Das lachen die Fliegen
Es war ein Tag wie so viele Tage beginnen.
Die Sonne verjagt die Dunkelheit, die Welt beginnt zu erwachen. Die Tiere recken ihre Köpfe hinaus, hinaus in die Frische des frühen Morgen.
Egal, was für ein Tag, der Tag musste gemeistert werden, wichtig war für Nahrung zu sorgen, sonst geht überhaupt nichts, denn wer seine Nahrung vernachlässigt, dem sind die Tage gezählt. Aber auch Vorsicht ist angesagt, denn was nutzt es schon, wenn man wegen der eigenen Unvorsichtigkeit selbst zur Nahrung wird. Fressen und gefressen werden, so ist das Leben aufgebaut, was dem einen sein Glück ist, ist für den anderen sein Unglück. Wenn man wegen seiner Futtergier, selbst zum Futter wird, hat das Leben einfach ein Ende. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, so wie es gerade der Mensch ist, dabei ist es noch nicht so lange her, da zählte auch der Mensch zum Futter, für bestimmte Jäger, kann es auch heute noch gelten. Dem Hai ist es egal, was für Fleisch er gerade erbeutet hatte, er schnappt sich sein Opfer, beißt kräftig zu, und schlingt seine Beute hinunter.
Jetzt allerdings ist es noch früh, und die Sonne hat gerade ihre Strahlen zur Erdoberfläche geschickt. Die Jäger der Nacht, begeben sich zur Ruhe, für alle anderen beginnt ein neuer Tag, und der kleine Peter reckt sich nochmal, dann steht er auf. Seine Mutter hatte ihm schon das zweite Mal ermahnt, endlich aufzustehen. Auch wenn die Welt nicht untergeht, er ist diese Woche schon einmal zu spät gekommen. Als er mit schnellem Schritt an der Schule ankam, war die große Zugangstür schon verschlossen. Der Rektor wollte endlich die Schüler dazu bringen pünktlich zur Schule zu erscheinen, denn die zu spät kommenden Kinder störten im erheblichen Maße den schon begonnenen Unterricht. Einige Schüler legten es aber auch darauf an, dass die Zugangstür zur Schule verschlossen ist, dann begann eben der Unterricht erst zur zweiten Stunde. Allerdings standen die Fehlzeiten im Zeugnis, und das Zeugnis begleitete einem schon einige Zeit. Gab so Auskunft über die Zuverlässigkeit eines Menschen. Der kleine Peter machte sich darüber noch keine Gedanken, zu spät zu kommen war eine gute Gelegenheit, seine eigene Zeit besser einzuteilen. Hauptsache die Mutti merkte es nicht, und wenn sie es schließlich doch merken sollte, dann würde er sich schon etwas einfallen lassen. Was es sein konnte, war ihm im Moment völlig egal. Als er so dasaß und darüber nachdachte, hatte er das Gefühl beobachtet zu werden. Es war nicht so, wenn einem jemand anstarrte, den man selbst nicht sehen konnte. Dabei scheint die ganze Haut sich nach innen kehren zu wollen, oder es stieg ganz einfach ein komisches Gefühl auf, eben weil man beobachtet wird. Als würde das Gehirn es wahrnehmen – „hallo du da, kleiner, ich beobachte dich schon eine ganze Weile, aber du hast es nicht gemerkt!“
Was für ein Blödsinn ich da denke, dachte er gerade sogar, dass er tatsächlich eine kleine piepsende Stimme hörte. Peters Augen weitete sich, jetzt scheine ich tatsächlich verrückt geworden zu sein. Weit habe ich es gebracht, mit neun Jahren schon verrückt.
„Ha, ha!“ - hörte Peter wieder, als ob tatsächlich jemand mit ihm sprach. Da war aber keiner, der zu ihm sprechen konnte, vor allem mit so eine feinen, hohen Stimme nicht.
„Wenn du mich hören kannst, kannst du mich auch sehen!“ - ertönte es plötzlich. Das Brot fing Peter auch an nicht zu schmecken, er ließ es sinken, wo es auf den Tisch landete, an dem er sich gesetzt hatte. Seine Augen blickten in jede Richtung, da war einfach nichts, und das fing Peter an Angst einzujagen. Jetzt fing Peter an herzhaft zu lachen, vielleicht gibt sich ja die Stimme, die er hörte, endlich an sich zu zeigen. Jetzt starrte er auf sein Brot, was er schon angebissen hatte, und da sah er eine kleine Fliege, die auch ihm ansah.
Ist eklig, dachte Peter in dem Moment, und war fast bereit das ganze Pausenbrot einfach wegzuwerfen. Kurz bevor er das Brot nehmen konnte, überlegte er doch noch, wenn ich keinen sehen kann, der mit mir spricht, bleibt ja nur die kleine winzige Fliege auf meinem Brot. Einfach so tun, als würde ich die Fliege immer noch nicht sehen, und nach einem Ursprung suchend, einen Ursprung suchend, wo einfach keiner war. Lange hielt es Peter aber nicht durch, jetzt besah er sich die kleine Fliege genauer. Es war noch nicht einmal ein großer Brummer, es war tatsächlich eine kleine Stubenfliege. Seine Augen waren noch gut, und er konnte tatsächlich ohne Hilfsmittel genau und scharf sehen. Bei der Stubenfliege musste er sich Mühe geben, denn die Einzelheiten waren schon winzig, stellte er fest, und dann, wie sollte sie Töne von sich geben können. Wahrscheinlicher war es, dass ihm hier jemand einen Streich spielte, und er war der einzige Ahnungslose hier. Jetzt kamen noch andere Schüler in das Zimmer, sie schubsten sich, hopsten, wie es eben kleine Kinder tun. Kein anderes Kind sah zu ihm, das war komisch, dachte er sofort, denn wenn sie einen Spaß machten, dann konnten sie ihre Augen nicht von ihrem Opfer lassen. Peter starrte zu seinem Brot, wo noch immer die Stubenfliege auf seinem Brot saß und tatsächlich von ihm essen tat. Zumindest sah es so aus. Mit seinem rechten Unterarm stützte Peter seinen Kopf ab, und fast wäre er sogar dabei eingeschlafen. Die Stubenfliege war immer noch auf sein Brot, fast bewegungslos, als plötzlich die laute Stimme der Mutter erklang.
„Peter!“ - was hast du in der Nacht gemacht, hier sollst du doch nur dein Brot essen, und dann kommst du schon wieder zu spät. Rief sie etwas lauter, denn die Uhr hatte sich schneller bewegt, als er mit seinem Brot fertig sein konnte.
„Siehst du denn nicht!“ - sprach Peter vollkommen verwirrt, als er aus seinem Kurzschlaf gerissen wurde, und sein Finger zeigte zum Brot.
„Dort die kleine Fliege, die hat mit mir gesprochen!“ - aber da war keine kleine Stubenfliege, die hätte mit Peter sprechen können.
Die Mutti schüttelt mit ihrem Kopf, und schien tatsächlich böse auf Peter zu sein. Als sie aber in das ernste Gesicht Peters sah, konnte sie nicht mehr so böse auf ihm sein, sie nahm ihm in seine Arme und beide fingen an zu lachen. Sie lachten über eine Fliege, die mit Peter gesprochen hatte, doch er war am Frühstückstisch eingeschlafen.
Noch Jahre später musste Peter lächeln, wenn er an den frühen Morgen zurückdachte, da wo eine Stubenfliege mit ihm gesprochen hatte.
Ende der kleinen Geschichte von Peter und der Stubenfliege, die auf sein Brot gesessen hatte, und mit ihm gesprochen hatte.
Fertig und beendet – um 13:20 Uhr, am 13.02.2024
Es stimmt tatsächlich, die Fliege hatte mir die Geschichte diktiert, und danach war ich wach geworden.