Kapitel 4
Um punkt sieben Uhr klingelte ihr Wecker. Ana hatte kaum geschlafen und sah auch dementsprechend aus. Sie wusch sich das Gesicht und setzte sich an ihr Schminktisch. Heute kam das volle Programm. Nach fünfzehn Minuten sah sie nicht mehr aus wie eine Leiche. Sie machte ihr Bett und ging in die Küche, um Frühstück zu machen. Um neun Uhr weckte sie Nala auf. „Hey meine Süße, Zeit zum Aufstehen.“ „Nein“, nuschelte Nala in ihr Kissen. „Hm, dann sag ich Teo, dass du doch nicht zu eurer Verabredung gehst.“ Nalas Kopf schnellte in die Höhe. „Sag das doch gleich Mummy!“ Ana lächelte. „Gutenmorgen Kuss?“ Nala gab ihrer Mutter einen Kuss, stand auf und lief zu ihrem Kleiderschrank. „Wie ich sehe, nimmst du die Verabredung sehr ernst“, sagte Ana und versuchte dabei ernst zu klingen. „Ja. Mummy, darf ich das anziehen?“ Nala zeigte ein Blümchenkleid. „Süße, wir werden am See sein, da wird dein Kleid schmutzig. Wie wäre es damit?“ Ana holte aus dem Schrank eine knielange Jeggins und ein grünes, etwas längeres T-Shirt. Nala klatschte in die Hände. „Das ist super, Mummy!“ Ana lächelte. „Gut, dann frühstücken wir erst und dann ziehst du dich an.“ Nala nickte und ging mit ihrer Mutter in die Küche.
Nachdem sie gefrühstückt und umgezogen hatten, klingelte es an der Tür. „Teo ist da!“, rief Nala und rannte zur Tür. Kopfschüttelnd lief Ana ihrer Tochter hinterher. Die Tür stand schon offen und Teo trat ein. In seiner Hand hielt er eine rote Rose. Ana unterdrückte ein Lachen. Teo trug eine dunkle Jeans und ein hellblaues, kariertes Hemd. Nun kniete er vor Nala und reichte ihr mit einem breiten Grinsen die Rose. „Dankeschön“, sagte Nala und nahm die Blume entgegen. Anschließend rannte sie zu ihrer Mutter und gab ihr die Blume. „Kannst du die ins Wasser legen?“ „Aber sicher Süße.“ Dann sah sie Teo an, der vor sich hin grinste. „Du passt gut auf sie auf, ist das klar?“ „Natürlich.“ Nala gab ihrer Mutter einen Kuss und verabschiedete sich. „Bis später und habt Spaß!“, rief sie ihnen nach.
Ana verließ die Wohnung und ging runter ins Diner. Dort wollte sie etwas für das Picknick am See vorbereiten. Sie betrat das Diner. Es waren nur sehr wenige Gäste da. Aber es war ja auch nur vormittags. Ronny arbeitete wie sonst auch hinter der Theke. „Hallo Ana“, begrüßte ihre Freundin sie. „Hi.“ Sie putzte die Gläser hinter ihr im Regal. Gerade waren die Biergläser dran. „Wollen nachher gemeinsam zum See gehen?“ Ana setzte sich an die Theke und legte ihr Handy neben sich. „Sicher. Ich frag nicht mal mit wem Nala gegangen ist.“ „Er hat es selbst angeboten und Nala hat sich sehr gefreut.“ „Teo liebt Nala sehr“, sagte Ronny und nahm das nächste Glas in die Hand. „Und sie ihn“, antwortete Ana gedankenverloren. Sie sah auf ihre Hände und erinnerte sich an gestern. Ronny sah das ihr an. „Einerseits will ich wissen, was gestern mit dir los war und andererseits habe ich angst angeschrien zu werden.“ Ana seufzte und sah ihre Freundin an. „Ich dachte, ich hätte jemanden gehört, den ich von früher kannte.“ Ronny stellte das Glas ab und sah Ana eine Weile schweigend an. „Und war es diese Person?“ Bevor Ana antworten konnte, kam ein Gast zur Theke. „Guten Tag.“ „Hallo Fred. Was darf ich dir geben?“ „Wenn ich Whiskey sage, bekomme ich eins?“ „Um diese Uhrzeit? Nein.“ Ronny klang sehr ernst. Daraufhin seufzte Fred. Fred war ein Mann in den Vierzigern. Er hatte aschblonde kurzgeschorene Haare. Seit seine Frau ihn verlassen hatte, unternahm er immer einen Versuch, seine Sorgen in Alkohol zu ertrinken. Fred war aber ein sehr schlauer Mann. Zuhause tat er das nicht und da er wusste, dass Ronny und Ana ihm das nicht erlauben würden, fragte er immer wieder. Fred war zwei Jahre lang in Afghanistan stationiert gewesen. Und als er wieder nachhause kam, fehlte von seiner Frau jede Spur. Nur einen Brief hatte sie hinterlassen. „Ich kann dir aber Kaffee anbieten“, sagte Ronny sanft. „Dann eben das.“ Fred starrte seinen Ehering an. Er hatte es nie übers Herz gebracht, es abzunehmen. Ana konnte einfach nicht verstehen, wie jemand, so einen tollen Mann einfach verlassen konnte. Ich will, dass du mit mir kommst, Claire. Ana schüttelte ihren Kopf und stand auf. „Ich muss ein paar Sachen erledigen. Man sieht sich, Fred.“ Sie legte ihm sanft ihre Hand auf seinen Unterarm, lächelte ihm zu und ging dann in die Küche. Sie legte ihre Sachen beiseite, zog sich eine Kochschürze an, band ihre Haare zusammen und wusch anschließend ihre Hände. Sie wollte für das Vater-Kind-Tag Muffins backen und ein Nudelsalat zurichten. Da die Muffins länger dauerten, fing sie damit an. „Soll ich dir helfen?“ Ana sah Lilian an. „Hast du keine Bestellungen?“ Lilian schüttelte lächelnd ihren Kopf und trat zu Ana. „Um die Uhrzeit kommen nur welche zum Kaffee trinken und darum kümmert sich Ronny.“ Lilian sah sich die Muffin Förmchen an. „Zitrone oder Schoko?“ „Bei diesem Wetter Zitronen Muffins“, antwortete Ana lächelnd und nahm eine Schüssel aus dem unteren Schrank und einen Schneebesen aus der Schublade. Danach ging sie zum Kühlschrank und holte Eier und Milch. „Stimmt. Es ist jetzt schon unerträglich warm.“ Lilian holte aus dem Apothekerschrank, Mehl, Backpulver und eine Packung mit Zitronengläschen. „Ja und heute Nachmittag sollen es noch neununddreißig Grad werden.“ Ana gab die ersten Zutaten in die Schüssel. „Wenn du mir helfen möchtest, könntest du den Nudelsalat zubereiten.“ „Mach ich gerne“, antwortete Lilian lächelnd und nahm einen großen Topf und stellte es auf den Herd. Dann füllte sie es mit Wasser und schaltete den Herd an. Lilian war taktvoll und fragte nicht, was gestern mit Ana los war und darüber war sie sehr froh. Während die Nudeln kochten, kam eine Bestellung rein. Pfannkuchen mit Schokoladensirup. Kurz darauf schob Ana die Muffins in den Ofen. Nachdem die Nudeln abgekühlt waren und die Muffins abkühlten, verließ Ana die Küche um sich in ihrer Wohnung umzuziehen. Sie zog sich Khakifarbene Hotpants und darüber eine rostbraune, lockere Tunika mit V-Ausschnitt. Ihr Handy und Geldbeutel legte sie in ihre weiße Handtasche und ging ins Flur. Dort legte sie ihre Handtasche auf die Kommode. Dann lief sie in das Badezimmer und trug ein wenig Mascara, Highlighter und Lippenstift auf. Als sie auf die Uhr sah, merkte sie, dass sie schon spät dran war. Zurück im Flur zog sie ihre weißen Sneakers an, nahm ihre Handtasche, Autoschlüssel und verließ eilig ihre Wohnung. Ronny wartete bereits im Diner auf sie. „Na endlich!“ Sie trug eine helle Jeans und ein hellblaues Hemd. Ihre schwarzen Haare, hatte sie zu einem Dutt gebunden. „Tut mir leid, es hat länger gedauert, als ich dachte.“ „Okay, aber wir müssen und jetzt beeilen.“ Ana nickte. „Ich muss nur noch die Sachen…“ Dann fiel ihr Blick auf die Theke. „Ich habe bereits die Muffins und dein Nudelsalat eingepackt.“ „Du bist ein Schatz, Ronny.“ Diese lächelte und sagte: „Ich weiß.“ Sie nahm den Nudelsalat und Ana die Muffins. Gemeinsam liefen sie zu Anas Nisan Micra. Nachdem sie alles im Kofferraum verstaut hatten, stiegen sie ein und Ana fuhr aus der Ausfahrt. „Hast du was dagegen, wenn ich das Radio anschalte?“, fragte Ronny. „Nein mach nur.“ Als Ronny auf Play drückte, war sofort der Song Demons zu hören. „Schalte bitte um“, rief Ana hektisch. Überrascht sah Ronny Ana an. „Das ist dein Lieblingssong. Ist alles in Ordnung?“ „Ja. Aber ich will im Moment diesen Song nicht hören.“ Ana klang gereizter als beabsichtigt. „Okay.“ Das nächste Lied war Thunder. Damit konnte Ana leben und Ronny fragte nicht weiter nach. Bis sie am See ankamen, hatten sie Thunder, Whatever it takes und Believer angehört. Ana fand nur eine freie Parklücke und diese war neben einem Sauteueren Auto. „Wow, wer fährt denn hier ein Audi R8?“, fragte Ronny und machte große Augen. „Keine Ahnung.“ Ana runzelte die Stirn. „Ach ja stimmt ja. Weißt du es denn nicht?“, fragte Ronny und starrte immer noch das silberne Auto an. „Was denn?“ Ana fuhr die Fenster hoch und schaltete anschließend den Motor aus. „Du kennst doch das Bungalow, in der Nähe des National Parks?“ „Ja, das steht doch seit Jahren leer.“ Beide stiegen aus und gingen zum Kofferraum. „Nicht mehr. Da wohnt jetzt jemand.“ „Ach wirklich? Wer denn?“ Ronny runzelte die Stirn, während sie die Picknickdecke und den Nudelsalat aus dem Kofferraum holte. „Ich weiß nicht mehr wie er heißt, aber es wird erzählt, dass er ein Arzt ist.“ „Ein Arzt?“ „Ja. Ich weiß zwar nicht, was für einer aber anscheinend soll er gut aussehen.“ Ana klemmte die Schüssel mit den Muffins unter ihr Arm und schloss mit der freien Hand den Kofferraum zu. „Woher weißt du das?“ Ana schloss ab und gemeinsam liefen sie los. Sie folgten dem Pfad. „Du kennst doch Meg, nicht wahr?“ Ana verdrehte die Augen. „Wer kennt nicht Meg?“ „Ja wie auch immer. Also sie hätte sich mit ihm schon unterhalten.“ „Warum wundert mich das nicht?“ Ronny lachte auf. „Ach und er wär mit John befreundet.“ „Welcher John?“ Ana sah ihre Freundin an. „Na der Ehemann von Peggy.“ „Ach so. Das Ehepaar, das mich bemitleidet“, murmelte Ana. „Ach sei nicht so. Peggy meint es doch nicht böse.“ „Sicher.“ Mehr sagte Ana nichts dazu. Nicht jeder konnte eben so eine perfekte Beziehung führen, wie sie und ihr Ehemann. Und wenn der Freund von John genauso tickte, wollte sie ihm erst recht nicht begegnen. „Ana, wie wärs, sollen wir dich mit ihm verkuppeln?“, fragte Ronny scherzend. „Klar, warum nicht?“, fragte sie sarkastisch. „Stimmt ja, du bist die Eiskönigin.“ „Vergleichst du mich mit Elsa?“ Ana zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ja. Das passt sogar sehr gut.“ „Und du bist dann?“ „Natürlich Anna.“ Ana lachte auf. „Bin ich wirklich so frostig?“ „Ja Süße, das bist du.“ „Dann bin ich eben Elsa, was solls?“ Inzwischen konnten sie schon Kinderstimmen hören. „Ich wusste nicht, dass das Fest so nah am Wasser ist“, sagte Ronny diesmal ernst. „Mach dir keine Sorgen. Dein Mann ist doch dabei.“ Ronny Tochter konnte noch nicht ohne Schwimmflügel schwimmen. Ronny warf Ana einen Blick zu, welches dein ernst, bedeutete. Als sie näher kamen, kam eine der Erzieherinnen auf sie zu. „Hallo Ms. Davids, Mrs. Read.“ „Hallo. Wo können wir die hier abstellen?“, fragte Ronny und deutete auf die Schüssel. „Dort drüben steht ein Buffet.“ „Alles klar.“ Ronny lief los und Ana folgte ihr. Gleichzeitig suchte sie nach Nala. Sie entdeckte sie beim Tauziehen. Ihre Gegnerin war ihre beste Freundin. Hinter ihr stand Teo, der in ihrem Team war. „Dort sind Nala und Liah.“ „Oh gut.“ Ronny klang erleichtert. „Sollen wir uns dort unter den Baum setzen?“, fragte Ana und deutete auf einen großen Baum, der Schatten spendete. Es war inzwischen unerträglich heiß. „Klar.“ Gemeinsam liefen sie hin und Ronny breitete die Decke aus. Nach etwa einer halben Stunde kam Teo auf sie zu. „Wann seid ihr denn gekommen?“ Er nahm eine Flasche und trank es fast leer. „Etwa eine halbe Stunde. Was macht Nala?“ „Sie bereitet sich auf die Wasserschlacht vor. Aber die findet ohne Erwachsene statt.“ „Oh okay. Du siehst fertig aus.“ „Tauziehen, Fangen, Faules Ei und vieles mehr. Das macht einen müde.“ „Ich kann nicht glauben, dass Tommy so lange ausgehalten hat“, sagte Ronny. Tommy war ihr Mann. Sie waren seit sieben Jahren glücklich verheiratet. „Er sieht schlimmer aus als ich“, sagte Teo kopfschüttelnd. „Also ich muss kurz zu meinem Wagen, ich hab mein Telefon dort vergessen.“ „Klar geh ruhig. Ach und Teo?“ „Ja?“ „Danke, dass du das für Nala getan hast.“ „Der Tag ist noch nicht vorbei.“ Grinsend ging er fort. „Der perfekte Vater sieht wohl so aus“, sagte Ronny nachdenklich. „Du hast recht. Teo wäre wirklich ein super Vater.“ „Was ist mit mir?“ Ana und Ronny sahen auf und blickten in Tommys Gesicht. „Du bist ganz passabel, Schatz.“ Tommy ließ sich neben seine Frau fallen und gab ihr einen Kuss. „Ach ja, ist es so?“ Ronny grinste. „Ich schau mal nach Nala.“ Ana stand auf und ließ die zwei alleine. Eine kleine Gruppe hatte sich in der Nähe des Wassers gebildet und zwischen den ganzen Erwachsenen und Kindern, konnte Ana weiße Schuhe mit Schmetterlingen erkennen. Ana wurde blass und trotz der Hitze wurde ihr eiskalt. Nala.