Was zuletzt geschah:
Ein Umzug ist immer ein großes Ereignis, voll Umbruch, alter Erinnerungen und neuer Gelegenheiten. Manchmal nicht nur für diejenigen, die ihren Wohnort wechseln, sondern auch deren Helfer. So sehen sich Erik und Marco nach langen Monaten wieder in die Augen – und Überraschung, beide überleben! Ein einzelnes Gespräch wird nicht genügen, um die komplexen Gefühle zu ordnen, die ihre Beziehung und Trennung bei ihnen hinterlassen haben, aber es stellt für beide die Weichen für zwei wesentliche Schritte: Abschluss und Neuanfang.
Kapitel 38
Wie wärs mit dem Park ums Eck? Mittags?
Perfekt!
Erik strahlte sein Handy an. Giulia hatte prompt auf seine vorsichtige Nachricht, dass er sich derzeit in der Stadt aufhielt, reagiert und ein Treffen vorgeschlagen. Von jemandem zu hören, der ihn offensichtlich wirklich sehen wollte, glich die eben durchgestandene Tortur am Esstisch seiner Tante definitiv aus.
Immerhin hatte Tobias ihn dieses Mal nicht offen angefeindet – Erik würde nie verstehen, weshalb Susanne ihn zwang, an diesen Essen teilzunehmen – und sein Wiedersehen mit Sophia hätte ohnehin jede spitze Bemerkung seines Cousins, jeden kühlen Blick seines Onkels und jeden besorgten Kommentar seiner Tante aufgewogen. Dennoch konnte er nicht von sich behaupten, diese Zusammenkünfte vermisst zu haben, obgleich er sich für dieses Eingeständnis schämte.
Vermutlich durfte er nicht erwarten, mit einem einzigen Besuch in Stuttgart alle alten Risse zu reparieren und sollte sich lieber auf die konzentrieren, die erfolgversprechend aussahen. Er und Marco hatten miteinander gesprochen, zum ersten Mal seit Ewigkeiten offen und ehrlich. Es hatte so gut getan, als hätten sie nach viel zu langer Zeit in einem muffigen Raum endlich den Mut gefunden, die Fenster aufzureißen, um Sonne und frische Luft hereinzulassen.
Erik sah nun definitiv klarer. Seine Beziehung mit Marco war Geschichte, es gab keine Chance auf einen Neuversuch. Im Grunde wusste er das schon lange, jetzt schien das jedoch auch der winzige Teil seines Herzens zu akzeptieren, der sich bis zuletzt an diese Hoffnung geklammert hatte.
In ihrer Umarmung hatte Erik viel gefunden, das er vermisste. Nähe, Vertrautheit, Wärme. Nach all dem sehnte er sich, so, wie er sich nach Marco sehnte. Doch es war die Sehnsucht nach einem Freund, nicht nach einem Partner. In Erik flammte keine Leidenschaft auf, wenn sich Marco an ihn drückte, kein Herzrasen, keine Schmetterlinge; kein Verlangen, ein Leben mit ihm aufzubauen.
Erik wollte sein Leben nicht um Marco herumplanen. Aktuell wollte er sein Leben um niemanden herumplanen. Vielleicht eines Tages wieder, doch selbst dann, wäre dieser Mann nicht Marco.
Und das war okay. Sie beide hatten heute einen Abschluss gefunden und was auch immer daraus erwuchs, konnte nur besser sein als das, was sie zuletzt gehabt hatten.
Erschöpft von einem langen Tag, aber zutiefst zufrieden mit dessen Ereignissen, krabbelte Erik ins Bett und schlief, bis ihn am nächsten Morgen der Wecker rauskegelte.
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Still schnappte Erik nach Luft, bemüht, sich seinen Sauerstoffmangel nicht anmerken zu lassen, aus Sorge, Giulia könnte ihre schraubstockartige Umarmung abbrechen. Sie auf ihn zueilen zu sehen, bis über beide Ohren strahlend, die Haare zerzaust, Bianca vor sich im Buggy, hatte Erik erst richtig vor Augen geführt, wie sehr sie ihm gefehlt hatte. Lieber erstickte er, als sie früher als unbedingt nötig loszulassen.
Nach einer Weile – Eriks eigentlich geübte Schwimmerlunge schrie inzwischen laut nach Sauerstoff – trat Giulia einen Schritt zurück und musterte ihn ausführlich. „Gut siehst du aus.“
„Ah, danke.“ Verlegen wischte sich Erik eine Haarsträhne hinters Ohr. Er trug seine Haare heute offen und bereute es, ob der Mittagshitze, die ihm Schweiß auf Stirn und Nacken trieb, bereits. „Du auch.“
Lachend winkte Giulia ab. „Lieb von dir, mich so anzuschwindeln, aber ich weiß sehr genau, wie ich zurzeit aussehe.“
„Erschöpft“, gab Erik zu. Trotz Giulias dunklem Teint stachen die Ringe unter ihren Augen deutlich hervor und sie schien Gewicht verloren zu haben, obwohl sich das bei ihrer weiten Bluse nur schwer einschätzen ließ. „Hält Bianca dich wach?“ Er nickte zu ihrer – ironischerweise friedlich im Buggy schlafenden – Tochter.
„Nicht mehr als sonst auch. Nein, nein, ist eher der Stress allgemein. Und diese verdammte Übelkeit. Ich schwöre, die ist noch schlimmer als letztes Mal. Im Moment nehme ich sogar eher ab statt zu, und wenn sich das wieder bis ins letzte Trimester zieht, dann kotze ich. Also, metaphorisch zusätzlich zur tatsächlichen Kotzerei.“
Warte, was? Übelkeit? Trimester? „Du bist schwanger?“
Giulia sah Erik überrascht an. „Hat Marco dir das nicht gesagt? Ich dachte, ihr hättet gestern miteinander gesprochen?“
„Haben wir, aber er hat nur erzählt, dass Giovanni seinen Job verloren hat und ihr überlegt, nach Italien auszuwandern. Mehr nicht.“
„Oh.“ Sie grinste. „Ja, doch. Ganz geplant war’s nicht, aber jetzt, nach dem ersten Schock, freuen wir uns riesig.“ Lachend ließ sie sich von Erik erneut in die Arme schließen.
„Herzlichen Glückwunsch!“, murmelte er in ihr Haar. „Das sind wundervolle Neuigkeiten!“
„Nicht wahr?“ Die beiden lösten sich voneinander und schlenderten den breiten Weg entlang, der einmal quer durch den Park führte. Giulia schob den Buggy vor sich her, Erik zog seinen Koffer hinter sich nach. Er hatte bereits aus seinem Hotel ausgecheckt, um im Anschluss an sein Treffen mit Giulia seinen ICE zu erwischen. „Ich wünschte, wir wären finanziell abgesicherter, aber das schaffen wir schon“, sagte sie nach einigen Schritten.
„Und der Umzug steht fest?“
„Ziemlich, ja. Ein bisschen hadere ich schon noch, aber wenn ich ehrlich bin, ist der einzige wirkliche Nachteil, dass ich dann so weit von meiner Familie entfernt lebe. Andererseits wäre Giovanni wieder näher an seiner.“
„Verstehst du dich gut mit seiner Familie?“, fragte Erik vorsichtig. Das eigene Umfeld aufzugeben, um hunderte Kilometer weg zur Familie des Partners zu ziehen, konnte er sich nur schwer vorstellen. Ein Neuanfang für beide war eine Sache, ein Neuanfang nur für ihn selbst, während sein Partner in alte Strukturen zurückfand, eine völlig andere. Zum Glück keine Frage, die sich so bald für ihn stellen würde.
„Seine Familie war immer gut zu mir“, antwortete Giulia. „Ich kenne die meisten von ihnen zwar nur flüchtig, wir sind ja höchstens ein paar Tage im Jahr dort, aber ich weiß auch, dass Giovanni sie unheimlich vermisst. Ihm wird der Umzug sicher guttun. Ein neuer Job, und zurück zu seinen Liebsten. Deshalb gebe ich mir Mühe, einfach alles offen auf mich zukommen zu lassen, obwohl es mich schon ziemlich nervös macht. Oh, da fällt mir ein, dass ich dir schöne Grüße von ihm ausrichten soll!“
„Danke, sag ihm auch schöne Grüße.“
„Mache ich.“ Zart nahm Giulia Eriks Hand. „Und es tut mir leid, dass ich mich nicht bei dir gemeldet habe. Ich war mir nicht sicher, ob du nach der Trennung von mir hören willst.“
„Ist in Ordnung“, versicherte Erik. „Ich hätte mich ja auch bei dir melden können, aber, naja, ich war mir nicht sicher, ob du nach der Trennung von mir hören willst.“
„Du darfst dich immer bei mir melden!“, sagte Giulia mit Nachdruck. „Immer!“
Erik nickte, weil er seiner Stimme nicht traute. Nach einigen weiteren Schritten murmelte er: „Direkt im Anschluss an die Trennung habe ich aber auch einfach etwas Zeit für mich gebraucht.“
„Klar hast du das, das ist doch völlig normal. Als sich mein erster Freund von mir getrennt hat, habe ich mich drei Tage in meinem Zimmer eingeschlossen, Nothing Compares 2 U in Dauerschleife gehört und jeden weggejagt, der auch nur versucht hat, mit mir zu reden. War besonders lustig für meine kleine Schwester, weil wir uns das Zimmer geteilt haben. Nicht in diesen drei Tagen.“
Erik lachte. „Wie alt warst du da?“
„Vierzehn und die Beziehung bestand ungefähr zwei Wochen. Danach hatte ich dann übrigens Hausarrest, weil mein Vater es überhaupt nicht lustig fand, dass seine Tochter hinter seinem Rücken mit einem Jungen ausgegangen ist. Und ich weiß, dass das nicht mit deiner Situation vergleichbar ist, ich wollte damit nur sagen, dass ich es für absolut normal halte, wenn man nach sowas eine gewisse Zeit für sich braucht.“ Sie neigte den Kopf und betrachtete ihn aus Augen, die Marcos schmerzhaft ähnlich sahen. Haselnuss, hinter der sich warme Glut und manchmal gruselig akkurate Menschenkenntnis verbargen. „Das darf übrigens auch länger als drei Tage dauern.“
„Aus der Sinéad-O’Connor-Phase bin ich jedenfalls raus“, erwiderte Erik schmunzelnd. „Nein, ich denke, alles in allem bin ich inzwischen okay mit der Trennung. Es sollte eben nicht sein.“
„Aber? Und jetzt versuch nicht, mir weiszumachen, dass da keines dranhängt.“
Ertappt. „Im Augenblick genieße ich das Single-Dasein. Also wirklich, das sage ich nicht nur so daher. Irgendwann hätte ich aber natürlich trotzdem gerne wieder jemanden, bei dem ich mir vorstellen könnte, mein Leben mit ihm zu verbringen. Einen, ah, Vertrauten. Klingt das doof?“
„Gar nicht.“
„Die Sache ist nur …“ Erik ging mehrere Formulierungen in seinem Kopf durch, von der keine nicht lächerlich klang, bis er frustriert entschied, die erstbeste auszuspucken. „Marco ist liebenswürdig, warmherzig, verständnisvoll und unendlich geduldig. Wenn nicht einmal er es mit mir aushält, welche Hoffnungen kann ich mir dann schon machen, jemals eine erfolgreiche Beziehung zu führen?“
„Also so einen Blödsinn habe ich ja schon lange nicht mehr gehört.“ Hätte Giulia nicht den Buggy geschoben, hätte sie vermutlich die Hände in die Hüften gestemmt. So genügte der Blick, den sie Erik zuwarf, um klarzumachen, was sie von seinen Gedankengängen hielt. „Nur weil es zwischen dir und Marco nicht geklappt hat, heißt das noch lange nicht, dass es mit niemand anderem klappen wird! Beziehungen gehen auseinander, das ist einfach der Lauf der Dinge. Du bist noch sooo jung, du hast alle Zeit der Welt, jemanden zu finden, der zu dir passt.“
Erik wollte ihr glauben, aber die Zweifel blieben. Er kannte sich, kannte seine Probleme, seine Hemmungen, all die Kleinigkeiten, auf die ein Partner würde Rücksicht nehmen müssen. Nichts daran war einfach, nichts daran machte Spaß.
„Guck nicht so zweifelnd, ich weiß wovon ich rede. Immerhin habe ich es selbst erlebt. Oder dachtest du, Giovanni wäre meine erste ernsthafte Beziehung?“
„Ah, ehrlich gesagt schon.“
Giulia schnaubte. „Von wegen. Vor ihm gab es zwei andere, und da zähle ich die Zwei-Wochen-Beziehung als ich vierzehn war nicht dazu. Nein, bei den beiden, die ich meine, war ich erwachsen. Oder zumindest volljährig. Eine ging über ein Jahr, die andere sogar fast drei und wir haben zusammengelebt. Beide Männer waren ganz wunderbare Menschen. Offen, extrovertiert, familienbezogen und bei beiden dachte ich, das ist er jetzt aber wirklich, der Richtige. War aber nicht so.“
„Darf ich fragen, woran es gescheitert ist?“
„Es hat eben einfach nicht gepasst, ohne dass einer von uns Schuld daran gehabt hätte“, antwortete Giulia. „Wenn sich bei einem Puzzle zwei Teile nicht ineinanderfügen, bist du deshalb doch auch nicht wütend auf sie, oder? Du suchst so lange weiter, bis du das richtige Gegenstück gefunden hast.“
„Du hast mich offensichtlich noch nie beim Puzzeln erlebt.“
Nicht ganz sanft rempelte Giulia Erik mit dem Ellenbogen in die Seite. „Dann solltest du vielleicht generell an deiner Geduld arbeiten. Für Puzzle und für dich selbst. Denn gescheiterte Beziehungen sagen erstmal absolut nichts über die Menschen darin aus, nur über die Beziehung selbst.“
Gequengel aus dem Buggy, das leise startete und von Sekunde zu Sekunde an Lautstärke gewann, beendete das Gespräch vorerst. Allerdings hatte Giulia Erik ohnehin eine Menge geliefert, über das er nachdenken musste.
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Winkend verabschiedete sich Erik am Parkrand von Giulia und ihrer Tochter. Nachdem Bianca aufgewacht war, hatten sie den Großteil ihres Spaziergangs am Spielplatz verbracht, auf einer Bank sitzend, oder mit ihr zusammen im übergroßen Sandkasten. Seine Jeans würde nie wieder die alte werden, und er fürchtete sich davor, herauszufinden, wo überall er die kommenden Tage feine Sandkörner entdecken würde. Gleichzeitig hatte er selten so ausgiebig gelacht wie in der vergangenen Stunde. Jedenfalls nachdem er die erste Enttäuschung verdaut hatte.
Nach der langen Zeit hätte es Erik kaum überraschen dürfen, dass Bianca ihn nicht wiedererkannte, geschmerzt hatte es dennoch, insbesondere mit dem Wissen, sie nach dem heutigen Tag vermutlich so schnell nicht wiederzusehen. Berlin und die kleine Ortschaft in der Toskana, in der Giovannis Familie lebte, trennte doch so mancher Kilometer. Wie so viele seiner Begegnungen in Stuttgart, war auch diese bittersüß gewesen.
Ein Blick auf seine Armbanduhr warf zudem die Frage auf, womit er sich die verbleibende Zeit vertrieb, bis sein Zug abfuhr.
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Selbst, als Erik in die Straße einbog, hatte er noch keine endgültige Entscheidung getroffen, ob er das wirklich für eine gute Idee hielt. Einiges hatte sich seit seinem letzten Besuch verändert – ein frisch gestrichener Zaun, ein neu gepflanzter Baum, ein gesprungener Pflasterstein – vieles fühlte sich genauso an wie früher. Es ließ sein Herz klopfen und seine Augen kribbeln.
Da. Versteckt hinter umrankten Mauern, erhob sich das Backsteinhaus so aus dem Grün des Gartens, wie er es in Erinnerung hatte. Alt, massiv, mit weißgestrichenen Fenstern und einer roten Eingangstür. Das Haus, in dem er seine Kindheit und einen Teil seiner Jugend verbracht hatte. Bis zum Tod seiner Eltern.
Erik kämpfte gegen die Tränen, die ihm in die Augen stiegen, schluckte gegen den Kloß in seinem Hals. Bei genauerem Hinsehen bemerkte er auch hier die vielen kleinen Veränderungen. Das Namensschild, offensichtlich, dazu ein modernerer Briefkasten. Ein Trampolin im Garten, und weiß-gelbe Vorhänge, die sich in der Frühlingsbrise bauschten. Ob hier noch dieselbe Familie lebte, die nach dem Tod seiner Eltern eingezogen war? Oder hatte es erneut den Besitzer gewechselt?
Erik zwang sich, seinen Blick loszueisen und weiterzugehen. Wer auch immer nun hier wohnte, sollte sich nicht fragen müssen, weshalb ein Fremder auf das Haus starrte. Nicht schon wieder.
Schlimm genug, dass es ihn in der Nacht, in der sein Ex ihm vor Augen geführt hatte, wie wenig er ihm bedeutete, ebenfalls hierher verschlagen hatte. Seine Erinnerung verriet ihm nicht, wie lange er damals im Regen gestanden und zu den hell erleuchteten Fenstern aufgesehen hatte, bevor seine völlig aufgelöste Tante ihn hatte aufstöbern können. Zu lange.
Seither mied Erik diese Ecke der Stadt, so wie er auch den Friedhof mied; den Park, durch den er an schönen Tagen mit seinen Eltern geschlendert war, die Eisdiele mit ihren tausend Sorten. Er mied das gehobene Restaurant, in dem seine Familie Hochzeitstage, Geburtstage und andere fröhliche Anlässe gefeiert hatte, ebenso wie das gemütliche Lokal gleich ums Eck, das sie besucht hatten, wenn sein Vater sich nicht zum Kochen motivieren konnte.
Erik mied das Café, in dem er sich zum ersten Mal mit seinem Ex getroffen hatte, und das gesamte Gebiet um dessen Wohnung. Er mied die Bar, in der er gelernt hatte, wie viel er trinken musste, um der unkomplizierte, gehorsame Partner zu sein, den sein Ex wollte.
Je länger er darüber nachdachte, umso mehr Orte fielen ihm ein. Das Schwimmbad, in dem sein ehemaliger Verein trainierte. Das Krankenhaus, in dessen Notaufnahme er gelandet war, nachdem er an einem besonders düsteren Tag zu tief in seinen Arm geschnitten hatte. Seine Grundschule und der Spielwarenladen. Dort hatte er sich nach jeder Zeugnisverleihung eine Kleinigkeit aussuchen dürfen, egal, wie es um seine Noten stand (nicht, dass Erik jemals etwas schlechteres als eine Drei nach Hause gebracht hätte).
Dann das Tässchen, zumindest bis vor seiner Aussprache mit Marco, und selbst jetzt würde er vermutlich eher nicht spontan vorbeischauen. Überhaupt Marco, der ihn unheimlich glücklich und gleichzeitig tieftraurig machte.
So viele Orte, so viele Erinnerungen, die drohten, ihn an jeder Ecke zu überfallen. Plötzlich begriff Erik, weshalb er sich in Berlin wohlfühlte. Diese Stadt war für ihn ein unbeschriebenes Blatt, ein leerer Setzkasten, den er selbst befüllen konnte, anstatt permanent mit altem Ballast konfrontiert zu werden. Bisher hatte er sich das nicht offen eingestanden, doch nun tat er es. So sehr er seine Freunde vermisste, plante er nicht, jemals wieder nach Stuttgart zurückzuziehen.
Kopf und Herz zu voll, um einen klaren Gedanken zu fassen, setzte sich Erik in Bewegung. Er musste einen Zug erwischen.