Kapitel 18
Minigeschichte – Donnerstag – 05.10.2023
Erwachsene Geschichte
Die Einschulung
Es war endlich so weit, jetzt war Max erwachsen, zumindest würde er es sein, wenn die Einschulung zu Ende war.
Dann war er erwachsen, konnte mit aufrechtem Kopf durch die Straßen laufen.
Denn was wollt ihr alle, schließlich bin ich jetzt erwachsen, kein Kindergartenkind.
Mama konnte mit ihm besser umgehen, denn alles war jetzt anders, genau wie es bei Papa war, der ging arbeiten, damit die Familie etwas zum Essen hatte.
Da ließ Max sein Kopf etwas hängen, denn Geld verdienter er wohl in der Schule noch nicht, aber es würde nicht mehr lange dauern, dann würde auch er endlich Geld verdienen, und für die Familie ein nützliches Mitglied sein. Als er im Bad war, sich zu waschen, da stellte er sich auf seine Zehenspitzen, um überhaupt seine Haare sehen zu können, denn er musste sie sehen, wenn er sie durchkämmen wollte.
Jetzt brauchte er seine Mutti nicht mehr, denn er war doch schon fast erwachsen, da kämmte man sich selbst. Es war wirklich schwierig erwachsen zu werden, denn schon beim Kämmen tauchten die ersten Probleme auf, denn die Haare, gerade vorne, wo er den Wirbel hatte, da wollten sie überhaupt nicht liegen bleiben.
Auch Mutti hatte immer Probleme gehabt, sie in die richtige Lage hinzukämen, meistens spuckte sie darauf, und die Spucke klebte sie an der Kopfhaut fest. Das hatte meistens geklappt, nur wenn sie überhaupt nicht mehr richtig liegen wollten, dann war es an der Zeit, dass sie beschnitten werden mussten. Genau das war Papas Aufgabe, der war so etwas wie ein Hobbyfriseur, der immer denselben Schnitt machen konnte. Das konnte nicht mal der Friseur, da sahen die Haare immer anders aus, wenn man da herauskam, ist eben nicht jeder dazu auserkoren, ein wirklicher Friseur zu sein.
Jetzt allerdings machten wieder seine Zipfel was sie wollten, und er war schon fast dabei, die Schere aus dem Schrank zu nehmen. Vielleicht sollte er es noch etwas verschieben, denn Papa schnitt sich ja auch nicht selbst seine Haare.
Gut, sagte Max sich, dann muss Spucke auf die Stelle, und er hielt seine Handflächen zusammen, sodass sie fast wie eine Suppenkelle aussahen. Natürlich war es keine Suppenkelle, es war schließlich eine Spucke – Kelle, dabei entstand ein breites Lächeln auf seinem Gesicht. Matsch, klatschte er seine Spucke auf das borstige Haar. Na bitte jetzt lagen die Haare wie sie sollten, er konnte sogar mit dem Kamm den Scheitel besser nachziehen. Das hatte Mutti nicht geschafft, frohlockte er stolz, so ist es eben, wenn man endlich zu den Erwachsenen gehörte. Plötzlich sah die Welt viel rosiger aus, keiner quengelte einem mehr.
Da, Mama und Papa waren auch schon fertig, Papa hielt mit seinen Händen eine große Schultüte bereit, sie mir zur passenden Zeit zu übergeben. Dann gingen wir zusammen los, der Weg führte uns einmal ums Karree, wir brauchten nicht die Straße zu überqueren, ein wirklich sicherer Weg, und eben wirklich nicht weit. Ohne viele Worte zu machen, liefen wir den Weg zur Schule, mein Herz hatte laut gepocht, es war unglaublich, endlich zu den Erwachsenen zu gehören.
Wir wurden in eine große Aula hineingeführt, wo extra für uns, und alle anderen ein Programm aufgeführt wurde. Allerdings hatte Max es überhaupt nicht interessiert, denn beinahe wäre er sogar eingeschlafen. Jeder hier sah stolz auf seine Kinder, denn auch die wurden ja plötzlich erwachsen, allerdings, so stellte Max für sich fest, sind die ganzen Kinder hier wirklich weit davon entfernt dazuzugehören.
Es hatte lange gedauert, bis der Festakt beendet war, und jetzt wurden die Kinder aufgerufen sich zu ihren Klassen zu stellen.
Papa und Mama hatten sich von mir verabschiedet, denn sie gingen schon nach Hause, denn es war ja nicht weit, und ich war ja jetzt endlich erwachsen, da kann man schon allein gehen. In dem Klassenraum angekommen, saß ich auf der ersten Bank ganz vorn, vor dem Lehrertisch, was ein guter Platz für mich war, zumindest hatte ich es gedacht.
Dann trat die Klassenlehrerin in die Klasse ein, eine wirklich fürchterliche Frau, war meine erste Meinung, die ich an diesen Tag auch nicht mehr änderte. Plötzlich starrte die Lehrerin in eine Ecke des Raums, denn da lag ein großes Stück Papier, was dort unachtsam hingeworfen wurde.
Ihre fürchterlichen Augen starrten wie in Tobsucht geworfen in meine Augen hinein. Der rechte Arm erhob sich, und der Zeigefinger fixierte mich;
„Du, stehst sofort auf, und hebst das Papier dort auf!“
Erst war mein Blick auf diesen spitzen Finger gerichtet, als würde er mich jeden Moment durchbohren wollen. Dann ging mein Blick zu diesem Stück Papier dort in der Ecke.
„Nein, das werde ich nicht – ich habe es nicht dort hingeworfen!“
Damit hatte die Lehrerin nicht gerechnet, so etwas war ihr auch noch nie untergekommen, dass da ein Kind so etwas zu ihr sagte.
Trotzdem wiederholte sie die Worte nochmals, was ich auch tat.
Meine Sachen fing ich an einzuräumen, in die Schultasche, die neben dem Tisch auf dem Boden stand, und dann bin ich aufgestanden, natürlich mit erhobenen Kopf.
Schließlich war ich kein kleines Kind mehr, ich war jetzt erwachsen, da hat man schon seine eigene Meinung. Die Lehrerin war kurz vor dem Kollabieren, in ihren Augen war nicht mehr das Stechen, es war ein wirkliches Erschrecken. Mit festem Schritt hatte ich den Klassenraum verlassen, noch zum Abschluss die Tür zugeknallt, dann war ich fort.
Es war schon komisch, meine Eltern waren noch nicht von der Schule zurück, da hatte ich schon am Eingang gesessen und auf sie gewartet. So endet meine Einschulung, und meine Eltern, konnte es nicht fassen, wie schnell so ein Kind erwachsen wird, und aus der Schule gekommen war.
Ende der kleinen Minigeschichte, die natürlich, wirklich so geschehen war. Ob die arme Lehrerin noch lebt, kann ich nicht sagen, jetzt bin ich aber wirklich erwachsen, und ich erinnere mich gern daran zurück.
Klaus Konty