Heute ist heilig Abend und mein Haus füllte sich so langsam aber sicher. Ich war heute morgen bereits mit Marco in der Christmesse gewesen und so wusste meine Mutter bereits Bescheid. Auch Marco hatte seine Mutter bereits informiert. Deshalb mussten wir am Abend nicht mehr mit zum Gottesdienst. Nur meine Brüder und Roman kamen nicht drum herum, den Gottesdienst zu besuchen.
Da waren wohl beide Eltern gleich streng. Wir hatten in den letzten Tagen noch Geschenke organisiert und ich hatte ein schönes Geschenk für Marco gefunden. Ich schenkte ihm einen hochdotierten Gutschein für den BVB Fanshop. Ich hatte ihm einen Schal anfertigen lassen auf dem Romans Name neben seinem eigenen Namen stand. Darunter stand Brothers, Friends & Family 4 ever. Für Roman hatte ich den auch nur mit vertauschter Reihenfolge der Namen. Für die Eltern hatte ich drauf schreiben lassen Martin & Karin This love is for ever. Selbst für meine Eltern und Brüder hatte ich so einen Schal anfertigen lassen. Einmal mit uns Geschwistern und einmal für die Jungs und ihre Frauen. Dazu kamen einige Gutscheine. Für Mama hatte ich ein Buch erstanden, welches sie noch nicht hat, von ihrem Lieblingsautor.
In den letzten 9 Tagen haben wir viel geschafft. So langsam zog der Winter ein und es wurde mittlerweile glatt. Wir haben Baumschmuck gekauft, noch Fensterschmuck gebastelt, den Baum gekauft, diesen geschmückt und ausreichend Lebensmittel eingekauft. Ich stand mittlerweile in der Küche und kochte. Marco saß am Tisch und half fleißig mit. Er schälte Kartoffeln und die waren nicht gerade wenig. Wir hatten meine Eltern, meinen Bruder Marcel und seine Frau Jenny zu Besuch. Dazu kamen mein Bruder Martin, seine Frau Antonia und die zwei Kinder. Meine Familie war damit komplett. Martin hatte Zwillinge. Sie aßen noch nicht wirklich mit. Sie sind acht Monate alt. Zwei Mädchen namens Eva und Maren. Desweiteren kommen Marcos Eltern und sein Bruder zu uns, um mit uns Weihnachten zu feiern.
Wir kochten schon eine ganze Weile, weil die Gans so lange braucht, um zu garen. Endlich seufzte Marco auf.
„Die Kartoffeln sind fertig, Süße. Wir können sie bereitstellen zum Kochen. Was machst du dazu?"
„Rotkohl und wenn die Gans fertig ist, mache ich noch die Soße. Ach übrigens, ich habe heute früh mit meiner Schwägerin Jenny telefoniert. Sie hat uns Silvester eingeladen. Letztes Jahr waren wir alle bei Martin eingeladen. Dieses Jahr ist Marcel dran, danach meine Eltern und dann ich. Zwei mal fahren wir nach Magdeburg. Nämlich wenn Martin und meine Eltern dran sind. Marcel wohnt nicht weit von hier, aber zu weit um zu laufen. Ohne Verletzung hätte ich gesagt laufen wir, aber so nicht. Es ist ein Fußmarsch von rund 30 Minuten."
„Gut. Dann mit dem Auto. Ich war noch nie bei Marcel zu Besuch und freue mich sehr darauf."
Ich nickte.
„Ja, auch Roman und deine Eltern sind eingeladen. Soviel ich weiß sind sogar Daniel, Nicolas und Nils eingeladen, damit ihr Brüder sie wiedersehen könnt. Da legt Marcel viel Wert drauf, aber Jenny sagte, es wäre ihre Idee gewesen und so wäre Roman gefragt worden, wen er gern dabei hätte. Bedanke dich also bei Roman, Jenny und Marcel. Sie machen es möglich."
Marco lächelte.
„Das werde ich. Ich fühle mich geehrt, dass ihr so viel für mich tut."
Ich freute mich, das es ihm inzwischen so gut ging und er sich bei mir wohl fühlte. Es muss schwer für ihn gewesen sein, durch seine Verletzung nicht mehr Fußball spielen zu können. Aber bald geht die Physiotherapie los. Wenn er die geschafft hat, dann darf er auch wieder Fußball spielen. Die Uhr am Backofen schrillte los. Die Gans ist fertig und nun klingelt es gerade an der Haustür. Marco ging langsam los um zu öffnen.
Es war Marcos Familie, die gerade eintraf. Alle folgten ihm in die Küche, wo ich gerade die Gans noch bei minimaler Hitze im Backofen ließ, damit sie nicht kalt serviert werden würde. Der Rotkohl befand sich auch schon im Topf und wartete darauf gegart zu werden, ebenso die Kartoffeln. Aber dies würde erst während die anderen im Gottesdienst sind geschehen. Vermutlich bleiben meine Nichten, während dessen bei Marco und mir, da wir ja schon in der Christmesse gewesen waren. Karin kam direkt auf mich zugesteuert.
„Hallo, Dr. Schmelzer. Wir müssen ihnen danken, das sie sich so gut um unseren Sohn kümmern und er bei ihnen zu Gast sein darf, während seiner Genesung. Gott segne und beschütze Sie und Ihre Familie.“
Ich lächelte.
„Hallo. Sagen sie ruhig Julia oder Julie zu mir. Es ist doch selbstverständlich, das ich mich um Marco kümmere. Schließlich war er es, der mir geholfen hat, als ich noch studiert habe. Marco war es gewesen, der mir zusammen mit seinem Verein jede nur mögliche Hilfestellung gab. Er ist was ganz besonderes.“
Karin sah ihren Sohn erstaunt an.
„Ich wusste nichts davon. Warum hast du es nicht erzählt?“
„Nun ja. Ich wusste nicht, ob es Julie recht wäre, da sie schon einen prominenten Bruder hat. Ich wollte sie schützen.“
„Ja, verständlich. Dein Vater und ich, hatten schon das Vergnügen, Marcel kennen zu lernen, da warst du noch im Krankenhaus. Das war kurz nach deiner Einlieferung.“
Marcos Vater nickte.
„Ja, Julie hat uns alles sehr gut und leicht verständlich erklärt.“
Darüber freute ich mich am meisten, das ihnen das so zusagte.
Ich mag es selbst nicht, nur in Fachchinesisch rückwärts voll gequatscht zu werden, deshalb hielt es mit Ehrlichkeit, Offenheit und leicht verständlichen Aussagen. Zumal ich viel Wert auf die Einbindung des Patienten und seiner Angehörigen legte. Beide Elternteile von Marco umarmten mich kurz nacheinander und wünschten mir ein Frohes und gesundes Weihnachtsfest. Dies konnte ich nur zurückgeben, weil es die Wahrheit war. Marco würde wahrscheinlich am Rad drehen, würden seine Eltern krank werden in der Schweiz und er könnte sich nicht um sie kümmern, da er ja verletzt ist. Von Roman ganz zu schweigen.
Da würden die Brüder mit enorm hoher Wahrscheinlichkeit, alles auf eine Karte setzen, um zu ihren Eltern zu gelangen. Gesundheit hin oder her. Das könnte Marco, aber die Karriere kosten. Das galt es um jeden Preis zu verhindern, aber ich hoffte, das die Brüder ausreichend Intelligenz besaßen, um vernünftig zu sein. Bei Roman war ich mir noch nicht so sicher. Dies musste er mir erst noch beweisen. Roman steuerte nun auch auf mich zu, um mich nun ebenfalls zu begrüßen.
„Hallo, Doc. Wie geht es dir?“
„Hallo, Roman, ich gebe dir gleich Doc. Mir geht es gut und selbst? Tu mir den Gefallen und geh mit Marco nachschauen, ob alles Kindersicher ist, weil meine Nichten herkommen und ich habe kein gesteigertes Interesse dran, das sie mir den Baum umkippen. Falls notwendig, sichert den Baum. Vielleicht hilft Euch ja, Euer Vater dabei. Das wäre echt super von dir. So kannst du mir beweisen, das ich dir vertrauen kann.“
„Klar, wird gemacht.“
„Danke.“
Damit verschwanden die Männer und Karin sah mich aufmerksam an.
„Täuscht das oder magst du Roman nicht wirklich?“
„Doch, er hat mich damit zu tiefst beeindruckt, als er im Krankenhaus war, um Jonathan und mich zu unterstützen. Das Vertrauen der Brüder ist gigantisch zu einander. Aber Roman hinterließ am Anfang einen weniger guten ersten Eindruck, den versucht er jetzt wett zu machen. Deshalb jetzt diese Aufgabe, die der Wahrheit entspricht. Eva und Maren sind acht Monate alt.“
Karins Augen leuchteten auf.
„Wie weit ist die Gans?“
„Fertig, sie ist auf der niedrigsten Stufe im Backofen, damit sie nicht kalt serviert wird. Essen gibt es erst nach dem Kirchgang.“
„Okay, Verstehe. Ich finde es gut, das du Roman eine Chance gibst, sich dir zu beweisen, dass er vertrauenswürdig ist. Musste Marco da auch durch?“
„Ja, aber er hatte einen deutlich besseren ersten Eindruck hinterlassen. Er musste mir ebenfalls beweisen, dass ich ihm vertrauen kann. Das hat er geschafft und seither ist er nicht mehr wegzudenken aus meinem Leben.“
Zufrieden lächelte sie, schaute noch einmal nach der Gans und übergoss sie noch einmal mit dem eigenen Saft, der das Fleisch zart und saftig hielt.
Es klingelte erneut und man hörte Romans Stimme.
„Hey Schmelle, schön dich zu sehen. Wenn du deine Schwester suchst, die ist mit meiner Mutter in der Küche. Wir sichern den Baum. Auftrag deiner Schwester.“
Marci lachte.
„Julie?“, rief er quer durchs Haus.
„Entschuldige mich, bitte“, wandte ich mich an Karin.
„Geh nur, ich passe hier auf alles auf.“
Ich nickte und ging zu meinem Bruder, der mich breit grinsend ansah.
„Da ist ja meine kleine Fee.“
„Hallo, Superstar.“
Stürmisch wurde ich von meiner Familie umarmt und Marcos Vater sah sich das alles lächelnd an. Dann umarmte ich auch die anderen Gäste und sah meine Nichten in ihren Maxi Cosis liegen und schlafen.
„Da waren sie wohl müde, oder?“
„Ja, sie haben die ganze Zeit nur gequengelt und geweint. Anscheinend bekommen Sie wieder Zähne, dann können sie wirklich unausstehlich sein“, seufzte Martin und ich sah ihn aufmerksam an.
„Ich schaue sie mir mal an, wenn du willst. In der Notfallmedizin gehören Kinder zum Alltag.“
„Danke, sehr gerne.“
Ich nickte und nahm Eva aus dem Maxi Cosi und zog ihr als erstes die Jacke aus. Dann nahm ich ihr das Mützchen und den Schal ab. Sie sah einfach zu süß aus, um wahr zu sein. Sie trug ein rotes Kleidchen, eine weiße Strumpfhose und rote Söckchen. Marco sah mir fasziniert zu.
„Die ist ja wirklich süß. Wie heißt sie?“
„Das ist Eva. Martins Tochter. Toni, wo ist die Wickeltasche?“, antwortete ich Marco und fragte meine Schwägerin etwas.
„Hier, Süße“, kam es von Antonia, die nur von allen Toni gerufen wird.
Sie gab mir die Wickeltasche.
„Danke. Komm Eva. Machen wir dich schick?“
Sie lächelte und quietschte auf.
„Ja, du hast recht. Wir machen auch Maren schick. Aber erst du, einverstanden?“, unterhielt ich mich mit Eva und tat so, als könnte ich verstehen, was ihr quietschen bedeuten solle.
Jetzt lachte sie und Marcos Augen glänzten stolz.
Selbst Roman lächelte verklärt. Offenbar mochte er Kinder. Ich nahm Eva auf den Arm, hängte mir die Tasche über die freie Schulter und verzog mich mit ihr nach oben in mein Badezimmer. Dort hatte ich an der Wand eine Wickelfläche hängen. Ich klappte diese herunter und legte Eva vorsichtig darauf. Dann zog ich sie bis auf den Body aus und machte ihr als erstes einen trockenen Po. Dieser war leicht gerötet und sprach für Martins Theorie, das sie Zähne bekommt. Zusammen mit Eva holte ich meine Arzttasche und hörte sie ab, als wir wieder im Badezimmer waren.
„Herz klingt gut. Die Lunge ist frei“, murmelte ich vor mich her.
Eva fand das gar nicht lustig und begann zu weinen. Toni kam zu mir und ich bat sie mir kurz zu helfen, damit ich ihre Ohren kontrollieren könne. Toni nickte seufzend.
„Herz ist ok. Lunge ist frei. Ihr Po ist gerötet, benutze die nächsten Tagen eine Zinksalbe, die ihr Rezeptfrei in der Apotheke bekommt. Ich muss noch in Mund und Hals gucken. Hältst du bitte Eva auf dem Arm, das erleichtert mir das ganze dann doch sehr.“
Toni nickte und half.
„Danke.“
Schnell waren die Kontrollen abgeschlossen und ich fand nichts, was auf eine Erkrankung hindeutete.
„Ich denke Martin hat Recht. Sie bekommt Zähne. Falls du dir doch Sorgen machen solltest, wegen dem Po, dann lasst es im Krankenhaus abklären“, riet ich ihr und sie lächelte.
„Danke, Julie. Ich weiß, das zu schätzen und ich werde so schnell wie möglich die Salbe organisieren.“
„Gut. Aber auch für Maren. Schreibt die Namen der Kinder auf die jeweilige Tube und benutzt sie nur für das jeweilige Kind. Sonst könnte eine Übertragung von Baktrien stattfinden, die nicht gewünscht wird. Desinfiziere zwischen dem Wickeln von Eva und Maren deine Hände gründlich, denn sonst wäre es ein leichtes für Bakterien, sich auf dem Po des anderen Kindes festzusetzen.“
Toni nickte und zog in der Zwischenzeit Eva an.
Ich desinfizierte alles und räumte benutztes weg oder entsorgte es. Wir gingen wieder nach unten, wo Karin sich mittlerweile dazu gesellt hatte. Die kämpfte mit Maren. Diese hatte ihre kleinen Händchen in Karins Haar vergraben und zog kräftig daran. Roman eilte seiner Mutter zu Hilfe und befreite sie aus diesem Klammergriff.
„Weißt du, kleine Prinzessin, das ist meine Mama, die ich sehr lieb habe. Vielleicht könntest du ja einer Puppe im Haar ziehen?“, erklärte er ihr vorschlagend.
Maren sah ihn an, als wäre er nicht ganz bei Trost und grinste ihn breit an.
„So“, schreckte ich alle auf.
„Nun ist Maren an der Reihe. Ich nehme Toni noch einmal mit.“
Ich nahm mir Marens Tasche und mopste Maren. Direkt aus Romans Armen. Dieser sah mich verblüfft an. Dann nahm er Eva in seine Arme und spielte mit ihr. Auch bei Maren war Kleidchen und Söckchen rot. Aber der dünne Pullover hatte eine andere Farbe. Evas war mintgrün und Marens weiß, wie die Strumpfhose, die sie gerade trug.
Nur zehn Minuten später waren wir drei zurück. Auch hier nur ein leicht geröteter Po. Ich konnte auch bei ihr nichts feststellen, das auf eine Erkrankung hingedeutet hätte. So erzählte ich es allen, was die Zwillinge brauchen würden und wiederholte meine Tipps.
„Danke, Schwesterchen. Das werden wir auf jedenfall beherzigen“, kam es dankbar von Martin, der inzwischen Eva beschäftigte.
Roman erzählte mir, das sie den Baum gesichert hätten, mit Hilfe von meinem Vater und Brüdern. Meine Mama begann damit alle aufzuscheuchen, wegen des Gottesdienstes.
„Ich bleibe mit Marco hier, wir waren schon in der Messe heute morgen. Die Mädchen dürfen hier bleiben. Ich bezweifle stark, das sie einen zwei Stunden Gottesdienst durchhalten werden.“
Toni lächelte.
„Klar. Hier sind noch ein wenig Brei und Obst, falls sie Hungrig werden. Aber auch Milchpulver haben wir hier. Die Fläschchen sind hier. 180 ml Wasser und dann das Pulver drauf“, kam es von Martin und lachte.
„Manno Tino. Ich weiß das alles. Ist ja nicht das erste Mal, das ich auf die Zwerge aufpasse.“
Ja, ich nannte meinen Bruder Martin liebevoll Tino und das schon seit wir Kinder waren. Er nickte und so machten sich alle, die in den Gottesdienst mussten, auf den Weg zum selbigen. Ich nahm die Mädchen auf den Arm und ging zusammen mit Marco in die Küche, wo Marcel mir die Hochstühle der beiden hingestellt hatte.
Marco setzte sich und nahm mir Maren ab.
„Die sind aber wirklich zu süß.“
„Ja, aber sie können auch Luzifer in Person sein. Hoffen wir mal, das sie sich heute benehmen werden.“
Ich setzte Eva in den Hochstuhl und schnallte sie konsequent fest. Danach folgte Maren. Dann machte ich ihnen ihren Brei und verpasste ihnen ein Lätzchen. Zunächst fütterte ich Eva und im Anschluss Maren. Sie waren wirklich brav. Beide aßen alles auf. Danach gab ich ihnen noch ein wenig Tee und säuberte Gesicht und Hände.
„Da waren sie wirklich hungrig, aber auch durstig.“
„Auf jedenfall. Lass sie bitte noch im Hochstuhl sitzen und ich schaue noch einmal nach der Gans. Die Mädchen müssen lernen, das sie nicht immer ihren Willen bekommen.“
Marco sah mich intensiv an.
„Du wärst, glaube ich, eine fantastische Mutter. Voller Liebe, Wärme und Zuneigung, aber auch streng und konsequent.“
„Ja. Das habe ich mir wohl bei Mama abgeguckt. Sie ist genauso und wie man sieht erfolgreich. Alle drei Kinder sind beruflich erfolgreich und wissen, woher sie kommen.“