Am 24.12.2021 veröffentlichte ich ein Kapitel zur Besorgnis erregenden Entwicklung der Bsal-Infektionen bei Feuersalamandern (siehe Pandemische Versäumnisse). Seitdem hat sich ein bisschen was getan und es ist Zeit für einen kleinen Nachtrag (man braucht das Kapitel fürs Verständnis nicht unbedingt lesen, aber wer mehr Informationen mag, sei gerne zu dem Kapitel eingeladen).
Der Feuersalamander (Salamandra salamandra) ist in Deutschland, insbesondere in Bayern, durch den Verlust seines Lebensraums bereits eine gefährdete Spezies. Dieser Umstand wurde verschlimmert durch die Einschleppung eines Hautpilzes namens Batrachochytrium salamdrivorans oder kurz Bsal. Dieser Pilz verbreitet sich sehr schnell und hat pandemische Züge unter den Feuersalamandern (und anderen Schwanzlurchen). Es ist so schlimm, dass die markante Amphibie in weiten Teilen Deutschlands oder Europa aussterben könnte. Dass, dass nicht einfach ein Schauermärchen ist, zeigt die aktuelle Entwicklungslage. 2020 wurde Bsal im Steigerwald erstmals bei Feuersalamdern nachgewiesen. Im Ruhrgebiet, in der Eifel, sowie in angrenzenden Teilen Belgiens und der Niederlande, hat der Virus bereits zugeschlagen und Teilpopulationen gänzlich ausgelöscht.
Dieses Horrorszenario abzuwenden, ist eines der Ziele eines gemeinsamen, ehrgeizigen Projekts der drei bayrischen Naturschutzverbände LBV (Kandesbund für Vogel- und Naturschutz), BUND Naturschutz und LARS (Landesverband für Amphibien- und Reptilienschutz).
Doch ist das überhaupt realistisch zu erreichen? Oder schon alles verloren?
Um sich dieser Frage zu stellen, haben die Naturschützer eine Machbarkeitsstudie bei den Experten von Frogs & Friends in Auftrag gegeben.
Die Studie ergab, dass wenn man wirklich eine realistische Chance haben will, den Feuersalamander vor dem Aussterben zu bewahren und damit auch ihre genetische Vielfalt zu retten, müssen Tiere in menschliche Obhut (ex-situ: Die Koordination und Umsetzung von Zuchtprogrammen außerhalb natürlicher Lebensräume) genommen werden.
Nur so können genetisch vielfältige Zuchtstämme aufgebaut werden, die als Reservepopulation dienen, um den Worst Case abzuwenden. Proaktives Handeln ist dabei enorm wichtig, Handeln, schneller als der Pilz, kann am Ende das Überleben des Feuersalamanders bedeuten.
Die Machbarkeitsstudie beschäftigt sich nicht nur allein mit der machbarkeit des Unterfangens, sondern auch wie es am effizientesten umgesetzt werden kann. Was steht an genetischem Material bereits in Haltungen zur Verfügung? Welche Kapazitäten gibt es? Und so weiter...
Das daraus sich ergebende Maßnahmenpaket sieht vor, in einer fünfjährigen Initialphase zuerst eine breite fachliche Expertise und ein Netzwerk an möglichen Standorten für die Zucht der Feuersalamander aufzubauen.
Doch das kostet Geld, mit rund einer halben Million Euro rechnet die Machbarkeitsstudie, eine Inflation und andere Faktoren, könnte die Kosten weiter steigen lassen. Um die Gelder aufzutreiben, bemühen sich die Partner um Förderungen des Bundes und der Länder (es schadet dabei nicht, wenn man als Bevölkerung dabei auch mit Aufmerksamkeit unterstützt, etwas öffentlicher Druck tut solchen Entscheidungen ganz gut).
Für den Anfang sollen Feuersalamander aus drei Populationen entnommen und auf fünf Standorte verteilt werden. Diese Standorte unterscheiden sich in ihren Haltungsformen, um den Best möglichsten Weg für eine Feuersalamanderzucht zu ermitteln.
Damit das Ganze funktioniert, soll so viel Expertise wie möglich zusammen kommen, das schließt auch Zoos und Privathalter ein.
Das zentrale Management, die Verwaltung der einzelnen Zuchtpopulationen und wer mit wem züchten darf, könnte von Citizen Conservation (CC) übernommen werden. Sie haben bereits Erfahrung mit solchen Projekten, in denen Zoos und Privathalter am gleichen Strang ziehen, organisieren sie doch schon 17 vergleichbare Projekte für die Erhaltung von vom Aussterben bedrohter Arten.
Erste Erkenntnisse konnten zudem bereits gewonnen werden. Denn in menschlicher Obhut konnte in der Quarantänestation des Tiergarten Nürnbergs fünf von Bsal befallene Feuersalamander erfolgreich geheilt werden. Allerdings können die geheilten Tiere vorerst nicht in ihren Lebensraum zurück, da sie sich im kontaminierten Gebiet, sofort wieder anstecken können, weshalb sie erstmal im Tiergarten verbleiben.
Eine Möglichkeit Tiere auf die gleiche Weise in der Natur zu behandeln gibt es bisher nicht.
Weiter wird bis August 2024 in acht verschiedenen Schwerpunktgebiete die Bestände der Feuersalamander bzw. die Larven in den entsprechen Absetzgebieten gezählt, um einen Überblick über den Status quo zu erhalten. Auch diese Maßnahme stammt aus der Machbarkeitsstudie, so soll nicht nur die aktuelle Startpostion für das Projekt geklärt werden, sondern auch, Einbrüche von Beständen frühzeitig erkannt werden, um ihnen so direkt entgegenwirken zu können. Weiter sollen so auch Optimierungen für die Lebensräume von Feuersalamandern gefunden werden, um so auch gegen die nicht-pandemische Bedrohung des Lebensraumverlustes vorzugehen.
Es braucht eine nationale Strategie, damit Team Feuersalamander am Ende Erfolg haben kann. Eine Grundlage dafür ist die bereits durchgeführte Machbarkeitsstudie. Auch die fachliche Expertise, die Bereitschaft der Enthusiasten und Experten ist da. Was noch fehlt, ist ein staatliches Bekentnins zur Verantwortung für den Feuersalamander, also ein nationales Artenhilfsprogramm, dass eine Ex-situ-Haltung beinhaltet.
Es wäre ein Paradebeispiel für gelebten Artenschutz, in dem die Expertise von Freilandbiologen, Tierhaltern und Wissenschaftlern zusammen fließt, um ein gemeinschaftliches Rettungsprogramm für Arten und deren Lebensräume zu verwirklichen.
Quellen
- Penner, Johannes; Werning, Heiko; Dubberke, Vanessa; Patanant, Kidan; Rödel, Mark-Oliver; Encke, Björn (2022): Machbarkeitsstudie zur Ex-situ-Erhaltungszucht des Feuersalamanders (Salamandra salamandra) - Das Beispiel Bayern (version 1) vom 8.2.2022 https://zenodo.org/record/7665268#.ZDBpPN1ByM8 Abgerufen am 7.04.2023
- https://www.lbv.de/naturschutz/artenschutz/amphibien-und-reptilien/feuersalamander/ Abgerufen am 7.04.2023
- https://www.bund-naturschutz.de/pressemitteilungen/artenhilfsprogramm-fuer-feuersalamander Abgerufen am 7.04.2023
- https://altoetting.bund-naturschutz.de/natur-und-umweltthemen/biotop-und-artenschutz/artensteckbriefe/amphibien/feuersalamander Abgerufen am 7.04.2023
- https://www.lars-ev.de/arten/ampss.htm Abgerufen am 7.04.2023
- https://citizen-conservation.org/stories/feuersalamander-nachzucht-in-deutschland-2/ Abgerufen am 7.04.2023
- https://citizen-conservation.org/feuersalamander/ Abgerufen am 7.04.2023