Es war, als würde Val aus einem Traum erwachen. Einem ziemlich heißen, erotischen Traum, der sich nicht realistischer hätte anfühlen können und dennoch nur ein Traum gewesen war. Doch so war es leider nicht. Egal wie entrückt und beschwingt Val sich zunächst noch fühlte, das ernüchternde Erwachen folgte schneller, als ihr Körper abkühlen konnte.
Val brauchte zunächst noch einen Moment, um mit den Eindrücken fertig zu werden, die immer noch ihren Verstand fluteten und als deutliche Erinnerung durch ihren Körper brandeten. Sie fühlte die tiefe, dringend benötigte Befriedigung und wie unendlich entspannt sich jeder Muskel in ihrem Leib anfühlte. Wie es immer noch angenehm zwischen ihren Schenkeln pochte und prickelte, ja selbst an ihren empfindlichen Brustwarzen. Fast glaubte sie noch das Gefühl von Alexeys weichem Haar zwischen ihren Fingern zu spüren und wie sie sich daran festgehalten hatte, als er ihr auf so herrliche Weise mit seinem Mund aber allem voran mit seiner geschickten Zunge zugesetzt hatte. Anfangs hatte Val sich noch ein wenig dagegen gesträubt, da sie sich nur zu gut daran erinnerte, wie angewidert er jedes Mal gewesen war, wenn er die Eiskönig hatte oral befriedigen müssen. Oder wie exzessiv er sich danach den Mund ausgespült hatte. Val hätte wirklich niemals gewollt, dass er sich bei ihr dazu gezwungen fühlte. Doch Alexey hatte weitergemacht und sie dabei sehr nachdrücklich spüren lassen, wie wenig es ihm ausmachte. Im Gegenteil. Er hatte geklungen, als würde er es sogar im höchsten Maße genießen, sie zu lecken und an ihrem empfindlichen Fleisch zu saugen. Als würde sie ihm tatsächlich … schmecken.
Allein bei diesem Gedanken fing Vals Gesicht zu glühen an und Scham überkam sie. Zunächst nur in Bezug auf das Wissen, dass Alexey sie gerade eben noch im wahrsten Sinne des Wortes vernascht hatte. Doch schon bald ging das Gefühl tiefer und Val versteckte ihr erhitztes Gesicht hinter ihren zittrigen Händen, während sie nur zu deutlich Alexeys Wärme an sich spürte und wie er sie hielt und träge über ihren Rücken und ihren Nacken streichelte. Er war nicht einfach nur warm, sondern richtiggehend heiß. Heißer sogar als ihr Gesicht und sie konnte sich ziemlich genau vorstellen, warum das so war.
Zwar ließ er sie seine Erregung nicht direkt spüren, da er sein Bein zwischen ihre Körper geschoben hatte, doch Val war sich sicher, dass er mindestens noch genauso erregt war wie zu dem Zeitpunkt, als sie ihn mit ihren Händen bearbeitet hatte. Wohl eher noch sehr viel erregter, der Hitze nach zu urteilen, die er wie ein voll aufgedrehter Heizkörper abstrahlte. Dennoch machte er keine Anstalten, irgendwas damit anzufangen und schon gar nicht mit ihr, was Val ein noch größeres Gefühl von schlechtem Gewissen und Scham bescherte. Sie hätte ihm den Gefallen wenigstens zurückgeben können, nachdem er ihr ihren Wunsch so äußerst gründlich erfüllt hatte. Dabei hätten ihm ihre Hände alleine sicher schon genügt. Doch sie konnte nicht. Val war inzwischen wieder vollauf nüchtern, völlig klar im Kopf und über sich selbst so derart entsetzt, dass sie gar nicht wusste, wie sie damit umgehen oder was sie jetzt tun sollte.
Sie war verdammt wütend und ziemlich erregt gewesen, das ja, doch es war keine Entschuldigung für ihr abartiges Verhalten. Nicht einmal ansatzweise. Denn so sehr sie an diesem Abend noch gefürchtet hatte, ihre unschuldige Verbindung zueinander könnte durch andere beschmutzt werden, war doch letztendlich sie selbst es gewesen, die es mit ihrem Verhalten verdorben hatte. Gewaltig sogar.
Val begann noch mehr zu zittern, was Alexey vermutlich glauben ließ, sie würde frieren, denn er zog sie noch enger an seine Brust und schlang die Arme um sie, sodass sie geradezu in einen schützenden Kokon aus Wärme und seinem unvergleichlichen Duft eingehüllt war. Das Atmen fiel ihr mit einem Mal schwer und Val fühlte, wie ihre Unterlippe zu beben begann, doch sie riss sich zusammen. Verdammt noch mal, sie hatte alles vermasselt und falsch gemacht. Sie hatte kein Recht, deswegen zu heulen. Nicht einmal ansatzweise. Also kämpfte sie verbissen mit den Tränen und ihren aufwallenden Gefühlen der Schuld, bis sie die Kraft dazu aufbrachte, sich wieder ein wenig von Alexey zu lösen, um etwas freier atmen zu können.
„Kannst du …“ Sie musste hart an dem Knoten in ihrem Hals vorbeischlucken, um die Worte überhaupt herauszubringen. „Kannst du bitte … machen Licht?“
Val ertrug es nämlich nicht länger, Alexeys Gesicht nicht sehen und seine Gefühle nicht einschätzen zu können. Vorhin mochte es für sie keine Rolle gespielt haben, da ihre verbliebenen Sinne sich so sehr auf ihn gerichtet hatten, dass irgendwelche Verwechslungen mit anderen Männern in ihrem Leben ausgeschlossen gewesen waren. Vorhin war sie aber auch absolut nicht mehr zurechnungsfähig gewesen, sondern hatte dem Drängen zwischen ihren Beinen die Entscheidung überlassen. Ein gewaltiger Fehler, wie sich nun herausstellte. Zumindest fühlte es sich genau so an.
Alexey strich ihr noch ein letztes Mal mit den Fingerspitzen über ihre Wirbelsäule, ehe er sich weit über Val beugte und die Decke vom Boden fischte, um sie damit zuzudecken. Erst dann kletterte er geschickt über sie drüber, ohne sie auch nur zu berühren, und stand auf.
Während er fast lautlos im Raum herumging, setzte Val sich auf und hüllte sich noch mehr in seine Decke. Bevor Alexey jedoch ihrem Wunsch nachkam und Licht entzündete, konnte sie das leise Rascheln von Stoff hören. Vermutlich zog er sich etwas über, was wirklich keine schlechte Idee war. Auch Val wollte nicht nackt herumsitzen, während sie dringend mit ihm reden musste. Also tastete sie sich vorsichtig an die Kante des Bettes und hielt sich mit einer Hand am Rahmen fest, während sie sich weit nach unten beugen musste, um nach ihrem Nachthemd zu angeln. Sie erwischte es erst, als Alexey das erste Öllicht entzündete und sie sehen konnte, wie weit ihre Hand noch von ihrem Ziel entfernt war. Doch sobald sie den Stoff zwischen die Finger bekam, prüfte Val nur kurz, ob sie das Nachthemd richtig herum hielt und zog es sich dann rasch über, bevor sie die Decke wieder um sich schlang und sich dazu zwang, Alexey anzusehen.
Je mehr Lichter er entzündete, desto heller wurde es und umso mehr konnte Val in seiner Kammer erkennen. Jedoch schienen mit dem zunehmenden Licht auch Vals Taten schwerer zu wiegen, sodass ihr Herz inzwischen wie verrückt in ihrer Brust schlug und sich nicht nur ein fetter Knoten in ihrer Kehle breit gemacht hatte, sondern auch einer in ihrem Magen. Doch sie würde jetzt nicht den Schwanz einziehen und die Flucht ergreifen, obwohl sie genau das im Moment tun wollte. Nein, sie mussten reden. Dringend sogar. Über so vieles. Also versuchte sie noch einmal, den Knoten in ihrem Hals runterzuschlucken.
„Alexey, es tut …“, begann sie abermals, sich bei ihm zu entschuldigen, allerdings blieb der Rest von Vals Worten in ihrem Hals stecken, als Alexey sich zu ihr herumdrehte und sie sein Gesicht im vollen Schein der Öllichter sehen konnte.
Nicht nur Vals Worte blieben in ihrem Hals stecken, sondern auch ihr Mund stand offen, während sie ihn wie grenzdebil anglotzte und nicht wusste, worauf sie zuerst reagieren sollte. Vielleicht auf den Umstand, dass die Verletzungen, die nun so lange nicht richtig hatten heilen wollen, plötzlich wie durch Zauberhand nicht mehr da waren? Bei ihm war das sogesehen zwar immer wieder aufs Neue überraschend, aber jetzt auch keine völlige Neuigkeit. War immerhin schon alles vorgekommen. Obwohl es auch weiterhin ziemlich irritierend war.
Genauso irritierend wie die so völlig unerwartete Makellosigkeit seines Gesichts. Diese perfekten, männlichen Züge, die ihn nicht nur äußerst attraktiv erscheinen, sondern geradezu verboten schön aussehen ließen. So schön, dass es Val nicht wunderte, dass die Eiskönigin dieses Gesicht lieber hinter einer hässlichen Fratze aus Metall verborgen wusste, anstatt sie mit der breiten Öffentlichkeit zu teilen. Val hingegen hatte sich noch nie besonders für Schönlinge interessiert. Schon gar nicht für welche, die sich dessen auch noch viel zu deutlich bewusst waren. Was auf Alexey absolut nicht zutraf.
Nein, was Val letztendlich wirklich schockierte, war nicht die unversehrte Schönheit von Alexeys Gesicht, sondern sein junges Aussehen. Viel zu jung, verdammt noch mal! Sie hätte ihn auf um die Vierzig geschätzt, maximal Mitte dreißig, aber das Gesicht, das ihr da entgegen blickte, hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nicht mal die Dreißiger berührt.
Sichtlich betroffen klappte Val ihren Mund schließlich wieder zu und senkte den Blick. Dass er noch so verdammt jung war, machte die Sache für sie nur noch schlimmer und sie fühlte sich einfach schrecklich, wie sie Alexey behandelt und seine Gutmütigkeit ausgenutzt hatte. Nun wusste sie endgültig nicht mehr, was sie sagen sollte, also starrte sie auf den Boden, während ihre Finger am Stoff der Decke herumfummelten.
Zunächst bewegte sich keiner von ihnen, doch schließlich löste sich Alexey von der Stelle neben seinem Tisch und kam zu ihr rüber, um sich ein gutes Stück von ihr entfernt aufs Bett zu setzen. Val fühlte wie so oft, wie er sie ansah, doch sie schaffte es einfach nicht, seinen Blick zu erwidern. Wenn überhaupt möglich wich sie ihm sogar noch weiter aus.
***
Vorhin noch hatte Alexey sich gefragt, wie er es nur schaffen sollte, seinen schmerzhaft harten Schwanz wieder zu beruhigen, nachdem immer noch Valerias sinnlicher Duft der Erregung schwer in der Luft hing und ihn bei jedem Atemzug reizte. Nicht einmal räumliche Entfernung zu ihr oder das völlig unspektakuläre Entzünden der Öllichter hatte ihn runtergebracht. Doch sobald er sich zu seiner kleinen Kriegerin umgedreht und ihr entsetztes Gesicht gesehen hatte, war es, als hätte er in Eiswasser gebadet. Nicht, dass Eiswasser für gewöhnlich besonders großen Eindruck auf seinen Körper gemacht hätte, doch in diesem Fall fiel seine Erregung schneller in sich zusammen, als sie sich dank Valeria aufgebaut hatte. Glücklicherweise, denn inzwischen zeigte sich deutlich, dass er einen Fehler begangen hatte.
Alexey hatte nur zu gerne seinem eigenen Wunsch – Valeria nahe zu sein – nachgegeben, um ihr den ihren zu erfüllen. Damit sie sich nach all der Scheiße, die man ihr angetan und zu der er selbst ebenfalls seinen Teil beigetragen hatte, wieder einmal gut fühlen konnte. Doch nun war ihr körperliches Hochgefühl verflogen und was darauf folgte war … ernüchternd.
Alexey wusste nicht genau, was in seiner kleinen Kriegerin vor ging. Er spürte jedoch nur zu deutlich, dass sich etwas zwischen ihnen zum Schlechteren verändert hatte, obwohl er sich das genaue Gegenteil gewünscht hätte. Immer noch wollte er ihr nahe sein, doch die Tatsache, dass sie es noch nicht einmal vermochte, ihm in die Augen zu sehen, ließ ihn Abstand zu ihr wahren. Er war sich noch nicht einmal sicher, ob sie im Moment von ihm berührt werden wollte.
Die sich ausbreitende Stille zwischen ihnen wurde immer erdrückender. Vorhin hatte seine kleine Kriegerin noch etwas sagen wollen, doch nun schien es ihr bei seinem Anblick endgültig die Sprache verschlagen zu haben. Was er verstehen konnte. Seine Verletzungen waren inzwischen vollkommen geheilt und das, obwohl sie heute morgen noch nicht besonders gut ausgesehen hatten. Doch Valerias Blut hatte seine Wirkung absolut nicht verfehlt und so war an ihm für alle sichtbar erneut ein Wunder geschehen.
Es war jedoch sicherlich nicht das Thema, über das Alexey im Moment mit seiner kleinen Kriegerin sprechen wollte.
„Verzeih, wenn ich dir mit meinem Angebot Ungemach bereitet habe“, begann er also stattdessen. „Ich wollte dir deinen Wunsch erfüllen, damit es dir besser geht und nicht das Gegenteil bewirken.“
Alexey sah, wie es hinter Valerias Stirn arbeitete, während sie seine Worte für sich übersetzte, doch kaum war das geschehen, wurde ihre Haltung noch steifer und ihr Herzschlag beschleunigte sich zusätzlich. Auch weiterhin konnte sie ihn nicht ansehen, wollte scheinbar aber auch nichts darauf sagen. Vielleicht fehlten ihr einfach die richtigen Worte dafür, also wandte er sich ganz an seine kleine Kriegerin und zog dabei ein Bein aufs Bett. „Du sollst wissen, dass ich dir deinen Wunsch gerne erfüllt habe. Dich berühren, verwöhnen und schmecken zu können …“ Nun senkte auch Alexey für einen Moment den Blick. „Es hat mir große Freude bereitet.“
Das Rascheln von Stoff ließ ihn wieder hochsehen. Sofort begann sein eigenes Herz schneller zu schlagen, als seine kleine Kriegerin ihn nun doch ansah. Zumindest sein Gesicht, denn es dauerte noch ein paar Augenblicke, bis ihre Augen die seinen fanden. Immer noch wirkte sie äußerst unglücklich.
„Du so jung.“ Sie schüttelte bedauernd den Kopf. „Und ich dich ausnutzen. Es tut mir leid, Alexey. Bitte verzeih …“
Alexey stützte sich mit seinen Händen auf der Matratze ab, um sich weit zu seiner kleinen Kriegerin beugen und ihr tiefer in die Augen schauen zu können. „Es gibt nichts zu verzeihen. Was auch immer vorhin hier geschehen ist, ich hätte es nicht zugelassen, wenn ich es nicht auch selbst gewollt hätte. Du bist nicht wie sie. Nicht einmal, wenn du es aus ganzem Herzen versuchtest.“ Er hob nun doch die Hand, um seine kleine Kriegerin vorsichtig an der Wange zu berühren. Sie ließ es zu, was ihn ungemein beruhigte und ihn ein wenig lächeln ließ. „Und ich bin nicht so jung, wie es scheint. Das äußere Erscheinungsbild mag oftmals trügen, doch Augen lügen nicht. Deine Augen lügen nicht. Du bist älter, als es den Anschein hat, nicht wahr?“ Wie auch immer das möglich war, denn so weit er wusste, konnten selbst Jene mit den einen oder anderen Mitteln lediglich ihr ausgereiftes Selbst bewahren, sich jedoch nicht im Wachstum rückwärts entwickeln. Und ganz gewiss war Valeria nicht dazu in der Lage, wusste sie doch scheinbar noch nicht einmal von ihrer Veranlagung oder ihren Fähigkeiten.
Alexeys Worte bewegten ganz offensichtlich etwas in seiner kleinen Kriegerin, denn ihre Augen weiteten sich und ein wenig stand erneut ihr Mund offen, ehe sie sich wieder vor ihm zurückzog. „Du Wahrheit nicht glauben.“ Sie schüttelte erneut den Kopf.
„Welche Wahrheit?“, hakte er dennoch nach und setzte sich wieder aufrecht hin.
„Über mein Alter.“
Alexey zog eine Augenbraue hoch und konnte sich einen leicht schmunzelnden Zug um den Mund nicht verkneifen. Wenn er es nicht glauben würde, dann niemand. „Was ist dein wahres Alter?“
Valeria straffte sich bei seinen Worten für einen Moment, schien kurz zu überlegen und hob dann ihr Kinn, während sie ihn entschieden ansah. „Was ist dein wahres Alter?“, gab sie die Frage an ihn zurück und machte somit deutlich, was auch sie sehr wohl in seinen Augen erkennen konnte.
Alexey zögerte, während ihm auf einmal das Herz bis zum Hals schlug und sich Aufregung in seinem Bauch ausbreitete. Das war der Moment, in dem er endlich mit der eigenen Wahrheit herausrücken sollte, nachdem er beim letzten Mal in diesem Punkt kläglich versagt hatte. Valeria hatte nur darum gebeten, ihr sein Vertrauen zu schenken, doch er hatte Angst vor den Konsequenzen gehabt und es bevorzugt, lieber zu schweigen. Diese Angst trug er immer noch wie eine Last schwer in seinem Herzen, doch war es für ihn auch sehr schwer zu ertragen gewesen, seiner kleinen Kriegerin aus dem Weg zu gehen. Sie nicht wenigstens einmal am Tag zu sehen, hatte ihm unglaublich zugesetzt. Wollte er das tatsächlich erneut? Wollte er diesen Streit zwischen ihnen von neuem entfachen und sie so auf jeden Fall verlieren?
Nein, wollte er nicht. Er wollte ihr nahe sein und ihr vertrauen, damit auch sie ihm vertraute. Doch das hatte seinen Preis – die Wahrheit.
Gerade als Valeria sich erneut mit einem leisen Schnauben von ihm abwandte, fand Alexey seine Sprache wieder. „Zweihundertdreiundreißig Winter.“
Mit fragend gerunzelter Stirn drehte sie sich ihm wieder zu. Wahrscheinlich glaubte sie, ihn nicht richtig verstanden zu haben oder vielleicht hatte sie ihn tatsächlich nicht verstanden, weshalb er seine Hand zur Wand ausstreckte und mit seinem Zeigefinger die Zahlen zeichnete und dabei langsam noch einmal die Anzahl der Jahre aussprach. Natürlich setzte seine Methode voraus, dass seine kleine Kriegerin rechnen und in gewissem Maß auch lesen konnte. Wenn es so nicht klappte, musste er ihr eben verdeutlichen, dass er sehr, sehr alt war im Vergleich zu einem Menschen.
Valeria starrte ihn daraufhin immer noch an, jedoch wirkte es eher, als ob sie ihm nicht recht glauben wollte, oder als ob sie sogar mit sich selbst ringen würde, ob sie ihm glauben sollte. Doch ehe Alexey es noch einmal verdeutlichen konnte, dass er tatsächlich die Wahrheit sprach, streckte auch sie den Arm aus und sagte etwas in ihrer Sprache, das er nicht verstand. Als er jedoch der unsichtbaren Linie an der Wand folgte, die seine kleine Kriegerin mit ihrem Finger zeichnete, wusste er, was sie gesagt hatte. Zumindest was ihr Alter anbelangte. Er hatte also recht gehabt. Sie war bedeutend älter, als ihr junger Körper es vermuten ließ. In welcher Jahreszeit auch immer sie geboren worden war, sie hatte bereits achtundvierzig davon erlebt.
Nach dieser Offenbarung kehrte erneut Schweigen zwischen ihnen ein, in der Valeria ihn fragend musterte, während Alexey sich darüber den Kopf zerbrach, was es damit auf sich hatte, dass seine kleine Kriegerin körperlich betrachtet so viel jünger war, als sie es eigentlich sein sollte. Vielleicht war es ein ihm unbekannter Zauber oder gar ein schrecklicher Fluch, der sie immer jünger werden ließ, anstatt älter.
„Warum du nicht tot, sondern so jung Körper?“
Valerias Frage riss Alexey aus seinen Gedanken und er schenkte ihr wieder seine Aufmerksamkeit. Ihr Gesicht wirkte verkniffen, als ob sie auf jeden Fall mit einer Lüge aus seinem Mund rechnen würde. Doch der erste Schritt war getan, Alexey musste diesen Weg entschlossen weitergehen, wenn er herausfinden wollte, was ihn am Ende des Pfades erwartete.
„Ich bin kein Mensch“, erklärte er also ruhig, obwohl er sich innerlich immer zittriger fühlte, und wartete auf die Reaktion seiner kleinen Kriegerin. Diese fiel wie erwartet eher gering aus.
„Was du sein?“ Auch Valerias Tonfall war ruhig und ihre Gesichtszüge glätten sich kaum. Sie schien ihm nicht wirklich zu glauben und wartete offenbar auf eine Erklärung, mit der sie etwas anfangen konnte.
Alexey wurde langsam aber sicher von Nervosität zerfressen. Er fuhr sich durch sein wirres Haar und atmete einmal tief durch, während er seinen Blick durch den Raum schweifen ließ, als ob seine Möbel ihm irgendwie Rat in dieser Sache geben könnten. Doch schließlich seufzte er und wandte sich wieder an seine kleine Kriegerin, die ihn immer noch wartend ansah. „Ich bin … ein Bluttrinker.“
„Blut…trinker“, wiederholte Valeria langsam und schien sich das Wort auf der Zunge zergehen zu lassen, denn sie sagte es noch ein paar Mal, während sie darüber nachzudenken schien.
Als ihr eine Erkenntnis zu dämmern schien, stieß sie einen leisen Fluch in ihrer Sprache aus, zumindest hörte es sich genau so an. Kurz war sie dann wieder still, ehe sie einen noch deftigeren Fluch ausstieß und aufsprang, um in seiner Kammer auf und ab zu gehen, während sie auch weiterhin in ihrer Sprache vor sich hin murmelte und dabei immer wieder den Kopf schüttelte.
Zu gerne hätte Alexey verstanden, was ihr dabei alles in den Sinn kam, doch sie teilte ihre Gedanken nicht mit ihm. Stattdessen blieb sie abrupt an seinem Tisch stehen, drehte sich um und lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen. Sie sah ihn herausfordernd an. „Beweis!“
Es gab vielerlei Möglichkeiten seine wahre Natur unter Beweis zu stellen. Er könnte seiner kleinen Kriegerin seine Fänge zeigen, die er nur wenige Stunden zuvor in ihren Hals geschlagen hatte. Er könnte seine Bettstatt mühelos hochheben und sie vor ihr abstellen. Er könnte sich sogar schneiden und sie dabei zusehen lassen, wie sich die kleine Wunde innerhalb weniger Minuten vor ihren Augen wieder verschloss. Doch Alexey entschied sich am Ende für die einfachste Methode. Er stellte ihr seine übermenschliche Schnelligkeit vor. Das tat er, indem er zunächst noch auf dem Bett saß und einen Wimpernschlag später so vor Valeria stand, dass er seine Hände hinter ihr flach auf den Tisch gelegt hatte.
Sie prallte auch sofort erschrocken vor ihm zurück, wobei der Tisch in ihrem Rücken sie aufhielt, doch es war unnötig, ihm entfliehen zu wollen. Ein weiterer Wimpernschlag später saß er bereits wieder mit gekreuzten Beinen auf seiner Matratze und sah seine kleine Kriegerin ruhig an.
Zunächst starrte sie ungläubig zurück, während sie besorgniserregend schwankte, doch plötzlich fing sie zu lachen an. Anfangs noch verhalten, allerdings mit zunehmender Intensität, bis es fast schon ein wenig hysterisch klang.
Alexey stimmte nicht in das Lachen mit ein, da es kein bisschen heiter auf ihn wirkte. Eher verzweifelt.
„Du musst keine Angst vor mir haben. Ich will dir kein Leid zufügen“, versuchte Alexey sie irgendwie zu beruhigen, woraufhin Valerias Lachen noch eine Spur düsterer wurde, ehe es abrupt verstummte und sie ihn mit finsterem Blick ansah.
„Ich keine Angst. Ich tot und das hier nicht echt.“ Sie machte eine ausladende Handbewegung, als würde sie damit mehr als nur seine Kammer miteinschließen. „Das hier … Unterwelt … Fluch … Strafe … Was auch immer.“
Alexey sah sie fragend an. „Was … willst du damit sagen?“
„Ich sagen, ich tot!“ Valeria stieß sich vom Tisch ab und kam zu ihm rüber. Dicht vor ihm blieb sie stehen und nahm seine Hände, um sie an ihr Gesicht zu legen. „Das nicht mein Körper. Ich ermordet, dann hier aufwachen in fremden Körper. Ich diesen Ort nicht kennen. Falsche Zeit. In richtigem Leben, diese Zeit lange vergangen. Viele, viele Jahre liegen zurück. Darum das hier nicht echt. Ich tot und in Unterwelt oder verrückt. Wahrscheinlich verrückt.“
„Du bist nicht verrückt, Valeria“, widersprach Alexey sofort und strich mit seinen Daumen sanft über ihre Wangen. Er verstand zwar noch immer nicht wirklich, was sie ihm sagen wollte, oder wie es sein konnte, dass sie scheinbar ermordet und in diesem ihr fremden Körper wieder aufgewacht war, aber er wusste mit absoluter Sicherheit, dass sie nicht verrückt war. Sie ahnte nur noch nicht, wie groß und voller Möglichkeiten die Welt in Wirklichkeit war und das es Dinge und Wesen gab, die sie bisher wohl nur aus Mythen und Legenden kannte.
„Das alles hier verrückt, Alexey. Du also Bluttrinker? In wahrem Leben dich nicht geben. Du nicht echt, nur Figur in unwahre Geschichte.“
Sie nahm seine Hände wieder runter, doch bevor sie sich ihm vollständig entziehen konnte, fing er ihre Hände ein und hielt sie sanft aber bestimmt fest, während er ihr eindringlich in die Augen sah.
„Wenn ich nicht echt bin, warum kann ich dich dann festhalten? Wenn das alles hier nicht echt ist, warum fühlen du und ich dann Schmerz?“ Alexey berührte vorsichtig mit seiner Hand ihre Seite, dort wo sich auch jetzt noch Blutergüsse abzeichneten, die von Vorenus‘ Strafe stammten. Zwar trug Valeria inzwischen wieder ihr Nachthemd, doch er wusste sehr genau, wo jedes einzelne Anzeichen ihrer Pein an ihrem Körper zu finden war.
Valeria zögerte und senkte dann den Blick. „Ich nicht wissen.“ Sie seufzte schwer. „Ich das alles nicht verstehen. Ich versuchen, überstehen. Irgendwie. Hoffen aufwachen aus Albtraum. Aber nicht passieren. Alles nur werden schlimmer. Immer schlimmer.“ Wieder schüttelte sie wie so oft an diesem Abend den Kopf und hob erneut ihren Blick. Verzweiflung lag darin.
„Valeria …“ Wahrscheinlich war es ein Fehler, doch Alexey konnte seinem Verlangen nicht widerstehen, also streckte er nun beide Arme aus und zog seine kleine Kriegerin auf seinen Schoß direkt an seine Brust, wo er sie beschützend festhielt und auch nie wieder loslassen wollte.
Zu seinem eigenen Erstaunen versteifte sich seine kleine Kriegerin nur für einen Moment, ehe sie nachgab und geradezu weich und anschmiegsam gegen ihn sank, dabei ihre eigenen Arme um ihn geschlungen, so gut es ihr eben gelang.
Lange sagte niemand von ihnen etwas, bis Valeria die doch sehr angenehme Stille zwischen ihnen mit leiser Stimme brach. „Hier bei dir – schöner Traum. Ich nicht aufwachen wollen. Aber auch hier … ich machen Fehler.“
Alexey strich ihr sanft über den Rücken, ohne seine Augen zu öffnen. Er war gerade sehr entspannt und unendlich erleichtert, dass seine kleine Kriegerin trotz der Wahrheit sich immer noch so an ihn schmiegte. Ob sie es nun glauben konnte oder nicht, er hatte es ihr gesagt und dadurch war letztendlich eine riesige Last von seinem Herzen gefallen.
„Es ist gut, Valeria. Für mich ist es ebenfalls wie ein schöner Traum, seit du in mein Leben getreten bist. Dennoch habe ich noch viel mehr Fehler gemacht und dir schreckliche Dinge angetan …“
„Alexey, nein …“ Valeria drückte gegen seine Brust und er ließ sie weit genug los, damit sie ihn ansehen konnte. „Ich weiß, du wollen das alles nicht. Du befolgen Befehl von kranker Kuh. Du keine Wahl. Alles gut.“ Sie lächelte ihn warm an und strich ihm zärtlich über seine Brust, dort wo sie ihr Mal hinterlassen hatte. Es schien fast, als ob ihre Finger davon wie magisch angezogen wurden. Vielleicht war dem auch so.
Bei ihrem Lächeln ging Alexey das Herz auf und er legte seine Hand auf ihre, um sie an Ort und Stelle zu halten. Er hatte es zwar schon irgendwie gewusst, dennoch war es eine Wohltat, diese Worte aus ihrem Mund zu hören.
Für eine Weile versanken sie in den Augen des anderen und allmählich schien sich die Stimmung im Raum zu verändern, bis Valeria abrupt das Thema wechselte und ihn sogar schelmisch ansah.
„Du mir zeigen Zähne!“, meinte sie locker und mit einem Schmunzeln im Mundwinkel, als würde sie die Sache mit seiner wahren Natur nicht allzu ernst nehmen, obwohl er ihr bereits einen Beweis seiner Echtheit geliefert hatte.
Irgendwie brachte ihn das ebenfalls zum Lächeln, doch nun war er es, der einmal kurz den Kopf schüttelte. „So geht das nicht. Ich … habe das nicht wirklich unter Kontrolle. Ihr Hervorkommen hängt von meinen Gefühlen ab.“ Zum Beweis öffnete er den Mund, wo sie ganz normale Eckzähne erkennen konnte. Keine Fänge. Die kamen zumeist nur, wenn seine Emotionen hochkochten oder er sehr durstig war. Nichts davon war momentan der Fall. Für Fangzähne war er im Augenblick viel zu entspannt.
„Hm.“ Seine kleine Kriegerin legte den Kopf ein wenig schief und überlegte, während sie seinen Mund anstarrte. Mit einem Mal vertiefte sich ihr Lächeln und sie sah ihn an, als hätte sie vor, ihm gleich einen Streich zu spielen.
In gewisser Weise spielte sie ihm tatsächlich einen Streich, denn sie nahm seine beiden Hände, sah ihm noch einmal tief und herausfordernd in die Augen, ehe sie sie auf ihre kleinen, perfekten Brüste legte. Dabei war es bestimmt kein Zufall, dass seine Daumen genau über ihre sich langsam erhärtenden Brustwarzen strichen.
„Mund auf!“, befahl sie und drückte seine Hände noch ein wenig fester gegen sich.
Alexey war so überrumpelt davon, dass er tat, was sie verlangte, während durch die Berührung dieser köstlichen Weichheit Hitze in ihm aufwallte und sein Herz schneller zu schlagen begann.
Valerias Augen wurden groß, als sie sah, wie sich nun doch seine Fänge aus seinem Oberkiefer schoben. Sofort war vergessen, dass er immer noch seine Hände auf ihren Brüsten hatte. Stattdessen beugte sie sich vor und berührte ihn mit ihren Händen im Gesicht. Ihre Daumen strichen dabei über seine Lippen.
Alexeys Ruhe war endgültig dahin, während sie ihn so berührte. Er hielt vollkommen still, damit sie ihn in Ruhe erkunden konnte. Als sie mit ihren Daumen dann auch noch die Länge seiner Fänge nachfuhr, hielt er sogar den Atem an. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und irgendwie rückte alles andere plötzlich in weite Ferne. Da waren nur noch die Hände seiner kleinen Kriegerin auf ihm, ihre vor Erstaunen geweiteten Augen und das Gefühl, er würde jeden Moment aus diesem seltsamen Traum erwachen.
Plötzlich gab Valeria ein leises Zischen von sich und ließ ihn los. Immer noch erstaunt und ein wenig verwirrt zugleich sah sie ihren Daumen an, aus dessen Kuppe ein kleiner Blutstropfen quoll.
Alexeys Nasenflügel blähten sich, während er die Witterung ihres Blutes aufnahm und sich seine Pupillen weiteten. Er hielt seine kleine Kriegerin davon ab, sich den Daumen in den Mund zu stecken, um die leichte Blutung zu stoppen. Stattdessen umfing er vorsichtig ihr zartes Handgelenk und hielt ihre Hand in der Luft zwischen ihnen fest. Sein Blick lag immer noch auf ihr, ohne sich auch nur weiter um den köstlichen Tropfen zu kümmern, der zwischen ihnen auf ihrem Daumen lag. Seine restlichen Sinne waren ohnehin vollkommen darauf konzentriert.
„Darf ich?“, fragte Alexey vorsichtig mit einem leisen Kratzen in der Stimme.
Valerias bis eben noch unbekümmerte Haltung war inzwischen Anspannung gewichen, doch Alexey konnte keine Angst an ihr wittern. Sie musterte ihn skeptisch und schien unschlüssig zu sein, ob sie ihm nicht einfach die Hand entziehen sollte, doch schließlich holte sie noch einmal tief Luft und nickte dann, als hätte sie einen folgenschweren Entschluss gefasst, von dem sie dennoch nicht abrücken würde.
Alexey bewegte sich sehr, sehr langsam, um seiner kleinen Kriegerin die Chance zu geben, es sich noch einmal anders zu überlegen und sich vor ihm zurückzuziehen. Doch das tat sie nicht, also beugte er sich vor, öffnete den Mund und leckte über den kleinen Schnitt an ihrem Daumen.
Selbst dieser kleine Tropfen war unglaublich köstlich, ließ er das damit einhergehende Wissen über den Zustand ihres Körpers einmal außer Acht.
Valeria entzog ihm nun doch ihre Hand und strich sich verwundert über den kleinen Schnitt.
„Es tut nicht mehr weh und fühlen seltsam an …“ Seine kleine Kriegerin hob den Blick und sah ihn an. „Warum?“
Alexey musste sich erst einmal wieder sammeln. Es war zwar nur ein einzelner Tropfen gewesen, dennoch war Valerias Blut ungleich mächtiger als das einfacher Menschen. Die Wirkung davon ließ ihn alles andere als kalt und er spürte selbst diesen einzelnen Tropfen bis in den letzten Winkel seines Körpers.
„Mein …“ Alexey musste sich räuspern und erst einmal schlucken, da dieser eine Tropfen seinen Speichelfluss enorm angeregt hatte. „Mein Speichel lindert Schmerzen und …“ Wie sollte er die andere Funktionsweise davon erklären, wo er doch selbst nicht einmal so genau wusste, wie das alles von statten ging? „… lässt dich gut fühlen.“
„Oh.“ Valeria schien langsam zu verstehen, bis sie plötzlich ihre Hand an ihren Hals legte und ihre Augen riesig wurden. „Oh!“
Sie sah ihn für einen Moment richtig entsetzt an und rutschte dann langsam von seinem Schoß, als wollte sie das Raubtier nicht unnötig provozieren.
Ein gutes Stück von ihm weg blieb sie sitzen. „Das heute … hast du … hast du getrunken von mein Blut?“
Alexey konnte schwach einen Hauch ihrer Wut in der Luft aufschnappen, doch zumindest lag immer noch keine Angst darin.
Betroffen und beschämt senkte er den Blick und ließ die Schultern hängen. Es war natürlich Hederas Befehl gewesen, doch er hätte so oder so trinken müssen. Ihm war es schon ziemlich schlecht ergangen. Obwohl er sich innerlich wand, nickte er schließlich.
Das Schweigen, das sich daraufhin dick und schwer zwischen ihnen ausbreitete, war erneut von eher unangenehmer Natur, doch Alexey wagte es nicht hochzublicken, oder etwas zu sagen. Vielleicht würd er alles nur noch schlimmer machen, also ließ er seine kleine Kriegerin dieses neue Wissen erst einmal verdauen.
„Haben du deshalb geschwiegen?“
Alexey hob nun doch den Blick und sah Valeria an, die ihm ernst entgegen blickte.
„Ich meinen, vor ein paar Tagen, als du krank und nicht sagen wollen, was nicht in Ordnung mit dir. Als du mir nicht vertrauen“, fügte sie noch hinzu, damit es keine Missverständnisse gab.
Alexey nickte vorsichtig. „Ja. Ich wollte nicht, dass du mich für ein Monster hältst, weil es Blut war, das ich brauchte …“ Er schlug die Augen nieder. Er wollte immer noch nicht von ihr für ein Monster gehalten werden.
„Du mich schon einmal gebissen. In Nacht, als du … als sie dir befehlen, mich zu schänden.“
Es war nicht wirklich eine Frage, dennoch nickte Alexey erneut und schien noch kleiner zu werden. Im Augenblick würde er sich am liebsten in Luft auflösen, wenn es denn möglich gewesen wäre. Das hier war ein äußerst unangenehmes Gespräch, zumal kurz darauf auch wieder ihr Schweigen zum Schneiden dick in der Luft hing.
Als Valeria aufsprang und erneut durch den Raum zu wandern begann, fühlte Alexey sich einfach nur schrecklich.
„So viele Fragen …“, murmelte sie, während sie nachdachte.
„Dann stell sie mir. Ich werde nicht mehr schweigen. Ich will, dass du alles weißt und dann entscheidest, ob ich in deinen Augen ein Monster bin und du nicht mehr …“ Alexey atmete schwer. Sein Brustkorb schien plötzlich wie eingeklemmt zu sein und sein Herz tat weh. „Ich würde verstehen, wenn du mich danach nicht mehr in deiner Nähe haben wolltest.“
Valeria blieb beim Tisch stehen und sah ihn an. Sie sah ihn lange an, ohne etwas zu sagen, bevor sie sich schließlich auf den Tisch zog und sich mit den Händen an der Kante abstützte, während ihre Augen unverwandt auf ihn gerichtet waren. „Dann erzählen. Von Anfang an und ich werden entscheiden.“
So wild Alexeys Herz auch pochte und so unwohl er sich dabei auch fühlte, er holte dennoch ein letztes Mal tief Atem, danach begann er zu erzählen.