29.07.2021 Internationaler Tag des Tigers, doch dieses Jahr wird der Tag der gestreiften Großkatzen vom Earth Overshoot Day oder zu Deutsch Erdüberlastungstag überschattet. Doch was ist das eigentlich?
Dass die Menschheit in einem verschwenderischen Luxus lebt, den man eigentlich nur noch dekadent nennen kann, ist einigen wohl klar. Diese Dekadenz ist nicht geerbt und schon gar nicht verdient, sie ist auf Pump gebaut und wenn die Bank von der wir ständig leihen, nicht mehr fähig ist unseren Lebensstil zu tragen, werden wir von den Schulden aufgefressen.
Am Earth Overshoot Day sind alle Ressourcen aufgebraucht, welche unser Planet innerhalb dieses Jahres ersetzen könnte. Doch das neue Jahr beginnt nicht am 31.07, sondern erst in 155 Tagen. Wie kommt es, dass schon jetzt unsere Ressourcen verbraucht sind? Und was bedeutet das für unsere Zukunft?
Earth Overshoot Day
Das Konzept des Earth Overshoot Days wurde ursprünglich von Andrew Simms, Mitglied des britischen Think Tanks New Economics Foundation, entwickelt. "Overshoot" beschreibt das Leihen von einer Bank, welches die Erde ist und veranschaulicht, was der Mensch eigentlich mit seiner Lebensweise tut. Mit diesem Bildnis soll durch ökonomische Begriffe nicht nur Wissenschaftler, sondern auch ein breiteres Publikum sensibilisiert werden.
Der Earth Overshoot Day selbst ist eine Kampagne der Organisation Global Footprint Network. Diese wurde 2003 von Umweltaktivisten in Oakland (USA, Kalifornien) gegründete. Ziel ist es auf eine ökologische, nachhaltige und globale Entwicklung hinzuweisen.
Um das Projekt mit Zahlen und Statistiken zu untermauern, berechnet die Organisation den Zustand der Erde, durch den ökologischen Fußabdruck.
Dass dem Earth Overshoot Day eine gewisse Relevanz in der Gesellschaft zukommt, ist allein schon daran zu erkennen, dass die Tagesschau darüber berichtet.
Das jeweilige Datum des Erdüberlastungstags wird berechnet, indem der globale ökologische Fußabdruck (die menschliche Nachfrage an biologischen Ressourcen innerhalb des betreffenden Jahres) in ein Verhältnis zur gesamten globalen Biokapazität (die Menge der weltweiten Regeneration von biologischen Ressourcen innerhalb desselben Jahres) gesetzt wird. Daraus ergibt sich die jeweilige jährliche Ressourceninanspruchnahme auf eine entsprechende Anzahl Erden, in Form einer Hochrechnung.
Das ökomodernistische Breakthrough Institut betrachtet die Idee des Earth Overshoot Day und wie viele Erden wir verbrauchen als "einen netten Werbegag". Dabei verweist das Institut auf Daten der Vereinten Nationen, in denen sich Wälder und Fischbestände schneller regenerierten als erschöpften. Dabei muss das Institut aber auch selber zugeben, dass der Überschuss von Fischbeständen, eher einer schlechten Datengrundlage der UN als gesunder Bestände in der Realität wiederspiegelt. Das Institut verweist allerdings darauf, dass die Nutzung von Ackerland und Weiden gleich dem ist, was verfügbar ist und demnach nicht zur Berrechnung des Ressourcenverbrauchs betrachtet werden sollte. Der Eart Overshoot Day ist demnach bei der Messung von schlechter Wasser- und Landmisswirtschaft (wie beispielsweise Bodenerosion) nur bedingt nützlich und fokusiere sich laut Breakthrough Institut zu sehr auf den Überschuss an Kohlendioxid, welcher durch den Menschen freigesetzt wird.
Oder anders ausgedrückt, die Anzahl an Erden entspricht nicht dem wirklichen Verbrauch, sondern der benötigten Fläche von CO2-Senken, wie Wäldern, um den CO2-Ausstoß zu kompensieren.
Entwicklung
Der Trend der letzten Jahre zeigt eine deutliche Vorverlegung zu früheren Daten im Jahr. Oder einfach gesagt: Die Menschheit verbraucht immer mehr Ressourcen, obwohl sie immer mehr sparen müsste.
1961 war das letzte Jahr in dem die Menschheit weniger Ressourcen verbrauchte, als die Erde in einem Jahr reproduzieren konnte.
1970 wurde erstmalig mehr verbraucht als die Erde nachhaltig reproduzieren konnte. Der Jahresverbrauch des Jahres 1970 war mit 1,01 Erden aus heutiger Sicht ein gutes Jahr für die Natur.
1995 war der Erdüberlastungstag am 4. Oktober erreicht, im gesamten Jahr 1995 wurden bereits die Ressourcen von 1,32 Erden verbraucht.
2000 wurde der Stichtag bereits am 22. September erreicht und das gesamte Jahr verbrauchte die Ressourcen von 1,38 Erden.
2010 war der Tag bereits am 7. August erreicht und in diesem Jahr allein wurden die Ressourcen von 1,67 Erden verbraucht.
2018, 2019 und 2021 fiel der Erdüberlastungstag auf den 29.07. 2018 und 2019 wurden jeweils Ressourcen von 1,74 Erden verbraucht, für 2021 liegen logischerweise noch keine Daten vor, aber vermutlich werden ähnlich viele Ressourcen verbraucht.
Der niedrigste Erdverbrauch in den letzten 15 Jahren wurde im Jahr 2020 erreicht, hier wurden "nur" die Ressourcen von 1,56 Erden verbraucht. Kein Wunder, schließlich hatte die weltweite Corona-Pandemie den Tourismus und Flugverkehr nahezu zum Erliegen gebracht und viele Menschen blieben daheim.
Wie können wir mehr verbrauchen?
Ist der Erdüberlastungstag erreicht, lebt die Menschheit von den stillen Reserven der Erde. Diese nehmen durch den immer größer werden Verbrauch der Menschheit immer schneller und stärker ab.
Rechnet man alle verbrauchten Ressourcen der Jahre 1970 bis 2020 haben wir das 19,18-fache an Ressourcen der Erde verbraucht, als diese nachbilden kann. Angesichts solcher Werte erscheint es mehr ein Wunder, dass überhaupt noch etwas aus unserem Planeten zu entnehmen ist.
Warum verbrauchen wir so viel?
Überbevölkerung
Laut dem US-Ökonomen Jeffrey Sachs ist die Überbevölkerung ein treibender Punkt, welcher das Datum des Erdbelastungstags immer weiter nach vorne schiebt. Rund 7,8 Milliarden Menschen leben weltweit, die genug zu essen und trinken benötigen. Neben diesen primären Überlebenssicherungen streben die meisten von ihnen nach Wohlstand und Glück. Das bedeutet im Regelfall einen höheren Ressourcenverbrauch, wie etwa die Fahrt in den Urlaub oder neue Kleidung.
Zwar verbrauchte 2019 die Menschheit 1,74 mal so viel Ressourcen, wie der Planet auf natürliche Weise erneuern kann, doch dieser Wert ist nur das Mittel aus den Staaten die einen geringeren Ressourcenverbrauch haben (Entwicklungsländer) und jenen Staaten, welche einen hohen Ressourcenverbrauch haben (Industrieländer).
Würde jeder auf der Welt so viel Ressourcen verbrauchen, wie es wir deutschen tun, dann wäre der Eart Overshoot Day bereits Anfang Mai erreicht und wir würden die Ressourcen von drei Erden verbrauchen.
Dass wir damit nicht einmal Spitzenreiter ist, zeigt nur wie erschreckend der Ressourcenverbrauch in anderen Ländern ist. So bräuchte die Menschheit 5 Erden, wenn jeder so viel Ressourcen verbrauchen würde, wie die Bürger der USA.
Doch der Ressourcenverbrauchsweltmeister ist wohl Katar bereits Anfang Februar erreichten sie ihren persönlichen Erdüberlastungstag, würden alle Menschen der Welt so viele Ressourcen verbrauchen, wie man es in Katar tut, es benötigte 10 Erden, um den Bedarf zu decken.
Natürlich können wir nicht einfach die Überbevölkerung verringern, aber es ist ein wichtiger Punkt, mit dem wir zu arbeiten haben, für das Wohl aller.
Energieverbrauch
Da beim ökologischen Fußabdruck die CO2-Emissionen eine elementare Rolle spielen und dieser genutzt wird, um das Datum des Erdüberlastungstags zu ermitteln ist es nicht verwunderlich, dass auch der weltweite Energieverbrauch ein treibender Faktor des Erdüberlastungstags darstellt.
CO2 stellt inzwischen bereits mehr als 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit dar und hat sich seit dem Jahr 1970 mehr als verdoppelt.
Ein Großteil dieser Emissionen geht auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Gas und Kohle zurück, welche rund 40 Milliarden Tonnen CO2 erzeugen. Hinzu kommen rund 6,5 Milliarden Tonnen, welche durch die Abholzung und Brandrodung von Wäldern entstehen.
Neben diesen beiden größeren Faktoren, gibt es auch kleinere Faktoren, welche andere Faktoren bedingen. So sind
#MoveTheDate
Unter dem Hashtag #MoveTheDate wird nach Mitteln und Wegen gesucht, dass Datum des Erdüberlastungstags wieder in Richtung Jahresende zu schieben. Dafür gibt es mehrere Ansätze, keiner ist allein der richtige, sie müssen alle als solche in Angriff genommen werden.
Treibhausgas-Emissionen reduzieren
Da der Ausstoß von CO2 über 60 Prozent des Ökologischen Fußabdrucks darstellt, sind Reduzierungen in diesem Bereich besonders effizient. Dabei reicht es nicht allein CO2 zu reduzieren, sondern auch bestehndes CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Allein um das Pariser Klimaabkommen zu erreichen müssten wir unseren ökolischen Fußabdruck drastisch reduzieren. Würden wir unsere CO2-Emissionen um 50 Prozent senken, ließen sich ganze 93 Tage gewinnen. Allein so, würde die Menschheit "nur noch" das 1,1-fache dessen verbrauchen, was die Erde an natürlichen Ressourcen zu bieten hat.
Auf- und Nachrüsten
Würden wir mit einem Schlag alle alten Systeme in der Industire, Gebäuden und auch in der Energiegewinnung auf den aktuellsten Standard bringen, so würden wir ganze 21 Tage gewinnen.
Da hier die Wirtschaftsleistung nicht negativ beeinträchtigt wird, ließe sie sich recht leicht umsetzen. Es bräuchte dafür nur die richtigen politischen Anreize.
Ernährungsumstellung
Die Erzeugung tierischer Produkte ist mit wesentlich mehr Ressourcen verbunden als eine pflanzlich-basierte Ernährung. China hat sich daher das Ziel gesetzt den Fleischkonsum um 50 Prozent zu reduzieren. Würde nur China dieses Ziel umsetzen ließen sich ganze 5 Tage gut machen, würde die ganze Menschheit auf 50 Prozent ihres Fleischkonsums verzichten, wären es 17 Tage.
Rund ein Drittel der jährlich produzierten Lebensmittel geht entweder verloren oder landet im Müll. Das sind 1,3 Billionen Tonnen Nahrung jedes Jahr.
Würde man die Lebensmittelverschwendung um 50 Prozent senken, ließen sich weitere 13 Tage gewinnen.
Verbesserte Stadtplanung
Bis 2050 werden vermutlich 70 bis 80 Prozent aller Menschen in urbanen Gebieten leben. Eine nachhaltige Stadtplanung ist damit von besonderer Relevanz um CO2-Emissionen zu senken. 17 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen sind auf das Verkehrswesen zurückzuführen, würde hier ebenfalls der CO2-Ausstoß um 50 Prozent verringert und ein Drittel der Strecken, welche sonst mit dem Auto in Angriff genommen wurden, mit Öffentlichen Transportmitteln oder zu Fuß erledigt, ließen sich weitere 13 Tage gewinnnen.
Naturschutz
Es mag wie eine Binsenweisheit klingen, doch der aktive Naturschutz kann ebenfalls einen wichtigen Teil zur Datumsverschiebung beitragen. Würden wir weltweit 350 Millionen Hektar Wald wiederaufforsten, ließen sich ganze 8 Tage wieder gut machen. Auch eine nachhaltige Landwirtschaft, wie auch Fischerei, wird in der Zukunft eine tragende Rolle spielen.
Würden wir allein diese Ziele allesamt umsetzen, so würde der Earth Overshoot Day ganze 165 Tage nach hinten verschoben. Was bedeuten würden, wir hätten nach vielen Jahrzehnten wieder weniger Ressourcen verbraucht, als die Erde generieren kann. Eine Erholung würde sich einsetzen.
Schlußwort
Unser Planet und seine Ressourcen mögen endlich sein, aber die Möglichkeiten etwas gegen die Problematiken des Klimawandels und unseres Ressourcenverbrauchs zu tun, sind es nicht. Jeder von uns kann Zukunftsorientiert handeln und einen Teil dazu beitragen, die Menschheit von ihren Schulden zu befreien.
Quellen
- https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.earth-overshoot-day-welterschoepfungstag-die-erde-ist-am-limit.50f57fa8-6b13-4fdb-a940-d3dca75be6a7.html Abgerufen am 30.07.2021
- Pearce, Fred. "Admit it: we can't measure our ecological footprint". New Scientist. https://www.newscientist.com/article/mg22029445-000-admit-it-we-cant-measure-our-ecological-footprint/ Abgerufen am 30.07.2021
- Blomqvist, Linus; Brook, Barry W.; Ellis, Erle C.; Kareiva, Peter M.; Nordhaus, Ted; Shellenberger, Michael (5 November 2013). "Does the Shoe Fit? Real versus Imagined Ecological Footprints". PLOS Biology. 11 (11): e1001700. https://journals.plos.org/plosbiology/article?id=10.1371/journal.pbio.1001700 Abgerufen am 30.07.2021
- https://www.wwf.de/earth-overshoot-day/ Abgerufen am 30.07.2021
- https://germanwatch.org/de/overshoot Abgerufen am 30.07.2021
- https://www.fairnetzt-loerrach.de/2021/02/09/ab-heute-lebt-katar-auf-pump/
- Anna Parrisius: „Earth Overshoot Day 2017“: Rohstoffe ab jetzt auf Pump. In: Die Tageszeitung: taz. 2. August 2017, ISSN 0931-9085 https://taz.de/Earth-Overshoot-Day-2017/!5432010/ Abgerufen am 30.07.2021
- Erdüberlastungstag: Rest des Jahres lebt Menschheit auf Pump. 28. Juli 2019, https://web.de/magazine/wissen/natur-umwelt/erdueberlastungstag-rest-jahres-lebt-menschheit-pump-33885530 Abgerufen am 30.07.2021
- Past Earth Overshoot Days. In: Earth Overshoot Day. https://www.overshootday.org/newsroom/past-earth-overshoot-days/ Abgerufen am 30.07.2021
- David Lin, Leopold Wambersie, Mathis Wackernagel, Pat Hanscom: Calculating Earth Overshoot Day 2020. Hrsg.: Global Footprint Network. 5. Juni 2020, S. 10 https://www.overshootday.org/content/uploads/2020/06/Earth-Overshoot-Day-2020-Calculation-Research-Report.pdf Abgerufen am 30.07.2021
- https://www.overshootday.org/newsroom/past-earth-overshoot-days/ Abgerufen am 30.07.2021