Achtung!
Dies ist eine Fortsetzung! Den Anfang findet ihr hier: https://belletristica.com/de/books/17574-writeinktober-2019/chapter/68939-kapitel-21-heilung
Ungläubig schaute der Kommandant auf den Inhalt der kleinen Box. Seine Hand zog ein Medaillon heraus. Es war ein blauer Saphir, der in einer silbernen Haltung eingelassen war, welche an einer passenden Kette hing und langsam hin und her schwang.
Für einen kurzen Moment vergaß der Kommandant alles um ihn herum und erinnerte sich an eine Zeit, als der Krieg noch auf der Erde stattfand.
„Asmodeus! Verdammt, wo bist du?“
Johann drückte sich das nasse Tuch auf Nase und Mund, doch der Qualm schaffte es immer wieder, in seine Lungen einzudringen. Er hustete und keuchte, doch er durfte nicht aufgeben. Er musste seinen Freund retten.
„Asmodeus! Sag etwas!“
Verzweiflung klang aus Johann‘s Stimme. Die Flammen in den Gängen schlugen höher und drohten damit, das ganze Gebäude zu verschlingen. Und Asmodeus war noch irgendwo in diesem Gebäude.
„Johann?“, hörte er eine leise, schwache Stimme.
„Asmodeus?“
„Ich bin hier!“
Johann kämpfte sich durch den Schutt, der ihm im Weg lag und durchquerte den Gang. Er musste noch ein Stockwerk höher.
Ein Querbalken über ihm stürzte ein und hätte ihn beinahe zerquetscht, hätte er nicht im letzten Moment einen Sprung nach vorne gemacht. So gelange er ins Treppenhaus und stürmte die Treppen nach oben.
„Asmodeus! Ich bin auf dem Weg! Sag was!“
„Hier!“, hörte er Asmodeus leise rufen, dann hörte er ein Husten.
Johann wusste, dass er sich beeilen musste. Nicht nur, dass das Haus brannte, es waren auch schon die feindlichen Streitkräfte auf dem Weg zu dieser Position. Wenn Asmodeus und er sich dann noch hier befinden würden, wären sie sowieso verloren.
Johann kämpfte sich weiter durch den Gang, achtete auf einstürzende Balken und den Rauch.
Dann fand er Asmodeus endlich. Er lag in einem großen Raum, welcher wahrscheinlich einmal als Besprechungszimmer gedient hatte. Sein Oberkörper lag frei, doch seine Beine waren unter einem eingestürzten Balken und Schutt begraben.
„Verdammt!“ Johann rannte schnell zu ihm und kniete sich neben ihm.
Asmodeus schaute ihn aus verquollenen Augen an. Er weinte, und gleichzeitig setzt der Qualm des Feuers ihm zu.
„Es war ein Unfall, Johann“, wimmerte er. „Ein Unfall. Ich wollte das nicht. Bitte, das musst du mir glauben!“
„Ich glaube dir ja, verdammt. Jetzt muss ich dich erst einmal hier raus schaffen!“
Johann schaute sich hektisch um und versuchte etwas zu finden, mit dem er den Balken anheben konnte. Er war zu heiß, um ihn mit bloßen Händen zu bewegen.
„Ich kann meine Beine nicht bewegen“, presste Asmodeus angestrengt durch zusammengebissene Zähne hervor.
„Ich mach so schnell ich kann.“
Dann entdeckte Johann eine Eisenstange in der Ecke des Raumes. Er holte sie schnell und zog den noch intakten, massiven Schreibtisch neben sich und seinen Freund.
Mit Wucht stieß Johann die Eisenstange unter den Holzbalken, bevor ihn ein Hustenanfall ereilte. Er keuchte und spürte, wie seine Lungen langsam anfingen, ihren Dienst zu versagen. Beide hatten nicht mehr viel Zeit.
Mit voller Kraft stemmte er sich auf die Eisenstange. „Nach komm schon! Beweg dich, du dämliches Stück Holz!“
Langsam bewegte sich der Balken. Der Schutt fiel auf den Boden, es knackte und knarzte laut. Unter ihnen musste das Feuer schon die Decke erreicht haben.
Noch während er sich auf die Stange stemmte, öffnete er mit dem Fuß eine der Schubladen des Schreibtisches und verkeilte darunter die Eisenstange. Da der Schreibtisch aus massiven Holz gefertigt war, hielt er der Belastung stand.
Johann hockte sich hinter seinen Freund, legte ihm die Arme um den Bauch und zog ihn unter dem Balken hervor.
Dabei schrie Asmodeus plötzlich auf.
Johann hob seinen Blick und starrte entsetzt auf den linken Unterschenkel seines Freundes, welcher auf der Stelle liegen blieb und sich gänzlich vom Oberschenkel löste.
Johann unterdrückte ein starkes Würgen, welches in seinem schon gereizten Hals nur noch mehr brannte, und legte sich seinen noch vor Schmerzen schreienden Freund über die Schultern.
„Es wird alles gut!“, sprach Johann auf ihn ein. Vielleicht wollte er damit auch nur seine eigene Panik unterdrücken, die langsam drohte, die Oberhand zu gewinnen.
Zusammen mit seinem Freund auf dem Rücken machte er sich auf den Weg zum Ausgang.
„Na los! Macht schon!“, rief der Fahrer des Truppentransporters, der vor der Tür auf sie wartete. „Der Feind ist schon in der Stadt, wir müssen hier weg!“
Kaum waren Johann und Asmodeus hinten auf der Ladefläche, setzt sich der Wagen in Bewegung.
Johann machte sich sofort daran, das verstümmelte Bein seines Freundes zu behandeln. Er verband es notdürftig und versuchte, die Wunde zu säubern.
„Ein Unfall. Ein Unfall“, wiederholte Asmodeus immer wieder zwischen dem Keuchen, welches ihm entfuhr, sobald Johann etwas an der Wunde machte.
Wenig später kam der Truppentransporter in der vorgeschobenen Basis an. Asmodeus wurde sofort von den Ärzten in Empfang genommen und behandelt, während Johann vor dem Zelt wartete und um seinen Freund bangte.
Kurz darauf kam ein Arzt heraus und teilte ihm mit, dass es Asmodeus soweit gutgehen würde. Sofort ging Johann in das Zelt und setzte sich neben das Krankenbett, in welchem Asmodeus
unter einer bis zum Hals hochgezogenen Decke lag. Er lächelte, als er Johann sah.
„Danke“, flüsterte er schwach und schaute Johann direkt an. „Du hast mir das Leben gerettet.“
„Du hättest das auch für mich gemacht. Wir sind Freunde, und ich wir haben uns immer gesagt, dass wir uns nicht im Stich lassen. Daran halte ich mich.“
Asmodeus griff unter seine Decke und zog sich etwas vom Hals. Als er die Hand unter der Decke hervor nahm, schaute Johann auf ein blaues Medaillon.
„Ich möchte dir das hier schenken, Johann. Als Dank.“
Johann nahm es an sich und betrachtete einen Moment lang den funkelnden Saphir, der in einer silbernen Halterung eingelassen waren. Dann gab er ihn Asmodeus wieder.
„Behalte du ihn. Er gehört zu deiner Familie, und es ist mir wichtiger, dass du wieder gesund wirst und auf die Beine kommst.“
Johann hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen, als er merkte, was er da gerade gesagt hatte, doch Asmodeus lachte nur, bis ein Husten ihn unterbrach.
„Mach dir nichts draus, mein Freund. Ich muss mich da auch erst dran gewöhnen. Die Ärzte sagten, ich werde eine Prothese bekommen, und mit etwas Geduld und Übung werde ich damit beinahe so gut laufen können wie mit dem Original.“
„Du und Geduld?“
„Wird auch eine anstrengende Zeit für mich, das kannst du glauben.“
Dann lachten beide zusammen.
„Kommandant, ist alles in Ordnung?“
Die Stimme des Hauptmanns riss den Kommandanten aus der Erinnerung und holte ihn unsanft in die Gegenwart zurück.
„Kommandant?“, erkundigte sich der Hauptmann noch einmal vorsichtig.
„Ja. Ja, alles in Ordnung.“
Der Hauptmann sah das Medaillon in der Hand des Kommandanten. „Was ist das? Es sieht kostbar aus.“
Das ist es auch, nur nicht so, wie du es dir vorstellst, dachte der Kommandant. Er warf die kleine Box achtlos in die Ecke und steckte das Medaillon in eine seiner Taschen am Gürtel.
„Das ist sicher nur etwas, dass diese Ketzer zum Anbeten ihrer Götzen verwenden“, wiegelte der Kommandant ab.
„Kommandant, wir haben gerade die Meldung bekommen, dass das Zentrum der Stadt eingenommen wurde. Der Weg dahin scheint sicher zu sein“, sagte der Hauptmann, ohne weiter auf das Medaillon einzugehen.
„Gut, wir werden uns sofort auf den Weg dahin machen.“
„Verstanden“, antwortete der Hauptmann und gab die Anweisung per Funk an die restlichen Soldaten durch.
Zusammen mit den Soldaten, sowie der Frau, die noch immer ihr Baby umklammert hielt, machte der Kommandant sich auf den Weg in das Stadtzentrum.