Achtung!
Dies ist eine Fortsetzung! Den Anfang findet ihr hier: https://belletristica.com/de/books/17574-writeinktober-2019/chapter/68939-kapitel-21-heilung
Vorsichtig und mit den Waffen im Anschlag stiegen der Kommandant und seine Soldaten über das eingestürzte Tor hinweg und drangen so in den äußeren Ring der Stadt ein.
Wie schon draußen vor den Toren zeichnete sich auch hier in den Displays der Helme ein Bild der Zerstörung ab. Sie schienen sich auf einem ehemaligen Marktplatz zu befinden, überall lagen glühende Holzreste und Planen verteilt. Einige davon brannten und sonderten einen abscheulichen Gestank ab, der aber durch die Atemgeräte in den Helmen zumindest größtenteils abgefangen wurde.
Auch die Häuser im Umkreis lagen zerstört vor ihnen, zeigten nur noch Ruinen einer ehemals glänzenden Stadt. Trotzdem schien es, als ob die Häuser und Mauern sich dem Untergang verwehrten, noch immer blitze hier und da das Weiß der Steine hervor und ließ den herabfallenden Regen ihr natürliches Licht spiegeln. Zwischen den Ruinen und eingefallenen Mauern waren auch vereinzelt Gliedmaße der Bewohner zu sehen, die sich nicht rechtzeitig in Sicherheit hatten bringen können.
Selbst dieser Tod ist noch zu milde für diese degenerierten Wesen, dachte der Kommandant sich und rückte weiter mit seinen Soldaten die Hauptstraße entlang in den Kern der Stadt vor. Sein Ziel war der innerste Kreis, der Hauptsitz der Ketzer. Von dort aus würde er das weitere Vorgehen der Invasionsarmee leiten.
Auf dem Weg stießen sie, wie der Kommandant vermutet hatte, auf einigen Widerstand.
Eine Truppe Widerständler hatte sich zwischen den Ruinen in den Gassen versteckt und wollte sie von hinten überraschen, doch ihre primitiven Waffen konnten die Rüstungen der Soldaten nicht durchschlagen. Ohne Gnade ließ der Kommandant jeden einzelnen Widerständler auslöschen. Und schon schmücken ein paar mehr Leichen die Straßen. Bleibt abzuwarten, ob sie ein mahnendes Beispiel für jene abgeben, die sich uns und ihrer Heilung in den Weg stellen wollen.
Als sie weiter in die Stadt vorrückten, hielt sein Hauptmann den Kommandanten plötzlich an. „Hören Sie das auch, Kommandant?“
Kommandant Greif befahl absolute Ruhe und horchte in die Straßen hinein. Und tatsächlich, zwischen dem prasselnden Regen und dem Grollen des Donners hörte er etwas.
Mit einem Handzeichen bedeutete er seinen Soldaten, ihm leise zu folgen.
Noch immer absolute Ruhe bewahrend, folgte er dem Geräusch, bis sie vor einer eingestürzten Mauer standen. Hier schien einmal ein Haus gestanden zu haben, und von hier kam auch das Geräusch, dass sich nun als eine Art Schreien entpuppte.
„Warten Sie hier“, wies er seinen Hauptmann leise an. „Ich werde mir das selbst ansehen.“
„Verstanden, Kommandant.“
Zusammen mit dem Hauptmann räumten ein paar Soldaten den Schutt aus dem Weg und machten so dem Kommandanten Platz.
Niemand kann sich vor der Macht des Herrn verstecken, dachte er, und mit einer entschlossenen Miene folgte er dem Verlauf des Flures vor sich. Dieser führte ihn in den Keller des Gebäudes hinab. Er stand in einem kreisrunden Raum, in der Decke war ein kleiner Spalt durch den ein wenig Licht hineinfiel und zwei auf dem Boden kauernde Gestalten erhellte.
Die Frau hockte auf dem Boden und beugte sich über das schreiende Baby, versuchte es verzweifelt zu beruhigen. Sie hatte das Eintreffen des Kommandanten gar nicht mitbekommen.
„Habt ihr degenerierten Wesen wirklich gedacht, ihr könntet euch vor uns verstecken?“, rief er mit seiner gebieterischen Stimme.
Die Frau zuckte erschrocken zusammen und wimmerte, drückte das Baby fest an sich. Ihre tränennassen Augen hatte sie auf den Kommandanten gerichtet, dessen Gesicht sie durch den Helm nicht sehen konnte.
Lieber gebe ich ihr etwas anderes, dass sie anstarren kann, dachte er grimmig, und ein finsteres Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er hob seinen Arm, und der Lauf seiner Plasmapistole richtete sich auf die Frau. „Schau mich nicht an, du jämmerliche Gestalt!“, fuhr er die Frau an, die sofort den Blick abwandte und auf den Boden starrte. „Ihr Ketzer verdient es nicht, uns direkt anzuschauen. Ihr solltet allesamt auf dem Boden kriechen und um Gnade betteln!“
Die Frau wurde immer kleiner und beugte sich schützend über das Kind. Mit ein wenig Umerziehung könnte sich dieses Kind später in der Armee nützlich machen. Zumindest als Kanonenfutter.
Plötzlich hörte er ein leises Klicken, und etwas drückte sich seitlich gegen seinen Helm.
„Keine Bewegung“, hörte der Kommandant eine finstere Stimme neben sich knurren. Die Stimme kam ihm erschreckend vertraut vor.
„Asmodeus? Wusste ich doch, dass wir uns eines Tages wiedersehen würden.“
„Waffe runter, Mistkerl!“, herrschte Asmodeus ihn an, und der Kommandant ließ seine Waffe sinken. Das Wimmern der Frau hallte noch immer durch den Raum.
Asmodeus kam langsam und mit vorsichtigen Schritten in das Sichtfeld des Kommandanten, seine Waffe zielte direkt auf den Kopf.
„Und was hast du jetzt vor?“, fragte der Kommandant mit einer süffisanten Stimme. „Mich erschießen?“
„Was glaubst du denn, du verfluchter Hund?“
„Sieh dich doch nur an, alter Freund. Völlig zerzaust bist du. Seit wann trägst du denn so einen Bart? Und deine Rüstung? Liegt dir doch noch zu viel an ihr, dass du sie nicht ablegen magst, obwohl sie so zerkratzt und mitgenommen aussieht?“ Er lachte und breitete seine Arme aus. „Wie es aussieht trifft die Beschreibung eines verlausten Köters eher auf dich zu, oder?“
„Sei ruhig! Ich habe mir zu lange deine Späße und die Akte der Gewalt mit antun müssen. Das, was ihr macht, ist sicher nicht der Wille des Herrn!“
„Das klang früher aber noch ganz anders, mein alter Freund. Warst du nicht immer ganz heiß darauf, dich in die Gefechte zu stürzen? An meiner Seite? Nein, Asmodeus, du verleugnest deinen eigenen Glauben und versteckst dich bei denen, die wir früher zusammen geheilt haben!“
Der Kommandant sah den Funken der Wut in Asmodeus‘ Augen aufglimmen.
„Sprich nicht von einer Heilung, wo es keine gibt! Was ihr macht ist ein Genozid! Ihr macht euch zahlreicher Verbrechen vor dem Herrn schuldig und legt es als seinen Willen aus!“
„Wenn es für dich ein Verbrechen ist, dem Willen des Herrn zu folgen, dann hast du dich dieses Verbrechens auch schuldig gemacht.“, konterte er und sah zufrieden, wie Asmodeus seinen Blick auf den Boden richtete.
„Ich weiß“, gab dieser heiser zu. „Aber ich sühne dafür, und jetzt habe ich die Gelegenheit, deinem Treiben ein Ende zu setzen!“
Der Kommandant machte einen Satz zur Seite, und obwohl er schnelle Reflexe besaß, konnte er den Schüssen aus der auf ihn gerichteten Waffe nicht ganz ausweichen. Zwei Plasmakugeln trafen ihn direkt gegen die Brust, rissen ihn nach hinten und warfen ihn auf den Rücken. Er keuchte und atmete schwer. Nur dank seiner Rüstung, die jetzt zwei große, schwarze Brandspuren auf der Brust aufwies, lebte er noch.
„Ich werde nicht zulassen, dass ihr dieses Volk auch noch auslöscht!“, rief Asmodeus zornig und schoss erneut auf den am Boden liegenden Kommandanten.
Dieser rollte sich zur Seite, ein Schuss streifte sein Bein. Er spürte die Hitze des Plasmas, wie es sich durch seine Rüstung fraß. Zeitgleich konnte er jedoch seine Pistole greifen, die er nach dem ersten Angriff fallen gelassen hatte und wirbelte herum.
Einem Gefühl folgend drückte der Hauptmann ab, das Plasma entlud sich aus seiner Waffe und traf Asmodeus direkt ins Gesicht.
Dieser gab einen erstickten Laut von sich und taumelte ein paar Schritte nach hinten. Dann fiel seinen Körper schließlich um. Er zuckte noch ein wenig, dann lag er still.
Der Kommandant rappelte sich auf und zog sich auf die Beine. Vorsichtig belastete er das verletzte Bein, spürte jedoch nur ein leichtes Ziehen. Sein Blick fiel dabei auf die Leiche seines ehemaligen Freundes.
Armer Irrer. So hätte es nicht enden müssen.
Schnell reparierte er die beschädigte Rüstung, damit nicht zu viel Strahlung in seine hinein gelangen konnte. Dann richtete er seine Waffe erneut auf die Frau, die noch immer über das Kind gebeugt auf dem Boden hockte. Aus dem Wimmern war in der Zwischenzeit einen Weinen geworden.
„Und ihr“, sagte der Kommandant noch immer schwer atmend und sicherte seine Waffe, „werdet jetzt mitkommen.“