Val hatte für Alexey getan, was sie nur konnte. Sie hatte ihm Hände und Füße mit Stoffstreifen verbunden. Die riesige Fleischwunde, die einmal sein Rücken gewesen war, wurde von sauberen Tüchern bedeckt und sie legte ihm in regelmäßigen Abständen kühlende Kompressen auf seine Verbrennungen und über die Augen.
Sie hatte auch versucht, eine dicke Lage Decken unter seinen Körper zu bekommen, damit er nicht länger auf dem eiskalten Boden liegen musste, doch er war viel zu groß und zu schwer für sie und sie hatte inzwischen kaum noch Kraft in ihren zittrigen Muskeln. Es war ihr also nur halb gelungen, eine der Decken unter ihm festzustecken, dafür lagen nun mehrere Lagen auf ihm, um ihn zu wärmen, denn er war bedenklich kühl. Kein Wunder bei seinem Blutverlust. Allein die Menge, die hier am Boden um ihn herum verteilt war … Das war bestimmt nicht alles gewesen.
Nachdem Val getan hatte, was sie tun konnte, drohte nun sämtliche Kraft sie zu verlassen. Noch einmal erneuerte sie die kühlenden Kompressen, ehe sie zu Alexey unter die Decken kroch. Sie legte sich so dicht wie möglich zu ihm, ohne ihn zu berühren und schob ihren Arm unter seinen Kopf.
Sein Gesicht hatte sie inzwischen sauber gewischt, doch beim Rest von ihm hatte sie gar nicht erst angefangen. Die notdürftige Versorgung seiner Wunden war wichtiger gewesen und jetzt hatte sie keine Kraft mehr. Erschöpft und mental völlig ausgelaugt legte sie ihren Kopf auf ihre Schulter und an Alexeys Stirn. Sie strich ihm zärtlich über die unversehrte Haut an seiner Schläfe und gestattete sich den ersten tiefen Atemzug seit Stunden, wie es schien.
Seinen Atem auf sich zu spüren war beruhigend, ebenso wie das beständige Pochen unter ihren Fingern, als sie ihre Hand an seinen Hals legte. Zu spüren, dass er immer noch bei ihr war, obwohl er sich hoffentlich weit weit weg von diesem grausamen Schmerz befand, ließ ein wenig der Anspannung von Val abfallen.
Sie hatte immer wieder seine Vitalfunktionen kontrolliert, während sie ihn notdürftig versorgt hatte. Immer war ihr dabei die Angst im Nacken gesessen, er könnte zu atmen aufhören oder sein Herz würde versagen. Doch nein, obwohl er nicht einmal auch nur gezuckt hatte, war er hier geblieben. Bei ihr. Er hatte sie nicht verlassen.
Val bemerkte erst, dass sie eingenickt sein musste, als ihr Körper unvermittelt von einem Erdbeben erfasst wurde. Zumindest fühlte es sich so an, denn sie wurde ganz schön durchgeschüttelt.
Erschrocken fuhr sie hoch und stellte fest, dass Alexeys Bewusstsein langsam wieder an die Oberfläche zu treiben schien, denn er war es, der sie hier so durchschüttelte. Sein ganzer Körper bebte, als würde er schrecklich frieren, doch tatsächlich war es recht warm unter den Decken und seine Muskeln arbeiteten auf Hochtouren daran, es noch wärmer werden zu lassen. Er fühlte sich auch schon viel wärmer an. Nein, was ihn so durchschütteln ließ, war nicht die Kälte, sondern offenbar Schmerz.
Wie zur Bestätigung ihrer Vermutung stieß Alexey ein Stöhnen aus, obwohl kaum ein Ton dabei rauskam, und die ganze Masse seines Körpers kam noch mehr in Bewegung, als er sich zu krümmen begann. Er wölbte den Rücken, was ihm ungleich heftigere Schmerzen verursachen musste, doch das schien keine Rolle zu spielen, stattdessen machte er weiter und zog auch noch die Beine so weit an, bis ihr Körper ihn aufhielt. Daraufhin bewegten sich seine Arme, die sie vor seiner Brust angewinkelt hatte, damit er nicht wieder auf den Bauch rollte.
Val hielt seine bandagierten Hände davon ab, zu seiner Mitte zu wandern, obwohl genau das ihr Weg war, denn seine ganzen Bewegungen und seine eingenommene Haltung machten klar, auf welchen Schmerz er offenbar am intensivsten reagierte und vor dem er sich irgendwie zu schützen versuchte, obwohl ihm das natürlich nicht gelingen würde.
„Sch-Sch“, machte Val beschwichtigend und zog seine Hände an den Handgelenken eine nach der anderen wieder hoch, ging dafür aber mit ihren Beinen etwas aus dem Weg, damit Alexey die seinen noch ein wenig weiter anziehen konnte. Nun lag er da wie ein Baby im Mutterleib und fing immer heftiger zu keuchen und noch stärker zu beben an.
Val legte Alexeys Hände an ihren Bauch und schob die Beine so, dass sie ihm im Weg waren, denn die Kraft, seine Arme zu heben, hatte er ohnehin nicht. Danach schlug sie die Decken ein wenig zur Seite und nahm so vorsichtig wie möglich mit Fingerspitzen die inzwischen warme Kompresse von Alexeys heftig bearbeiteter Mitte, tauchte sie rasch in das kalte Wasser, das in einer Schüssel extra dafür neben ihr bereit stand, drückte das Tuch aus, so gut sie das mit einer Hand konnte, und legte es wieder zurück. Dabei biss Val sich fest auf die Unterlippe, denn Alexeys heftiges Zucken verriet ihr – zumindest einen vagen Hauch davon – wie sehr ihn das im ersten Moment schmerzen musste, ehe Besserung eintrat.
Das massive Beben hörte zwar nicht auf, doch Alexeys angespannte Muskeln schienen sich ein wenig zu lockern. Val deckte sie beide wieder zu, bevor sie ihm durchs Haar streichelte, damit er sie spüren konnte. „Ich bin hier, Alexey. Ich bin hier und ich geh auch nicht weg. Alles gut. Es wird … alles wieder gut.“ Es war egal, dass es eine Lüge war. Er würde sie ohnehin nicht verstehen, aber das war auch nicht wichtig. Er sollte nur wissen, dass sie hier war und ihre Stimme hören, damit er sich nicht alleine fühlte.
Als er tatsächlich ein wenig den Kopf in ihre Richtung drehte, hauchte sie ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe sie ihm vorsichtig die Kompresse von den Augen nahm und auch diese mit kaltem Wasser auswusch. Seine Lider waren immer noch geschwollen, doch sie zuckten, als würde er darum kämpfen, die Augen zu öffnen. War er etwa ganz wach?
„Alexey?“
Das Blinzeln wurde heftiger, doch damit einher ging auch das Keuchen und schließlich ein leises Wimmern, das über seine sich sacht bewegenden Lippen kam.
„Nein. Nein. Lass die Augen –“ Val schüttelte in Gedanken über sich selbst den Kopf und ermahnte sich dazu, sich zu konzentrieren. Also versuchte sie es noch einmal, nur dieses Mal so, dass er sie auch verstehen konnte. „Augen zu. Nicht aufmachen.“ Sie ließ das Tuch los, trocknete ihre nasse Hand an der Decke ab und strich dann unendlich gefühlvoll mit ihren kalten Fingerspitzen über seine flatternden Lider, damit sie geschlossen blieben. Wieder streichelte sie ihn zärtlich. Strich ihm das Haar aus der Stirn. Liebkoste mit der Rückseite ihrer Finger seine Schläfe. Berührte seine Wange und fuhr ihm sanft mit dem Daumen über die bebende Unterlippe, die inzwischen schon sehr viel besser aussah, ja geradezu unversehrt.
Alexeys Nasenflügel blähten sich.
Einem inneren Gefühl folgend hielt Val ihm die Innenseite ihres Handgelenks an die Nase, damit er sie besser riechen konnte, da es im Raum schrecklich intensiv nach seinem Blut roch, wie sie inzwischen wusste. Es schien ihn zumindest ein wenig zu beruhigen, doch dann versuchte er wieder, seine Arme zu bewegen. Nur dieses Mal wollte er sie gar nicht nach unten bringen, stattdessen legte sich die Hand mit dem verstümmelten Finger auf ihre Seite – bevor er sie an sich zu ziehen versuchte.
Natürlich gelang es Alexey nicht. Was er normalerweise mit dem kleinen Finger geschafft hätte, bekam er inzwischen nicht mal mit der ganzen Hand hin und das lag nicht daran, dass ihm genau jener Finger fehlte. Alexey hatte im Augenblick für überhaupt nichts die Kraft und es war ein Wunder, dass er nicht vor Schmerzen schrie, so heftig wie sein Körper bebte. Stattdessen spannte sich sein Kiefer an und sein Atem wurde gepresst, bis Val ihm half und von sich aus noch ein wenig näher rutschte, nachdem sie die Beine ausgestreckt hatte. Berühren wollte sie ihn dennoch nicht, da es kaum eine Stelle an ihm gab, die nicht verletzt worden war, also beugte sie sich über sein Gesicht, legte ihre freie Hand an seinen Hals und küsste zärtlich seine Schläfe. Strich mit ihren Lippen darüber und hauchte ihm immer wieder leise Worte zu, ohne selbst so genau zu wissen, was sie da eigentlich sagte.
Val hätte wirklich alles für etwas Morphium gegeben, doch sie hatte nichts, womit sie Alexey seine wahnsinnigen Schmerzen nehmen konnte. Bis zu Rashad käme sie wahrscheinlich nicht, sonst hätte sie ihn schon längst geholt. Doch die Villa war immer noch voller Wachen und es war schon absolutes Glück, dass sie im Moment überhaupt bei Alexey sein konnte. Aber mehr ging eben nicht. Also berührte sie den einzigen Teil von Alexey, der nicht vollkommen zerstört war. Sie wiegte seinen Kopf in ihrem Arm und fuhr ihm immer wieder durchs Haar. Dabei küsste sie jede noch so kleine, unversehrte Stelle und versuchte ihn zu beruhigen oder wenigstens abzulenken. Doch anstatt ruhiger zu werden, wurde Alexey mit der Zeit immer lebendiger.
Er versuchte etwas zu sagen, doch es kam immer nur ein warmer Hauch zwischen seinen Lippen hervor und dass er sie nicht mehr ansehen konnte, half auch nicht dabei, sich ihr irgendwie mitzuteilen. Es spielte auch schon bald keine Rolle, denn als er auch noch versuchte, sich auf den Bauch zu drehen, um – Gott bewahre! – sich irgendwie hochzustemmen, war es mit Vals sanften Bemühungen vorbei.
„Nein!“, fuhr sie ihn leise aber bestimmt an und drückte ihn an der Schulter zurück in seine alte Position. „Du kannst froh sein, dass du überhaupt noch lebst, geschweige denn, dass du so schnell schon wieder bei Bewusstsein bist!“ Val kniff die Lippen zusammen und atmete einmal tief durch. Ein wenig sanfter fuhr sie für ihn verständlich fort: „Bitte, bleiben. Du schwer verletzt.“
Er schüttelte den Kopf. Er schüttelte tatsächlich den Kopf! Zwar nur sehr schwach, aber eindeutig, sodass Val ihre flache Hand auf seine eine Gesichtshälfte legte, die nicht dafür sorgte, dass ihr Arm inzwischen eingeschlafen war. „Alexey, bitte!“, flehte sie ihn an, doch er hörte nicht auf, bis sie ihn voller Verzweiflung einfach erneut küsste – auf den Mund.
Durch sie beide ging ein Beben, das nichts mit Alexeys Schmerzen zu tun hatte. Val spürte, wie sich seine verbliebenen Finger kraftlos in ihre Seite drückten und sie noch mehr an ihn zu ziehen versuchten, doch ansonsten hielt er vollkommen still. Sein Atem geriet ins Stocken und sein Puls raste inzwischen wie verrückt. Val bemerkte es nur, weil ihre Hand an seinen Hals gerutscht war, während sie vorsichtig mit ihren Lippen über seine streichelte und ihn noch ein bisschen mehr abzulenken versuchte. Sie spürte seine Reaktion zwar nur schwach, doch sie war da. Er begann den Kuss zu erwidern.
***
Alexey hatte geglaubt, zu wissen, was Schmerz war. Dass er inzwischen sämtlichen Nuancen davon begegnet war, doch noch nie zuvor hatte er Schmerz so intensiv empfunden, wie in jenem Moment, als sein Bewusstsein zurück in seinen Körper gefahren war und mit ihm all das, was er davor noch für einen schrecklichen Albtraum gehalten hatte.
All die verschiedenen Arten von Schmerz – stechend, brennend, pochend, schneidend, ziehend, beißend und noch viele mehr – waren zu einer einzigen lebendigen Masse verschmolzen. Einer wütenden Bestie, die in Alexeys ganzem Körper tobte und wütete, ihn schier in den Wahnsinn trieb und sich an seinem Leid labte. Darum schlug sie immer weiter ihre Krallen und Zähne in ihn, um seine Qualen zu vergrößern und sich genüsslich daran zu weiden, wie er sich dabei wand und krümmte. Es gab nur eines, was sich dieser Bestie tapfer entgegen stellte – seine kleine Kriegerin.
Die Berührungen ihrer zarten Finger und ihre liebkosenden Worte drängten die wütende Bestie nach und nach zurück. Nahmen den Nebel von seinem ziellos herumirrenden Verstand und schenkten ihm ein wenig Klarheit in diesem Meer aus Schmerz und Finsternis.
Sobald Alexey wieder bewusst wurde, was geschehen war und wo er sich befand, war sein Schmerz, so grauenvoll er auch war, nicht länger von Bedeutung. Nichts, absolut gar nichts zählte, außer ihre Sicherheit. Für Valeria und nur für sie alleine hatte er geschwiegen. Ihretwegen hatte er es auf sich genommen, sich stundenlang foltern und verstümmeln zu lassen. Selbst wenn er nicht wieder vollständig heilen würde, er hätte nicht anders entschieden. Würde jede Narbe, jede Verstümmelung, ja selbst den Tod in Kauf nehmen, nur um sie zu beschützen … weil er sie liebte.
Nichts konnte einem das eindringlicher klar machen, als mit dem eigenen Tod konfrontiert zu werden. Nicht diese Art von Tod, wie die verfluchte Grotte zwischen Julias Beinen es versprach, nein, diesem Abgrund war er schon zu oft begegnet, um nicht zu wissen, dass er die versprochene Erlösung nie erfahren würde.
Doch in Hederas wutverzerrtes Gesicht zu blicken und dort einen unheiligen Zorn vorzufinden, der ihm in dieser Form gänzlich unbekannt war, hatte ihn gelehrt, dass der Tod für ihn am Ende doch sehr real werden könnte. Früher, als es ihm lieb war, denn er wollte seine kleine Kriegerin nicht verlassen. Nicht, ohne zuvor… Er wollte sie verdammt noch mal NICHT verlassen.
Doch obwohl es so ausgesehen hatte, als ob Hedera einen entscheidenden Schritt zu weit gehen würde, um ihn zu bestrafen und zugleich die Wahrheit aus seinem Mund zu erzwingen, war sie diesen Weg doch nicht bis zu Ende gegangen. Zumindest noch nicht. Alexey war sich nicht sicher, ob das nicht noch kommen würde.
Darum musste seine kleine Kriegerin auch sofort von hier weg. Weg von ihm, bevor man sie entdeckte!
Alexey versuchte, es ihr irgendwie zu sagen, doch kein Ton entkam seiner zerschundenen Kehle. So sehr er sich auch bemühte, seinem Mund entströmte nur heiße Luft. Also versuchte er, sich selbst von ihr wegzubringen. Irgendwie. Nur um kurz darauf von Valeria überwältigt zu werden.
Er kämpfte dagegen an. Wehrte sich, denn es war nur zu ihrem Schutz. Alexey durfte nicht zulassen, dass sie sich um ihn kümmerte. Dass sie bei ihm war, wenn sie zu ihm kamen, um nachzusehen, ob er noch lebte. Niemals durfte er das zulassen! Sie würden sie töten oder gar Schlimmeres, nur, weil sie ihm half! Sie –
Eine Woge sanfter Stille legte sich unvermittelt wie eine weiche Decke über Alexeys Körper, als seine kleine Kriegerin verzweifelt seine Lippen küsste. Was zuvor noch kreischend laut in ihm getobt und die Krallen in ihn geschlagen hatte, zog sich augenblicklich zurück und behagliche Wärme begann ihn zu erfüllen. Ihre Wärme.
Valeria … Er bewegte die Lippen. Stöhnte leise dagegen, als der Schmerz so plötzlich nachließ und willkommene Taubheit ihn umfing. Allerdings nicht an den Lippen, nein, nicht dort, wo all sein Empfinden sich zusammenballte und ihn zu überwältigen drohte.
Alexey versuchte sich dagegen zu wehren, sich davon nicht ablenken zu lassen, doch seine kleine Kriegerin war so viel stärker als er. Die Wärme und Weichheit ihres Mundes zwangen ihn in die Knie und ließen ihn kapitulieren, als er auch noch ihre kleine Zungenspitze über seine Unterlippe streicheln fühlte. Wie sie sie zwischen ihre Zähne nahm und sacht daran knabberte, ehe ihr Mund sich erneut vollkommen auf seinen legte und ihr beider Atem sich vermischte.
Alexey war völlig hilflos. Ihm liefen Tränen der Erleichterung über die Wangen, während er schon jetzt den Moment betrauerte, an dem all das wieder vorbei sein würde. Das war es auch sehr bald, doch nicht völlig.
Valeria löste immer wieder ein wenig ihre Lippen von seinen, um zu ihm zu sprechen. Sie hauchte ihm unbekannte Worte gegen seinen Mund, küsste ihn, unterbrach den Kontakt erneut, nur um ihn ein weiteres Mal völlig gefangen zu nehmen.
Alexey bemerkte nicht, wie er langsam wegdämmerte. Er glaubte, leisen, vertrauten Gesang zu hören und ihn auf den Lippen zu schmecken, während zarte Finger ihn liebkosend umschmeichelten und ihn weiter in erlösendes Vergessen zogen.
***
In ihrer Verzweiflung hatte Val zu singen begonnen. Ihr altvertrautes Schlaflied, das sie Alexey schon einmal vorgesungen hatte. Es schien ihn zu beruhigen und somit auch sie selbst. Sachte wiegte sie seinen Kopf in ihrem Arm, sang und küsste ihn zärtlich weiter, bis sein Atem wieder ruhig ging und das Beben seines Körpers nachgelassen hatte.
Es war gut, dass er wieder schlief oder wohl eher ohnmächtig war, denn Val hatte kaum noch Kraft hierfür. Sobald sie Alexeys Tränen gespürt hatte, hatte sie mit ihren eigenen kämpfen müssen. Dieses verdammte Miststück hatte ihm so schrecklich wehgetan. Einfach so, weil sie es konnte. Weil es ihre Entscheidung war, wer in diesem Haus lebte oder starb. Was, wenn sie sich morgen dafür entschied, ihn weiter zu foltern oder ihn gar zu töten?
Val wusste nicht, was sie ohne Alexey tun und wie sie das alles hier überstehen würde. Wie sehr sie ihn in Wahrheit brauchte, erkannte sie erst jetzt, wo er ihr beinahe entrissen worden wäre. Wie viel er ihr bedeutete …
Verzweifelt sang Val weiter. Der Kloß in ihrer Kehle war zwar immer noch nicht verschwunden, doch wenigstens waren ihre Wangen trocken geblieben. Sie konnte sich nicht erlauben, zu weinen. Sie musste stark sein. Für ihn, aber auch für sich selbst. Denn das hier war erst der Auftakt zu etwas viel Schrecklicherem. Val hatte es im Gefühl. Bisher war immer alles schlimmer geworden. Niemals besser. Warum sollte es jetzt anders sein? Zudem, wie sollte es mit Alexey weitergehen? Er heilte zwar. Selbst vor ihren Augen tat er das, doch wie weit war sein Körper in der Lage, diese massiven Schäden tatsächlich auszugleichen? Was war mit seinen Fängen? Wuchsen seine Zähne wieder nach oder würde er auch hierbei verstümmelt bleiben?
Dann erst seine Füße … Mit einem fehlenden Finger kam man noch gut zurecht, zumal es nur der kleine war, doch wie sah es mit seiner Balance aus, wenn er keine Zehen …
Val sang lauter und wiegte Alexey mit all ihren Gefühlen für ihn. Sie konnte nicht länger darüber nachdenken, wie schwer es künftig für ihn noch werden würde. Natürlich, irgendwie würde er schon zurecht kommen, doch unter diesen Umständen und unter diesem Dach?
Solange Val konnte, sang sie, doch irgendwann wurde auch sie vom Schlaf übermannt, da sie das Gefühl hatte, als würde all das hier ihr sämtliche Kraft aus dem Leib ziehen. Sie war so wahnsinnig müde, wie schon lange nicht mehr, und die Sorge über Alexeys Zukunft machte es mit Sicherheit nicht besser. Im Gegenteil. Sie hatte wahnsinnige Angst um ihn.
***
Alexey zuckte schwach zusammen, als er erneut das Bewusstsein wiedererlangte und ohrenbetäubende Stille ihn einhüllte. Für einen Moment war er vollkommen desorientiert, da er nicht nur nichts sehen, sondern irgendwie auch nichts fühlen konnte. Obwohl, ganz stimmte das nicht. Da war Wärme auf seinem Gesicht. Ein vertrauter Duft in seiner Nase.
Valeria … Valeria!
Schlagartig kam die Erinnerung zurück. Sofort begann Alexeys Brust unter seinen hektischen Atemzügen zu beben und ihm donnerte sein Herzschlag so laut in den Ohren, dass er kurzweilig fast gar nichts anderes wahrnehmen konnte.
„Va…ler…a …“ Bei den verfluchten Göttern seine Stimme klang grauenvoll. Wie ein rostiges Reibeisen!
Alexey versuchte zu schlucken, doch sein Hals war so entsetzlich trocken. Dennoch probierte er es erneut: „Valer…ia!“ Er drückte seine Finger in ihre Seite. Zumindest hoffte er, dass er das tat. Irgendwie spürte er es nicht richtig. Überhaupt fühlte er sich … merkwürdig. So dumpf und entrückt. Doch das war im Augenblick überhaupt nicht wichtig. Er musste Valeria wachbekommen!
Wie spät es wohl schon war? Würde bald jemand kommen, um nach ihm zu sehen?
„Valeria!“ Nun ging es schon besser und Alexey versuchte sie zusätzlich noch mit seinem ganzen Körper durchzurütteln, weil er sich sonst nicht wirklich anders bewegen konnte.
Da, endlich! Sie gab ein leises Murren von sich und er konnte spüren, wie ihr Atem über sein Gesicht strich.
„Wach … auf … bitte!“ Alexey neigte den Kopf. Spürte, wie seine Stirn leicht an ihrer Nase entlang fuhr und sie tief einatmete. Sie wurde nur sehr langsam wach.
„Alexey?“ Ihre Finger tasteten über sein Gesicht, strichen über seine Wange zu seinen Lippen. Er fing ihre Finger ein und zwickte sie leicht mit den Schneidezähnen. Das riss sie dann tatsächlich aus ihrem Dämmerzustand.
„Alexey!“ Hastig fuhr sie hoch, sodass sein Kopf beinahe auf den Boden knallte, als er von ihrem Arm rutschte, doch sie fing ihn gerade noch mit ihren Händen auf.
„Valeria … Du musst … gehen.“ Zum Glück gewann seine Stimme immer mehr an Kraft.
„Nein.“ Er spürte den Lufthauch ihres heftigen Kopfschüttelns.
„Doch! Sie töten … dich, wenn du … hier bleibst. Oder … Schlimmeres.“
„Aber … du verletzt. Ich kann nicht dich verlassen!“ Valerias Stimme blieb hart, doch da er nichts sehen, sondern sich ausschließlich auf seine restlichen Sinne verlassen konnte, hörte er die vage Unsicherheit darin.
„Ich werde heilen. Ich heile … immer. Doch wenn dir … etwas passiert … Bitte, geh!“ Alexey versuchte seine kleine Kriegerin von sich weg zu schieben, obwohl ihm das im Herzen wehtat. Was seltsam war, denn sonst fühlte er nicht den geringsten Schmerz.
„Du musst …“ Er schluckte trocken. Götter, er bräuchte dringend etwas Wasser, doch das war im Moment zweitrangig. „Du musst … gehen, bitte!“
„Alexey …“
„BITTE!“
Er konnte hören, wie Valeria bei seinem heftigen Tonfall nach Luft schnappte, ehe sie sich glücklicherweise endlich von ihm löste. Doch kaum, dass sie ihn nicht mehr berührte, war er es, der nach Luft schnappen musste. Die Bestie des Schmerzes kehrte mit mächtigem Gebrüll zurück und ließ ihn fast aufschreien, als sie ihre Fänge und Klauen von neuem in ihn schlug. Mühsam mahlten Alexeys Kiefer aufeinander, während er immer wieder schluckte, um keinen Laut über seine Lippen kommen zu lassen. Doch das Beben seines Körpers konnte er nicht unterdrücken. Obwohl der Heilungsprozess inzwischen in vollem Gange war, schmerzte es immer noch entsetzlich.
***
Val sah, wie er mit sich und seinen Schmerzen rang. Was ihr leidtat. Sie hatte Alexey unnötig aufgeregt. Doch sie konnte ihn doch nicht so einfach hier liegen lassen!
Dennoch würde sie genau das tun müssen. Denn er hatte recht, wenn man sie hier fand … Und er schien tatsächlich sehr schnell zu heilen. Seine Augen sahen schon wesentlich besser aus, obwohl er ganz eindeutig immer noch blind war.
Bevor Alexey sie noch einmal drängen konnte, stand Val auf und besah sich das Chaos im Raum, während sie ihren eingeschlafenen Arm rieb. Selbst wenn sie jetzt einfach ging – es war offensichtlich, dass sich jemand um ihn gekümmert hatte. Mehr als offensichtlich und es war auch nicht zu übersehen, dass sie es gewesen war. Immerhin war überall an ihr Alexeys Blut!
Als es Alexey noch so schlecht gegangen war, dass er noch nicht einmal hatte sprechen können, war ihr all das völlig egal gewesen. Die Konsequenzen, weil sie ihm half und bei ihm blieb, um ihn zumindest auf ihre Art zu beschützen. Nichts hätte sie von ihm wegbringen können, doch jetzt … Es ging ihm ganz offensichtlich besser. Er würde es überleben, zumindest, wenn er nicht noch weiter gequält wurde. Dennoch war er immer noch enorm schwach und brauchte Hilfe. Val war niemand, der bei sowas einfach zusah, schon gar nicht bei jemandem, der ihr so viel bedeutete. Allerdings durfte sie sich im Moment nicht von ihren Gefühlen leiten lassen. Sie musste rationell bleiben. Harte Entscheidungen treffen. Für sie beide, um noch einen Tag länger unter diesem Dach zu überleben, denn Alexey hatte recht. So sehr es ihr auch widerstrebte, er hatte verdammt noch mal recht.
„Alexey, ich muss … Es tut mir leid.“ Sie kniete sich mit leisem Ächzen wieder neben ihn, da ihr alle Knochen im Leib wehtaten. Ein wenig schlug sie die Decken zurück, die ihn warm hielten, um nach seiner Hand zu greifen, bei der noch alle Finger dran waren.
Obwohl alles in ihr sich dagegen wehrte, begann sie rasch die provisorische Bandage abzuwickeln. Sie musste ihre Spuren verwischen. ALLE Spuren.
„Schon gut“, kam es ihm leise über die Lippen, während sein leerer Blick sie unentwegt ansah. „Versteck alles … in Truhe … neben Bett.“
Val konnte nur nicken, woraufhin Alexey schwach lächelte, als hätte er es gesehen.
Kaum, dass seine Hand von der Bandage befreit war, machte Val sich an seiner anderen Hand zu schaffen, konnte aber nicht verhindern, erstaunt festzustellen, dass ihm zwar immer noch die Fingernägel fehlten, aber alles doch inzwischen relativ unversehrt aussah. Keine offenen oder verkrusteten Wunden, nur zartes Narbengewebe.
Der Stummel, der einst sein kleiner Finger gewesen war, erschreckte und faszinierte sie auf gleiche Weise noch sehr viel mehr, als sie ihn freilegte. Val hatte die Wunde nicht vernäht und trotzdem war die Haut über dem abgetrennten Knochen verschlossen. Alexeys Selbstheilungskräfte waren wirklich unglaublich.
Val warf die abgewickelten Bandagen auf einen Haufen und kroch dann zu Alexeys Füßen. Auch hier war eine Besserung festzustellen, wenn man denn überhaupt davon sprechen konnte, denn seine Fußsohlen waren zum Großteil immer noch nicht mehr als eine rohe Fleischmasse, die zum Glück aber nicht mehr blutete.
Um sich von dem grauenvollen Anblick abzulenken, fragte Val schließlich: „Warum sie dich bestrafen?“ Ja, die Frage quälte sie schon länger. Was hatte Alexey getan, um eine solche Wut auf sich zu ziehen? Hatte er überhaupt etwas getan?
Alexeys Gesichtszüge waren angespannt und inzwischen hatte er seine momentan nutzlosen Augen wieder geschlossen. So, wie er die Lippen zu einem dünnen Strich zusammenpresste, schien es, als ob er ihr keine Antwort geben wollte. Umso mehr überraschte es Val daher, dass er es dann doch tat. „Ich habe … ihr nicht … geantwortet. Sie mag es nicht … wenn ich … schweige.“
Das war alles? Nur, weil diese Schlampe von Alexey keine Antwort bekommen hatte, bestrafte sie ihn?
Val kam wieder dieses eine Mal in den Sinn, als er über seine Verletzung geschwiegen hatte, die sie ihm ungewollt zugefügt hatte. Dafür hatte das Miststück ihn ebenfalls bestraft. Hart, doch im Vergleich zu jetzt, war es der reinste Kindergeburtstag gewesen.
„Worüber haben du … geschwiegen?“, wollte Val wissen, während sie die blutigen Stoffstreifen auf den kleinen Haufen warf und aufstand, um sich neben Alexeys Kopf auf die Decke zu setzen. Sie fing an, sich mit dem sauberen Wasser in der Schüssel das Blut abzuwaschen, obwohl sie dabei stark zu frieren begann. Bei Alexey unter den Decken war es so viel wärmer gewesen.
„Nicht wichtig.“ Er atmete schwer und schien sich weiter zu verspannen, weshalb sie kurz innehielt und ihm trotz seiner dämlichen Antwort beruhigend durchs Haar strich. „Du waren fast tot. Also doch wichtig.“
Alexey schüttelte schwach den Kopf, drehte diesen dann aber so, dass seine Wange ihre Handfläche berührte.
„Es geht nicht … um Antwort. Es geht … um Schweigen“, erklärte er mit brüchiger Stimme, nachdem er einmal hart geschluckt hatte und wandte sein Gesicht wieder von ihr ab, sodass Val weitermachen konnte.
„Sie kann mich … nicht mehr zwingen … zu sprechen. Nicht so … wie vorher … Bevor du …“
„Bevor ich was?“, hakte Val nach und versuchte zu begreifen, was er ihr da sagte. Das mit diesen Gaben und diese Macht, welche die Eiskönigin offenbar über ihn oder besser gesagt, über seinen Körper hatte, begriff sie immer noch nicht ganz. Vielleicht würde sie das nie.
Alexey schob mühsam seine Hand mit dem fehlenden Finger unter den Decken hervor und legte sie sich an die unversehrten Lippen. „Bevor du … mich geheilt hast.“
Val stieß ein leises Schnauben aus. Heilen im Sinne von ihrer ach so tollen ‘Gabe’ oder Heilen im Sinne von ‘medizinischer Behandlung’? Ihr fiel es nicht leicht, diese Begriffe richtig zu verstehen.
„Als ich deine Lippen nähen?“, versuchte sie es daher und begann sich notdürftig auch etwas Blut aus den Haaren zu waschen.
„Ja. Als du sie genäht … und irgendwie … mehr als das … getan hast.“ Alexey sah in ihre Richtung. „Ich begreife … es selbst nicht.“
Na, da waren sie immerhin schon zwei!
Also wenn sie das jetzt richtig verstanden hatte, hatte Alexey der Eiskönigin keine Antwort gegeben, obwohl er vor Vals Behandlung immer hatte antworten müssen. Und deshalb war er auf bestialische Weise von ihr gefoltert worden.
Die Relation zwischen Vergehen und Bestrafung erschien Val immer noch überhaupt nicht passend, doch sie wusste auch nicht, was im kranken Kopf dieses Miststücks vorging und war auch froh, deren Gedankengängen nicht folgen zu können.
„Und wie gehen weiter?“ Sie wrang ihr feuchtes Haar aus und nahm schließlich einen nassen Fetzen, um alles, was sie mit ihren blutigen Händen angefasst hatte, sauber zu wischen.
„Ich … weiß es nicht …“, kam es erst eine ganze Weile später, als sie fast fertig damit war.
Alexeys Tonfall klang so unendlich verloren, dass Val einfach das Tuch fallen ließ und sofort wieder bei ihm war, um sein Gesicht in ihre Hände zu nehmen. Sie ertrug es gar nicht, wenn er so … schwach wirkte. Wenn er …
„Du schaffen das, Alexey. WIR schaffen das, ja?“ Sie strich ihm zärtlich über die Wangen. „Ich kommen wieder. Nächste Nacht. Du nicht allein, ja?“
Das Lächeln, das daraufhin auf seinen Lippen erschien, war unendlich traurig. Wieder sah er sie an und sah doch nichts. Val beugte sich daraufhin tief über ihn und gab ihm einen langen Kuss auf die Lippen. Einen Kuss, den er nicht erwiderte.
„Du musst gehen, Valeria.“ Es war keine Bitte, die er da statt einer Antwort aussprach, kaum, dass sie die Lippen von ihm gelöst hatte, und irgendwie hatte Val dabei das Gefühl, dass er sich von ihr distanzierte.
Zu gerne, hätte sie in seinen Augen seine Gefühle gelesen, aber auch so war ihr klar, dass er sich ihretwegen so verhielt. Nicht, weil sie ihm plötzlich egal war, sondern weil das genaue Gegenteil der Fall zu sein schien. Also seufzte sie schwer, gönnte sich diesen einen erschöpften Atemzug und ließ dann von Alexey ab, um mit dem Spuren verwischen weiter zu machen. Keiner von ihnen beiden sagte mehr etwas.
Wie Alexey es vorgeschlagen hatte, warf Val alles einfach auf einen Haufen und stopfte diesen dann in die Truhe neben seinem Bett. Wieder hatte sie sich innerlich vor Qualen gekrümmt, als sie Alexey nach und nach die schützenden Decken, die schmerzlindernden Bandagen und schließlich am Ende auch noch das Tuch unter dem Kopf weggenommen hatte. Nun lag er da, wie sie ihn gefunden hatte. Lediglich den Helm ersparte sie ihm, doch auch so war es ein grauenvoller Anblick, und Val konnte sich einfach nicht dazu zwingen, zu gehen, während sie Alexey so völlig schutzlos auf dem kalten Boden in seinem eigenen Blut liegen sah, mit nichts am Leib als seinem völlig Blut durchtränkten Umhang.
Das Beben seines Körpers hatte inzwischen wieder deutlich zugenommen und die Gänsehaut auf seinen Armen verriet ihr, dass es nun auch vor Kälte war.
Val verfluchte innerlich erneut dieses kranke Miststück, während sie sich noch ein letztes Mal neben Alexey kniete und ihn sanft an der bebenden Schulter berührte. „Ich kommen wieder. Morgen Nacht.“
Alexey reagierte nicht. Er hatte die Augen geschlossen, doch an seinen angespannten Gesichtszügen und den klappernden Zähnen konnte sie erkennen, dass er wach war und sie sehr wohl gehört hatte.
Gerade wollte sie den Mund aufmachen …
„Geh!“
Val klappte ihren Mund wieder zu und versuchte den Stich in ihrer Brust zu ignorieren. Langsam ließ sie seine Schulter los, doch ehe das grässliche Gefühl in ihr sie vollends übermannen konnte, packte sie Alexey im Haar, bog seinen Kopf weiter nach hinten und küsste ihn noch ein letztes Mal. Dieses Mal nicht sanft und liebevoll, sondern wütend und rau, weil er sie so grob fortschickte. Sie wusste zwar, warum er es tat, aber es fühlte sich dennoch Scheiße an. Richtig Scheiße sogar, bis sie Alexeys verzweifelte Erwiderung spürte, mit der er sie ebenfalls küsste und sie sofort wieder besänftigte. Vals Mund wurde weich und nachgiebig an seinem, der Kuss vertiefte sich, wurde länger und inniger, bis schließlich Val es war, die sich am Ende verzweifelt losreißen musste, um aufzuspringen. Rasch nahm sie die Schüssel mit dem Wasser an sich, löschte alle Öllichter und öffnete die Tür ein Stück weit, um zu sehen, ob die Luft rein war. Danach nahm sie die Fackel neben der Tür und löschte sie ebenfalls mit dem Wasser, bevor sie Alexey endgültig in der Kälte und Dunkelheit seiner Kammer zurückließ.
Als die Tür sich schloss und sie sich mit dem Rücken gegen das raue Holz lehnte, wollten plötzlich alle Verzweiflung, die durchgestandenen Ängste und ihre Sorgen um die Zukunft sich in Val Bahn brechen. Alles verschwamm dabei vor ihren Augen, der Kloß in ihrem Hals war so enorm, dass sie kaum noch daran vorbei schlucken konnte und ihre Beine drohten unter ihr nachzugeben. Dennoch zwang sie sich dazu, sich von der Tür abzustoßen. Auch hier draußen musste sie noch ihre Spuren verwischen. Erst, sobald das erledigt war, konnte sie sich in ihre eigene Kammer begeben und … zusammenbrechen.