Sobald seine kleine Kriegerin fort war, stieß Alexey ein schmerzvolles Stöhnen aus und krümmte sich. Er hatte so lange wie möglich versucht, seinen Schmerz vor ihr zu verbergen, damit sie gehen konnte, doch auch ihn traf es ungleich schwerer, dass sie ihn hatte verlassen müssen. Die eisige Kälte in dieser unheimlichen Stille und dazu noch sein fehlendes Augenlicht … Alexey fühlte sich winzig, einsam und vollkommen ungeschützt. Valerias Wärme war fort und mit ihr der Schutz und die Geborgenheit, die sie ihm geschenkt hatte. Obwohl Alexey wusste, dass er nicht mehr alleine war, seit sie sich ihm – so unglaublich das immer noch war – zugewandt hatte, fühlte er sich im Augenblick einsamer denn je. Schwach und hilflos. Vollkommen unfähig sich oder seine kleine Kriegerin zu beschützen.
Der Gedanke nährte die Wut in ihm, was gut war. Wut verlieh einem Kraft und drängte das Selbstmitleid zurück. Wut ließ einen dort weiter machen, wo man normalerweise aufgeben würde. Seine Wut und der Drang zu beschützen waren es auch gewesen, die Alexey hatten durchhalten lassen. So sehr Hedera und der blonde Schönling ihn auch gequält hatten, er war nicht eingeknickt. Er hatte geschwiegen und am Ende nicht einmal mehr versucht, zu verbergen, wie leicht es ihm fiel, obwohl er gefoltert wurde. Was Hedera natürlich noch wütender gemacht hatte, da er nur zu offensichtlich ihrer Kontrolle zu entgleiten drohte. Nicht weit genug. Nicht einmal annähernd, aber genug, um die Sorge in ihr zu schüren, er könnte ihr am Ende doch noch entkommen.
Alexey gestattete sich noch ein paar quälende Atemzüge lang dem Schmerz nachzugeben und sich einfach nur elend zu fühlen, ehe er sich schließlich straffte, so gut er konnte, und sich halb auf die Seite, halb auf den Bauch drehte. Wieder zog es seinen ganzen Körper wie von selbst zusammen, da sich sein Schwanz und seine Eier anfühlten, als hätte man sie mit einem Hammer weichgeklopft und anschließend in einer Pfanne gebraten. Der Schmerz schoss ihm in tobenden Wellen bis in den Bauchraum und raubte ihm den Atem, doch Alexey musste nicht atmen, um vorwärts zu kommen. Im Grunde genommen konnte er den Atem sogar äußerst lange anhalten, wenn er musste. Also tat er das, während er seine Arme ausstreckte und sich mit den Händen vorwärts zu ziehen versuchte. Seine Fingerkuppen suchten dabei jede noch so kleine Unebenheit im Boden nach Halt ab und seine Hüfte protestierte lautstark, als er die nackte Haut an dieser Stelle ungeschützt über den rauen Stein zog.
Da seine Arme zu schwach waren, um sein Gewicht effektiv vorwärts zu bringen, versuchte Alexey instinktiv mit den Füßen nachzuhelfen … Er kam erst wieder zu sich, als der Schmerz ein wenig abgeklungen war und sich kalter Stein bereits tief in seine Wange gegraben hatte.
In Ordnung. Die Füße konnte er im Augenblick nicht benutzen. Die würden ihn nur behindern, anstatt ihn vorwärts zu bringen. Also versuchte Alexey es weiter mit seinen Armen, während er zugleich mit robbenden Bewegungen nachzuhelfen versuchte. Sein ungewollter Aussetzer hatte ihn ein wenig gestärkt, wie es schien, änderte aber nichts daran, dass er so fest die Zähne aufeinander beißen musste, dass er sich fast den Kiefer brach. Jede Bewegung in seiner Körpermitte, jede noch so kleine Muskelanspannung darin brachte ihn halb um vor Schmerz.
Es schien Stunden zu dauern, bis Alexeys Fingerspitzen endlich auf das Holz seiner Bettstatt stießen. Noch sehr viel länger, bis er nah genug dran war, um sich ein wenig am Rahmen hochzuziehen und nach seiner Decke greifen zu können.
Erst, als er sich so gut als möglich darin eingewickelt hatte, ergab er sich dem wilden Tosen in seinem Körper und begrüßte dieses Mal die erlösende Umarmung der Bewusstlosigkeit, die unmittelbar darauf folgte.
***
Val war wie benommen, als man sie vor die Eiskönigin zitierte, kaum, dass die Sklaventreiberin und ihre fleißigen Helferlein mit ihrem heutigen Arbeitslook fertig waren. Man hatte ihr die Augen extra dick mit Kohle nachgezogen, da sich die dunklen Ringe darunter kaum anders kaschieren ließen. Spielte aber auch keine allzu große Rolle. Val war es mittlerweile egal, wie sie herausgeputzt wurde und warum. Im Moment sowieso, denn sie stand völlig neben sich. Nicht, weil ihr immer noch ein wenig der Schock über Alexeys Bestrafung und die daraus resultierenden schweren Verletzungen in den Knochen saßen, sondern weil sie so erschöpft war, dass sie auf der Stelle im Stehen einschlafen könnte. Geschlafen hatte sie nämlich nicht. Keine einzige Sekunde lang, sondern zunächst noch in Cearas Armen geheult und sich von ihrer Freundin ein wenig trösten lassen. Doch nicht lange. Val konnte sich einfach nicht allzu lange gehen lassen. Sie musste sich immer wieder aufraffen und weitermachen. Das schien eines ihrer wenigen Talente zu sein und sie hatte nicht vor, jetzt, wo Alexey sie am dringendsten brauchte, damit aufzuhören. Stattdessen musste sie sich überlegen, was sie heute Nacht alles zu ihm mitbringen konnte, um ihm zu helfen, ohne damit aufzufallen. Nur leider fiel ihr das Denken im Moment unglaublich schwer und ihre Aufmerksamkeitsspanne war so gering, dass ihr die Sklaventreiberin einen Stoß zwischen die Schulterblätter verpassen musste, um Val wieder ins Hier und Jetzt zu befördern.
Sie taumelte zwei Schritte nach vorne und fiel fast vor dem Schreibtisch der Eiskönigin auf die Knie, konnte sich im letzten Moment zum Glück aber noch fangen.
Ach ja, die Eiskönigin. Das kranke Miststück hatte sie noch vor ihrer ersten Begegnung mit dem Perversen weggeholt, weil sie irgendwas von ihr wollte. Worum genau es ging, begriff Val erst, als Mr. Schlaffi extrem übel gelaunt das antike Büro der Eiskönigin betrat und ihr einen Blick zuwarf, der nichts Gutes versprach. Bei seinem Anblick war Val wieder voll da und der Nebel um ihren Verstand klärte sich schlagartig, während Adrenalin in rauen Mengen durch ihre Adern schoss. Scheiße. Den hatte sie vollkommen vergessen!
Als die Eiskönigin zu sprechen begann und Val dabei wie eine Kobra kurz vor dem Zustoßen fixierte, war klar, wie angepisst das Weib immer noch wegen der Sache mit Alexey war. Allerdings ging es hier im Moment nicht um ihn, sondern um Val, weshalb sie erst recht gut aufpassen sollte, was das Miststück sagte. Dennoch vergaß sie auch nicht, sich so unterwürfig wie möglich zu geben, denn wenn Val inzwischen eines begriffen hatte, dann dass es hier nicht gerne gesehen wurde, wenn man aufmüpfiges Verhalten zeigte. Das war in ihrem Fall zwar schon zu spät, immerhin hatte sie den notgeilen Wichser niedergeschlagen, doch der war nicht der Boss hier im Haus. Glücklicherweise.
Was die Eiskönigin jedoch mit grimmigem Tonfall andeutete … Wenn Val sie richtig verstand, warf sie ihr vor, eine Wache niedergeschlagen zu haben – was tatsächlich Fakt war – und unter ihrem Dach mit dem Tod geahndet wurde. Zumindest, wenn man ein Sklave war.
Val brauchte einen Moment, bis sie wirklich begriff, ehe ihr sämtliche noch verbliebene Farbe aus dem Gesicht wich. Sie wollte dagegen protestieren, wusste aber, dass sie die Eiskönigin besser nicht unterbrach, also verschlang sie ihre Finger fester miteinander und hielt den Blick zu Boden gesenkt, obwohl es ihr unglaublich schwer fiel, ruhig zu bleiben und den Mund zu halten.
„Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?“, verlangte die Bitch plötzlich von ihr zu wissen, was Val doch sehr stark wunderte. Was interessierte es die Frau überhaupt, warum sie eine Wache niedergeschlagen hatte? Val hätte eher angenommen, dass sie hier sofort ohne Verteidigung verurteilt und kurz darauf das Urteil vollstreckt wurde. Aber damit hatte die Eiskönigin sie dann doch kalt erwischt.
Ohne hochzusehen antwortete sie gespielt kleinlaut, um ja nicht irgendwie aufmüpfig zu wirken: „Er haben versucht … mich zu schänden. Aber ich gehören ihm nicht. Ich gehören … der Domina und dem Dominus.“ Val senkte ihr Haupt noch mehr. Hoffentlich brachte ihr die letzte Aussage ein paar Pluspunkte ein, wenn sie noch einmal deutlich klar machte, dass hier das ‘Eigentum’ der Domina ungefragt benutzt worden wäre. Val wusste nur nicht, inwieweit das eine Rolle spielte. Wahrscheinlich war es der Eiskönigin völlig egal, was ihre Wache mit ihren Sklavinnen anstellte.
War es offenbar nicht. Absolut nicht sogar. Ein weiterer kleiner Schockmoment.
Val konnte zwar nichts sehen, weil ihr Blick fest auf ihre Zehen geheftet blieb, doch sie spürte geradezu, wie sich die geladene Wut im Raum verschob und von ihr weg zu Mr. Schlaffi wanderte.
„Ist das wahr?“
Scheiße, wahrscheinlich log das Arschloch gleich wie gedruckt, denn wer würde Val schon glauben? Sie war in dieser Welt doch nicht mehr als irgendein Gebrauchsgegenstand, den man nach belieben benutzen oder wegwerfen konnte.
Überraschenderweise kam jedoch nichts von dem Kerl. Kein einziges Wort. Sodass Val versucht war, den Kopf ein wenig in seine Richtung zu drehen. Sie hielt jedoch sofort inne, als die Eiskönigin zischte: „Ich hatte dich gewarnt.“
Oh und wie sie das offenbar hatte. Was folgte, war eine sehr lange, sehr wütende Zurechtweisung darüber, dass jemand wie er es auch nur wagte, das Eigentum der Eiskönigin ungefragt zu benutzen. Ja, es gar zu beschmutzen, als würde es tatsächlich einen Unterschied machen, welches Arschloch Val vergewaltigte. Aber das tat es nur allzu offensichtlich in den Augen der Eiskönigin, und sie stellte den Wichser vor die Wahl – Bestrafung oder er konnte sich verpissen und wo anders nach Arbeit suchen.
Der Scheißkerl brauchte nicht lange zu überlegen. Val spürte, wie sein stechender Blick für einen Moment auf ihr ruhte, ehe er seine Entscheidung kundtat. Unglücklicherweise hing er offenbar an seinem beschissenen Job.
Die Eiskönigin fackelte auch gar nicht lange, sobald sie seine Antwort hatte, sondern erhob sich hinter ihrem Schreibtisch und die kleine Versammlung musste ihr auf dem Fuß folgen. Das betraf nicht nur Val, die Sklaventreiberin und Mr. Schlaffi, sondern auch die beiden Wachen, die an Alexeys Stelle die Eiskönigin bewachten, und natürlich auch ihre persönliche Leibsklavin, Briseis.
Es überraschte Val nicht, dass ihr Weg sie in den Garten führte. Umso mehr jedoch, dass hier nichts mehr auf Alexeys Folter vom Vortag hinwies. Alles war, wie es schon gewesen war, als Val zum ersten Mal diesen Ort betreten hatte. Oder besser gesagt, von Alexey getragen wurde, nachdem er sie sich einfach über die Schulter geworfen hatte.
Zum Glück war jedoch nicht sie es, die dieses Mal zwischen den massiven Eisensäulen angekettet wurde, nachdem Mr. Schlaffi sich obenrum frei gemacht hatte.
Immer wieder landete sein stechender Blick auf ihr und Val wusste, er wurde hier zwar für seinen Versuch, sie zu vergewaltigen, bestraft, doch das war keine glückliche Fügung oder gar ausgleichende Gerechtigkeit. Im Gegenteil. Mit ihrem Verhalten hatte sie sich einen weiteren Feind an diesem Ort geschaffen, der vielleicht harmlos geblieben wäre, hätte sie ihn einfach machen lassen, so jedoch könnte er nun unberechenbar werden und das war nur ein Problem von vielen.
Sobald ein weiterer Sklave mit einer Peitsche angerannt kam, trat der blonde Leibwächter der Eiskönigin vor. Das war der Kerl, der sie vor Ewigkeiten, wie es schien, zurück in Rashads Räume gebracht hatte, nachdem sie sich beim Gaffen während eines Trainingskampfes eine Gehirnerschütterung eingefangen hatte. Val hatte ihn und seinen dunkelhäutigen Kollegen als angenehm ruhig und unaufdringlich in Erinnerung. Nie hatte es von den beiden auch nur irgendwie anzügliche Blicke gegeben. Warum konnte die Eiskönigin nicht noch ein paar von der Sorte einstellen und den notgeilen Wichser feuern?
Dass der Blonde das Verhalten seines ‘Kollegen’ missbilligte, zeigte seine Miene nur zu deutlich, dennoch wartete er auf die Erlaubnis der Eiskönigin, ehe er mit der Bestrafung beginnen konnte. Auch dabei war er ruhig und kontrolliert. Etwas, das sie sich bei ihrer ersten Auspeitschung vielleicht gewünscht hätte, wenn ihr bewusst gewesen wäre, was für einen Unterschied das ausmachen konnte. Wenn auch nur einen sehr kleinen.
Mr. Schlaffi kassierte fünfzehn Schläge. Lächerlich wenig, befand Val. Vor allem, weil der Kerl schon nach zwei Schlägen zu jammern begann. Alexey hatte man den kompletten Rücken zerfetzt und kein Laut war ihm über die Lippen gekommen. Auf der anderen Seite wusste Val genau, wie sich das anfühlte. Sie war ebenfalls sehr schnell eingeknickt und hatte relativ bald das Bewusstsein verloren. Allerdings war ihr schmächtiger Körper nicht mit dem des notgeilen Wichsers zu vergleichen, der die Konstitution eines Ochsen besaß. Der Kerl hatte am Rücken Muskelpakete wie ein Bodybuilder, die ihn vor den Schlägen schützten. Der Vergleich war also wirklich nicht fair.
Sobald die Bestrafung vorbei war und der Wichser losgebunden wurde, brachte sein dunkelhäutiger Kollege ihn weg. Rashads Name fiel, also würde es dem Arschloch auch noch an nichts mangeln.
Kaum, dass die beiden verschwunden waren, wandte die Eiskönigin sich an Val und ihr finsterer Blick verhieß nichts Gutes. Wortlos deutete sie auf die vor sich hinbaumelnden Ketten zwischen den Eisensäulen und Val wurde klar, dass nun sie dran war. Scheiße. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
Obwohl es ihr massiv widerstrebte und man ihr ein gewisses Zögern ruhig zugestehen durfte, fügte Val sich schließlich in ihr Schicksal. Auf keinen Fall sollte sie dagegen aufbegehren, für etwas bestraft zu werden, dass man in ihrer Welt als Notwehr angesehen hätte. Aber das hier war nun mal nicht ihre Welt. Die bekannten Regeln galten hier nicht, stattdessen herrschten hier Grausamkeit und Willkür.
Erneut fühlte sich Val ein wenig benommen, während sie von dem blonden Leibwächter angekettet und zwischen den Eisensäulen aufgespannt wurde. Zu viele schlechte Erinnerungen strömten auf sie ein und mischten sich mit den sehr frischen Erinnerungen an Alexeys zerfetzten Rücken und seinen schrecklichen Schmerzensschreien.
Val hätte erleichtert sein sollen, dass der blonde Kerl mit der Peitsche nicht hinter sie trat, sondern sich neben der Eiskönigin positionierte, sobald er mit ihr fertig war, doch sie war es nicht. Statt kühler, ruhiger Kontrolle hatte sie es nun mit Hass und Rachsucht zu tun. Die Sklaventreiberin zögerte auch gar nicht lange, ehe sie wie ein Berserker mit ihrem Rohrstock auf Vals Rückseite eindrosch. Ein paar Schläge hielt sie durch, dann begann Val vor Schmerz zu schreien, aber wenigstens wurde sie am Ende nicht ohnmächtig.
Als Val schließlich losgebunden wurde, konnte sie sich kaum aufrecht halten. Ihre Rückseite brannte wie die Hölle und ihre malträtierten Muskeln bebten vor Anstrengung. Ihre wackeligen Beine wollten sie kaum tragen und sie stakste daher wie ein verdammter Storch!
Die Eiskönigin sagte etwas zu ihr, das Val gerade so mit Müh und Not verstand. Irgendwas von wegen Ermahnung, und dass sie es nicht wagen sollte, noch einmal eine Wache anzugreifen. Tat sie es dennoch, würde sie keine zweite Chance bekommen, sondern gleich mit dem Tod für ihr Vergehen bezahlen. Gut zu wissen.
Eigentlich erwartete Val, dass sie nun gehen und ihrer eigentlichen Tätigkeit nachgehen konnte, wie auch immer sie das heute schaffen sollte, aber nein, die Eiskönigin hatte andere Pläne. Begleitet von ihrer versammelten Gefolgschaft führte sie sie durch die Villa schnurstracks in den Gang mit den Sklavenquartieren.
Vals Herz begann wie verrückt zu schlagen, als sie das Ziel der Eiskönigin erkannte – Alexeys Kammer!
***
Alexey kam zu sich, als ihm eine mit Leder besohlte Ferse zwischen die Schulterblätter gerammt wurde. „Wach auf, du elender Köter!“
Er musste die Stimme noch nicht mal erkennen, da ihm Hederas Wut stechend scharf in die Nase drang.
Sich ein schmerzliches Stöhnen verbeißend schlug er seine Augen auf, was keine Besserung brachte, trotzdem drehte er sich so, dass die Ferse von seinem Rücken rutschte, was ihn beinahe aufschreien ließ.
Hedera entriss ihm daraufhin die schützende Decke, in die er sich bibbernd vor Kälte gewickelt hatte und das gleiche tat sie mit dem Stoff seines Umhangs, der sich wie eine wütende Katze an seinen Rücken krallte und irgendwas davon mit sich nahm, als er ebenfalls fortgerissen wurde. Dieses Mal konnte Alexey ein schmerzvolles Zischen nicht mehr unterdrücken und seine Muskeln verkrampften sich. Der Geruch von frischem Blut begann den von Hederas Wut zu überdecken und das laute Rauschen in seinen Ohren tat das Gleiche mit ihren Worten. Alexey hörte ihren Befehl zwar nicht, sein Körper reagierte jedoch auf der Stelle darauf.
Obwohl er keine Kraft hatte, es noch nicht einmal vermocht hatte, sich auf seine Bettstatt zu ziehen, zwang Hederas Fluch ihn, sich unter einem schieren Gewaltakt auf den Knien aufzurichten und sie anzusehen. Seine Mitte schmerzte dabei so entsetzlich, dass Tränen in seinen Augen brannten und er seine Kiefer so heftig zusammenpresste, dass es bis in seine Schläfen stechend pochte.
Hedera packte ihn an der Kehle, grub ihre Nägel tief in sein Fleisch und drückte mit ungeahnter Kraft zu, sodass er kaum noch zu atmen vermochte, was nicht wirklich einen Unterschied machte. Der wahnsinnige Schmerz raubte ihm bereits den Atem.
„Ich gebe dir noch eine letzte Chance“, sagte sie kühl und ruhig so nah an seinem Gesicht, dass ihr Atem ihn bei jedem Wort streichelte. „Sag mir, wie du den Ring losgeworden bist, dann beende ich deine Qualen. Du bekommst Blut, so viel du brauchst, schmerzlindernde Salben für die Verbrennungen und ich sorge dafür, dass du rundum versorgt wirst. Doch wenn nicht … Nun, ich denke nicht, dass du das herausfinden willst, oder etwa doch?“
Alexey fühlte ihren Blick auf sich brennen. Wie sie sein Gesicht musterte und auf ein Antwort wartete, die er ihr niemals geben würde, denn ihre Worte lockte ihn nicht im Geringsten. Konnten ihn gar nicht verführen, da es nur eines gab, das er begehrte – bei seiner kleinen Kriegerin zu sein. Valeria konnte ihm all das geben, was Hedera ihm versprach, ohne dabei Wortbrüchig zu werden, weil sie es gerne tun würde. Weil er ihr zu seinem unendlich großen Glück etwas bedeutete im Gegensatz zu Hedera. Außerdem ging ihm ihre Sicherheit über alles und Alexey hatte ohnehin schon lange aufgehört, Hederas Lügen Glauben zu schenken. Was also könnte ihn tatsächlich dazu bewegen, ihr zu antworten? – Nichts. Absolut gar nichts!
„Schweigen? Das ist also deine endgültige Antwort?“ Hedera wirkte nicht sonderlich überrascht. „Dann soll es so sein. Ganz, wie du wünschst.“
Alexey riss seine blinden Augen voller Entsetzen weit auf, als ihn mit einem Mal nicht nur ein unbeschreiblicher Schmerz durchfuhr, sondern zugleich auch die Erkenntnis, dass Hedera in der Tat mit ihrer Magie sein grauenvoll geschundenes Fleisch anschwellen ließ.
***
Dieses Mal hielt Val nichts in ihren Händen, das sie fallen lassen konnte, als plötzlich Alexeys Schmerzensschrei durch die geschlossene Tür zu seiner Kammer hindurch drang und selbst noch im Gang, in dem sie standen, verhallte. Der Schrei war so durchdringend, dass sich ihr ganzer Körper mit einem Schlag verspannte. Zugleich klang er kaum noch menschlich.
Val war mit einem Mal wie zu Eis erstarrt. Wohl zu ihrem Glück, denn wäre es anders, sie hätte nicht mehr gewusst, was sie getan hätte. Sich vielleicht einfach das Schwert des blonden Leibwächters geschnappt, Alexeys Kammer mit einem wilden Schrei gestürmt und die Eiskönigin in kleine Stücke zerhackt? Äußerst unwahrscheinliches Szenario. Doch was auch immer es stattdessen gewesen wäre, sie hätte sich mit Sicherheit verraten und wäre letztendlich nicht einfach nur mit einem Rohrstock verprügelt worden, sondern vielleicht eher einen Kopf kürzer.
Bevor der erste Schock nachlassen konnte, wurde es auf einmal unheimlich still und kurz darauf erschien die Eiskönigin mit der Fackel in der Hand, die ihr die Sklaventreiberin vor dem Betreten von Alexeys Kammer übergeben hatte. In der anderen hatte sie ein kleines Fläschchen aus Ton, das mit einem Korken verschlossen war.
Die Fackel gab sie an ihren blonden Leibwächter weiter, ehe sie sich an die Sklaventreiberin wandte und etwas sagte, das Val nicht verstehen konnte. Ihr Kopf weigerte sich im Augenblick, auch nur irgendwas zu übersetzen, doch schon kurz darauf weiteten sich Vals Augen vor blankem Entsetzen. Vollkommen hilflos musste sie dabei zusehen, wie die Sklaventreiberin einen Schlüsselring aus ihrer Tasche zog, die Tür zu Alexeys Kammer verriegelte und den dazu passenden Schlüssel dann bei der Eiskönigin abgab.
Sie hatten ihn eingesperrt … Weggesperrt … Val würde nicht mehr … zu ihm kommen …
Während Val noch zu begreifen versuchte, was hier soeben geschehen war, stand mit einem Mal die Eiskönigin vor ihr und hielt ihr das kleine, verkorkte Fläschchen hin. „Bring das meinem Mann. Sofort.“
Wie betäubt nahm Val den kleinen Gegenstand an sich, doch ihre zittrigen Beine weigerten sich, dem Befehl nachzukommen. Erst, als ein Schnauben hinter der Eiskönigin erklang und sie plötzlich grob am Arm gepackt und mitgeschleift wurde, löste Val sich aus ihrer Erstarrung.
Ein letzter Blick zu Alexeys verschlossener Tür, dann wandte sie sich um, um nicht der Länge nach aufzuschlagen. Sie … würde sich schon was einfallen lassen. Sie musste sich etwas einfallen lassen! Außerdem musste irgendjemand Alexey etwas zu Essen und vor allem zu Trinken bringen. Die Eiskönigin konnte ihn doch nicht dort drin verdursten lassen, oder doch? Das würde sie doch nicht? Nicht in seinem Zustand! Oder?
Bohrende Fragen quälten Val den ganzen Weg über zu den Räumen des Perversen und selbst, als sie in seine Schlafkammer geschubst wurde und dem Arschloch plötzlich beim geräuschvollen Pinkeln in den Nachttopf zusehen durfte, war sie nicht wirklich anwesend.
Nur am Rande nahm sie wahr, wie er sich dabei zu quälen schien, als würde er Reißnägel pissen und auch der dünne Strahl sah nicht besonders gesund aus. Dieser Hauch von Rosa darin …
Erneut wurde Val geschubst, weiter auf das Szenario vor sich zu und der neu entflammte Schmerz in ihrem malträtierten Rücken riss sie ein wenig in die Gegenwart zurück. Hinter ihr schloss sich kurz darauf die Tür, nachdem der Leibsklave des Perversen mit dem gut gefüllten Nachttopf abgerauscht war und auch die Sklaventreiberin sie allein gelassen hatte.
Der Perverse wischte sich noch die Hände an einem Tuch ab, erst dann widmete er ihr seine Aufmerksamkeit und ließ sich auf die Kante seines Bettes nieder. Dabei ungeniert nackt.
„Was hast du da in der Hand?“ Er winkte sie zu sich und Val gehorchte. Sie streckte ihm das Fläschchen hin.
Der Perverse nahm es ihr ab, zog den Korken mit seinen Zähnen heraus und schnupperte am Inhalt.
Hätte Val in der letzten Nacht nicht eine gewaltige Überdosis von diesem Geruch abbekommen, sie wüsste nicht, dass der süßliche, schwere Duft, der dem Fläschchen entstieg, von Alexeys Blut kam. Doch so war es. In dem Fläschchen war sein Blut, dessen war sie sich vollkommen sicher und offensichtlich auch der Perverse, wenn man nach dem zufriedenen Grinsen ging, das auf seinen Lippen erschien, ehe er den Inhalt ohne zu zögern in einem Zug runterkippte.
Das nun leere Fläschchen warf er einfach auf den Boden, dafür packte er Val am Handgelenk und zog sie so nah an sich, dass sie zwischen seinen weit gespreizten Beinen zum Stehen kam. Mit vertrautem Entsetzen stellte sie fest, dass sich seit gestern wohl so Einiges verändert hatte, denn vor ihren Augen wurde der Perverse plötzlich hart und als er sie mit einem Mal umdrehte, um mit den Fingern die neuen Striemen auf ihrer Rückseite zu erkunden, konnte sie nicht nur sein widerliches Begehren spüren, sondern kurz darauf auch so etwas wie wilde Gier.
Val keuchte vor Schmerz auf, als sie bäuchlings aufs Bett geworfen und grob mit einer Hand in ihrem Nacken runtergedrückt wurde. Die ganze Haltung fühlte sich beschissen schmerzhaft an, wurde aber noch schlimmer, als eine weitere Hand auf ihrer Hüfte landete und ihr Becken hochriss, sodass sie sich unvermittelt auf den Knien befand. Dann legte das Arschloch auch schon ohne großartige Verzögerung los.
Nicht nur sein fahriges, fast schon getriebenes Verhalten, sondern auch der flüchtige Blick in seine Augen machte Val klar, dass der Kerl auf einem verdammten Trip war. Dass er auf Alexeys Blut war, das wohl mehr tat, als nur zu heilen. Alexey hatte ihr also am Ende doch nicht alles erzählt. Vielleicht bekam er auch gar nicht mehr die Gelegenheit dazu …