Kapitel 17
Der kleine Bruder
Wieder der kleine Bruder
Paul schien ein Engel zu sein, zumindest glaubte es die Lehrerin, so etwas hatte sie noch nie erlebt.
Nie tat Paul etwas, was den Unterricht störte, er war immer aufmerksam, ihm zierte ein Engelsgesicht.
Die Lehrerin, Frau Fuchs ließ wirklich nichts auf ihm kommen, aber der Bruder Leon, der war ein wahrer Unhold, frech, wie es verwöhnte Kinder sind.
Wie konnte da so ein kleiner Junge neben Leon nur so ein Engel werden?
Paul war wirklich ein wahrer Schlingel, und Frau Fuchs, die Lehrerin vertraute ihm blind, kein anderes Kind hatte gegen ihm eine Chance.
Plötzlich klopfte es an der Tür.
„Ja!“, – rief Frau Fuchs, und alle Augen der Kinder sahen neugierig zur Tür. Wer klopfte da nur an der Tür, es ist doch gerade Unterricht, dachten wohl alle in der Klasse.
Die Tür öffnete sich langsam, die Spannung stieg, fast hörte man das Atmen der Schüler.
Der ganze Klassenraum war angespannt vor Neugier.
Frau Fuchs, hörte mit ihrem Unterricht auf, und wartete jetzt auch geduldig, wer da wohl den Unterricht stören wollte. Ein Gesicht erschien hinter dem Holz der Tür, es war der Hausmeister der Schule.
„Frau Fuchs“! - sprach der Hausmeister.
„Die Schulleiterin Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen!“
Unsicher, was sie jetzt machen sollte, stand Frau Fuchs vor der Tafel, und überlegte ernsthaft, ob sie der Aufforderung des Hausmeisters nachkommen sollte.
Dann jedoch hellte sich ihr Gesicht auf. Da ist doch der kleine Engel, der Paul, auf dem ist Verlass, dachte sie, und in dem Moment erhellte sich ihr Gesicht, denn diese Lösung gefiel ihr.
„Paul, komme bitte nach vorne, und setze Dich bitte hier auf dem Lehrerplatz!“
Paul, der gerade in einer anderen Welt gefangen war, denn alles langweilte ihm hier in der Klasse, so richtig hatte er auch keine Lust mehr, immer nur den Engel zu spielen. Deswegen war Paul in seine Spielwelt versunken, er träumte von den Spielen, wo er plötzlich der Held war, in seiner Spielekonsole. Da war er der, der alle Bösewichter in die Flucht jagte, da konnte er allen beweisen, was für ein großer Spieler er in Wirklichkeit war. Alle hier dachten doch immer nur, was für ein kleine Junge er war, dabei kämpfte er gegen große Ungeheuer, die ihm ständig angriffen, gegen die er sich wehren musste. Er war doch kein Engel, so wie es Frau Fuchs immer glaubte, und wenn er ihr verträumten Blick sah, dann überlegte er tatsächlich, das Spiel, was er begonnen hatte, einfach abzubrechen. Doch das war leicht daher gedacht, er hatte Angst Frau Fuchs sein wirkliches Ich zu präsentieren.
Jetzt verlangte sie sogar, dass er vorne wie ein richtiger Lehrer auf die Klasse aufpassen sollte. Genau das war es, was er eigentlich nicht wollte. Er wollte kein liebes Kind mehr sein. Eigentlich wusste Paul auch nicht mehr, warum er es so vorgespielt hatte, vielleicht nur deswegen, weil er es konnte. Er war das Maß jeglicher Verstellung, auch in seinen Spielen, die er auf der Spielekonsole spielte.
Aber, so war sich Paul wirklich sicher, es wird jedes Spiel irgendwann langweilig, dann macht es einfach keinen Spaß mehr.
Jetzt allerdings musste er der Aufforderung der Lehrerin Folge leisten, zumindest so lange sie noch anwesend war.
Also stand Paul von seinem Platz auf, was er sehr langsam tat, fast in Zeitlupe.
„Paul, solange ich bei der Rektorin bin, wirst Du hier für Ordnung sorgen!“
„Die Schüler sollen auf ihren Plätzen bleiben, und sollen sich leise verhalten!“
Mit großen, dankbaren Augen blickte Frau Fuchs herunter und nickte Paul zu, vielleicht ein Zeichen zu geben, dass sie Paul vertraute, und er keine Angst haben musste. Als sie sich aufraffte, und bevor sie den Klassenraum verließ, blickte sie noch strafend in die Gesichter der zurückbleibenden Kinder, die sogar voller Ehrfurcht einen halben Kopf kleiner wurden.
In guter Erwartung verließ Frau Fuchs den Klassenraum, um zur Schulleiterin zu gehen.
Paul hingegen setzte sich auf den Stuhl, der eigentlich für den Lehrer bestimmt war, als würde er sich auf einen Thron setzen. In sich durchströmte die absolute Macht, er war jetzt ein Herrscher, ein König oder noch mehr.
Alle sollten es erfahren, wer er eigentlich wirklich war, seine Augen strahlten plötzlich die absolute Kälte aus, als würde da auf dem Stuhl, wo der Lehrer Platz nahm, wirklich ein Herrscher sitzen.
Zumindest dachten es alle anderen Schüler, die tatsächlich eine große Portion Angst in sich verspürten.
Deswegen saßen alle still in ihren Stühlen, denn die Augen von Paul schienen es tatsächlich ernst mit ihnen zu meinen, da war es besser, sich ruhig zu verhalten. Plötzlich erhob sich ein einzelner Arm in die Höhe, und Paul zeigte mit seinem rechten Arm auf ihm, in einer Gebärde, die eines wahren Königs angemessen schien.
Paul zumindest war kein kleiner Junge mehr, er war ein Herrscher, und die anderen Schüler waren mutiert zu seinen Untertanen, und er war derjenige der das Sagen hatte.
Als das kleine Mädchen gemerkt hatte, dass sie sprechen sollte, stand sie auf, als würde sie jeden Moment das wirklich Schlimme erwarten, wenn sie es nicht machte. Stotternd fing sie an zu sprechen;
„Darf ich bitte zur Toilette, ich muss ganz dringend!“
„Nein!“, antwortete Paul nur, dabei starte er böse das kleine Mädchen an.
Ein Raunen ging durch die Klasse, denn das hatte noch nicht mal ein Lehrer gemacht, der ist ja schlimmer als alle Lehrer zusammen.
Jetzt stand Paul drohen auf, seine Augen funkelten wild in den Klassenraum hinein. Die Kinder ließen sich tatsächlich durch seine wilden Blicke beeinflussen und wurden etwas leiser. Dann fing das kleine Mädchen an zu weinen, denn sie musste wirklich dringend zur Toilette.
Hinten in der letzten Reihe sprang plötzlich ein Junge auf, der es sich nicht mehr bieten lassen wollte, dass Paul hier die ganze Klasse drangsalierte. Es brauchte vielleicht nur dieses Aufstehen des Jungen, und plötzlich waren alle unglaublich mutig. Ein Sturm der Entrüstung wurde durch lautes Geschrei kundgetan, und Paul wusste sich nicht anders zu helfen, er musste die Revolution beenden, egal wie.
Schnell war Paul zu dem Jungen gerannt, der einfach aufgestanden war, und boxte ihm mit aller Gewalt, die er aufbringen konnte in den Magen. Erst herrschte absolute Ruhe, denn der Junge war tatsächlich zusammengebrochen, weil ihm im ersten Moment die Luft weggeblieben war. Die war aber nur von kurzer Dauer, jetzt schrien alle Kinder durcheinander, und Paul blieb nur die Flucht, hinaus aus dem Klassenraum, wo er von außen die Tür zuhielt.
Zumindest schaffte es keiner der revoltierenden Kinder aus dem Klassenraum zu entkommen, weil Paul die Tür zuhielt und die Türklinke mit aller Gewalt nach oben drückte.
Plötzlich stand Frau Fuchs hinter ihm, die tatsächlich ihren Augen nicht traute, da war die Unfehlbarkeit des kleinen Engels, der nichts machen konnte, vorbei. Sie hatte erkannt, dass sie Paul falsch eingeschätzt hatte, und innerlich stand sie nahe einem akuten Nervenzusammenbruch, der ihre Welt so richtig erschüttert hatte.
Manchmal ist es besser, einen Menschen länger zu beobachten, sich nicht einwickeln zu lassen, denn oftmals ist es alles nicht echt, was man sehen kann, da ist die Welt nur eine Schale, die einem trügen kann.
Ende der kleinen Minigeschichte, und ich hoffe, dass ihr sie nicht zu ernst genommen habt. Natürlich ist die Geschichte nicht frei erfunden, sie ist tatsächlich geschehen.
Die Namen wurden erfunden, auch die Schule, der kleine Paul, und natürlich die ganze Geschichte!
Alle Ähnlichkeiten währen rein zufällig!
Klaus Konty