Achtung!
Dies ist eine Fortsetzung! Den Anfang findet ihr hier: https://belletristica.com/de/books/17574-writeinktober-2019/chapter/68939-kapitel-21-heilung
Ohne es richtig fassen zu können, hörte sich der Kommandant an, was die Rechte Hand des Imperators ihm zu sagen hatte.
Als Perkulur seine Ausführung beendet hatte, ließ der Kommandant sich in seinem Stuhl zurücksinken.
„Die nächste Invasion?“, fragte er unsicher. Sein Gehirn hatte anscheinend noch nicht alles verarbeiten können.
„Richtig. Unsere Späher haben vor ein paar Stunden den Planeten entdeckt und Kontakt zu uns aufgenommen.“
„Die Soldaten haben sich nicht einmal ausruhen können, Perkulur. Wie soll das gehen? Eine Invasion ist nichts, das man mal eben schnell macht. Eine Invasion erfordert genauste Planung. Und frische, ausgeruhte Soldaten.“
„Ich bin mir sicher, Sie als Planungsgenie unserer Armee werden sich da schon etwas einfallen lassen. Sie wollen doch den Gottimperator nicht enttäuschen?“ Die Gehässigkeit in der letzten Frage war kaum zu überhören.
Der Griff des Kommandanten um die Armlehnen des Stuhls wurde fester. Lass dich nicht von ihm provozieren!
„Gibt es denn nicht andere Kommandanten, die dem System näher sind?“
Doch der Stellvertreter schüttelte nur den Kopf, soweit es die Schläuche und Kabel ihm ermöglichten. „Nein, Sie allein wurden mit dieser Aufgabe betraut. Die Informationen, die uns vorliegen, wurden bereits an Sie übermittelt.“
Im selben Moment blinkte eine kleine Leuchte neben dem Display auf dem Schreibtisch auf.
„Dort werden Sie alles finden, was bisher an Informationen zusammengetragen wurde. Und noch etwas, Kommandant“, fügte Perkulur mahnend hinzu. „Der Gottimperator hat Sie persönlich mit dieser Aufgabe betraut. Ich muss Ihnen ja nicht erklären, was ein Versagen für Konsequenzen nach sich ziehen würde, oder? Immerhin handeln sie doch im Willen des Herrn.“ Danach brach die Übertragung abrupt ab.
Wie kann diese schleimige Eiterbeule von einem Außerirdischen es wagen, sich anzumaßen auch nur das kleinste Bisschen über den Willen des Herrn zu wissen? Nur weil sein Gehirn mit dem Kommunikationsnetzwerk des Reiches verbunden ist, sollte er sich derlei nicht anmaßen dürfen. Ich frage mich wirklich, warum mein Bruder es überhaupt zulässt, dass diese Kreatur an seiner Seite die Verwaltung übernehmen darf.
Der Kommandant atmete ein paar mal tief durch, in der Hoffnung, dass ihn das etwas beruhigen und ein Aufkeimen seiner Migräne verhindern würde. Denn die jetzige Situation bereitete ihm einiges an Kopfschmerzen.
Er aktivierte das Display und lass sich die Informationen durch, die er gerade erhalten hatte. Was ihn dabei stutzen ließ, war der Zeitraum, in welchem sich alles abspielte.
Wie schnell wurde Kontakt aufgenommen, wenn die Meldung über den Planeten erst vor ein paar Stunden einging? In dieser Zeit lassen sich doch keine Verhandlungen führen.
Selbst der Kommandant wusste, dass Verhandlungen mehr Zeit benötigten. Er bekam das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Mit den Informationen, mit der geplanten Invasion, einfach mit allem. Es ging einfach alles zu schnell. Und der Gedanke erschreckte ihn. Noch nie zuvor hatte sich dieses Gefühl bei ihm geregt, doch jetzt meldete sich plötzlich das Misstrauen.
Der Kommandant war auch über sich selbst überrascht. Er liebte den Krieg, den Kampf. Er lebte dafür. Aber gerade jetzt spürte er etwas in sich aufkeimen, dass einer Müdigkeit gleich kam. Er fühlte sich erschöpft und brauchte dringend selbst eine Pause. Doch gerade jetzt kam der Befehl zum Abrücken.
Und wenn Perkulur auf eigene Faust handelt?, schoss es dem Kommandanten plötzlich durch den Kopf. Was, wenn er ganz eigene Pläne verfolgt? Würde mein Bruder das dann merken? Oder vertraut er dieser buckeligen, schleimigen Kreatur mittlerweile zu sehr?
Es störte ihn sehr, dass er nur so wenige Informationen über den Stellvertreter des Gottimperators besaß. Aber soweit er wusste, wusste niemand den er kannte genaueres über diese Kreatur. Woher kam er? Weshalb weiß er über unseren Glauben so gut Bescheid, und warum vertraut mein Bruder ihm?
Der Kommandant fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Nein, mein Bruder wird schon wissen, was er tut. Er ist der Gottimperator. Er ist unfehlbar, denn er handelt im Auftrag des Herrn.
Doch er konnte nicht verstecken, dass das ständige Aufsagen dieser Sätze ihm gerade nicht half. Und das erschreckte ihn umso mehr, denn wenn er sich immer auf etwas verlassen konnte, dann auf seinen unerschütterlichen Glauben.
Plötzlich musste er an die letzten Worte Asmodeus‘ denken. Er hatte schon Recht, denn der Kommandant empfand tatsächlich so etwas wie Neid. Gerne würde er selbst an der Spitze stehen, und jedem Feind des Reiches seine Macht unvergleichliche Macht demonstrieren. Aber das würde ihn nicht dazu bringen, an seinem Bruder zu zweifeln oder ihn gar zu hintergehen. Für ihn war es eine Ehre, dass der Gottimperator auf ihn setzte wenn es schmutzig wurde, und stets konnte sich dieser darauf verlassen, dass der Kommandant seiner Aufgabe auch nachkam.
Doch jetzt gerade fühlte er nur eine unendlich erscheinende Müdigkeit. Er fühlte sich ausgezehrt und benötigte Ruhe. Doch diese würde er nicht finden, wenn er schon jetzt die nächste Invasion würde vorbereiten müssen.
Aber ich habe keine Wahl. Ich werde den Gottimperator und den Herrn nicht enttäuschen und meine menschlichen Bedürfnisse vor ihren Willen schieben. Das wird nicht geschehen!
Seine Gedanken glitten zurück zu Perkulur. Wenn dieser dreckige Wurmfortsatz denkt, dass er auf eigene Faust handeln kann, dann wird er dafür büßen. Mein Bruder wird das merken und ihn dafür zur Rechenschaft ziehen. Und dann wird auch der Herr seiner Seele nicht mehr gnädig sein. Sofern diese Kreatur überhaupt eine Seele besitzt.
Doch der Kommandant wusste, dass es so nicht weitergehen konnte. Es widerstrebte ihm zutiefst, den Gedanken zuzulassen, dass Perkulur weiter an der Seite des Gottimperators arbeiten durfte, obwohl dieser nicht einmal den Glauben an den Herrn schätzte.
Eilig griff er nach einem Datenpad und durchsuchte die Akten, die darauf gespeichert waren. Eine Idee begann, in seinem Kopf heranzureifen, doch er wusste, dass er das alleine nicht schaffen würde. Glücklicherweise hatte er alte Freude und Kontakte, die ihm noch etwas schuldig waren. Keine Sorge, Perkulur. Auch du wirst bald an unseren Herrn glauben.
Der Kommandant sendete die geheimen Botschaften über sichere Kanäle an seine Kontakte und atmete erneut durch. Das, was er vor hatte, würde an Hochverrat grenzen. Aber er war sich sicher, dass sein Bruder das verstehen würde. Es war immerhin zu seinem Besten. Trotzdem musste er vorsichtig sein, und wenn alles so lief wie er sich das vorstellte, dann würde man ihn nicht einmal verdächtigen. Immerhin hielt er sich irgendwo in der Galaxis auf.
Gut, dann soll jetzt der Aufbruch vorbereitet werden, dachte der Kommandant, als er einen Funkkanal öffnete.
„Hauptmann?“
„Ja, Herr Kommandant?“, kam die gewohnt zackige Antwort seines Hauptmanns. Ob ich ihn vielleicht auch mit ins Vertrauen ziehen sollte?
„Veranlassen Sie, dass die Truppen sich zum Aufbruch bereit machen. Wir haben gerade ein neues Ziel bekommen.“
„So schnell?“ Die Unsicherheit schwang hörbar in der Frage mit. „Die Soldaten sind noch nicht ausgeruht, und-“
Ich weiß, Hauptmann. Machen Sie es einfach!“, unterbrach ihn der Kommandant etwas härter als gewollt. „Mich macht es auch stutzig“, sprach er etwas ruhiger weiter, „aber es ist eine direkte Order.“
„Verstanden, Kommandant.“
Auch der Kommandant stand auf und begann damit, sich für den Aufbruch bereit zu machen.
Wenig später dockte das Transportshuttle in der Landebucht der Arrowhead an.
Der Kommandant wurde direkt von Admiral Andulla in Empfang genommen. Es war das erste Mal, dass sie sich persönlich gegenüberstanden.
Der Admiral war ein kräftig gebauter Mann, und wenn der Kommandant richtig schätzte, musste er beinahe seine Vierzig Jahre erreicht haben. Seine kurzen, braunen Haare versteckten sich unter seine Uniformmütze, und seine ebenso braunen Augen blickten den Kommandanten selbstbewusst an.
„Schön, Sie einmal persönlich kennen zulernen, Kommandant“, grüßte Andulla ihn. Beide schüttelten sich die Hände.
„Die Freude ist ganz meinerseits.“
„Wir bereiten derzeit den Sprung in den Hyperraum vor. Uns war nicht klar, dass wir direkt den nächsten Auftrag haben.“
„Mir auch nicht, ich habe vorhin erst davon erfahren.“
Der Admiral führte den Kommandanten auf die Brücke des Schiffs. Durch die großen Fenster hatten sie einen freien Blick auf den Planeten, den sie zusammen von den Ketzern befreit hatten.
„Bereit für den Sprung, Admiral!“, rief einer der Offiziere, und der Admiral gab mit einem Handzeichen den Befehl.
"Glücklicherweise haben wir keine gravierenden Schäden während der Auseinandersetzung mit dem Widerstand davongetragen. Die Reparaturen können wir direkt nach dem Sprung angehen.“
„Sehr gut, Admiral. Dann sollten wir aufbrechen.“
Der Admiral gab der Besatzung auf der Brücke den Befehl. Das Schiff wurde ausgerichtet, und kurz danach verzerrten sich die Sterne und der Planet. Das Schiff sprang in den Hyperraum.
Der Kommandant stand mit aufrechter Haltung neben dem Admiral und war in seine Gedanken versunken.
Was auch passieren mag, und egal, ob es sich um eine Falle von Perkulur oder einen tatsächlichen Befehl handel, ich werde mich nicht beirren lassen. Denn ich werde ihnen allen die Heilung bringen. Auf die eine, oder die andere Art.
Ende der Geschichte über den Kommandanten Johann Greif