Der dritte Advent stand uns ins Haus und ich hatte es sehr angenehm dekoriert. Marco hatte gestaunt und sich sichtlich wohl gefühlt. Er durfte ja helfen die Deko auszusuchen und wir bastelten auch einiges an Fensterdekoration. Es stellte sich heraus, das Marco sehr begabt darin war zu zeichnen und zu basteln. Es machte uns einen riesen Spaß. Wir lachten viel dabei und bewarfen uns mit einigen Papierschnipseln.
Als ich alles aufgeräumt hatte, zog er mich auf seinen gesunden Oberschenkel.
„Das hat viel Spaß gemacht. Vielleicht sollten wir das öfter machen?"
„Auf jeden Fall. Für Weihnachten muss die Dekoration angepasst werden und da stehen uns noch einige Bastelarbeiten ins Haus, Engel. Wenn du willst darfst du gerne helfen, da du dich ja dabei schonst."
Er lachte schallend auf.
„Schon klar. Aber im Ernst. Es hat wirklich Spaß gemacht."
„Das freut mich. Was wollen wir heute noch so anstellen? Außer der Kontrolle bei Professor Nastasic steht heute nichts mehr auf dem Programm. Denn wir wollen ja endlich mal Roman erlösen, wo ihr Weihnachten verbringen werdet."
Marco seufzte.
„Ja, das wird Zeit. So langsam nervt er mich mit genau dieser Frage."
Ich nahm meinen Engel in den Arm und genoss es in vollsten Zügen. Ich spürte das Marco mir zwei Finger unters Kinn legte und meinen Blick ein Stückchen weiter zu sich empor hob.
Ich konnte in diesen tiefbraunen Augen versinken. Sie erinnerten mich an flüssige Schokolade. Liebevoll küsste Marco mich und ich ging darauf ein. Aus Luftnot lösten wir den Kuss wieder und grinsten. Wir machten uns auf den Weg in die Klinik und wurden schon vom Professor empfangen. Marco mochte ihn immer noch nicht, weswegen er auch sehr kühl blieb.
„Dann wollen wir mal schauen, wie es Ihnen heute geht, Herr Bürki."
Marco nickte und ich begleitete ihn. Eine Stunde später stand fest, wie ich vermutet hatte, darf Marco weder fliegen, noch 7 Stunden im Auto sitzen. Die Gefahr eine Thrombose zu bekommen, sei einfach zu hoch. Marco war absolut unglücklich. Wir verabschiedeten uns vom Professor, nachdem Marco einen neuen Termin zur Kontrolle bekommen hatte. Dieser sollte erst im Januar 2018 stattfinden und lag am späten Vormittag.
Wir fuhren wieder nach Hause und Marco war so still. Normalerweise regte er sich stets über den Professor auf und seine Abneigung gegen diesen wurde mehr als deutlich. Bei mir angekommen parkte ich und nachdem ich den Motor abgestellt hatte, sah ich ihn an.
„Engel, es tut mir ja so leid. Ich hatte Roman genau davor bereits gewarnt und ich hoffe, er hat es dir erzählt. Roman hatte mir nämlich gesagt, das deine Eltern auch herkommen würden, um mit Euch beiden Weihnachten feiern zu können. Allerdings ist auch meine Familie dabei und das Haus wird voll. Aber ich glaube, ich weiß, wie ich dich trösten kann."
Nun hatte ich seine volle Aufmerksamkeit.
„Und wie? Es tut weh, das so kalt zu hören. Dieser Professor hat nicht mehr alle Nadeln an der Tanne."
Ich lachte schallend auf.
„Ja, das ist wohl wahr. Er ist nur noch ein oder zwei Jahre da. Dann geht er in den Ruhestand. Ich habe viel von ihm gelernt. Er ist ein sehr guter Lehrer. Was glaubst du, wer mir das operieren beigebracht hat? Es war Professor Nastasic, der mich zu seiner Nachfolgerin aufbaut. Auch wenn er manchmal kalt wirkt, so ist er aber nicht. Ich durfte schon seine Frau kennenlernen. Sie heißt Martha und ist enorm warmherzig, da taut sogar der Professor auf und wird bei ihr zum liebevollen Ehemann, der seine Frau mehr liebt als alles andere auf diesem Planeten. Er respektiert sie enorm."
Marco staunte nur noch.
„Wirklich? Aber warum darf ich dann nicht in die Schweiz zu Weihnachten?"
„Komm mit. Gehen wir rein und machen uns einen Frustkakao, ok? Mal sehen, ob ich dir erklären kann, warum er so entschieden hat."
Marco nickte und so verzogen wir uns wie so oft ins Wohnzimmer und setzten uns auf den weichen Teppichboden. Wie angekündigt machte ich uns Kakao und nahm die Becher mit zu Marco. Sanft stellte ich die Becher auf dem Tisch ab und setzte mich neben ihn. Sofort fand ich mich in seinen Armen wieder und ich kuschelte mich ganz eng an ihn.
„Weißt du Engel, es gibt Verletzungen, die sehr schnell ausheilen und es gibt welche, die ganz viel Zeit und Geduld benötigen. Deine gehört zur letzten Gruppe. Bei solchen Verletzungen, wie du sie erlitten hast, ist es erforderlich das alles viel Ruhe bekommt, um dem Körper zu helfen sich zu erholen. Ich denke, das die Entscheidung des Professors genau darauf zurückzuführen ist. Er hat einen Sohn, der bei Schalke 04 Fußball spielt. Er heißt Matija und spielt auch für die Serbische Nationalmannschaft bei der WM nächstes Jahr. Matija ist wie du Verteidiger und wenige Wochen älter als du. Wahrscheinlich daher auch das Verhalten des Professors. Er hat Matija vorm geistigen Auge. Er hätte Matija nicht erlaubt nach Serbien zu reisen, wenn er verletzt wäre und Münsingen ist rund 7 Stunden Autofahrt von hier entfernt. Es besteht die Gefahr einer Thrombose. Ich habe dir ja schon einmal erklärt, wie gefährlich diese werden können. Das gilt es zu verhindern", berichte ich erklärend und Marco klappt der Mund auf.
„Er ist Vater?"
„Ja. Ich habe Matija schon behandelt und er ist genauso warmherzig wie seine Mutter. Matija ging es noch schlechter als dir, als du zu uns in die Klinik kamst. Er wurde bei einem privaten Autounfall schwer verletzt und ich war zuständig für ihn. Ich wusste, wer Matija ist. Da ich schon das Familienfoto auf dem Tisch im Büro des Professors gesehen habe. Ich ließ Professor Nastasic sofort ausrufen und fing ihn vor der Tür ab. Es war hart ihm sagen zu müssen, das sein eigenes Kind da im Schockraum liegt und ums nackte Überleben kämpft. Er solle nur Vater sein, nicht Arzt oder Professor."
Wir redeten noch eine Weile weiter und tranken nebenbei unseren Kakao.
„Du hast den Sohn wieder hinbekommen. Immerhin spielt er wieder."
„Ja. Ganz genau. Auch er musste so manche ungemütliche Entscheidung akzeptieren. Nun revanchiert der Professor sich, weil er weiß, wie wichtig du mir bist. Ich habe Matija das Leben gerettet. Nun will der Professor dich beschützen."
„Jetzt wird mir auch klar, warum er so enorm streng zu mir ist. Oh man. Wie gut das ich nichts gesagt habe. Das hätte mir mit meinem jetzigen Wissen sehr leid getan. Danke, Süße. Ich verstehe die Handlungsweise des Professors nun viel besser."
Ich nickte und Marcos Handy verhinderte einen Kuss. Brummelnd nahm er das Gespräch und begann breit zu grinsen.
„Oh hey, Roman. Ja, der Termin ist gut gelaufen, aber was Julia schon vermutet hat, hat sich bestätigt. Mama und Papa müssen her kommen. Ich darf weder 7 Stunden im Auto sitzen, noch Fliegen."
Marco hörte zu und war zufrieden.
„Wann kommen Mama und Papa an?"
„Okay, gut. Sie übernachten dann bei dir?"
„Alles klar, Bis dann. Ja, ich dich auch."
Er legte auf und sah mich an.
„Meine Eltern bleiben bei Roman und kommen mit ihm am 23 zu uns. Sie wollen mit uns den Baum aussuchen und den schmücken."
Ich lächelte.
„Gern. Ich muss gestehen, das ich selbst keinen Baumschmuck besitze. Vorschlag. Übermorgen kaufen wir beide welchen und hilfst mir beim aussuchen. Bis dahin ruhen wir beide uns aus und genießen die Zeit zusammen. Meine Familie bleibt bei Marcel. Ich habe ja nur ein Gästezimmer und das hast du."
Mit diesem Spezialschuh, den Marco ja mittlerweile trug, kam er gut zurecht, wurde sogar recht kreativ wie er das Bein schonen und mir dabei so nah sein konnte, ohne das er eine Ermahnung von mir kassierte. Inzwischen durfte er mich schon unter sich vergaben und schmusen. Manchmal nutzten dir diese Variante auch um zu knutschen. Oder wir kombinierten beides. Aber natürlich zog ich es vor, so lange wie er noch nicht gesund geschrieben ist, das ich auf ihm lag, wobei meine Beine zwischen seinen ruhten.
Ab und an kam Marcel zu Besuch und freute sich, das Marcos Genesung so gute Fortschritte machte. Die beiden hatten sich richtig gut angefreundet und doch legte Marcel viel Wert darauf, das ich respektiert wurde und die Liebe bekäme, die er mir wünschte. Marco schien es instinktiv richtig zu machen, denn er bekam keine Haue von Marcel.
Auch wenn wir im Beisein von Marcel kuschelten sah mein großer Bruder absolut zufrieden aus. Auch wenn Roman zu Besuch war, sah dieser mehr als zufrieden aus. Marco hatte mir erzählt, was seine Ex Anja abgezogen hatte und somit bei beiden Bürki Brüdern in Ungnade gefallen war. Ich wusste also, wie vorsichtig ich mit Marcos Gefühlen umgehen musste und Roman rechnete mir das hoch an. Daher rührte vermutlich auch Romans Zufriedenheit.
Marco und ich verbrachten sehr viel Zeit damit, seine Genesung voranzutreiben und Marco fragte mich, ob er Freunde von Roman und sich einladen dürfe, weil er sie gern mal wieder sehen würde. Ich erlaubte es, solange sie selbst Auto fahren könnten und ich gab ihm mehr als deutlich zu verstehen, das Alkohol in dem Fall tabu wäre. Marco akzeptierte ohne zu widersprechen, diese Bedingung. So kam es das ich Nicolas, Daniel und Nils kennen lernte. Ich wusste, das die drei oft gemeinsam mit den Brüdern unterwegs waren. Marco telefonierte gerade in einer Konferenz mit den dreien und strahlte übers ganze Gesicht. Ich hatte mich in die Küche zurückgezogen und machte uns was zu Essen.
Nachdem Telefonat merkte man es Marco deutlich an, das es ihm nun besser ging und er sich wohler fühlte. Nach dem Essen räumten wir auf und gingen zu Bett, weil wir beide sehr müde waren.