Manchmal muss man arbeiten und manchmal muss man sich einfach ausruhen.
-Hera-
Wir stapelten das Brennholz in einem kleinen Schuppen. Dort musste es erst einmal trocknen bevor man es zum Feuer machen verwenden konnte. Hera führte uns zurück zu dem Brunnen im Hof.
Wir konnten uns dort etwas ausruhen bis sie wiederkommen würde. Die Sonne am Himmel schien heute, obwohl Wolken am Himmel zu sehen waren. Nicht weit von dem Brunnen, befand sich eine Sitzbank, welche vor einer großen Hecke stand. Dort saß Rotkäppchen in ihrem roten Umhang. Sie ruhte sich etwas aus und hatte einen rießigen Blumenstrauß in der Hand. Charles und ich machten uns auf den Weg zu ihr. Der Kies auf den Boden knirschte unter unseren Füßen.
"Hallo ihr beiden", sprach Rotkäppchen in einem freundlichen Ton. Ihre Beine schaukelten hin und her. "Hallo Rotkäppchen. Was machst du da?", fragte ich sie mit einem neugierigen Blick. "Ich ruh mich im Moment aus. Schaut mal her. Heute war ich mit meinem Trainer auf einer Blumenwiese und habe ein paar Blumen gepflückt", erklärte Rotkäppchen hoch erfreut. Sie roch an dem Blumenstrauß und schaute mit verträumten Augen in den Himmel. "Dürfen wir uns dazu setzten?", fragte mein Partner. "Bitte setzt euch", sprach das kleine Mädchen und zeigte mit der Hand Richtung Bank.
Hänsel und Gretel setzten sich hin. Wir betrachteten uns die Wolken, die vorbeiflogen. Es war schön nach dem Holz hacken mal nichts zu tun. Nach einer gewissen Zeit senkte Charles seinen Blick vom Himmel und schaute Rotkäppchen an. "Bist du auch aufgeregt auf den morgigen Tag?", fragte er nervöse. Sein Atem zitterte leicht. "Ich hoffe das ich und San alles richtig machen werden", erklärte Rotkäppchen mit traurigen Blick.
"Redet ihr etwa von mir?", sprach ein Junge mit schwarzen, struppigen Haaren. Charles und ich schauten ihn an. Er trug dunkel grüne Kleidung. Um seine Schulter war ein Armbrust gestülpt. Auf seinem Kopf hatte er einen Hut aus Leder, der nach vorne spitz zulief zusammen mit einer braunen Feder.
Er bemerkte den traurigen Blick von Rotkäppchen. Sein Gesicht wirkte nun mitleidig. "Ist alles in Ordnung, Red?" Rotkäppchen hatte sich ein wenig mehr in den Umhang gehüllt. "Nein, ich fürchte mich vor dem morgigen Tag", erklärte das kleine Mädchen mit der roten Kapuze.
San umarmte das kleine Mädchen mit seinen kräftigen Armen. Charles und ich schauten nur stumm zu. Es war sehr rührend, doch ich konnte die Angst vor dem Märchendorf verstehen. Auch ich wusste nicht, wie ich und Charles es gehen würde.
Die anderen beiden lösten sich von der Umarmung. San ging in die Hocke, um in Augenkontakt mit seiner Partnerin zu sein. "Ich verspreche dir, Red, ich werde dich beschützen. Egal was passieren wird", sprach San zu Rotkäppchen. Sie schien sich langsam zu beruhigen. Ab und zu musste sie immer wieder schluchzten. "Ich, ich vertraue dir, San", sprach sie mit feuchten Augen im Gesicht. Mit ihrem Handrücken wischte das Mädchen sich die Tränen weg.
Plötzlich war Hera erschienen und löste somit die traurige Stimmung etwas. Die Trainerin fuhr einen Handwagen, indem verschiedene Dinge gelagert waren. Der Wagen fuhr den bepflasterten Weg entlang. Kurz darauf blieb ein Rad im Pflaster stecken. "Gretel, könntest du mir helfen?", fragte sich mich. Ich sprang von der Bank auf und schob den Wagen von hinten an. Mit aller Kraft drückte ich den Wagen nach vorne. "Lass uns das zusammentun", sprach eine bekannte Stimme. Mein Kopf drehte sich nach rechts. Dort konnte ich Charles erkennen. Ein leichtes Lächeln ging über sein Gesicht. Wir beiden bereiteten uns auf das Schieben des Wagens vor. "Ich werde dich nie allein lassen. Egal was morgen passieren mag", erwiderte ich auf sein freundliches Lächeln.
"Könnt ihr beiden Labertaschen auch mal anschieben?", schrie Hera in unsere Richtung, die gerade versuchte, den Wagen zu ziehen. Mit aller Kraft schoben Hänsel und Gretel den Wagen an und schafften es das Rad aus dem Pflaster wieder heraus zu bekommen.
"Vielen Dank", sprach Hera leicht erschöpft. Sie ging zur Bank und musste sich ein paar Minuten ausruhen. Als sie dort sah's, sprach sie: "Manchmal muss man arbeiten und manchmal muss man sich einfach ausruhen."
Rotkäppchen und San verabschiedeten sich daraufhin und gingen ihrer Wege. Hera hingegen war nun auf der Bank und ruhten sich aus. Hänsel und Gretel räumten in der Zwischenzeit den Wagen aus. Dort befanden sich zwei Holzeimer, ein Tragjoch, eine Kiste und ein Haufen kleiner Zweige und Steine.
Hera stand von der Bank auf. Sie ging sicheren Schrittes auf uns zu. "So ihr werden heute nochmals getrennt voneinander trainieren. Da die Übungen leider nur einzeln durchgeführt werden können", erklärte sie uns.
"Gretel nimm doch bitte das Tragjoch und gehe mit den Eimern zum Brunnen. Du wirst üben müssen, mit dem Tragjoch umzugehen. Dazu befüllst du am besten den Topf in der Küche. Hänsel hingegen wird mit mir zusammen das Entfachen eines Feuers lernen", schilderte sie uns die Übungen, die unsere Trainerin mit uns vorhatte.
Ich nahm die Eimer in die Hand und ging damit zum Brunnen. Sie waren relativ leicht, da ja noch kein Wasser drinnen war. Mit einem konzentrierten Blick schaute ich mir den Brunnen etwas genauer an. Unter dem kleinen Dach konnte ich eine Rolle entdecken, die auf einer Welle befestigt zu scheinen schien. Darum war ein langes Seil gewickelt worden, welches am sichtbaren Ende einen Hacken hervor zu weißen hatte. Die Welle ließ sich mit Hilfe einer Kurbel, die an der Seite des Brunnens befestigt worden war, drehen. Vorsichtig nahm ich den ersten Eimer in die Hand und befestigte ihn an dem vorgesehenen Hacken.
Nachdem ich dies' bewerkstelligt hatte, ging ich zur Kurbel und drehte sie so, dass der Eimer in die Tiefe des Brunnes gelassen wurde. Nach ein paar Minuten konnte ich ein platschen hören. Der Eimer musste das Wasser erreicht haben. Ich drehte die Kurbel noch etwas weiter, damit sich der Eimer mit Wasser füllen konnte. Ich musste dabei aber die Kurbel festhalten, damit sich nicht eventuell der Eimer vom Hacken löste.
In dieser Stellung verharrte ich ein paar Minuten bis meine leicht verschwitzten Hände sich wieder ans Kurbeln machten. Dieses Mal ging die Reise für den Eimer in die Höhe. Doch dies war nun schwieriger, da der Eimer durch das hineingefüllte Wasser nun an Gewicht zugenommen hatte.
Während ich den Eimer in die Höhe kurbelte, musste ich meine Hände um die Kurbel krallen, da ich ansonsten den Halt verloren hätte. Schließlich schaffte ich es doch den Eimer an die Oberfläche zu bringen. Als ich nun den Eimer vom Hacken holen wollte bewegte sich dieser wieder in die Tiefe. Sofort hielt ich wieder die Kurbel mit beiden Händen fest. Was machst du denn nur, Sam? Kopfschüttelnd kurbelte ich das verlorene Stück wieder in die Höhe. Als der Eimer nun wieder in greifbarer Nähe war. Überlegte ich mir wie ich am besten den Eimer vom Hacken bekommen konnte. Mit einer Hand hielt ich die Kurbel fest und mit der anderen holte ich den Eimer mit dem kostbaren Wasser von der Halterung. Dieser Stand nun am Rand des Brunnens. Meine verschwitzten Hände würden mir später zu schaffen machen.
Wie sollte dieses Problem nun lösen? Da würde mir mit Sicherheit etwas einfallen. Das erinnerte mich irgendwie gerade an die Situation auf einem Harry Potter Geburtstagsfeier von meiner Freundin in Köln. Wir mussten uns am Anfang auch in die vier verschiedenen Häuser aufteilen lassen. Dazu führten wir einen Test durch, der uns auf die jeweiligen Häuser verteilen würde. Ich wurde in das Haus Slytherin gewählt. Manche Kinder hatten ein Problem mit diesem Haus, doch ich fühlte mich dort wohl. Die drei Grundeigenschaften des Hauses waren List, Einfallsreichtum und Ehrgeiz. Auch ich erkannte mich in der ein oder anderen Eigenschaft wieder.
Ein Spiel auf der Feier hieß >>Harry packt in seinen Koffer <<.
Bei dem Spiel mussten wir uns bestimmte Gegenstände aus der Zauberwelt merken und diese in der richtigen Reihenfolge wiedergeben. Es spielte jedes Team gegeneinander. Auch wurde im Uhrzeiger gespielt und jedes Team war nacheinander an der Reihe. Die Begriffe standen auf Karten, die die Mutter damals vorlas. So fing das Spiel an. Ich hatte mir damals alles in meinem Kopf vorgestellt, was Harry in seinen Koffer packten sollte. Die jeweiligen Gegenstände waren an verschiedenen Räumen in meiner Wohnung verteilt z.B. befand sich der Unsichtbarkeitsmantel in den der Küche. Ich lief die Route, die Harry vermeintlich nahm, immer wieder nach. So vergingen die Runden und es wurden immer weniger Kinder. Meine Mitstreiterinnen verließen das Spiel relative schnell, doch ich blieb bis zum Schluss und konnte sogar das Spiel gewinnen. Schon damals bei dem Spiel hatte ich Ehrgeiz entwickelt. Mit Sicherheit war das heute auch nicht anders.
Zurück in der Wirklichkeit hatte ich nun eine Idee. Ich wusch nun meine Hände mit Wasser. Danach streifte ich die nassen Finger an meinen Kleidern ab und wälzte sie anschließend noch etwas im Sand umher. Ich hoffe dadurch einen besseren Halt zu bekommen. Auch holte ich mir aus dem Wagen einen Stock, der eine Krümmung am Ende aufweist. Diesen stellte ich griffbereit in meine Nähe.
Auf den Hacken befestigte ich nun den leeren Eimer. Mit Hilfe der Kurbel konnte nun der Eimer in die Tiefe des Brunnens gelassen werden. Aufspritzendes Wasser war zu hören. Das Wasser lief nun mit Sicherheit in den Eimer und so wartete ich ein bis zwei Minuten. Im Anschluss drehte ich die Kurbel nun in die andere Richtung. Das Seil wickelte sich wieder um die Rolle. Als der Eimer an der Oberfläche war, nahm ich mir den Stock und hackte diesen am Griff des Eimers ein. Dabei hob ich mit einer Hand die Kurbel. Als der Stock sich mit dem Griff verhakt hatte, zog ich vorsichtig den Eimer auf die Mauer und ließ dann die Kurbel los.
Mein Blick ging Richtung Charles und Hera. Der Junge kniete sich gerade vor der Glut und pustete diese immer wieder etwas an. Kurz darauf entzündete sich das Reisig. Flammen schlugen auf während kleine Funken in die Höhe stiegen. Er hatte es also geschafft das Feuer zu entfachen.
Ich befestigte die befüllten Eimer am Tragjoch und legte mir dieses über den Nacken. Dies war nicht so einfach, da das Tragjoch auch etwas Gewicht hatte. Doch da war ich mir sicher, so würden meine Hände geschont werden und der Transport der Eimer war etwas einfacher. Nachdem ich die Küche erreichte, konnte ich das Wasserbecken entdecken. Die vollen Eimer nahm ich nun in die Hand und schütte das Wasser in das Becken. Da die Eimer wieder leer waren, musste ich zum Brunnen zurückkehren und diese wieder befüllen.
Als ich wieder am Brunnen war, sah ich Dornröschen, die anstelle ihrer Krone ein Buch auf dem Kopf trug. Sie balanciert auf einem Holzbalken und streckte dabei ihre zierlichen Arme aus. Eine Frau mit violetten Haaren, in denen eine Rose gesteckt war, sah's auf der Bank.
Doch urplötzlich geriet das Buch in schief Lage und fiel auf den Boden. "Oh", stammelte Aurora und nahm eine Hand vor ihren Mund. Ihr Blick ging sofort Richtung Sitzbank.
"Von Vorne", sprach die Frau, die sich auf der Bank befand. "Das ist doch nicht euer Ernst, Rosie. Warum muss eine Prinzessin wie ich so etwas unbedingt trainieren?", fragte Aurora etwas genervt doch hielt sie ihre vornehme Art bei.
"Damit deine Haltung gerade ist. Eine Prinzessin kann doch nicht wie ein nasser Sack herumlaufen. Sie muss Haltung für ihre Familie und ihr Königreich bewahren", gab die Frau forsch zur Antwort. "Na gut. Wenn es sich für eine Prinzessin so gehört, dann werde ich mein Training fortsetzen", gab Dornröschen etwas hochnäsig zur Antwort. Daraufhin begab sie sich wieder zum Anfang des Balkens und atmete einmal tief durch. "Du schaffst das schon, Aurora. Tu es aus Liebe für Vincent und Sophie", sprach die Prinzessin zu sich selbst und setzte sich das Buch auf den Kopf. Ein leichtes und fröhliches Lächeln ruhte nun auf ihren Lippen.
Ich hatte in der Zwischenzeit den Eimer an den Hacken befestigt. Als ich mich wenig später wieder auf den Weg zum Becken machen wollte, schweifte mein Blick Richtung Feuerstelle, an der sich Charles zuletzt befunden hatte. Auch unsere Trainerin war nicht dort. Wo sie wohl waren?