Nochmal ein Disclaimer: Die Texte aus "Rebecca" gehören immer noch Michael Kunze und Sylvester Levay und sind wieder in kursiv gedruckt (Auszüge aus der BOOTSHAUS-Szene und GOTT, WARUM?)
Die Alpträume hatten Jan fest im Griff. Und diesmal waren die Bilder greifbar. Sein Unterbewusstsein schonte ihn nicht, ließ keine Einzelheit aus. Mit pochendem Herzen lag er wach und spürte den Schweißfilm, der sich über seinem Mund gebildet hatte. Sein Mund dagegen war trocken, das Kissen nass und noch immer zitterte er am ganzen Körper. Er wollte, dass es aufhörte, einfach vorbei war. Weder wollte er davon träumen, noch wollte er sie andauernd in seinem Kopf haben. Das Leben fühlte sich dermaßen ungerecht an, die Aufgabe immer unlösbarer. Es gab einfach kein Entkommen. Kein Vergessen. Kein Ignorieren. Es würde nicht verschwinden. Was bisher als Schatten durch seine Träume geisterte, war auf einmal ein Monster mit einem Gesicht. Wieder wünschte er sich, dass er etwas mehr Mut besessen hätte.
Er ballte die Fäuste und rollte sich zurück auf den Rücken. Der Mond schien ins Zimmer und warf einen hellen Schein auf seine Couch. Obwohl das Fenster geöffnet war und klare Luft hineinströmte, glaubte er, zu ersticken. Nur langsam beruhigte er sich, traute sich aber nicht mehr, einzuschlafen. In der Küche hatte er noch Tabletten gefunden und nahm davon direkt mehrere. Danach rauchte er auf dem Balkon den Rest der Zigaretten, die er noch im Haus hatte. Ihm war schlecht und er fühlte sich elend. Als die Sonne aufging, betrat er wieder die Wohnung und sah nach David, der immer noch fest schlief. Fest hatte er seine beiden Lieblingsstofftiere an sich gepresst. Wie heil seine Welt sein könnte. Und auch daran war er schuld. Wie an so vielem. Leise, um den Kleinen nicht zu wecken, verließ er das Kinderzimmer. Noch zwei Tage bis zur Premiere. Wenigstens Robert wollte er nicht hängen lassen.
Obwohl er sich wie zerschlagen fühlte, lief der zweite Gesamtdurchlauf ordentlich durch. Robert war zufrieden, nur ein paar Szenen wollte er noch wiederholen, schickte seine Darsteller aber erstmal in die Mittagspause. Nur Jan und Femke bat er, noch zu bleiben. Eifrig besprach er mit ihnen noch die ein oder andere knifflige Szene. Femke saß mit gerötetem Gesicht vor ihm und hörte ihm konzentriert zu, Jan ahnte, wie sie sich fühlte. Völlig berauscht von der ersten großen Rolle und dem Glücksgefühl, dass nur erfolgreiche Proben hervorrief. Wie gerne würde auch er diese Magie fühlen. Für ihn war dies alles lästige Pflicht.
"Prima, dann beenden wir den Tag nachher mit Szene 11 aus Akt Eins, dann lasst es euch schmecken", entließ Robert endlich auch sie beide.
Schweigend besserte Jule das Make-Up aus und musterte Jan dabei im Spiegel.
"Du spielst mit dem Feuer, mein Lieber", sagte sie und befestigte vorsichtig das Mikro.
"Was meinst du?", fragte Jan irritiert.
Jule griff nach dem Puder und blickte ihm über den Spiegel in die Augen.
"Schau dich mal an. Was ist los mit dir? Du bist wirklich kaum zu ertragen und so kenne ich dich nicht."
Eilig fuhr sie ihm mit dem Pinsel durchs Gesicht und nickte dann. Zumindest hatte sie ihn so geschminkt, dass er auf der Bühne nicht aus sah wie ein Zombie. Jan stand auf und blieb vor ihr stehen.
"Der Premierenstress, du kennst das doch."
Er griff nach dem Sakko und dem Mantel.
"Papperlapapp", widersprach sie ihm energisch. "Jan, wir kennen uns so lange und ich war mehr als einmal bei einer deiner Premieren dabei. Und in den Vorbereitungen dazu. Also erzähl mir keinen Mist."
Jan schlüpfte in den Mantel.
"Es ist halt nochmal was anderes, wenn du dich dabei alleine um dein Kind kümmern darfst", maulte er und prüfte den Sitz im Spiegel. Wieder schüttelte Jule den Kopf.
"Zum einen hast du ganz wunderbare Unterstützung. Dennoch ja, ich glaube dir, dass die Verantwortung nicht ohne ist. Warum nimmst du seine Mutter nicht in die Pflicht?"
Jan schnaubte verächtlich. "Madame weilt in Miami, soll ich den Kleinen einfach in den Flieger setzen oder wie stellst du dir das vor? Abgesehen davon, dass sie für mich gestorben ist."
Er griff nach dem Hut und sah sie kurz an.
"Ich muss auf die Bühne, Robert wartet", beendete er das Gespräch schroff. Warum konnte sie ihn nur nicht in Ruhe lassen? Traurig nickte sie. Seufzend gab sie den Weg zur Tür frei.
"Das Abschminken kann einer meiner Kollegen übernehmen, falls du Hilfe brauchst. Ich bin dann schon mal weg und nehme David mit, gut?"
Jan hielt inne. Wieder war er unfair gewesen, auch Jule tat so viel. Und sie hatte recht. Ohne sie und Gina, aber auch Ariane, hätte er das Thema David in den letzten fünf Wochen nicht gestemmt bekommen.
"Danke, Jule", sagte er betreten und lächelte sie schief an, ehe er den Raum verließ.
An der Seitenbühne nahm ihn der Caller in Empfang. "Gut. Wir können", sprach dieser in sein Mikro und wies Jan an, an der Treppe zu warten. Jan beobachtete konzentriert den Beginn der Szene und wartete auf sein Stichwort. Nickend bekam er sein Zeichen. Noch von der Seitenbühne rief er seine ersten Zeilen.
Konzentriere dich, befahl er sich innerlich, dann betrat er die Treppe.
Jan blieb auf halber Höhe stehen.
"Was zum Teufel machst du hier?", herrschte er Femke an.
Sie suchte kurz den Augenkontakt, ehe sie antwortete.
"Ich hab mich ein wenig umgesehen. Gehört die ganze Bucht zu Manderley?"
Jan eilte die Treppe hinab umd und prüfte die Tür zum Bootshaus.
"Warst du im Bootshaus?" Jans Tonfall war eisig und Femke reagierte perfekt, wie im Drehbuch beschrieben. Vorsichtig machte sie einen Schritt auf ihn zu und auch er machte zwei große Schritte.
"Nein, warum?", antwortete sie verwirrt und machte große Augen. Wunderbar, er konnte nun richtig Wut hinein legen und das fühlte sich nur gut an.
"Niemand geht da rein, ist das klar." Seine Spielpartnerin schüttelte nun energisch den Kopf.
"Ich war nicht drin, Maxim", versicherte sie ihm scheu.
Er fühlte in sich und legte eine Schippe der unverarbeiteten Gefühle drauf.
"Und ich will auch nicht, dass du hier herunter kommst. Ich hasse dieses dreckige Bootshaus. Es macht mich krank, dich hier zu sehen."
Femke wirkte nun tatsächlich etwas erschrocken, Jan ging weiter auf sie zu und wandte sich dem imaginären Meer zu. Um ihren Bühnenehemann zu besänftigen, versuchte sie ihn nun abzulenken.
"Ist das da draußen eine Boje?" fragte sie daher.
"Warum interessiert dich das? Was geht dich diese gottverdammte Boje an?" Mit wildem Blick starrte er Femke an, schüttelte sie wie abgesprochen an den Armen, deren Mundwinkel zitterten leicht.
"Oh, Maxim, bitte!", flehte sie.
"Was, bitte? Was?", keuchte Jan und schüttelte sie immer weiter, er konnte nun beinahe Diana vor sich sehen. Nur mit Mühe behielt er die Kontrolle. "Bitte, Maxim, du machst mir Angst." Mit diesen Worten drehte sich Femke um und rannte schnell die Treppe hinauf, um die Bühne zu verlassen. Jan blieb allein zurück, schlug sich die Hände vors Gesicht. Nun nur nicht die Fassung verlieren, dachte er. Erst folgte er Femke an den Treppenabsatz, blieb dann im unteren Drittel stehen und winkte verzweifelt ab.
Sein Solo begann Jan mit wütendem Ton und er hob seine Stimme deutlich an. Es kostete ihn viel Kraft, so zu singen, aber immerhin funktionierte es. Noch mit dem Rücken zum Publikum ließ er die ersten Zeilen aus sich heraus.
"Hab ich denn den Verstand verlor`n? Warum ist soviel Angst und Zorn in mir? Ich hass` mich selbst dafür. Was zog mich bloss an diesen Unglücksort? Ich fühl, dass er verflucht, verflucht ist. Gott, warum, warum kam ich zurück nach Manderley?"
Angst und Zorn, seine ständigen Begleiter. Seit Wochen hatten sie ihm fest im Griff.
Nur hier durfte er es einfach mal laut von sich geben. Er raufte sich die Haare und fuhr im Text immer weiter fort. Mittlerweile ging er auf der Bühne hin und her.
"Als ich ein kleiner Junge war, sang mich das Lied der Brandung in den Schlaf und trug mich über`s Meer. Jetzt klingt das Lied der Brandung geisterhaft. Ich weiß, dass ich verflucht, verflucht bin. Gott, warum kam ich zurück? Was bin ich für ein Narr!"
Er blieb stehen und zog den letzten Ton in die Länge. Ja, ein Narr. Genau das war er.
"Hier lebt die Vergangenheit. Hier hat sie gewartet all die Zeit."
Verflucht, das passte. Verdammt und des Glückes nicht wert.
Und die Vergangenheit würde ihn nicht hergeben. Was sollte er nur machen?
Er senkte etwas die Stimme und ließ die nächsten Zeilen einfach heraus.
"Etwas in mir glaubt daran, dass ihre Liebe mich befrein kann von den Bildern, die mich quälen, wenn ich die Augen schliesse."
Er stutzte, als er vor dem Bootshaus stehen blieb. Glaubte er noch daran?
Er, Jan, nicht Maxim?
Konnte Liebe heilen? Ihre Liebe?
Wie besprochen eilte er wieder etwas die Treppe nach oben.
Dann verharrte er dort oben.
"Doch wenn ich mit ihr flieh von hier, dann holt uns irgendwann das Gestern ein. Ich käme nie zur Ruh`."
Er war die Treppe wieder hinabgestiegen und suchte seinen Fixpunkt auf der Bühne.
Wie wahr, eine Flucht war unmöglich, immer wieder würde es ihn einholen.
"Nein, ich bleib da und stell mich dem, was war, bis ich nicht mehr verflucht, verflucht bin."
Die letzten Worte stieß er wütend hervor. War das ein Zeichen? Musste er sich stellen?
Musste er auch über seinen Schatten springen? Er wappnete sich für die letzten Zeilen.
"Ja, darum, darum kam ich zurück nach Manderley. Und ich werde stärker sein, stärker als die Schatten und die Nacht."
Denn letzten Ton hielt er so lange, wie nur irgendwie möglich. Es fühlte sich fast so an, als würde mit dem Gesang etwas anderes aus seinem Körper fließen.
Unbewusst hatte er die Augen geschlossen. Unregelmäßig atmend beendete er den Gesang und schlug die Augen auf.
Jan konnte nicht mehr, er spürte wie sich in seiner Brust alles zusammenzog. Panisch sah er sich um und blickte in die verwirrten Gesichter seiner Kollegen. Er musste hier weg. So schnell wie möglich. Obwohl er sich bemühte, konnte er nicht vermeiden, dass ihm die Tränen in die Augen schossen. Nein, das sollten die Anderen jetzt nicht sehen. Ohne sich noch einmal umzudrehen verließ er hektisch die Bühne und flüchtete in seine Garderobe. Kaum, dass er das Sofa erreichte und sich darauf fallen ließ, spürte er schon den salzigen Geschmack auf der Zunge.
Jan zitterte am ganzen Körper und rollte sich zusammen. Tagelang hatte er dagegen angekämpft, doch nun konnte er sich nicht mehr wehren. Die Proben setzten ihm zu. Das Auseinandersetzen mit der Figur, die ihm gerade so gefährlich nah kam, strengte ihn an. Immer wieder kamen Erinnerungsfetzen hoch und quälten ihn. Dabei wollte er all das nur sauber wegpacken und nie wieder an sich heran lassen. Und doch, so musste er es sich eingestehen, hatte ihn das Erlebte fest im Griff. Kaum noch traute er sich, nach seinen Gefühlen zu tasten. Sofort war da diese Angst, die Wut und vor allem die Hilflosigkeit. Noch immer liefen ihm die Tränen unkontrollierbar über das Gesicht. Der Knoten in seinem Magen fühlte sich schwer wie ein Stein an und er bekam kaum Luft. Er hörte gar nicht, wie es klopfte und schließlich Ariane ihren Kopf durch die Tür schob.
"Jan? Ist bei dir alles in Ordnung?", besorgt blieb sie an der Tür stehen. Er lag mit dem Rücken zu ihr auf der Couch und antwortete nicht. Würde er nur ein Wort sagen, würde er sich verraten. Es kostete ihn Mühe, das Zittern zu kontrollieren, doch Ariane gab sich mit seinem Schweigen nicht zufrieden. Er konnte hören, wie sie die Tür schloss und dann zu ihm kam. Als sie ihre Hand auf seinen Rücken legte und ihn ansprach, fuhr er herum.
"Nicht anfassen!", zischte er und erschrocken ließ sie die Hand sinken. Schnell drehte er den Kopf wieder weg. "Bitte geh, lass mich allein", bat er dann etwas freundlicher. Sie konnte nichts dafür. Sie nicht, Isabelle nicht und überhaupt niemand, der es gut mit ihm meinte. Schuld war er nur selbst. Isabelle, er musste mit ihr reden. Jetzt. Sofort. Andernfalls würde er das nun nicht aushalten, es ging nicht mehr.
Wie gut es getan hatte, als Isabelle dann auf einmal da gewesen war. Jan hatte es erst gar nicht begriffen. Sie war früher gekommen, genau zum richtigen Zeitpunkt. Er hatte sich ein wenig fallen lassen und Mitten in der Nacht beschlossen, dass er ihr alles erzählen musste. Doch zuerst galt es, diese Generalprobe zu spielen und Robert zu besänftigen. Der dürfte nicht gerade begeistert sein, dass Jan am Vortag die Probe abgebrochen hatte. So kurz vor einer Premiere im Grunde ein Gau.
Robert hatte Jan schon erwartet, reichte ihm einen Kaffeebecher und setzte sich dann.
"Bekommst du das hin? Heute und Morgen und überhaupt?", fragte er ihn direkt. Notfalls würde er die Generalprobe schon mit der Zweitbesetzung spielen lassen. So oder so stand er unter Strom und war nervös. Immerhin seine erste Regiearbeit. Er hatte Jan und Ariane ins Boot geholt, weil er sich von ihnen Stabilität versprochen hatte. Zumindest Jan machte ihm da einen gehörigen Strich durch die Rechnung.
"Das gestern war unprofessionell, ja", lenkte Jan ein. "Aber der Durchlauf war gut und ich verspreche dir, dass auch Generalprobe und Premiere top werden."
Gerne wollte Robert seinem alten Freund glauben. Er sah in dessen müdes Gesicht.
"Und dann? Hangeln wir uns dann von Show zu Show? Wir spielen hier en suite, Jan. Das heißt, ich muss mich auf dich verlassen können. An sechs Tagen die Woche."
Jan sah auf seine Schuhspitzen.
"Ja, ich weiß. Robert, ich bekomme das hin. Bitte glaub mir, ich muss unbedingt auf die Bühne."
Der Ältere lehnte sich im Stuhl zurück. Er kannte dieses Gefühl zu gut. Aber er konnte auch sehen, wie schlecht es dem Anderen ging. Langsam beugte er sich vor.
"Gut, wir spielen jetzt die Generalprobe und ich bau auf dich. Aber Jan, ein Patzer, und du bist für morgen raus.Wir brauchen dich in Topform, also kümmere dich um das, was dich umtreibt."
Beide sahen sich erleichtert an. Der Eine, weil er nicht kurz vor knapp umbesetzen musste und der Andere, weil er fühlte, dass er ansonsten explodieren würde.
"Gut, dann mach dich fertig, damit wir pünktlich starten können", meinte Kevin schließlich. Ehe Jan den Raum verlasse konnte, hielt ihn Robert nochmal auf.
"Jan, ich möchte, dass du weißt, dass du jederzeit zu mir kommen kannst. Ich mache meine Arbeit anders als Cornelius. Okay?" Stumm nickte Jan und schlüpfte zur Tür hinaus.
Es war Ariane, die Jan zum Einsingen abholte und später mit ihm zur Bühne ging. Sie hatte Isabelle versprochen, ein Auge auf ihn zu haben und war erleichtert, als er zur Probe erschienen war. Wäre sie nicht dabei gewesen, sie würde glauben, sein Ausbruch vom vorherigen Tag sei ein Ammenmärchen. Ja, er wirkte müde, aber mehr auch nicht. Wie sich sein Zusammenbruch herumgesprochen hatte, konnte auch sie nicht sagen. Sie spürte die kurzen Blicke, als sie mit Jan auf die Bühne trat. Fast alle Darsteller waren schon da und Robert nickte ihnen zu. Femke kam zu ihnen und begrüßte Ariane mit einer Umarmung. Jan lächelte sie offen an.
"Ich freu mich auf die Generalprobe mit dir", sagte sie und Ariane spürte, dass sie ihm damit etwas zeigen wollte. Jan verstand dies offenbar und antwortete Femke ruhig. Eine Weile standen sie so zusammen und unterhielten sich leise. Beruhigt nahm Ariane zur Kenntnis, dass sich Jan entspannte.
"Gut, da jetzt alle da sind, können wir gleich beginnen!", rief Robert und das Geplauder verstumme. Er stimmte sie mit motivierenden Worten nochmals ein und dann gab er das Startzeichen. Alle verließen die Hauptbühne und sammelten sich für ihre Ausgangspositionen. Kurz spürte Jan einen Anflug von Nervosität, doch als er endlich aktiv eingreifen konnte, war auf einmal alles in ihm ruhig. Dankbar und erleichtert spielte er sich ein und merkte Minute um Minute, wie recht er eben bei Robert gehabt hatte. Es tat ihm gut und heute konnte er sich sehr viel besser abgrenzen.
Die Generalprobe verlief ohne große Probleme oder Katastrophen. Alle waren erleichtert und sahen der Premiere mit Aufregung und Freude entgegen. "Dann war es das für heute. Ich danke euch für die wunderbare Probenzeit, es hat mir bis hierhin sehr viel Spaß gemacht. Macht euch einen entspannten Tag, schlaft morgen gut aus und um 16 Uhr treffen wir uns hier. Ich bin sehr stolz auf euch!" Kevins Rede wurde beklatscht und nacheinander verließen sie alle die Bühne. Jan zog sich eilig um und ging mit Jule Richtung Ausgang. Sie hatte schon zugesagt, den Kleinen am Abend zu nehmen und würde ihn später abholen. Gina und Ariane warteten schon draußen und gemeinsam spazierten sie nach Hause. Dabei erzählten und lachten sie so unbeschwert wie lange nicht. Schließlich musste Jule abbiegen und Gina zog es noch in den Supermarkt. So gingen Ariane und Jan den Rest des Weges alleine. "Geht es dir besser?", fragte sie, als sie an ihrer Haustür angekommen waren. Vorsichtig hob Jan die Schultern. "Danke, Ariane", murmelte er und sah sie entschuldigend an. "Alles gut, dafür sind Freunde da. Hab einen schönen Abend und ruh dich aus.", sagte sie, während sie den Schlüssel ins Schloss schob.
Ausruhen? Jan verharrte kurz, ehe er die kleine Wohnung betrat. Nein, heute musste er Isabelle endlich reinen Wein einschenken. Es machte ihm Angst, aber er spürte gleichzeitig, dass er es nicht weiter aufschieben sollte. Es gab bessere Zeitpunkte, bestimmt. Jetzt war es aber sein Versäumnis, dass er zu lange versucht hatte, es zu verbergen. Tief atmete er durch, dann versprach er sich selbst, dass er diesmal keinen Rückzieher machen würde.