Der Osterhase bringt die Eier, so lernt man das als Kind. Natürlich legen die Osterhasen die Eier nicht selbst, sie stammen von Hühnern und wurden danach bemalt. Doch wie ist das in anderen Ländern?
Beispielsweise Australien, dort gibt es sogar eierlegende Säugetiere. Bringt dort das Schnabeltier oder der Kurzschnabeligel die Eier?
Nein? Dann doch der Osterhase?
Natürlich nicht! Das macht der Osterbilby!
Der bitte was?!?
Vielleicht sollten wir bei den Basics beginnen: Was ist ein Bilby und warum haben wir noch nie von ihm gehört? Der Große Bilby (Macrotis lagotis) auch Großer Kaninchennasenbeutler genannt, ist eine in Australien lebende Beuteltierart aus der Gruppe der Nasenbeutler. Sie haben eine lange Schnauze und ebenso lange Ohren. Mit diesen können die Kaninchengroßen Tiere ausgezeichnet riechen und hören. Ihr Fell ist blaugrau mit braunen Flecken und sehr weich. Geradezu flauschig. Der Schwanz ist schwarz und weiß mit einem deutlichen Kamm. Die Tiere sind ausgezeichnete Gräber und können mit ihren starken Vorderbeinen und gut entwickelten Krallen ausgedehnte Tunnelsysteme bauen.
Wenn es einen Großen Bilby gibt, gibt es dann auch einen kleinen Bilby?
Gab, ist leider die richtige Formulierung, der Kleine Kaninchennasenbeutler (Macrotis leucura) ist im 20. Jahrhundert ausgestorben. Der dramatische Rückgang der Populationen war dem Lebensraumverlust durch Viehweidegründe und vor allem auch durch Verdrängung und Prädation von biologischen Invasoren geschuldet.
Als biologische Invasion bezeichnet man allgemein die durch den Menschen verursachte Ausbreitung einer invasiven Art in einem Gebiet. Eine invasive Art wiederum ist eine Art, welche in einem Gebiet natürlicherweise nicht vorkommt, wie beispielsweise der Waschbär (Procyon lotor). Da der Begriff "biologische Invasion" stark militärisch klingt und eine eingeführte Spezies nicht zwingend negativ seien muss, so ist das Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) in weiten Teilen Euorpas (auch Deutschland, Österreich und Schweiz) vom Menschen eingeführt worden, dort aber verhältnismäßig unproblematisch, wird häufig der Begriff Neobiota verwendet. Gelegentlich ist es auch so, dass ein Neobiota keinerlei Schaden für ein Ökosystem bedeutet, bis nicht ein weiterer Neobiota eingeführt wird, welcher eine Kettenreaktion auslöst. So verursachte beispielsweise die Gelbe Spinnerameise (Anoplolepis gracilipes) als Neozoon auf den Weihnachtsinseln jahrzehntelang keine Probleme. Nachdem aber die Schildlaus (Coccus celatus) eingeschleppt worden war, konnte die Gelbe Spinnerameise von dem Honigtau der Schildlaus profitieren und die Ameisenpopulation expandierte drastisch. Dies führte zu einem Rückgang der auf den Weihnachtsinseln endemischen Weihnachtsinsel-Krabbe (Gecarcoidea natalis) und zu größeren Schäden in den Wäldern der Insel.
Man unterscheidet bei den Neobioata, neben Tieren (Neozoen), auch Pflanzen (Neophyten) und Pilze (Neomyceten).
Es ist zudem nicht immer eindeutig feststellbar, ob sich eine Art nun aufgrund menschlicher Einflüsse, z.B. Verschleppung oder Kanalbauten, ausgebreitet hat, oder ihr Verbreitungsgebiet natürlich erweiterte.
Laut einer 2015 in der Nature veröffentlichten Studie wurden nachweislich mindestens 13.186 Pflanzenarten durch den Einfluss des Menschen aus ihrem ursprünglichen Lebensraum in andere Regionen verschleppt und in anderen Teilen der Welt heimisch, wo sie niemals Fuß fassen bzw. Wurzeln schlagen hätten können. Dabei ist die größte Anzahl an Neophyta in Amerika verzeichnet, die meisten Neophyta stammen aus Europa.
Um zurück auf die Bilbies zu kommen, so waren die Neozoen, welche zum Aussterben des Kleinen Kaninchennasenbeutlers eingeschleppte Rotfüchse und Hauskatzen, welche als zusätzliche Prädatoren, den kleinen Beutlern zu Leibe rückten. Neben dieser Bedrohung verdrängte vor allem das eingeschleppte Wildkaninchen die kleinen Kaninchennasenbeutler von ihren Nahrungsgründen, sodass sie zwischen 1930 und den 1960ern wohl ausgestorben sind.
Es sind eben jene Neozoen und Probleme, die auch den "größeren Bruder" der großen Bilby an den Rand des Aussterbens treiben. Heute leben wohl nur noch weniger als 9000 dieser Beuteltiere in der Natur und die IUCN listet ihren Bestand als vulnerable (gefährdet). Der Bestand ist abnehmend. Im Bundesstaat Queensland ist die Art sogar vom Aussterben bedroht, dort leben laut Schätzungen kaum mehr als 600 bis 700 Bilbies. Ohne Schutzbemühungen wird der Große Bilby dem Kleinen Bilby folgen, nur ein Jahrhundert später.
Die Geschichte vom Osterbilby
1999 wurde der „Save the Bilby Fund“ ins Leben gerufen. Die Organisation sammelte 300.000 Australischer Dollar durch Spenden und konnte 2003 so einen 20 Kilometer langen Zaun kaufen um ein 14 Quadratkilometer großes Stück Land im Currawinya National Park einzäunen. Dort sind die Bilbies vor Füchsen, Katzen und Dingos sicher und vermehren sich.
Neben diesen Prädatoren stellen vor allem Kaninchen (und Hasen), seit ihr Einschleppung im 19. Jahrhundert, in Australien eine große Umweltplage dar. Neben der Verdrängung einheimischer Arten (nicht nur der Bilbies), verursachen sie Erosionsprobleme und töten junge Bäume durch Ringelung (ringförmiges entfernen der Rinde).
So verwundert es nur wenig, dass der Osterhase nicht bei allen Australiern beliebt ist.
Die Idee vom Osterbilby begann 1968 mit der Geschichte eines neunjährigen Mädchens.
1979, also elf Jahre später, veröffentlichte Rose-Marie Dusting ihre Erzählung: "Billy The Aussie Easter Bilby".
12 Jahre später, 1991, hatte dann Nicholas Newland, der Gründer der "Foundation for Rabbit-Free Australia" aus diesem Gedankenkeim eine vollständige Idee entwickelt. Er setzte sich zum Ziel den Osterhasen mit dem Osterbilby auszutauschen. Damit wollte er Aufmerksamkeit für das Umweltproblem schaffen, welches Kaninchen und Hasen verursachen. Mehr noch mit dieser Idee wollte er auch der Umwelt etwas Gutes tun. Die Geburtsstunde des Schokoladenbilbies. Dieser wurde allmählich und immer häufiger in den Supermärkten verkauft, ein Teil seines Erlöses kam und kommt dem Schutz der Bilbies zugute.
Je nachdem welcher Bilby gekauft wurde/werden unterschiedliche Beträge an den Schutz der Bilbies gespendet:
50 Cent aus dem Verkauf jedes Large Bilbys
30 Cent aus dem Verkauf jedes Medium Bilbys
5 Cent aus dem Verkauf jedes kleinen Bilbys
Im Jahr 2002 wurden so 33.459 US-Dollar für den Schutz der Bilbies gespendet.
Im Jahr 2003 sogar 40.000 US-Dollar.
Also eine Geschichte mit Happy End?
Der Osterhase lässt sich leider ähnlich schwer wie seine tierischen Verwandten aus Australien vertreiben. Und in den letzten Jahren sank das Interesse an der etwas teureren, aber dafür der Umwelt helfenden Schokolade. Das Interesse sank leider so weit, dass große Schokoladenproduzenten den Osterbilby wieder aus ihrem Sortiment nahmen. Er wurde zum Nischenprodukt.
Doch geschlagen gibt man sich nicht, allein schon um den Bilbies eine Zukunft zu geben.
Quellen
- Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0-8018-5789-9
- Ingo Kowarik: Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa., S. 21.
- Ingo Kowarik: Biologische Invasionen; Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8001-5889-8, S. 40 (Kowarik verweist auf: Dennis J. O'Dowd, Peter T. Green, P. S. Lake: Invasional 'meltdown' on an oceanic island. In: Ecology Letters Band 6, Nr. 9, 2003, S. 812–817, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1046/j.1461-0248.2003.00512.x Abgerufen am 2.04.2021).
- Mark van Kleunen et al.: Global exchange and accumulation of non-native plants. In: Nature. Band 525, Nr. 7567, 2015, S. 100–103, https://www.nature.com/articles/nature14910 Abgerufen am 2.04.2021
- Macrotis lagotis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN https://www.iucnredlist.org/species/12650/21967189 Abgerufen am 2.04.2021
- "Wild about bilbies and a rabbit-proof Easter - smh.com.au". www.smh.com.au. https://www.smh.com.au/environment/wild-about-bilbies-and-a-rabbit-proof-easter-20030419-gdgmj9.html Abgerufen am 2.04.2021
- https://www.gesundheit.de/wissen/haetten-sie-es-gewusst/allgemeinwissen/was-ist-ein-osterbilby Abgerufen am 2.04.2021
- http://members.optusnet.com.au/bilbies/Easter_Bilby_3.htm Abgerufen am 2.04.2021
- Veríssimo, Diogo (December 2017). "The Easter Bilby as a counter-marketing strategy for biodiversity conservation". Revista de Gestão Dos Países de Língua Portuguesa. 16 (3): 59–72. ISSN 1645-4464 http://www.scielo.mec.pt/scielo.php?script=sci_abstract&pid=S1645-44642017000300006&lng=en&nrm=iso&tlng=en Abgerufen am 2.04.2021
- https://www.australiangeographic.com.au/topics/history-culture/2019/04/where-are-all-the-chocolate-bilbies-this-year/ Abgerufen am 2.04.2021