Pakhet duckte sich hinter einen Busch im weitläufigen Garten der Villa. Sie hatte ihr rechtes Auge geschlossen, da das linke dank seines Zaubers ihr bessere Sicht in der Dunkelheit gewährte. Auf der Terrasse des Anwesens waren zwei Wachen. Auf dem Balkon eine weitere. Diese mit einem Nachtsichtgerät ausgestattet. Zwar war sie dunkel gekleidet, doch würde ihr das gegen dieses Gerät nur mäßig viel bringen.
Das Licht des Pools war aus irgendeinem Grund noch an, erfüllte die Umgebung mit einem geisterhaften Licht.
Dann: Schüsse in der Ferne. Schüsse von der Vorderseite des Geländes. Das mussten die anderen sein.
Eine der Wachen auf der Terrasse sah sich um, sprach dann in sein Funkgerät. Die Anspannung zwischen den drein stieg. Die Nervosität. Der Mann auf dem Balkon drehte sich kurz in Richtung des Hauses.
Pakhet nutzte diesen Moment, um ein Stück voran zu sprinten. Geduckt, um wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen hastete sie bis zum kleinen Häuschen neben dem Pool und ging dort in Deckung.
Die nächste Frage war, wie sie am besten ins Haus kam. Mit den beiden am Pool war es nicht ratsam, die Wache auf dem Balkon auszuschalten. Sie konnte leise sein, aber nicht vollkommen lautlos. Das hier war kein Videospiel und die Chancen waren gut, dass es jemand hörte.
Weitere Schüsse von vorne. Rufe erklangen, die nicht genau verständlich waren.
Das Dach. Am Westende des Gebäudes endete dieses auf der Hälfte der oberen Etage. So hoch konnte sie springen. Sie musste nur um den Pool herum.
Also brauchte sie Ablenkung.
Am einfachsten war es diese Ablenkung selbst zu schaffen.
Sie löste eine der kleinen Granaten von ihrem Gürtel, entsicherte diese und warf sie, so dass sie genau auf der anderen Seite der mannshohen Gartenmauer landete. Dann zählte sie die Sekunden, hielt sich vorsorglich die Ohren zu.
Der Knall wurde durch das Blech der Mauer noch verstärkt. Während die Granate nicht die größte Sprengkraft hatte, löste sie zumindest eins der Elemente von den Pfählen, die den einfachen Sichtschutz aufrecht erhielten. Dieser flog nur knapp einen Meter weit, fiel dann scheppernd zwischen die Rosen.
Pakhet drückte sich an das Poolhäuschen.
Die Granate hatte den gewünschten Effekt, Während die eine Wache am Rand der Terrasse in Deckung ging, schlich die andere in Richtung der Mauer. Auch die Aufmerksamkeit des Ausgucks auf dem Balkon war in die Richtung fixiert.
Wieder sprintete Pakhet. Sie schaute sich nicht noch einmal um. Eine gute Möglichkeit für Deckung gab es zwischen hier und dem Haus nicht. Es war ein Risiko, das nicht ausblieb. Dann aber hatte sie das Haus erreicht, ging hinter der Westmauer in Deckung und erlaubte sich eine kurze Atempause.
Schließlich sah sie nach oben. Das Dach ragte einen knappen Fuß über der Mauer hervor, war am Ende mit einer Regenrinne bestückt. Hoffentlich würde diese sie halten.
Sie schloss die Augen nun beide, sammelte ihre Energie, ließ diese in ihre Beine wandern und trat dann vor. Sie ging in die Hocke, schnellte dann in die Höhe und stieß sich vom Boden ab. Den rechten Arm hatte sie ausgestreckt.
Sie bekam die Regenrinne zu greifen, auch wenn diese ein unschönes Knirschen von sich ab.
Verdammt. Das musste jemand gehört haben.
Sie leitete die Energie in ihren Arm, stieß sich mit den Füßen noch einmal vom Gemäuer ab und schaffte es irgendwie, sich auf das nur abgeflacht schräge Dach zu schwingen. Sie krabbelte weiter hinauf und presste sich an die dunklen Ziegel. Diese waren noch immer warm ...
Mit geschlossenen Augen wartete sie. Jemand rief etwas. Hatte man die verbogene Regenrinne bemerkt? Würde jemand aufs Dach schauen?
Sie schob sich weiter über die Ziegel, darauf bedacht nicht zu hart mit ihrer Prothese auf diese zu kommen. Sie durfte nicht zu laut sein.
Das breite Panoramafenster war an der Nordseite angebracht. Von dort aus gab es eine gute Aussicht auf die Steppe und wahrscheinlich weniger Probleme mit Überhitzung durch die Sonne.
Hoffentlich kam sie dort rein.
Von hier oben war die Schießerei von der Vorderseite des Geländes deutlich zu hören. Sie konnte nur darauf hoffen, dass die anderen lang genug für Ablenkung sorgten.
Da hinten war das Fenster. Es war offen. Zwei weitere Wachen waren dort, Gewehre im Anschlag.
Zeit für ein weiteres Risiko.
Am Rand der schrägen Fensterfront, die nun geöffnet war, zog sie ihre Beine unter sich und das Messer aus dem Gürtel. Sie würde nicht viel länger heimlich bleiben können. Ein Risiko war es so oder so. Doch vielleicht würde sie es schaffen, wenigstens diese beiden leise auszuschalten.
Sie trugen Helme mit Visieren. Doch von allem, was sie erkennen konnte, waren ihre Nacken ungeschützt. Die Helme würden ihre periphere Wahrnehmung einschränken.
Also ließ sie sich vorsichtig fallen, landete auf den weiten Kacheln des Raumes unter ihr und schlich sich hinter die zwei.