Heute war es endlich soweit.
Marco und ich Heiraten. Rabea weckte mich früh und bat mich aufzustehen.
„Husch, husch raus aus den Federn. Wir frühstücken gleich und dann gehst du duschen, während, die Make Up Artistin und die Stylistin hier eintreffen, ebenso deine Trauzeuginnen, Schwägerinnen, deine Mutter, Patentante sowie Manu und Melli. Du merkst es wird voll und du sollst es genießen können. Alle wissen, das es Alkohol erst bei der Feier gibt und das wird erst am Abend der Fall sein. Marco darf ja wieder bei dir Schlafen heute Nacht. Versprich mir was.“
„Und was soll ich dir versprechen?“, wollte ich natürlich neugierig geworden wissen.
„Das du Marco heute Nacht vertraust. Er wird wissen, wie er dir die Nervosität nehmen und dir eine unvergessliche Hochzeitsnacht schenken kann.“
Das konnte ich reinen Gewissens versprechen, denn Marco und ich hatten seit Beginn unserer Beziehung immer wieder gekuschelt und so das nötige Vertrauen aufgebaut, damit ich heute Nacht keine Angst habe. Ich wusste ja nur zu gut, das er nur das tun wird, was ihm auch erlaubt wurde. Dieses Vertrauen würde er niemals brechen oder gar missbrauchen. Dafür kannte ich ihn einfach zu gut.
„Ja, Rabea. DAS kann ich dir felsenfest versprechen“, antwortete ich ihr ehrlich und quälte mich aus dem kuschelig, warmen Bett und ging erstmal der groben Morgenroutine nach.
Duschen kann ich auch nach dem Frühstück, dachte ich und verschwand im Badezimmer.
Kaum war ich aus dem Bad raus, flitzte Rabea wie ein geölter Blitz in das Badezimmer und schien dringendst dem Ruf der Natur folgen zu müssen.
Auch sie kam nur wenig später aus dem Badezimmer und sah erleichtert aus, aber auch ein wenig peinlich berührt.
„Was ist los, Rabea? Du hast doch was?“
„Ja. Ich habe meine Periode bekommen, aber meine Tampons sind bei Roman im Zimmer. Hast du welche da? Ich flehe dich an. Sag mir, das du welche hast.“
„Leider nicht. Ich habe erst vor zwei Monaten meine 6 Monatsspritze bekommen. Ich vertrage die Pille nicht. So habe ich nur zwei Mal im Jahr meine Periode. Das mache ich schon so, seit festgestellt wurde, das ich die Pille nicht vertrage. Da war ich etwa 14 Jahre alt. Mit 13 bekam ich die erste Monatsblutung. Ich weiß, wer dir eventuell helfen kann. Momentchen. Geh ins Bad und nimm frische Wäsche mit, oder soll Roman dir welche bringen?“
Beschämt nickte sie und sie tat mir von Herzen leid.
Sie schlich ins Bad zurück und ich rief beherzt Roman an.
„Bürki“, hörte ich ihn am anderen Ende der Leitung, nachdem es drei Mal geklingelt hatte.
„Hey Roman. Ich bin es, Julie. Du musst Rabea einen riesigen Gefallen tun und für mich etwas nachgucken. Schaffst du das, ohne zu erröten? Es ist sehr dringend und duldet keinen Aufschub“, bat ich ihn und klang wohl etwas zu ernst dabei.
„Ist ihr was passiert?“
Sorge klang durch.
„Nein. Sie hat ihre Periode bekommen und braucht frische Kleidung und Tampons. Guck für mich bitte nach, ob sie ihre Pille dabei hat und wenn ja, wie viel noch in der Packung ist. Sonst muss ich ihr eine neue Packung verschreiben. Das nennt man Notfallversorgungsrezept. Die darf ich ausstellen, aber nur wenn sie mit meinem Bericht, nach ihrer Rückkehr nach Dortmund, sofort zu ihrer niedergelassenen Frauenärztin geht. Das musst du begleiten, da sie diesen Terminen immer ausweicht. Ihr sind diese Untersuchungen immer unangenehm. Bitte tust du das für Rabea?“
Erleichtert atmete er durch und antwortete mir.
„Ja, das mache ich für Euch. Also von der Pille sind noch zwei vollständige Folien da. Ich bringe sie mit, da Rabea am besten weiß, wie sie die Einzunehmen hat - Kannst du mir Rabea geben? Ich muss sie was fragen. Nämlich welche Kleidung sie braucht.“
„Ja, danke für die Infos. Moment bitte.“
„Okay. Bis zum Frühstück dann. Marco ist schon wach und ist nervös. Du klingst auch nervös. Aber du scheinst entspannter zu sein, als mein kleiner Bruder.“
Ich lachte auf und klopfte am Badezimmer.
„Rabea? Mach mal bitte auf. Ich habe Roman am Telefon und er wünscht dich zu sprechen.“
Sofort ging die Tür auf und sie sah mich dankbar an und nahm mir das Telefon ab.
Leise schloss sie die Tür und ich hörte sie mit ihrem Schatz telefonieren.
Dann verstummte sie und kurz darauf klopfte es an unserer Zimmertür.
Ich öffnete und Roman stand in lässiger Jogginghose, einem dünnen Pullover und leichtem Sportschuhwerk vor mir.
„Hallo, Großer. Warst du schon beim Sport oder willst du gerade zum Sport?“, begrüßte ich ihn.
„Nein, ich war schon. Mit den anderen die Sport machen dürfen. Unsere Väter waren bei Marco, um ihn zu trösten. Er vermisst den Sport wirklich sehr. Der sehnt sich danach, wieder loslegen zu dürfen. Der Professor und ein Physiotherapeut des Vereins haben mit ihm wieder eine Einheit gestaltet und ihn so von seinem Kummer abgelenkt. Ich habe alles mitgebracht, worum ihr mich gebeten hattet.“
„Na dann komm mal rein und geh zu Rabea. Die wartet nämlich schon auf dich und wird so langsam, aber sicher ungeduldig.“
Nun beeilte er sich lieber und ich nutzte die Möglichkeit mich fertig anzuziehen, damit ich zum Frühstück gehen konnte.
„Rabea? Roman? Ich gehe schon zum Frühstück. Kommt ihr nach?“, rief ich den beiden zu und hörte Roman antworten.
„Ja. Gib uns 20 Minuten.“
„Alles klar. Eure Zeit läuft.“
Ich sah zu, das ich verschwand und nahm meine Zimmerkarte mit. Unterwegs traf ich auf meine Brüder, die meine Nichten in den Armen trugen und sahen mich aufmerksam an.
„Guten Morgen. Na schon nervös?“, fragte Tino und ich nickte.
„Guten Morgen, ihr Süßen. Ja, bin ich. Roman ist bei Rabea und sie haben um 20 Minuten gebeten.“
Gemeinsam gingen wir weiter und ich schäkerte mit den Mädchen herum, die immer wieder begeistert lauthals los kreischten. Da klingeln einem ganz schön die Ohren.
Wir trafen im Frühstücksraum ein und schon ging ein großes Hallo los.
Marco strahlte mich an und ich ging zu ihm, wobei ich unterwegs immer wieder einige Gäste oder Angehörige umarmte.
Ich erreichte ihn recht schnell und schon stand er in voller Lebensgröße vor mir und ich genoss es ihn umarmen zu dürfen. Noch besser fand ich es, das ich ihn jederzeit küssen durfte.
Genau das tat ich jetzt auch und erntete viel Jubel dafür. Dies war uns beiden ein wenig unangenehm und wir lösten den Kuss wieder.
Nach und nach versammelten sich alle am Frühstückstisch. 25 Minuten später waren wir alle satt und zufrieden. Selbst die Kinder waren rundum zufrieden und versammelten sich zum Spielen, wobei meine Nichten bereits mitspielen durften. Heute waren die Väter, Brüder und Onkel für die Versorgung der Kinder zuständig, da ich mich nach einem weiteren Kuss für Marco, mit meinen Mädels zurückzog.
„Es ist bereits 08:00 Uhr und nun ist es Zeit dich für die zivile Hochzeit vorzubereiten. Nach dem Mittagessen, das um 11:45 Uhr serviert wird, machen wir dich schön für die Kirchliche Zeremonie, welche ja um 15:00 Uhr stattfinden wird“, verkündete Monica und wir verschwanden auf mein Zimmer.
Rasch waren wir auf meinem Zimmer angekommen und die beiden Expertinnen trafen ein, während ich die wohltuende Dusche genoss. Hätte mir jemand im Oktober, als mich die Nachricht von Marcos Verletzung erreichte, erzählt, das ich etwas mehr als 4 Monate später verlobt sein würde und etwa 8 Monate später Heiraten würde, ich hätte denjenigen einen Vogel gezeigt und diesen armen Tropf für verrückt erklärt. Obwohl es nur die Wahrheit gewesen wäre.
Ich stellte das Wasser ab und trocknete mich gerade ab, als meine Mama das Badezimmer zusammen mit meinen Schwägerinnen stürmte.
„Warte! Erst eincremen und dann ziehst du die hier an. Zur Kirchlichen Trauung gibt es auch die passende Unterwäsche“, flötete Toni gut gelaunt, während Jenny und Mama nur lachten.
Wahrscheinlich über mein mürrisches Gesicht, welches ich unbewusst gezogen haben musste.
„Glaub mir. Marco wird die Wäsche an dir lieben und wenn ihr einmal heraus gefunden habt, was Euch gefällt und was nicht, seid ihr nicht mehr zu bremsen“, legte Jenny auch noch nach.
„Ach und meine Brüder stehen auf solche Stofffetzen? Als Unterwäsche würde ich dieses bisschen Stoff nicht bezeichnen“, hielt ich tapfer dagegen und wollte nicht wirklich eine Antwort haben.
„Aber ja doch. Ich glaube, sogar dein Vater mag das sehr, da er deine Mutter sehr liebt und wenn man die zwei so sieht, dann kannst du stolz darauf sein, sie zu deinen Eltern zu haben, denn sie lieben sich wie am ersten Tag. Oder, Carmen?“
Mama wurde Feuermelder rot und da wusste ich, das sogar mein Vater auf solche Wäsche abfuhr.
„MAMA!“, rief ich schockiert aus und sie nickte.
„Keine Sorge, Liebes. Lass ihnen einfach den Spaß. Das gehört zur Hochzeitsnacht dazu“, gab sie zurück, als sie ihre Gesichtsfarbe endgültig wieder unter Kontrolle hatte.
Es dauerte etwa 70 Minuten bis ich komplett fertig war und mein Kleid anziehen durfte. Marco, so erfuhr ich dann von Scarlett, war schon auf dem Weg zum Standesamt in Dublin.
„Mama, wo ist Dario?“, fragte ich und hoffte, das er noch nicht am Standesamt ist.
„Er will gerade zum Standesamt fahren. Warum?“, fragte sie zurück und ich sah sie ernst an.
„Ich will mit ihm sprechen, sofort!“
Alle zuckten aufgrund meines Tonfalles zusammen und sofort suchte man nach Dario, der nur wenig später mit meiner Mutter ins Zimmer kam.
„Julie…? Was gibt es denn so dringendes?“, fragte er mich.
Ich drehte mich zu ihm um und er bekam nur ein ehrfürchtiges „WOW“ über die Lippen. Danach verstummte er total.
„Hallo, Dario. Du hast mir kurz nach deiner ersten OP, als du den Sportunfall hattest, gesagt, du würdest mir einen Gefallen schulden. Sogar sehr viele, wenn ich dich wieder auf den Rasen bekäme. Du stehst kurz vor deinem Comeback. Ungefähr zwei Monate noch und du spielst wieder. Nun fordere ich einen ersten Gefallen ein.“
„Und welchen?“
„Ich möchte, das du mich in den Trausaal des Standesamtes führst. Mein Vater wird das in der Kirche tun, aber dich will ich für das Standesamt.“
Nun bekamen alle Anwesenden große Augen.
„Er soll was?“, fragte meine Mutter ungläubig nach, doch ich nickte nur bestätigend.
„Alles klar. Dann mal los, Kleines!“, verkündete meine Mama.
Nun machten auch wir uns auf den Weg und trafen nur ca. 15 Minuten später ein. Von Marco war nichts zu sehen, was mir einen kleinen Vorteil verschaffte, um die Überraschung nicht zu verderben.
Dario stieg als erster aus und öffnete die Hecktüren des Brautautos. Dort warteten schon Woody, Schü und Sunny auf ihre Frauen. Diese stiegen auch als erstes aus und versetzten ihre Männer in Staunen.
Ja, ich gebe es zu. Auch ich war erstaunt gewesen, wie gut ihnen die Kleider standen.
„Oh, WOW! Ihr seht super aus“, rief Woody aus und erntete Zustimmung auf ganzer Linie.
Dario ging um das Auto herum und beugte sich leicht ins Auto, um meiner Mutter, Manuela und den übrigen Frauen herauszuhelfen.
Denn auch die Männer meiner Begleiterinnen warteten schon ungeduldig.
Dario drehte sich zu den nun vervollständigten Paaren um und erklärte:
„Dann wartet mal ab, bis ihr die Frau des Tages seht. Mir blieb die Kinnlade offen, als ich sie sah. So schön ist sie.“
Das war tatsächlich so gewesen und nun war ich endlich dran und wollte nur noch zu Marco.
Dario hielt mir die Hand hin und lächelte mich an.
„Keine Sorge, Doc. Ich lasse nicht eher los, als bis wir bei Marco sind. Der Gute ist ein echter Glückspilz. Du bist in der Tat, die schönste Ärztin, die Dortmund zu bieten hat.“
Ich war gerührt und stand leicht auf, um aus dem Auto zu steigen.
„Vorsicht, dein Kopf“, warnte Dario mich und half mir weiter.
„Danke, Dario. Du bist ein Engel. Das du mir so kurzfristig einen Wunsch erfüllst, rechne ich dir sehr hoch an“, bedankte ich mich, als ich die Füße sicher auf dem Asphalt hatte.
„Heilige Mutter Gottes. WOW! Du siehst großartig aus“, kam es von Schü, der mich sogleich freudig umarmte.
Ich erwiderte diese Umarmung sanft und überglücklich.
„Danke schön, André.“
„Er hat doch absolut Recht“, meinten Woody und Sunny kurz nacheinander und umarmten mich ebenfalls.
„Danke. Ihr seht super aus, Leute. Ich bin stolz auf euch“, gab ich zurück.
Nun gingen wir endlich rein und ich hatte mich bei Dario eingehakt. Vor uns liefen alle die mich begleitet hatten.
Langsam betraten wir das Gebäude, in dem wir getraut werden würden. Es ist die Zivile Hochzeit und ich hielt es kaum noch aus vor Nervosität.
Wir kamen im oberen Stockwerk an und die Türen standen offen. Unser Trauzimmer. Dario blieb mit mir zurück und die Türen schlossen sich.
Was drinnen vor sich ging, weiß ich nicht, aber die Türen öffneten sich wieder und unser Traulied wurde eingespielt.
Wir betraten den Saal und lautes Raunen wurde hörbar.
Ich sah Marco und er sah unglaublich gut aus in seinem Anzug. Ihm klappte der Mund auf und ging nicht mehr zu. Sein Erstaunen tat mir gut und nahm mir die Nervosität.
Dario und ich erreichten ihn und mein Schatz hielt mir die Hand hin, die ich entgegen nahm.
Dario sah Marco aufmerksam an und bat ihn gut auf mich aufzupassen, was mein Schatz ihm nur zu gerne versprach. Damit war Dario einverstanden und setzte sich.
Die Beamtin begrüßte uns alle auf Englisch, stellte sich vor und prüfte unsere persönlichen Daten. Mit dem Ergebnis war sie zufrieden und fragte unsere Angehörigen, ob sie mit unserer Trauung einverstanden seien, was diese glücklich bejahten.
Mrs. Whitemiller, so hieß unsere Standesbeamtin, begann damit die Trauung zu vollziehen. Nach unserem Ja-Wort, fragte sie unsere Freunde, Kollegen und Familien, ob es Einwände gäbe, falls nicht, dann sollen alle bis in alle Ewigkeit schweigen.
Natürlich hatte keiner Einwände und so wurden wir nach etwa eineinhalb Stunden zu rechtskräftig verbundenen Eheleuten erklärt. Marco durfte mir endlich den ersehnten Kuss geben und er hatte Ringe dabei. Meinen Verlobungsring hatte ich an einer Kette und trug diesen somit bei mir. Genauso wollte ich das auch mit dem Ring jetzt machen.
Sanft schmiegten sich Marcos Lippen an meine und ich genoss den Kuss total. Jubel und Applaus brandete auf und wir lösten den Kuss wieder. Dann bekam ich meinen Ehering über den linken Ringfinger gestreift und ich tat es ihm gleich.
Marcos Lächeln war richtig breit und seine Augen leuchteten vor Liebe. Ich fühlte mich genauso. Wenn ich könnte würde ich am liebsten platzen vor Stolz.
Mrs. Whitemiller gratulierte uns und überreichte uns etliche Papiere und wir dankten ihr für die schöne Zeremonie.
Auch von unseren Gästen und Familien prasselten Glückwünsche auf uns herab und wir hielten dieser Welle nur mit Mühe stand.
Wir fuhren wieder ins Bed & Breakfast zum Essen und umziehen. Das mussten wir erneut getrennt und mein Make Up verändert und meine Haare wurden anders hochgesteckt. Wir hatten schon so viele Fotos machen müssen. Darunter einige Hochzeitsbilder, die nur uns zwei zeigten.