Seit unserer Ankunft sind inzwischen 18 Tage vergangen, haben Kiran getroffen und ihm die endgültigen Daten mitgeteilt, damit er unsere Hochzeit perfekt planen kann. Er hat sich sehr gefreut, uns persönlich kennen zu lernen. Wir waren ebenso erfreut und ich musste nicht viel übersetzen, da Kiran so freundlich gewesen war und Englisch gesprochen hat, damit Marco ihn verstehen kann.
Marco war vor Neugier beinahe geplatzt, da er endlich mal die Kirche sehen wollte, in der ich notgetauft worden war. Den Wunsch habe ich ihm mit Devyns Hilfe sehr gern erfüllt und so bekamen all unsere Gäste, die inzwischen angereist waren, unsere Kirche zu Gesicht und so konnten wir auch gleich für die Trauung proben, mitsamt dem Priester.
Wir hatten um Erlaubnis gebeten, unsere Trauzeremonie per Livestream in die Uni, die Klinik, den BVB und zu den BSC Young Boys übertragen zu dürfen und unsere Hochzeit aufzeichnen zu dürfen, damit wir es eines Tages unseren Kindern und weiteren Nachkommen zeigen zu können. Jenen eine Chance zu geben, die nicht persönlich dabei sein zu können. Ich hatte beschlossen, das Matija und Jenny, meine Kollegin aus dem Krankenhaus, ebenfalls dran teilhaben zu lassen und ließ ihnen dann den Link zu kommen. Sie bedankten sich und freuten sich schon total darauf und warteten gespannt auf die Zeremonie, welche in 5 Tagen über die Bühne gehen sollte. Sie konnten so an der Standesamtlichen und Kirchlichen Trauung teilhaben. Eben am gesamten Tag. Nur die Party nicht. Die wurde aber aufgezeichnet, um sie eines Tages zeigen zu können.
Dies wurde uns sogar erlaubt, was ich großartig fand und ahnte nicht, das Devyn, Eryk und Kiran da zusammen unter einer Decke steckten. Natürlich inklusive Monica und unserer Familien und Freunde, den Vereinen aus Dortmund und Bern sowie Kollegen. Kurz gesagt taten sich alle zusammen, die uns etwas bedeuteten. Doch das sollten wir erst sehr viel später herausfinden.
Nun hatten wir uns eine Feierlocation ausgewählt und sie war uns sicher. Marco hatte es schlicht weg die Sprache verschlagen, als er sah wo wir feiern könnten. Ein altes Schloss, etwas außerhalb von Dublin mit Blick auf das Meer.
Er war ganz still geworden und seufzte leise auf und da wusste ich, das es dir richtige Location war. Zwar war das ganze nicht ganz billig, aber auch hier taten sich alle zusammen und halfen uns da weiter. Marco hatte Kiran beinahe angebettelt, das er diese Örtlichkeit für unsere Feier und die Hochzeitsnacht bucht.
Seufzend hatte Kiran nachgegeben und fragte mich auf Irisch, ob Marco immer so sei. Ich verneinte und erklärte das es bei meinem Schatz äußerst selten ist und es schlicht und einfach fasziniert ist von dem Gebäude und dessen Umgebung. Das hatte Kiran erleichtert zur Kenntnis genommen und alles daran gesetzt, das wir den Zuschlag bekamen, da sich noch drei weitere Paare darum bemühten dort feiern zu dürfen. Kiran hatte vollen Erfolg vermeldet.
Nun ging die heiße Phase vor der Hochzeit richtig los und wir suchten mit Kiran die Ringe aus. Wir fanden sogar welche, die uns sehr gut gefielen und ließen sie sofort mit unseren Namen und dem Datum gravieren. Wir kauften sie und konnten sie nur vier Stunden später abholen.
Marco und ich gaben sie an Devyn zusammen mit dem Ringekissen, mit der Bitte sehr gut auf die Ringe aufzupassen. Dies versprach er uns und wir kehrten zu unseren Gästen zurück. Tyler, Leana und Alex waren auch dabei und Ty rannte auf mich zu als er uns entdeckte.
„Ante Juju!“, krähte er laut genug, um die Aufmerksamkeit aller auf uns zu lenken.
Lächelnd kniete ich mich zu ihm hinunter, als er uns erreichte.
„Ja, Ty. Was gibt es denn?“, wollte ich neugierig geworden wissen.
„Mama hat Baby im Bauch. Ich nich mehr lein“, verkündete er freudestrahlend und mir klappte verblüfft die Kinnlade herunter.
„Lea. Alex. Stimmt das?“
„Ja. Ich bin im ersten Trimester. Genauer gesagt in der neunten Woche. Noch genauer gesagt ich bin 8 SSW plus 0 Tage. Das bedeutet was Frau Doktor?“, fragte Leana neckend und bestätigte somit Tylers Worte.
Alex grinste stolz wie ein Pfau und das sah man ihm auch an. Dieser väterlich, verliebte Ausdruck in seinen Augen verriet ihn nur zu überdeutlich.
„Nun das bedeutet, das bei dir heute die neunte Schwangerschaftswoche, kurz SSW, beginnt“, antwortete ich und nahm sie mir sanft zur Seite.
„Ganz genau, das bedeutet es, Julie“, bestätigte nun Alex, anstelle seiner Frau, meine Antwort und zwinkerte uns Frauen zu.
Ich schickte Ty zu seinem Vater und bat Alex ihn für einige Minuten zu beschäftigen. Dies tat er natürlich zu gern.
Leise wandte ich mich an Leana, während Monica noch unser Gespräch übersetzte, da wir es in Deutscher Sprache geführt haben, was Devyn gegenüber absolut unfair war und ich beschloss mich bei ihm dafür zu entschuldigen. Dies würde im Anschluss an dieses Gespräch sofort tun, ehe wir zum Abendessen in den Speiseraum gehen würden.
„Lea, was war der erste Tag deiner letzten Periode?“, fragte ich sie, um sie nicht bloß zu stellen.
„Ich bekam sie zum letzten Mal am 26. März diesen Jahres“, antwortete sie, nachdem sie auf ihren Menstruationskalender geguckt hatte, welchen sie per App auf dem Handy führt.
Die gleiche Marotte habe ich auch. Nur das ich dies parallel auch analog tue, zur Sicherheit, falls mal was mit dem Handy sein sollte.
„Weißt du wie man einen Geburtstermin ausrechnet?“, fragte ich sie.
Sofort schüttelte Lea verneinend den Kopf und ich seufzte leise auf.
„Na schön. Dann hör mir jetzt gut zu. Ich erkläre es nur ein einziges Mal. Okay?“
Leana nickte und schenkte mir ihre volle Aufmerksamkeit.
„Also gut. Folgende Regel gibt es. Den ersten Tag der letzten Regelblutung plus sieben Tage, minus drei Monate, plus ein volles Kalender Jahr.“
Ich holte mir was zum Schreiben, damit ich es ihr verdeutlichen konnte, was ich meine. Rasch war ich an ihre Seite zurück gekehrt und schrieb folgendes auf.
„Letzte Regel (LR): 26.03.2018, plus sieben Tage ergibt den 02.04.2018, minus drei volle Monate ergibt was?“, fragte ich Leana murmelnd.
Sie begann leise die Monate rückwärts zu zählen und zeigte es unbewusst den Fingern.
„März, Februar und Januar. Das ergibt den Januar“, verkündete sie.
„Korrekt“ erwiderte ich und schrieb vor mich nuschelnd auf:
„02.01.2018 plus ein volles Kalenderjahr... Das ergibt summa sumarum den ungefähren Geburtstermin...“
„Der Errechnete Geburtstermin liegt so ungefähr am 02.01.2019“, gab ich abschließend bekannt.
Leana guckte in ihren Mutterpass, wo der genaue vom Arzt errechnete Termin für die Entbindung notiert ist. Dieser Termin, den der Arzt berechnet, stützt sich auf Daten und Erkenntnisse, die er während der Erstuntersuchung gewinnt und kann sich im Verlauf einer Schwangerschaft leicht ändern. Entscheidend sind aber immer die Untersuchungsergebnisse.
Ihr klappte der Mund herunter.
„Schau mal. Du hast eine Toleranz von ca. 48 Stunden . Der Arzt hat als Geburtstermin den 03.01.2019 notiert. Das ist beängstigend. Woher weißt du sowas?“
„Medizinbasisstudium im ersten Semester“, gab ich schlicht zurück und sie sah mich anerkennend an.
Aber ich sah einen Eintrag, der mich nicht gefiel. Es gibt ein Kästchen im Mutterpass, das bedeutet, das die Schwangere eine Risikoschwangerschaft hat. Fehlt das Kreuzchen darin, ist alles soweit okay und sie gilt nicht als Risikoschwangere. Ist es aber angekreuzt, dann ist die werdende Mutter einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Bei Leana war es dick angekreuzt und es stand handschriftlich daneben geschrieben, das sie eine Hochrisiko Schwangerschaft hat, da es bei Tylers Geburt solche Komplikationen gegeben hatte. Genau diese Tatsache machte mir gerade eine Heidenangst. Ich wollte Leana nicht verlieren.
Marco spürte genau, das was nicht stimmte und kam gemeinsam mit unseren Brüdern und Alex zu uns.
„Schatz, was ist auf einmal los?“, fragte er ganz vorsichtig.
„Leana hat eine Hochrisiko Schwangerschaft. Das bedeutet das sie eigentlich viel ruhen sollte, damit sie das Baby halten kann. Bei Tys Geburt wäre sie fast gestorben. Sie hat unglaublich stark geblutet und es war schwer ihr Leben zu retten. Ich habe Angst, Marco. Ich will Leana nicht verlieren. Sie ist doch meine Freundin und ich habe sie, sowie ihre Familie, fest ins Herz geschlossen. Ich könnte es nicht ertragen, sie zu verlieren.“
Nun begann ich zu zittern und Alex sah mich sanft an.
„Ich schwöre, das ich sie beschützen werde, so gut ich kann, wobei Ty ja auch noch versorgt werden muss.“
Ich nickte matt und schloss Marco mitsamt unserer Brüder in die Arme. Dann verlor ich den Kampf gegen die Tränen und Leana sah mich erschüttert an. Sie begriff wohl gerade erst, wie viel Angst ich habe.
„Julie, ich will das du erneut Patentante wirst“, beschloss sie und Alex stimmte sofort begeistert zu.
„Alles klar. Es ist mir eine Ehre. Vielen Dank“, schniefte ich immer noch und beruhigte mich wieder.
Erleichtert atmeten alle aus.
Nach dem Abendessen scheuchte ich Leana ins Bett, was Ty zum lachen brachte. Seine Mama musste genau wie er, ins Bett und viel Schlafen. Beide murrten, aber da waren Alex und ich unnachgiebig.
Marco und ich zogen uns zurück und wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, ehe der Schlaf uns übermannte.