man auch wohnt, aber wie sieht das aus?“
„Warte, das Internet hat eine Antwort für dich. Ich brauche nur mein Smartphone, dann kann ich es dir zeigen.“ Ich nehme von ihm Abstand, sodass er sein Smartphone aus seiner Tasche ziehen kann, dann kuschle ich mich gleich wieder an seine Seite. „Einen Wohnwagen kann ich mir aber leider auch nicht leisten, sonst könnten wir schon längst einen Trip machen. Das wäre richtig cool.“
„Schade.“
Killian zeigt mir Bilder von Wohnwagen aus dem Internet. Es gibt viele verschiedene. Manche sind schlicht ausgestattet, andere haben etwas mehr Luxus und mehr Platz. Es gibt sie sogar in unterschiedlichen Farben. Mir würde ein kleiner Wohnwagen vollkommen ausreichen, besonders viele Sachen habe ich ja nicht, außerdem geht es bei einer Reise ja darum, die Welt zu entdecken und nicht in seinem Zelt oder seinem Wohnwagen zu sitzen. Man möchte etwas erleben, anstatt herumzusitzen. Ich muss jedoch zugeben, dass mir die Idee, mit einem Wagen zu fahren, anstatt die weiten Wege zu Fuß zurückzulegen, doch schon zusagen würde.
Als Killian sein Smartphone wieder wegsteckt, wählt er die andere Hosentasche, sodass ich liegen bleiben kann. Ich gebe ihm einen sanften Kuss auf die Wange, ehe ich mich wieder an ihn schmiege. Er ist schön warm.
„Geld regiert leider unsere Welt“, meint Killian nach einem Moment Stille. „Wenn ich wie Chad wohlhabende Eltern hätte, dann würde ich dir längst die Welt zeigen. Du müsstest dich nicht jeden Tag mit demselben Park zufriedengeben.“
„Ich bin aber gerne hier in diesem Park“, sichere ich ihm zu. „Wenn du dich schuldig fühlst, kannst du mich ja wieder ans Meer bringen.“
Killian schnaubt. „Ja, ich weiß, ich verspreche es dir schon so lange, aber du siehst ja, dass immer irgendwie das Leben dazwischenkommt. Das Meer ist so nah und doch so weit weg.“
„Wir könnten ja ans Meer fahren, selbst wenn das Wetter nicht so einladend ist wie heute, oder?“, frage ich nach. „Wenn der Nebel aufzieht, gehen wahrscheinlich viel weniger Menschen am Strand spazieren. Dann würde mich niemand entdecken und mich stört es ja nicht, wenn das Wasser kalt ist. Wenn ich mich nach meinem Tauchgang wieder warm anziehe, dann ist alles in Ordnung.“
„Ja, das ist eine gute Idee.“ Killian drückt mich an sich, lässt aber schnell wieder lockerer. „Mir fällt gerade ein, dass von deiner Perle noch ein wenig Geld übrig ist. Vielleicht findet sich ja im Internet ein alter Wohnwagen, der nur ein wenig Pflege braucht, um wieder einsatzfähig zu werden? Vielleicht könnte Angus mir helfen, einen auszusuchen und ihn wieder auf Vordermann zu bringen. Ich glaube, dass das sein Ding wäre.“ Killian streicht durch seinen Bart. „Wenn das klappt, könnten wir doch eine kleine Reise machen. Hoffentlich ist es nicht so schwer, einen Wohnwagen zu fahren, ich war schon lange nicht mehr am Steuer.“
„Oh, dann kannst du selbst fahren? Ich wusste gar nicht, dass du das kannst.“
„Klar kann ich das, aber ich habe mein Auto schon vor langer Zeit verkauft, weil ich das Geld brauchte, um mir etwas zu essen zu kaufen und ein paar Rechnungen zu bezahlen. Man braucht es aber auch nicht dringend. In San Francisco kommt man ganz gut ohne Auto klar. Wir haben alles, was wir brauchen, in unmittelbarer Nähe.“
„Ja, das stimmt wohl.“
„Vor allem als ich noch alleine war, war das nicht notwendig. Wenn ich einkaufen musste, war das vielleicht eine Tüte voll Lebensmittel, die problemlos in meinen Rucksack gepasst hat.“ Killian spielt mit meinem Haar. Ich beobachte seine Gesichtszüge. Er wirkt entspannt, als er seine Augen schließt. „Ich überlege, wohin ich dich bringen könnte. Es gibt so viele schöne Orte, die dir gefallen könnten.“
„Hast du denn einen Lieblingsort?“, frage ich nach.
„Ja, mein Bett“, antwortet Killian, ehe er anfängt zu lachen.
Mit meinem Zeigefinger stupse ich gegen seine Brust. „Du weißt, dass ich das ganz anders gemeint habe.“
„Ja, aber es ist nun mal die Wahrheit. Ich liebe mein Bett.“
Ich schüttle den Kopf. „Ich glaube dir sogar, dass das tatsächlich dein liebster Ort auf dieser Welt ist. Es klingt nach dir.“
༄ ♫ ༄
Killian sitzt an seinem unordentlichen Tisch. Er stöbert wie versprochen im Internet nach einem Wohnwagen, den er sich vielleicht leisten könnte. Ich finde gerade heraus, dass es von ABBA ganz viel Musik gibt. Fröhlich tanze ich zu dem Song, den ich bei Elias gehört habe. Ich weiß nicht, was es ist, aber die Melodie und auch die Stimmen heben meine Laune und laden mich dazu ein, mich zu bewegen. Als ich meine Augen öffne, sehe ich, dass Killian mir zusieht. Sein Kinn ist an seine Hand gestützt. Ich bleibe stehen und fange an zu lachen.
„Hey, du beobachtest mich ja!“
Killian schnaubt. „Fühlt sich seltsam an, nicht?“
„Nein, keineswegs.“ Ich gehe auf ihn zu und reiche ihm die Hand. „Tanz mit mir.“
„Oh nein, nein, lieber nicht.“ Er richtet sich auf, lehnt jedoch auch mit einer Handbewegung meine Bitte ab. „Ich kann nicht tanzen, außerdem komme ich mir dabei wie ein Trottel vor.“
„Aber Killian, bitte.“
Er schüttelt den Kopf. „Nein, tut mir leid, Prinzessin. Ich schlage dir ungerne etwas ab, aber ich will das wirklich nicht.“ Enttäuscht schiebe ich meine Unterlippe vor und blinzle meinen Liebsten an. „Lass das. Nein. Vergiss es.“
„Bitte?“
„Ich habe nein gesagt, akzeptier das bitte“, antwortet er und richtet seinen Blick wieder auf den Bildschirm vor sich. „Du kannst dich problemlos alleine amüsieren. Ich muss noch was erledigen.“
„Schade.“
Ich sehe Killian noch einen Moment zu. Er wirkt konzentriert, doch ich bemerke, dass sein Fuß im Takt der Musik wippt. Sieht so aus, als hätte auch er Gefallen daran gefunden. Schade, dass er sich nicht zum Tanzen überreden lässt. Es hätte bestimmt großen Spaß gemacht. Ich beuge mich zu Killian und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Das ihm das gefallen hat, zeigt sich, als er seinen Mundwinkel hochzieht. Auf seinem Bildschirm erkenne ich einige Wohnwagen. Einige davon wirken doch recht beschädigt. Ich denke, dass einige davon doch mehr, als etwas Pflege brauchen, um wieder fahrtüchtig zu werden.
Als der nächste Song läuft, nehme ich wieder von Killian Abstand, um weiter zu tanzen. Es stimmt schon, ich kann mich auch ohne ihn amüsieren.
༄ ♫ ༄
Nach einem langen Bad, mache ich es mir draußen auf der Feuertreppe gemütlich. Ich setze mich auf eine zusammengelegte Decke und kuschle mich in eine weitere Kuscheldecke. Wir waren heute noch im Waschsalon, die frisch gewaschene Decke duftet himmlisch nach Blumen oder Früchten. Jedenfalls ist der Geruch süß und angenehm. Ich sehe nach unten. Die Frau, die direkt unter uns wohnt, schüttelt gerade ihr Kissen aus. Mein Blick wandert in den Himmel. Das grüne Schimmern zeigt sich zu dieser Tageszeit von seiner schönsten Seite. Der Himmel glitzert und schimmert in grünen Farben. Der Magiestrom bewegt sich, als würde er die gesamte Welt umarmen. Als ich ein Geräusch höre, sehe ich mich wieder um. Auf dem Dach gegenüber landet eine Eule. Ich kann sofort erkennen, dass es sich um eine Mondschatteneule handelt. Sie stammt aus meiner Welt. Vielleicht ist es sogar dieselbe Eule, die mir schon öfter untergekommen ist. Ich beuge mich nach vorne und verenge meine Augen, doch es ist nicht zu erkennen, ob sie eine Botschaft bei sich trägt. Sie ist zu weit weg und ich kann ihre Beine nicht sehen.
Vorsichtig hebe ich meinen Arm, um die Aufmerksamkeit der Eule zu bekommen. Sie breitet ihre Flügel aus, doch sie fliegt nicht davon. Vielleicht streckt sie sich.
Nach einem Blick nach unten, um zu sehen, ob die Nachbarin noch da ist, spreche ich die Eule an: „Was machst du denn da oben? Suchst du deinen Herren?“ Die Mondschatteneule schlägt mit ihren Flügeln, ehe sie sie wieder anlegt. Wenn ich doch nur wüsste, was sie mir damit sagen möchte. Vielleicht will sie mir ja auch gar nichts sagen. Es könnte aber auch sein, dass sie mich gar nicht versteht. Ich lasse meinen Arm wieder sinken. „Wenn ich doch nur ein paar Worte elbisch sprechen könnte“, gebe ich murmelnd von mir und senke meinen Blick. Leider weiß ich nicht genug über Mondschatteneulen, um richtig mit ihr kommunizieren zu können. Ich bin ziemlich sicher, dass ihnen antrainiert wird, auf verschiedene Gesten zu reagieren.
Ich höre das Flattern ihrer Flügel und sehe wieder auf. Sie fliegt über mich hinweg. Ich frage mich, wohin ihr Weg führt. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob das alles nun Zufälle sind oder ob all diese Begegnungen wirklich etwas bedeuten. Nachdem mich die Begegnungen mit den Feen immer wieder ernüchtert zurücklassen, weiß ich nicht mehr weiter. Ich freue mich und steigere mich in die Hoffnung, etwas Neues herausgefunden zu haben immer wieder hinein, doch im Endeffekt bleibe ich enttäuscht und ahnungslos zurück. Es ist ausweglos und sehr frustrierend.
Ich seufze, ehe ich wieder in den Himmel sehe. Das grüne Schimmern erhellt den Nachthimmel. Killian hat Recht. Es ist wunderschön anzusehen. Wie hypnotisiert, beobachte ich die Bewegungen des Magiestroms. Da draußen in der großen, weiten Welt muss es doch irgendjemanden geben, der all diese Bruchstücke zusammensetzen und ein Bild formen kann. Vielleicht habe ich bis jetzt nur noch nicht die richtigen Wesen getroffen. Das richtige Wesen sieht wohlmöglich auch gerade in den Himmel und betrachtet das grüne Schimmern.
„Kommst du rein oder willst du noch draußen sitzen bleiben?“, fragt Killian mich. Er lehnt am Fenster und sieht zu mir nach draußen.
„Ich weiß es nicht.“
„Du weißt es nicht?“, fragt er nach. „Alles okay?“
„Schätze schon. Meine Gedanken drehen und wenden sich mal wieder. An einem Tag bin ich bereit, alle Fragen unbeantwortet hinter mir zu lassen und am nächsten Tag klammere ich mich an jede Erinnerung, an jeden Gedanken und an jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer.“ Ich lasse die Schultern sinken. „Das ist dumm, oder?“
Killian schüttelt den Kopf. „Nein. Trauer ist ein Prozess und Heilung ist nicht linear. Manchmal macht man Schritte nach vorne, manchmal welche zurück und manchmal bleibt man stehen oder man dreht sich im Kreis. Als ich meine Mum verloren habe, war es genauso. An einigen Tagen fiel es mir leichter, nicht an sie zu denken und an anderen habe ich nur geweint. Man sagt immer, dass Zeit alle Wunden heilt. Vielleicht heilen sie nicht richtig, aber sie schmerzen jedenfalls weniger.“
„Du bist wirklich sehr schlau.“
Killian schüttelt den Kopf. „Nein, mir sind nur schon ein paar Dinge passiert und mein Sturkopf hat doch ein paar Lektionen bei sich behalten.“ Er reicht mir die Hand. „Kommst du zu mir?“
„Ja“, antworte ich nun selbstsicher und klettere durch das Fenster nach drinnen. Ich beuge mich jedoch noch einmal nach draußen, um die Decke, auf der ich eben gesessen habe, mit ins Schlafzimmer zu nehmen.
Auf dem Nachttisch wartet bereits eine Schüssel mit Ramen auf mich. Die Nudelsuppe aus der Packung ist schnell gemacht und schmeckt eigentlich ganz gut. Killian und ich essen unser schlichtes Abendessen, während wir fernsehen. Ich bin froh darüber, dass gerade eine Dokumentation über Kalifornien läuft, anstatt der aktuellen Nachrichten aus der Welt der Menschen. Es ist schwer, dieses Leid und die ständige Wut zu sehen. Ich atme tief durch und konzentriere mich auf die Wüste, die gerade auf dem Bildschirm gezeigt wird. Die Kakteen sehen lustig aus. Und sie sind so riesig! Auch wenn ich weiß, dass ihre Stacheln pieken, würde ich sie zu gerne anfassen, um herauszufinden, wie sich das wohl anfühlt.
༄ ♫ ༄
Nachts kann ich nicht schlafen. Killian schnarcht. Ich möchte ihn zur Seite rollen, um etwas mehr Platz zu haben, doch er ist schwer wie ein Felsen und lässt sich leider nicht bewegen. Unruhig klettere ich aus dem Bett und spaziere in der Wohnung auf und ab. Meine Seele scheint nicht stillstehen zu wollen und das durch meine Beine bemerkbar zu machen. Das ungute Gefühl will nicht verschwinden. Es scheint mit jedem Schritt schwerer und schwerer zu wiegen.
Plötzlich ist alles um mich herum still. Auch ich bleibe stehen. Mein Herz schlägt schneller. So schnell, als würde es gleich aus meinem Brustkorb herausspringen. Ich spüre, dass ein Erdbeben auf uns zurollt. Meine Knie werden weich. Verängstigt laufe ich zurück ins Schlafzimmer.
„Killian!“, rufe ich verschreckt, als der Boden unter meinen Füßen sich immer stärker bewegt. Mein Liebster setzt sich erschrocken auf und stolpert aus dem Bett. Als ich meine Augen schließe und den Kopf einziehe, spüre ich plötzlich seine warmen, starken Arme um mich. Er drückt meinen Kopf an seine Brust und hält mich fest.
„Ganz ruhig, es ist gleich wieder vorbei“, beruhigt er mich, doch seine Stimme klingt, als wäre sie weit weg. Ich fühle Küsse an meiner Stirn und spüre dann, dass ich nicht mehr stehe, sondern plötzlich auf dem Bett sitze. „Ilaria? Ilaria?“ Killian rüttelt meine Schulter. Es fühlt sich an, als würde ich aufwachen. „Sag irgendetwas.“
„War das echt?“, frage ich verwirrt nach. Die Welt fühlt sich im Moment unwirklich an. Habe ich geträumt? In meinen Fingern spüre ich ein seltsames Kribbeln. Meine Beine fühlen sich an, als wären sie zu schwach, um mich zu tragen.
„Ja, es war nur ein kleines Erdbeben“, antwortet er mir. „Du siehst nicht gut aus. Du warst im Wohnzimmer. Bist du gestürzt? Ist dir etwas auf den Kopf gefallen? Hast du dir wehgetan?“
Killians Fragen überfordern mich. Vorsichtig streicht er durch mein Haar. Er sieht meinen Kopf an. Vermutlich sucht er nach einer Wunde. „Nein, ich habe mich erschreckt.“ Meine Stimme klingt so leise, dass ich mir nicht sicher bin, ob er mich gehört hat. Ich habe mich selbst kaum verstanden.
„Okay“, antwortet er. „Dann ist das wohl ein Schock.“ Er legt seine Finger an meinen Hals, dann streicht er durch meine Haare. „Wie fühlst du dich?“
„Ich will, dass die Erdbeben aufhören.“ Killian wischt über meine Wange. „Ich will das nicht mehr, Killian. Das ist so beängstigend. Das macht mir Angst. Ich will es nicht.“
„Hey, ganz ruhig, okay?“, spricht er leise. Ich werde gestreichelt und geküsst. „Es ist nichts passiert. Dir geht es gut und mir geht es auch gut. Das ist nur ein beunruhigendes Gefühl, wenn die Erde sich unter einem bewegt. Wir sind in Sicherheit.“
„Und wenn nicht? Was, wenn noch mehr Erdbeben kommen?“
„Dann können wir das nicht ändern. Ich weiß, das ist keine Antwort, die man hören will, wenn man Angst hat, aber wir können es nicht ändern.“ Killian küsst meine Stirn. „Ich hole dir ein Glas Wasser und dann gehen wir raus an die frische Luft, okay?“
Ich nicke leicht und sehe dann starr zu Boden. Mein Körper fühlt sich immer noch so an, als würde er von dem Erdbeben durchgerüttelt werden. Mein Gefühl sagt mir, dass das nicht das letzte Erdbeben war. Ich schlucke hart und sehe auf, als Killian wieder vor mir steht, um mir das Wasser zu reichen. Zögerlich nehme ich es an, doch da ich mir nicht sicher bin, ob ich es nicht gleich wieder fallen lasse, nutze ich beide Hände, um es festzuhalten.
Wir finden uns draußen auf der Feuertreppe ein. Killian drückt mich fest an sich. Mit geschlossenen Augen genieße ich die Nähe zu meinem Liebsten. Seine ruhige Ausstrahlung fühlt sich an wie ein Fels in der Brandung. Ich bin unendlich dankbar dafür, dass er an meiner Seite ist und auf mich aufpasst. Ohne ihn wäre ich in dieser Welt verloren.
„Wir fahren morgen ans Meer“, höre ich Killians Stimme. „Egal welches Wetter wir haben, wir finden schon ein ruhiges Plätzchen, an dem ich dich ins Wasser schmeißen kann.“
„Wir fahren ans Meer? Wirklich?“
„Klar. Scheiß auf die Idee mit dem Wohnwagen. Ich denke, dass es im Moment wichtiger ist, dass du wieder ins Wasser kommst und zwar so schnell wie möglich.“ Killian küsst liebevoll meine Stirn. Sein Griff wird immer noch nicht lockerer. Er hält mich so fest, als hätte er Angst, dass ich verloren gehen könnte.
„Danke.“
„Schon okay, du musst dich nicht bedanken. Ich hätte das schon früher machen sollen und vor allem häufiger.“
Ich streiche über Killians Brust. „Ich will mich aber bedanken.“
„Hat dir der Montara Beach gefallen? Wir nehmen wieder den Bus. Die Fahrt ist lang, aber dort ist es denk ich am schönsten.“
„Ja, da hat es mir gefallen, auch wenn mir der Strand mit den vielen Steinen auch sehr gut gefallen hat. Die Wellen dort wären sehr aufregend.“
Killian schnaubt. „Für dich wäre es aufregend und ich könnte nicht aufhören, mir vorzustellen, wie dein lebloser Körper angeschwemmt wird, weil dich die Wellen gegen einen Stein schleudern und du das Bewusstsein verlierst. Nein, lieber nicht.“
Ich schüttle den Kopf. „Du machst dir zu viele Sorgen.“
„Und du machst dir zu wenig Sorgen, das gleicht sich schön aus“, antwortet Killian mir. Ich sehe zu ihm auf und werde sofort von ihm geküsst. Sein Bart kitzelt mich. Er löst seine Lippen von mir und reibt mit seiner Nasenspitze über meine. „Die Fahrt zum Strand wird dieses Mal angenehmer. Mittlerweile wissen wir ja, dass der Kamillentee dir hilft, dich zu beruhigen.“
Ich spüre, dass ich wieder lächeln kann. „Ja, vielleicht kann ich mich ja auch an dich lehnen und ein kleines Nickerchen machen.“
Killian lacht, dann fährt er sich durchs Haar. „Hoffentlich werden wir nicht ausgeraubt, wenn wir beide schlafen.“
„Oh, dann bleibe ich doch lieber wach und beschütze uns vor Räubern“, gebe ich amüsiert von mir.
„Gute Idee.“ Killian mustert mich. „Wie fühlst du dich? Geht es dir wieder besser? Du siehst zumindest schon besser aus.“
„Ja. Ich weiß nicht, was mit mir los war.“
„Vielleicht eine Panikattacke. Solche Erdbeben sind aber auch beängstigend und dass sie immer häufiger auftreten, ist auch nicht besonders gut für die Psyche, wenn man ohnehin schon schreckhaft ist. Tut mir leid, dass es dir damit so schlecht geht.“
„Der Moment war schon ziemlich überwältigend“, antworte ich leise, ehe ich durchatme. „Aber mir geht es wieder viel besser. Lass mich nur nicht mehr los, ja?“
„Werde ich nicht, versprochen.“