Nur wenige Tage, nachdem ich mein Kleid gefunden hatte, habe ich mit Manuela telefoniert und die Trauzeuginnen Kleider für Rabea reservieren lassen. Zusätzlich informierte ich sie darüber, das Scarlett und Ann dabei sein würden. Manuela bedankte sich und bat mich noch einmal zu ihr in den Laden zu kommen, um die Passform der Kleider zu überprüfen. Ich bekam auch gleich den Termin und der ist heute.
Marco hatte neben mir gesessen und lächelte glücklich.
Heute musste ich nur kurz zur Uni und kurz in die Klinik, da ich verabschiedet wurde. Am Unterricht würde ich dann per Computer teilnehmen.
Marco war schon vom Fahrdienst abgeholt worden, da seine Reha so langsam, aber sicher richtig Fahrt aufnimmt und auch Professor Nastasic ist mit seinen Ergebnissen zufrieden.
Also machte ich mich auf den Weg zur Uni und parkte etwa 25 Minuten später vor der Universität. Ich betrat das Gebäude kurz darauf und eilte in den Hörsaal, wo Professor Meyer und meine Mitstudenten schon auf mich warteten und Spalier standen.
„Da ist die Frau des Tages“, rief der Professor aus, als ich den Raum betrat.
Sofort wurde ich rot.
Alles klatschte und bejubelte mich.
„Darf ich den Anlass für diese Begrüßung erfahren?“, fragte ich, als es ruhig genug dafür war und alle sich setzten.
„Aber natürlich, Doktor. Sie heiraten und heute ist ihr letzter Tag, wo sie hier sind. Danach sehen wir sie nur noch über den Computer. Heute nur ihre kleine Feier und sie fahren dann ins Klinikum, wo sie dann Dienst haben. Für den Rest der Truppe, geht es nach ihrer Feier richtig zur Sache. Sie sind dem Kurs, um etwa drei bis sechs Monate voraus, da sie so viel vorgearbeitet haben und parallel dazu noch die zweite Professur schreiben. Denn nächstes Jahr beginnen Sie ja mit dem Professurstudium in den Bereichen Notfallmedizin sowie Notfallchirurgie. Aber zunächst einmal haben wir uns alle zusammen getan, um ihnen ein kleines Abschiedsgeschenk überreichen zu können“, erklärte mein Professor und ich war gerührt.
„Kommen Sie doch bitte mal nach vorn und verraten Sie uns etwas zu ihren Plänen bis zum neuen Semester.“
Seufzend gehorchte ich und ging nach vorne. Dann drehte ich mich zu meinen Mitstudenten um und sah diese aufmerksam an.
„Ich danke euch von Herzen für diese Begrüßung. Ich bin immer noch total gerührt und unglaublich stolz auf diese Gruppe. Also nun zu meinen Plänen. Am 15. Mai fliegen mein Verlobter und ich mit unseren Familien nach Dublin, um dort die letzten Vorbereitungen für die Hochzeit abzuschließen und die Locations besichtigen. Dann wird die Hochzeitstorte bestellt und mein Brautkleid ist auch schon ausgesucht. Nach meinem Dienst in der Klinik, schließen wir die Vorbereitung unserer Reise ab, packen schon mal die Koffer. Nach unserer Rückkehr ziehen wir den Umzug meines Verlobten von Bern, das liegt in der Schweiz, nach Dortmund durch, da er ja, wie ihr wisst, zur Borussia gewechselt ist. Wir sehen uns dann im September zum neuen Semester wieder“, beendete ich meinen Bericht und fügte an:
„Habt ihr noch Fragen? Eine habe ich selbst. Herr Professor, wie geht es ihrer Frau und den Babys?“
Alles lachte, klatschte und der Professor räusperte sich.
„Das ist eine Menge, das Sie noch auf dem Plan stehen haben. Meiner Familie geht es sehr gut und die Babys wachsen und gedeihen gut. Wie geht es ihrem Verlobten, Doktor?“
„Sehr gut. Er macht inzwischen Rehaübungen und darf immer mehr. Professor Nastasic und ich sind sehr zufrieden mit seinem Genesungsverlauf. Auch Doktor Braun, der die Reha - Maßnahmen leitet, ist sehr zufrieden mit Marcos Genesung. Wir freuen uns schon sehr auf unsere Hochzeit.“
Dann meldete sich ein Mitstudent, namens Florian.
„Doktor Schmelzer, wann genau heiraten sie?“
„Nun ja, Florian. Unsere Trauung findet am 6 Juni in Dublin statt. Aber alles ist Top – Secret, okay?“
„Natürlich, Doktor“, antwortete Florian mir.
Auch Marie, eine Mitstudentin, fragte:
„Warum gerade Dublin, Doktor?“
„Nun ich wurde in Dublin geboren und getauft, da ich erstens ein Frühchen war, zweitens glaubte man ich würde nicht überleben, da ich krank war und drittens erfüllen wir meinem ältesten Bruder damit einen Kindheitstraum. Er wünschte sich seit wir Kinder waren, das ich in meiner Taufkirche auch heirate. Ich wuchs in Magdeburg auf und kam im Alter von 14 Jahren nach Dortmund, um hier mein Erstsemester zu absolvieren. Danach ging ich nach Bern in die Schweiz. Dort lernte ich dann, im Alter von 15 Jahren, meinen Verlobten kennen, der auf den Tag genau ein Jahr älter ist, als ich selbst. Er half mir zusammen mit dem BSC Young Boys, beim Studium, in dem ich jede nur erdenkliche Unterstützung bekam. Marco und ich pflegten Jahre lang eine enge und auf Vertrauen aufgebaute Freundschaft. Als er im Oktober 2017 ins Klinikum Dortmund eingeliefert wurde, nach seinem Sportunfall, war er bewusstlos und wurde beatmet. Da knallte irgendeine Sicherung in meinem Kopf durch und mir wurde schlagartig klar, was ich für ihn empfinde. Worin es gipfelte wissen wir alle, oder?“
Alle nickten und hatten meinem Bericht gelauscht.
„Wie ging es dann nach seiner Einlieferung weiter?“, fragte der Professor.
„Nun ja. Wir kennen alle die Regeln, wann operiert werden darf und wann nicht, oder?“
Wieder nickten alle.
„Also wurde beschlossen, das ich ihn am nächsten Tag operieren würde und einige Tage später erneut, da er ein Antibiotikum, das ich persönlich verordnet hatte, nicht bekommen hatte. Da war ich echt sauer und meldete das meinem Vorgesetzten Professor. Der war gar nicht glücklich darüber und wachte von da an streng über alles, was mit Marco zu tun hatte, denn ich hatte einige Zeit zuvor den Sohn des Professors notoperiert, da dieser einen Autounfall gehabt hatte. Ich rettete dem Sohn meines Professors das Leben und so macht er das wieder gut, in dem er mir hilft, das Marco alles hat, was er braucht. Vor allem auf Medizinischer Ebene. Auch bei Marcos Umzug hilft der Professor, der etwa drei Jahre vor seiner Pensionierung steht, mitsamt seiner Familie, mit. Auch wenn er das gar nicht muss. Dafür bewundere ich meinen Professor sehr.“
Alles saß mit offenen Mündern da und staunte nur noch.
Dann bekam ich meine Geschenke überreicht und der Professor lächelte wehmütig.
„Liebe Julia. Wir alle werden dich hier vermissen und freuen uns schon jetzt auf den Tag deiner Rückkehr. Ich werde dich persönlich auf dem Laufenden halten, was hier so los ist. Hier mit überreichen wir dir einen Strauß Blumen, die auch für ihren Verlobten sind und einen Präsentkorb mit ein paar Süßigkeiten und anderen Leckereien. Aus der Schweiz und aus Irland ist auch was dabei. Soweit wie wir es bekommen konnten. Lasst es euch schmecken und alles Gute und eine wunderschöne Hochzeit.“
Der Professor überreichte mir auch eine von allen Mitstudenten und dem Direktor unterschriebene Grußkarte.
Ich nahm alles dankbar entgegen und kämpfte mit den Tränen der Rührung. Ich gewann diesen Kampf.
Plötzlich klopfte es und der Professor rief:
„Herein!“
Die Tür öffnete sich und Roman betrat gefolgt von Marco, Woody, Schü, Sunny und Marci den Saal.
„Hier steigt eine Party?“, rief Sunny aus und ich lachte.
„Nein, Sunny. Ich werde verabschiedet wegen unserer Hochzeit.“
„Ach so!“, gab er enttäuscht von sich und erreichte mich als erster.
„Aber Geschenke gab es! Ist ja super!“, flötete er und sah mich bittend an, mir etwas abnehmen zu dürfen.
Also gab ich ihm die Blumen.
„Für die bist du jetzt verantwortlich, das sie unser zu Hause unversehrt erreichen, Sunny!“
Er salutierte gespielt und sah mich aufmerksam an.
„Geht klar, Doc.“
Alle lachten auf.
Marci umarmte mich und allen klappte der Mund auf.
„Ihr könntet Zwillinge sein!“, sagte der Professor und deutete auf beide Geschwisterpaare.
„Ja. Roman und Marco haben etwas mehr als zwei Jahre Altersunterschied. Marcel und ich sogar sechs Jahre. Wie ihr merkt, ist da nichts mit Zwillinge, oder ähnlichem“, nahm ich allen den Wind aus den Segeln.
Auch Marco wurde herzlich begrüßt und beglückwünscht.
Florian lächelte freundlich, als er sagte:
„Du bist so ein Glückspilz. Du hast dir die schönste Ärztin von ganz Dortmund geangelt. Pass gut auf sie auf.“
Verblüfft sieht Marco mich an und sein Blick schweift zu Florian.
„Das werde ich und ich weiß ganz genau, wie viel Glück ich habe. Ich bin sehr stolz auf Julie und liebe sie aus tiefster Seele.“
„Das ist gut. Genau das verdient meine beste Studentin auch“, erklärte der Professor und kam Florian zuvor, der nur noch zustimmend nicken konnte.
Roman umarmte mich und sah den Präsentkorb.
„Willst du den tragen, oder darf ich?“
„Du darfst das sehr gerne, Roman. Aber es liegt in deiner Verantwortung, das alles heil bei Marco und mir daheim ankommt. Klar so weit?“
„Klar, wie Kloßbrühe!“, antwortete er mir glücklich und gab mir einen Kuss auf mein Haar.
„Warum darfst du sowas? Du bist nicht mit ihr verlobt!“, fragte Marie.
„Das ist richtig. Diese Ärztin wird meine Schwägerin und ich bin dankbar dafür, das mein Bruder so glücklich an ihrer Seite ist. Das merkt man auch am Verlauf seiner Genesung. Seit sie bei ihm ist, geht es stetig bergauf. Ebenso bin ich dafür dankbar, das Julia mir die Chance gibt ihr zu beweisen, das ich ihr vertraue und sie mir vertrauen kann. Am Anfang habe ich es ein wenig übertrieben und sie hatte keinen guten ersten Eindruck von mir und den mache ich wieder gut“, antwortete Roman ihr ehrlich und offen.
„Meine Mama lässt grüßen“, begann Woody und fügte an:
„Sie möchte dich heute noch einmal im Laden sehen. Du wüsstest schon, worum es ginge sagte sie.“
„Danke, Woody, für die Info. Ja, das stimmt. Ich fahre nach dem Klinikdienst hin. Seid ihr in der Zeit so lieb und bleibt bei Marco? Erstens fällt ihm dann nicht die Decke auf den Kopf und zweitens hat er Gesellschaft.“
„Klar, so war es sowieso geplant, denn die Mannschaft hat noch eine kleine Attacke auf euch vor“, erwiderte Roman und Schü nickte.
Seufzend gab ich Woody die benötigten Einladungskarten für seine Familie.
„Die gibst du bitte deiner Familie. Jeden Umschlag zur richtigen Person bitte und das pronto, da wir bis zum 20 Mai, alle Daten brauchen.“
„Wird gemacht, Doc. Danke.“
Meine Mitstudenten applaudierten Marco und mir, als er mich einfach küsste.
„Ein Hoch auf das Brautpaar!“, riefen alle durcheinander, während Marci meine Tasche zusammen packte und über seine Schulter hängte.
Schü hatte sich meinen Autoschlüssel geschnappt und Woody hielt meine Jacke in der Hand.
Danach verließen wir unter Applaus den Hörsaal und das Gebäude. Draußen standen wir noch kurz zusammen, nachdem ich mein Auto geöffnet hatte, damit Marco sitzen konnte. Der Präsentkorb fand seinen Platz in Romans Kofferraum und die Blumen wurden auf Sunnys Beifahrersitz gelegt.
Die Jungs beschlossen, das sie mich in die Klinik begleiten wollten und das taten sie auch.
Marco fuhr bei mir mit und so trafen wir uns nur kurz darauf am Krankenhaus wieder. Noch ahnte ich nicht, das ich keinen Dienst haben würde, doch das sollte ich rasch erfahren.
Gemeinsam betraten wir die Klinik und steuerten auf meine Station zu, um auch mit den Spalier stehenden Kollegen der Notaufnahme und der Sportambulanz begrüßt zu werden. Auch Kollegen der Chirurgie waren anwesend. Natürlich aus beiden Fachrichtungen.
Jetzt war ich sogar froh, das die Männer bei mir waren. Marcel ging dicht neben mir. Genau wie Marco. Jedenfalls soweit seine Gehhilfen, dies zu ließen. Professor Nastasic stand an der Spitze und empfing uns gut gelaunt.
Offenbar hatte er das mit der Uni angezettelt. Sogar Matija und Martha waren da. Ich war völlig verblüfft, die vereinte Familie Nastasic vor mir stehen zu sehen.
„Hallo, Doktor Schmelzer“, begrüßte Matija mich und bot mir die Hand an.
„Mir ist zu Ohren gekommen, das sie heiraten. Deswegen bin ich hier. Ich wollte mich noch einmal dafür bedanken, das Sie mir damals das Leben gerettet haben. Vielen, vielen Dank dafür. Ich werde Ihnen auf ewig dankbar sein, Doktor. Wer ist denn der Glückliche, der diese großartige Ärztin heiratet?“
Ich nahm Matijas Hand an und er besah sich meinen Verlobungsring.
„Geschmack hat derjenige gleich doppelt bewiesen. Erstens mit der Wahl der Frau und zweitens mit diesem sehr schönen und eleganten Ring“, gab Matija uns deutlich zu verstehen, das er begeistert ist davon, das ich heiraten würde.
„Ich heirate diese wunderschöne und kluge Frau“, ließ Marco sich vernehmen und sah Matija ernst an.
Der ließ daraufhin meine Hand sanft los und wandte sich Marco zu.
„Ich bin Matija Nastasic und Verteidiger beim FC Schalke 04. Mein Vater Alessandro ist Julias Vorgesetzter und Julia selbst, bei allem gebührenden Respekt, wenn ich das so sage, ist meine absolute Lieblingsärztin. Ich wünsche mir für euch eine lange glückliche und Kinderreiche Ehe. Nur zu deiner Information: Ich bin verheiratet und meine Frau bringt demnächst unser erstes Baby zur Welt. Da seid ihr auf Hochzeitsreise. Wir bekommen ein Mädchen und wollen sie nach Dr. Schmelzer benennen. Sie soll Julia heißen“, stellte Matija sich erklärend und informativ vor.
Mir klappte die Kinnlade herunter und ich umarmte Matija.
„Glückwunsch Matija. Lass mich wissen, wenn deine kleine Süße da ist. Julia bedeutet die Göttliche oder auch die Jupiter geweihte“, gratulierte ich dem Sohn meines Professors.
„Danke schön. Aber heute geht es um euch.“
Prof. Nastasic stimmte ihm zu.
„Ganz genau. Julia, du wirst heute hier keinen Finger krumm machen. Weis Jonathan ein und dann ab mit dir. Du arbeitest so hart und viel, das du diese Beurlaubung absolut verdient hast. In 5 Monaten sehen wir dich dann in alter Frische wieder und ich verspreche dir eines. Ich werde Jonathan persönlich schulen und weiterhin ausbilden. Ich weiß, das du in diesem Punkt fantastische Arbeit bisher geleistet hast und man jederzeit in Jonathans Ausbildungsheft gucken kann und man sofort weiß, was schon dran war oder noch dran kommen wird. Ich werde deine Struktur, die du bei Jonathan angewendet hast weiterführen, da du viel von mir übernommen hast.“
Jetzt war ich baff und wusste nichts darauf zu antworten.
Martha trat auf mich zu und überreichte mir einen großen Blumenstrauß.
„Auch von mir Dr. Schmelzer, meinen größten Dank, das Sie meinen Sohn gerettet haben, als er diesen scheußlichen Autounfall hatte und daran noch nicht einmal schuld war. Vielen, vielen Dank dafür. Auch ich wünsche Ihnen eine lange glückliche und Kinderreiche Ehe.“
„Danke schön, Martha. Das ist sehr lieb von Ihnen.“
Auch Jonathan war traurig, das ich ging. Er umarmte mich noch einmal vorsichtig und drückte mich sanft an sich.
„Julia, ich danke dir für die sehr gute Ausbildung, die du mir zukommen lässt. Es ist mir eine Ehre mit dir arbeiten zu dürfen und ich habe jemanden mitgebracht, der dir was sagen möchte. Schau mal.“
Jetzt war ich neugierig.
Da trat tatsächlich Yann auf mich zu und löste mich aus den Armen seines Cousins.
„Liebe Dr. Schmelzer. Als ich mir beim Training vor ein paar Monaten die Hand brach, kam ich hierher, um Jonathan zu suchen. Ich fand ihn bei Roman, Marco und Ihnen. Sie haben den Handchirurgen informiert, der mich noch am gleichen Tag operiert hat. Jonathan berichtet öfter mal, das sie eine sehr gute Ausbilderin seien und er sehr zufrieden ist an dieser Klinik. Nun berichtete er mir das Sie verlobt sind und demnächst heiraten. Da habe ich mir erlaubt, Ihnen ein Geschenk zu machen, um Ihnen meine Dankbarkeit für die schnelle medizinische Hilfe auszudrücken. Das Geschenk ist für euch beide.“
Damit überreichte er uns zwei Briefumschläge und einen gigantischen Blumenstrauß.
„Danke schön, Yann. Wir dürfen die Umschläge erst zur Hochzeit öffnen? Denn auf dem einen steht Standesamt und auf dem anderen steht Kirche.“
„Ja, so wie darauf steht. Bitte nicht schummeln.“
„Keine Sorge. Das machen wir nicht. Vielen Dank, Yann. Schön zu sehen, das es dir heute wieder so gut geht“, freute Marco sich und auch ich dankte ihm.
„Auch von mir vielen Dank, Yann.“
Dann wurde ich offiziell verabschiedet und ich gab den Jungs alle Geschenke mit, die wir bekommen hatten.
Ich wusste ja, das einige der Kollegen auf der Gästeliste standen, so auch Professor Nastasic samt Ehefrau. Auch Jenny aus der Orthopädie war da und inzwischen sah man ihren Babybauch überdeutlich, denn sie ist im achten Monat. Auch ihr Baby kommt zur Welt, wenn ich auf Hochzeitsreise bin. Ich bat sie mich zu informieren, sobald es da sei. Das versprach sie zu gern und Marco hatte eine Frage parat.
„Jenny, weißt du denn schon was es werden wird?“
„Ja, es wird ein Junge, den wir Noah taufen wollen“, gab sie preis und wir jubelten.
Dann gab ich ihr ein Geschenk und sie durfte es erst nach der Geburt öffnen.
Sie bedankte sich und die Männer nahmen Marco mit, der sich mit einem dicken Kuss von mir verabschiedete.
Damit hatte ich Zeit Jonathan und den Professor einzuweisen, was zwei Stunden später geschafft war. Danach fuhr ich zu Manuela in den kleinen Laden und sie begrüßte mich herzlich.
„Hallo, Julia. Komm deine Kleider sind hier. Wir müssen nur kurz die Passform prüfen, ob was geändert werden soll.“
„Hallo, Manu. Danke schön. Ich habe Marco die Einladungskarten für deine Familie mitgegeben. Am 20. Mai brauchen wir alle Daten. Das bedeutet Zusage bzw. Absage. Mach Woody ruhig Feuer, wenn es nötig wird.“
Sie lachte auf und nickte.
„Ja, das werde ich machen, aber ich denke er wird hier noch aufschlagen und mir die Karten direkt bringen. Doch ich befürchte, ich kann den Laden nicht einfach so zu machen. Das heißt ich brauche eine würdige Vertretung, da der Urlaub in die Hochzeitssaison fallen würde. Zur Not liefere ich die Kleider ein bisschen früher aus. Deines brauchst du bis wann?“
„Bis aller spätestens zum 14 Mai. Am 15 fliegen wir und Marco muss vorher, am 12. noch einmal zum Professor. Dann sind wir startklar für den knapp zwei Stunden langen Flug. Woody und die anderen Gäste reisen zum ersten Juni an und bleiben bis zum 7. Juni. Dann fliegen alle Nationalspieler zur WM nach Russland. Dann sollten sie ihren Kater weit genug auskuriert haben, das sie auch Einsatzfähig sind.“
Wir lachten darüber und ich ging mit ihr nach hinten in den VIP – Bereich.
„Rabea war mit Scarlett und Ann hier. Sie hat sich für die gleichen Kleider entschieden. Eines kaufte sie, das andere bekam sie geschenkt. Sie war empört und auch hier musste ein wenig nachgeholfen werden. Marco anrufen konnte ich ja nicht, da er bei dir war. Also musste ich mir anders behelfen und wir haben meine Töchter informiert. Sie kamen sofort her und hatten die Kinder dabei. Ich erklärte, worum es ging und das wir nicht auf Marco zurückgreifen konnten, da er schon bei dir geholfen hatte. Somit war Rabea erstens den Kinderaugen von Nico und Mia ausgesetzt und zweitens sah sich drei Reus Frauen gegenüber und so absolut wehrlos. Schließlich stimmte sie zu und so präsentierten wir ihr ein Kleid nach dem anderen.“
„Bist du schon sehr aufgeregt?“, fragte Manu mich hinzufügend und ich nickte bestätigend.
Plötzlich hörten wir Woody nach Manu rufen.
„Mama? Bist du hier?“
Manu seufzte und sah mich entschuldigend an.
„Ja, Marco. Komm in den VIP – Bereich. Wir sind hier!“, rief sie zurück.
„Wir? Ist Papa auch da?“, kam es näher kommend zurück.
„Nein. Julia ist da. Wir wollen die Passform ihrer Kleider überprüfen.“
Dann sahen wir ihn und ich konnte nur staunen, wie gut er aussah. Ich verstand langsam, warum Scarlett sich in ihn verliebt hat.
„Hallo, Ihr zwei hübschen“, begrüßte er uns und umarmte uns gleichzeitig.
„Hallo, Woody. Solltest du nicht bei den anderen sein?“, fragte ich an seiner Brust, da er uns immer noch festhielt.
Sanft löste er sich von mir und hielt seine Mama weiter liebevoll im Arm.
„Nein, Roman und Marco sind mit Marcel zu dir nach Hause gefahren. Sunny und Schü sind mitgefahren. Ich folge auch noch, aber ich wollte Mama die Einladungskarten geben, wie ich es dir versprochen habe, was ich hiermit einlöse.“
Manu löste sich aus seinen Armen und Marco sah sie aufmerksam an.
„Stimmt was nicht, Mama? Du bist ein bisschen blass um die Nase.“
Sofort war ich alarmiert.
„Manu. Wie viel hast du heute gegessen und getrunken?“, wollte ich wissen.
„Genug. Ich habe schon zwei 1,5 Liter Flaschen Wasser getrunken. Frühstück, Mittag und am Nachmittag ein Stück Käsekuchen und einen Kaffee hatte ich auch.“
„Okay. Marco geh an mein Auto und hole die Tasche aus dem Kofferraum. Ich fürchte der Blutdruck deiner Mutter ist zu niedrig. Hol deine Schwester dazu. Welche ist egal. Sie soll deiner Mutter assistieren und sich bringen lassen. Dann nimmt sie Manuelas Auto und du bringst deine Mama nach Hause.“
Mit diesen Worten überreichte ich ihm meinen Autoschlüssel und er sauste los, nachdem er mir die Einladungskarten in die Hand gab.
„Setz dich bitte, Manuela. Es geht dir gleich besser. Dafür sorgen wir schon. Wir sind hier und du hörst auf deine Kinder. Du bist Urlaubsreif. Schade, das man einen Urlaub nicht verordnen kann. Aber wenn du meinen ärztlichen Rat wissen willst, hier ist er: Mach mal ein bis zwei Monate Urlaub. Sonst kippst du uns noch um und hast beim nächsten Mal nicht so viel Glück, wie gerade eben. Das ist gefährlich!“
Marco kam zurück und gab mir meine Tasche und den Schlüssel zum Auto.
„Melanie ist auf dem Weg. Hab ihr eine Nachricht geschrieben. Yvy bringt sie. Die Kinder werden von Mellis Mann betreut, da sie einen Schwesternabend machen wollten“, erklärt Marco und so begann ich damit Manu kurz zu untersuchen und Marco wich seiner Mutter nicht von der Seite.
„Wie vermutet ist der Blutdruck ein bisschen niedrig. Sie muss sich mehr schonen. Ich wünschte, ich könnte ihr einen Urlaub verordnen, doch das liegt nicht in meiner Macht. Deine Mutter muss auf sich aufpassen, sonst kippt sie irgendwann um und wird spät gefunden. Sie sollte die nächste Zeit einen Gang runter schalten und sich helfen lassen. Marco, ich meine das todernst. Manuela, du gehst gleich morgen zum Arzt und lässt dich ausgiebig untersuchen. Du fährst bitte ins Klinikum, zu Dr. Noemi de la Cruz. Sie ist Spezialistin für die Kardiologie. Sie kennt sich aus und weiß besser als ich über den Blutdruck Bescheid. Ich faxe ihr noch meinen Bericht und füge deine Kontaktdaten hinzu. Marco, du hilfst mir nachher dabei, klar?“
Marco sah mich ernst an und nickte.
„Mama? Marco?“, rief eine aufgeregte weibliche Stimme und eine zweite antwortete:
„Lass uns im VIP – Bereich nachgucken. Mama hat erzählt, das sie heute Abend eine künftige Braut da hat, um das Kleid zu prüfen und sie dann den VIP – Bereich benutzen wollen.“
„Melli! Yvy! Kommt her!“, rief Marco zurück und lief seinen Schwestern entgegen, um diese in Empfang zu nehmen.
„Hier seid ihr! Mama!“
Sofort stürmten die jungen Frauen auf ihre Mutter zu und ich hielt sie auf.
„Moment, die Damen. Mein Name ist Dr. Julia Schmelzer. Ich bin die jüngere Schwester von Marcel Schmelzer. Eure Mutter wird Ruhe und Unterstützung brauchen, damit sie nicht umkippt. Wer von Euch hat Ahnung davon Brautkleider abzustecken?“
Abrupt blieben sie stehen und sahen sich überrascht an.
„Ich! Ich bin Melanie Reus. Von Beruf bin ich Maßschneiderin und kann helfen. Ich soll bei Bedarf Ihre Kleider um nähen, so das diese perfekt passen.“
„Und ich bin Yvonne Reus. Mir gehört ein kleines Café in der Stadt.“
So nun wusste ich wer, wer ist und ließ sie zu ihrer Mutter. Marco hielt inzwischen wieder die Einladungskarten in der Hand und gab jeweils eine seinen Schwestern.
„Was ist das?“
„Eine Einladung zu meiner Hochzeit im Juni. Bis zum 20 Mai brauche ich eine Antwort“, antwortete ich und beide sahen mich erstaunt an.
„Für wen ist der letzte Umschlag, Bruderherz?“, fragte Yvonne ihren Bruder.
„Für Mama und Papa“, gab er schlicht zur Antwort.
„Okay. Dann wollen wir mal. Marco du gehst raus. Du darfst die Braut nicht sehen!“, befahl Melanie beinahe schon.
„Ist ja gut. Ich nehme Yvy mit und wir machen den Laden dicht. Falls ihr was braucht, ruft einfach“, blieb Marco defensiv und gehorchte einfach.
Rasch waren meine Kleider da und ich zog das erste an.
„WOW. Du siehst unglaublich aus“, rutschte es Melanie raus und sie sah mich fachmännisch an.
Dann bekam ich meinen Schleier und jetzt sah sie mich sprachlos an.
„So unglaublich schön. Nun gut, dann machen wir uns mal an die Arbeit. Bis wann brauchst du die Kleider?“
„14. Mai. Falls möglich. Aller spätestens brauche ich die Kleider am 4. Juni, da ich zwei Tage später heirate.“
„Gut, gut, das kriege ich hin. Es ist ein neuer Verteidiger zur Borussia gewechselt, den ich sehr attraktiv finde. Ich bin verheiratet und habe eine Tochter. Ihr Name ist Mia“, erzählte Melli und ich sah sie ernst an.
„Der neue Verteidiger bei der Borussia heißt Marco Bürki und ist mein Verlobter. Ich heirate ihn am 06. Juni in Dublin. Kennen tue ich ihn schon seit meinem 15 Lebensjahr.“
Melli klappte der Mund auf.
„Tut mir leid. Das wusste ich nicht. Das ist schön, wenn du ihn so aufrichtig liebst. Erstaunlich das du so ruhig bleibst. Andere wären komplett ausgerastet und hätten mich beschimpft.“
Etwa drei Stunden später war alles abgesteckt und besprochen worden und so zog ich meine ganz normale Kleidung wieder an.
„Danke Schön“, bedankte ich mich artig bei den beiden Reusfrauen und Manuela hatte nur Notizen angefertigt.
Wir verließen den kleinen Laden und Marco brachte seine Mutter nach Hause und wollte dann noch nachkommen und ich nickte.
Melanie, Yvonne und Marco dankten mir für die rasche Hilfe und ich winkte ab.
„Das habe ich doch gerne gemacht. Ich habe eurer Mutter empfohlen sich gleich morgen gründlich von meiner Kollegin im Klinikum untersuchen zu lassen. Ihr Name ist Dr. Noemi de la Cruz. Sie ist Spezialistin für die Kardiologie. Ich faxe ihr alles und ihr achtet darauf, das Eure Mutter sich auch tatsächlich untersuchen lässt. Ich bin beurlaubt, da ich bald heirate und so erst im Oktober wieder im Krankenhaus. Ab September bin ich wieder an der Universität für das nächste Semester meiner Professorenausbildung im Bereich Sportmedizin und Sportchirurgie. Marco, sehen wir uns noch bei mir?“
„Klar, ich bringe Mama nach Hause und berichte kurz meinem Vater davon und komme nach. Bis gleich, Engelchen“, lächelte er dankbar.
„Alles klar. Bis dann.“
Somit verabschiedeten wir uns von einander und alle fuhren nach Hause. So auch ich.
Etwa 30 Minuten später war ich daheim und ich parkte meinen kleinen Adam rückwärts in der Garage und verschloss diese, nachdem ich das Auto verlassen und abgeschlossen hatte.
Als ich das Haus betrat roch es schon richtig gut und mein Magen knurrte vor sich her.
„Hallo, Julie“, begrüßte Roman mich und nahm mich in den Arm.
„Hallo, Roman. Wo sind denn die anderen?“
„Schon nach Hause. Ich bleibe noch. Ich warte noch auf Woody. Wir wollen noch ein wenig losziehen.“
„Verstehe dann borge ich mir Woody gleich noch mal aus. Muss mit ihm was wichtiges besprechen. Seine Mutter hatte zu niedrigen Blutdruck. So waren wir auf seine Schwestern angewiesen und Melanie macht auch mein Kleid für die Hochzeit fertig. Ich muss einen Bericht an eine Kollegin im Klinikum faxen und Marco muss mir die Kontaktdaten seiner Eltern nennen, damit Noemi Bescheid weiß, mit wem sie es zu tun bekommt“, erklärte ich und zog dabei Jacke und Schuhe aus.
Dann folgte ich Roman zu meinem Schatz, der mich mit leuchtenden Augen begrüßt. Einem dicken Kuss inklusive. Roman seufzte.
„Oh man. Ihr seid richtige Turteltäubchen. Könntet ihr freundlicherweise abwarten bis ihr allein seid?“
Marco sah seinen großen Bruder empört an.
„Na hör mal, das machen wir auch, wenn du mal die richtige gefunden hast und dich über ihre bloße Anwesenheit freust. Und nein, ich kann nicht auf den Kuss verzichten.“
Roman sagte nichts mehr und ich grinste.
Dann klingelte es und Roman ging öffnen.
„Julie, Marco. Es ist Woody!“, rief er uns zu.
„Dann lass ihn rein, Roman“, antwortete ich laut genug, das er es hören konnte.
Kurz darauf hörte man beide zurückkommen.
„Hallo, entschuldigt das es ein bisschen gedauert hat. Ich habe die Erlaubnis von meinen Eltern, wegen der Kontaktdaten für Dr. de la Cruz. Mama geht es besser, aber Papa besteht darauf, das sie sich a untersuchen lässt und b das sie sich schont. Das ist ein riesen Drama, da Mama immer alle verwöhnen will.“
Wenige Minuten später hielt ich die Fax Bestätigung in den Händen, die ich Marco kopierte, genauso wie meinen Bericht. Ich gab es ihm mit.
„Danke, Julie. Für alles. Du hast was gut bei mir. Ich schulde dir mehr als nur Antworten darauf, warum du meine Familie bisher nicht kennengelernt hast.“
„Das kannst du dann in Irland einlösen. Da haben wir Zeit genug, um alles zu besprechen und du kannst mir noch die anderen Familienmitglieder vorstellen.“
Er nickte, umarmte mich und ließ uns nach einer Verabschiedung allein. Roman tat es ihm gleich und wir aßen erst einmal, da mein Magen immer lauter knurrte.
Nach dem Aufräumen verschwanden wir im Bett und schliefen sehr schnell ein, da der Tag wirklich lang war und mir so vorkam, als hätte er 48 Stunden gehabt.