Es ist ein Sieg, kein allumfassender Sieg, aber ein großer Etappensieg auf dem Weg zu einer Zukunft. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrere Klimaklagen für teilweise begründet erklärt. Damit ist das im Dezember 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz unzureichend und auch verfassungswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht gab an, dass das Gesetz zukünftige Generationen zu sehr belastet und so deren Grundrechte verletzen würde. Der Bund muss mehr für den Klimaschutz tun.
Doch was genau bedeutet dieses Urteil im Details? Was wird darauf folgen?
Klimaurteil - Eine Entscheidung
Das Klimaurteil befasste sich mit insgesamt vier Klagen und besteht aus drei zentralen Urteilen, diese sind:
1. Die Klimapolitik der Bundesregierung verstößt nicht gegen grundrechtliche Schutzpflichten des Staates gegenüber seinen Bürgern.
2. Aber die bisherige Klimapolitik der Bundesregierung verletzt die grundrechtlichen Freiheiten zukünftiger Generationen.
Das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung regelt allein, dass Deutschland bis 2030 seine Treibhausgas-Emissionen gegenüber dem Stand von 1990 um 55 Prozent reduziert. 1990 waren es 1248 Millionen Tonnen CO2-Emissionen, eine Reduzierung um 55 Prozent würde für das Jahr 2030 bedeuteten, dass dann immer noch 561,6 Millionen Tonnen CO2-Emissionen verursacht werden. Der Witz an dem ganzen, 2019 hatte Deutschland bereits 35,1 % seiner CO2-Emissionen verringert, man wollte also in den verbleiben 11 Jahren nur 19,9 Prozent CO2 einsparen. Jedes Jahr, rein statistisch betrachtet, spart Deutschland 1,2 Prozent Emissionen ein, das wäre in 11 Jahren eine Senkung von 13,3 Prozent Emissionen, ohne das Klimaschutzgesetz, was die restlichen 6,6 Prozent regelt.
Weiter sollte mit dem Klimaschutzgesetz der Weg zur Klimaneutralität geregelt werden. Was bedeuten würde, dass bis 2050 561,6 Millionen Tonnen CO2-Emissionen neutralisiert werden müsste. Innerhalb von 20 Jahren währen das 28,8 Millionen Tonnen CO2-Emission pro Jahr weniger. Während bis 2030, gerade einmal 7,488 Millionen Tonnen reduziert werden sollten, das ist annähernd das Vierfache.
3. Die Ziele des Pariser Klimaabkommens, werden von dem Bundesgerichtshof, als im Grundgesetz verankert betrachtet
Das Urteil wird damit begründet, dass die Bundesregierung die Ziele des Pariser Klimaabkommens explizit als Grundlage ihres Klimaschutzgesetztes anführte. In diesem Abkommen soll die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius und bestenfalls auf 1,5 Grad Celsius Erderwärmung begrenzt werden. Dieses Ziel ist, so der Bundesgerichtshof, in Grundgesetz-Artikel 20a verankert, welcher lautet: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung."
Besonderer Gewichtung wird dem zentralen Satz des Urteils zugewiesen, dieser lautet: "Danach darf nicht einer Generation zugestanden werden, unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde."
Auf normalem deutsch bedeutet das, der Kampf gegen den Klimawandel darf nicht zu großen Teilen auf kommende Generationen abgewälzt werden, wir müssen jetzt handeln und langfristig planen. So viel wie möglich jetzt erledigen, das ist die Devise.
Was folgt auf das Urteil?
Die Bundesregierung kann nicht in Revision gehen, sondern ist verpflichtet, ihr Klimagesetz bis zum 31. Dezember 2022 anzupassen oder muss ein neues Gesetz auf den Weg bringen. Genaue inhaltliche Vorgaben macht das Verfassungsgericht nicht, da es sich allein auf das Klimaschutzgesetz von 2019 bezieht, aber anhand der Urteilssprechung wurden die Rahmenbedingungen für die zukünftige Klimapolitik gesetzt.
1. Die Klimapolitik Deutschlands darf nicht mehr zu großen Lasten auf zukünftige Generationen abgewälzt werden. Sie muss demnach ambitionierter werden.
2. Das Pariser Klimaabkommen ist auf Grundlage des Grundgesetzes zu erfüllen. Also ein Beschränken der Erderwärmung auf deutlich unter 2 und möglichst nur 1,5 Grad, etwas was keine deutsche Partei als ihr Parteiprogramm vorgelegt hat.
Es ist leider nicht zu erwarten, dass noch vor der Bundestagswahl eine Entscheidung zustande kommt. Dabei sollte klar sein, dass jeder Monat bei ambitionierten Zielen zählt.
Klimaziele der EU
Nur ein paar Tage vor dem Klimaurteil hatte auch das Europarlament seine Klimaziele verschärft. Bisher galt als Ziel, dass die CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um 40 Prozent reduziert werden sollen. Nun ebenfalls bis Minimum 55 Prozent. Das Klimaschutzgesetz Deutschlands, es wäre unter dieser Entwicklung nur Mindestmaß gewesen. In Anbetracht dessen, dass die Regelungen der EU auch Wälder und Aufforstungsprojekte mit einbeziehen und in Wirklichkeit nur 52,8 Prozent Emissionen bis 2030 eingespart werden. Das Pariser Klimaabkommen wäre trotz dieser Verschärfung nicht zu erreichen. Es bräuchte mehr Verschärfung. Da der Wert von 55 Prozent für die gesamte EU gilt, müssten manche Länder mehr einsparen, andere weniger. Deutschland müsste vermutlich 62 bis 68 Prozent seiner CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 einsparen. Das sind 7 bis 13 Prozent mehr, als das unzureichende Klimaschutzgesetz in Angriff nehmen wollte.
Eine kleine Idee
Nehmen wir an, Deutschland soll bis 2030 seine CO2-Emissionen um 68 Prozent, im Vergleich zu 1990 reduzieren. Das wären 848,8 Millionen Tonnen CO2-Emissionen 2030 weniger, als 1990. Oder anders gesagt 2030 dürfen nur noch 399,2 Millionen Tonnen CO2-Emissionen zustande kommen.
2019 hatten wir noch 805 Mio Tonnen CO2-Emissionen, um dieses Ziel zu erreichen, müssten 410,8 Millionen Tonnen, reduziert werden. In neun Jahren währen das jährlich 45,64 Millionen Tonnen CO2-Emissions-Reduzierung. Von 2018 auf 2019 konnten 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) reduziert werden, Grund dafür, sind Regelungen der EU, welche das Betreiben von Kohlekraftwerken unrentabler machen. Für Energieriesen wird es immer lukrativer auf Ökostrom zu wechseln. Eine Verschärfung dieser Regelung mit einem stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien könnte einiges leisten. Doch die Energiewirtschaft ist schon lange nicht mehr das Kernproblem, andere Emissionszweige verzeichnen sogar einen Anstieg, eigentlich nur ein Zweig, nämlich: Verkehr. Hierbei sind vor allem die immer präsenter werden SUVs zu nennen. Warum werden solche Wagen noch subventioniert? Sie sind der einzige Fahrzeugtyp, dessen Ölverbrauch in den letzten Jahren gestiegen ist. Wenn sie nicht so sehr subventioniert werden würden, könnten sich viele die Dreckschleudern erst gar nicht leisten. Nur so eine kleine Idee, aber das würde vielleicht auch einige Millionen Tonnen CO2 einsparen können, wenn SUVs teurere Pendler-Pauschalen bekämen und nicht mehr Subventioniert werden würden. Die Subventionen könnte man dann für was Sinnvolles nutzen, wie Digitalisierung (mehr Homeoffice-Möglichkeiten) oder den Ausbau erneuerbarer Energien. Bei beidem liegen wir im Rückstand.
https://www.allianz-pro-schiene.de/wp-content/uploads/2021/01/200324_treibhausgasemissionen_de.pdf
Quellen
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- https://www.presseportal.de/pm/7666/4902329 Abgerufen am 30.04.2021
- https://de.wikipedia.org/wiki/Bundes-Klimaschutzgesetz Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_20a.html Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.businessinsider.de/politik/deutschland/umweltschuetzer-siegen-vor-dem-verfassungsgericht-das-bedeutet-das-fuer-die-deutsche-klimapolitik/ Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.deutschlandfunk.de/klima-urteil-gruenen-chefin-baerbock-fordert-sofortprogramm.2932.de.html?drn:news_id=1253770 Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.businessinsider.de/politik/deutschland/die-eu-verschaerft-das-klimaziel-fuer-2030-kritiker-bemaengeln-einen-rechentrick-a/ Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.euwid-energie.de/deutschland-reduziert-treibhausgas-ausstoss-gegenueber-1990-um-rund-42-prozent/ Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland#emissionsentwicklung Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/bilanz-2019-co2-emissionen-pro-kilowattstunde-strom Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bilanz-umweltbundesamt-1730880 Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Experten-CO2-Ausstoss-2019-stark-gesunken-id56379651.html Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland#emissionsentwicklung Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/berichterstattung-unter-der-klimarahmenkonvention-5 Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.allianz-pro-schiene.de/wp-content/uploads/2021/01/200324_treibhausgasemissionen_de.pdf Abgerufen am 30.04.2021
- https://www.focus.de/wissen/klima/200-millionen-stueck-weltweit-suvs-sind-co2-monster-zahlen-belegen-grosse-zerstoerungskraft_id_11247735.html ABgerufen am 30.04.2021