„Du hast mir also diese Träume geschickt?“, fragte Cedrick den Schatten, der vor ihm in der Luft schwebte.
Seit mehreren Wochen hatte er diese merkwürdigen Träume, in denen Bilder des Königreichs aufblitzen, es von verschiedenen Plätzen aus zeigten, bis er dann plötzlich aufwachte und die Bilder aus seinem Kopf verschwunden waren.
Dabei war ihm immer wieder dieser Schatten erscheinen. Er schien Cedrick zu rufen, so fühlte es sich jedenfalls für ihn an.
Also hatte er sich auf den Weg gemacht, war durch das Land gezogen und seinem Gefühl gefolgt, bis er schließlich angekommen war. Er stand an einem See, rings herum von einem dichten Tannenwald umgeben. Hinter dem See erstreckte sich eine weite Bergkette, die eine natürliche Grenze des Reiches darstellte.
Und aus dem See war er schließlich aufgetaucht. Der Schatten, der ihn in seinen Träumen zu sich gerufen hatte.
Cedrick spürte ein Kribbeln über seinen Körper laufen. Er war nervös und aufgeregt, weil er nicht wusste, was ihn hier erwartete.
Der Schatten, der die Form eines großen, muskulösen Mannes in einem schwarzen Gewand angenommen hatte und beinahe durchsichtig erschien, nickte. Die Kapuze seines Gewands hatte er tief in sein Gesicht gezogen, dass Cedrick nur Schwärze erkennen konnte.
„Ja, dich habe ich gerufen. Dich, und die Kraft, die du in dir trägst. Denn nur du kannst das Königreich vor der schrecklichen Macht retten, die sich auszubreiten droht.“
Bevor Cedrick etwas erwider konnte, streckte der Schatten seine Hand aus und legte sie über Cedrick‘s Gesicht.
Es war, als würde er in eine andere Welt gezogen werden. Die Bilder aus seinen Träumen flogen an ihm vorbei.
Das Königreich formte sich vor seinem Augen, er sah auf die grünen Wiesen und tiefen Täler hinab, dann, als ob er kurz geblinzelt hätte, veränderte sich das Bild schlagartig. Die Wiesen standen in Flammen, er sah auf Menschen herab, die sich gegen finstere Kreaturen zur Wehr setzten, aber sie waren hoffnungslos unterlegen. Wieder ein Blinzeln, das Bild veränderte sich erneut. Die Flammen waren, genau wie das Land, vergangen. Nun sah er Menschen, die über den Boden krochen, als ob sie irgendetwas suchen würden. Die Wesen fielen über sie her, und die Menschen versuchten zu flüchten. Es gab keine Wälder mehr, die Täler waren verschwunden, überall schien das Chaos zu herrschen.
Dann blinzelte er ein letztes Mal, und der Schatten stand vor ihm, die Welt um ihn herum war in ein tiefes Schwarz getaucht.
„Das wird passieren, wenn du die dunklen Mächte nicht aufhältst, Cedrick“, sprach der Schatten ruhig und Cedrick fühlte, wie das Gesicht des Schattens auf ihn hinab schaute, obwohl es weiterhin unter der Kapuze verborgen lag.
„Aber wie soll ich das machen?“
Er war weder ein Kämpfer noch ein Magier, er war nur ein einfacher Schreiner. Wie sollte er mit seinen Fähigkeiten die Welt vor einer Gefahr retten, die er selbst weder kannte noch sie wirklich verstand?
„Das will ich dir zeigen. Komm.“
Der Schatten breitete seine Arme aus, und eine Brücke erhob sich tosend aus dem See. Am Ende flackerte etwas, das wie eine magische Tür aussah.
Cedrick zögerte kurz. Konnte er dem Schatten trauen? Aber etwas ihn ihm sagte, dass er ihm trauen konnte. Er konnte das Gefühl nicht beschreiben, aber der Schatten kam ihm auf eine merkwürdige Art vertraut vor.
Er schluckte seine Nervosität herunter, straffte seinen Körper und folgte dem Schatten.