Während es in Deutschland vielerorts "Land unter" heißt, ist es kaum vorstellbar, dass wir an anderen Orten mit einer solchen Trockenheit kämpfen, dass ganze Seen verschwinden. Darunter prominente Vertreter wie der Great Salt Lake in Utah.
Great Salt Lake
Vor 14.500 Jahren entstand der Great Salt Lake, in Folge einer verheerenden Flutkatastophe. Ein natürlicher Damm des riesigen Sees in Idaho brach und das Wasser ergoss sich über weite des südlichen Idaho und des östlichen Washington. Die Flutwelle war mancherorts 125 Meter hoch und hielt mehrere Wochen an. Übrig von dieser eiszeitlichen Katastrophe blieb unter anderem der Great Salt Lake. Welcher mit einer Fläche von 4400 Quadratkilometern neunmal größer ist als der Bodensee.
Viele Jahrhunderte nach der Flutkatastrophe gelangten die ersten amerikanischen Siedler an den See und gründeten dort die Stadt Salt Lake City, welche heute die Hauptstadt des Bundesstaates Utah Salt Lake City. Der See ist heute durch einen menschengemachten Damm, auf dem eine Bahnlinie fährt, zweigeteilt. Während der nördliche Teil des Sees einen geringeren Salzgehalt besitzt und ist wie die meisten amerikanischen Seen eher schlammig braun. Ist der südliche Teil des Sees durch den deutlich höheren Salzgehalt blaugrünrot gefärbt und so sogar leicht aus dem All auszumachen.
Auch wenn der Great Salt Lake ungemein groß ist, ist er sehr flach. Während der Bodensee maximal eine Tiefe von 251,14 Metern erreicht und im mittel 90 Meter tief ist, liegt die maximale Tiefe des Great Salt Lakes bei 10 Metern und die mittlere Tiefe liegt bei 4,8 Metern.
Aufgrund dessen das der Great Salt Lake seinen Wasserstand rein durch Verdunstung reguliert, es existieren keine Abflüsse, ist die natürliche Verdunstung der Garant dafür, dass der See nicht das Ufer überflutet.
Verdunstung
Doch dieses natürliche Verdunstungssytem ist in den letzten 170 Jahren (seit Beginn der Aufzeichnungen) aus den Fugen geraten, der See verschwindet. Wie kann ein Gewässersystem, dass seit über 14.000 Jahren nahezu unverändert funktionierte, geologisch betrachtet plötzlich rapide an Wasser verlieren? Da sich die geologischen Gegebenheiten in den letzten 170 Jahren nicht massiv geändert haben, ist es nicht verkehrt den Blick auf anthropogene Ursachen zu richten. Und hier werden wir fündig.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts werden Teile des Great Salt Lake Ufers besidelt. Der See besitzt drei Zuflüsse den Bear River, Jordan River und Weber River. Aus diesen werden seit der Besiedlung der Region größere Mengen an Süßwasser entnommen, was die Menge des Wassers verringert welche in den See gelangt. Der Wasserverbrauch der Utahner ist dabei recht roch, im Schnitt pro Kopf verbrauchen sie rund fünfmal mehr Wasser als die Deutschen. Das liegt unter anderem auch daran, dass große Teile Utahs, insbesondere Salt Lake City im Semiariden Klima liegen, also in einer Halbwüste.
Zusätzlich zu dem Wasserverlust durch die Wasserentnahme aus den Flüssen kommt der menschengemachte Klimawandel als Problem für den Great Salt Lake hinzu. Die Berechnung der Verdunstungsrate ist aufgrund der vielen Faktoren ein komplexes Unterfangen. Heruntergebrochen steigt die Verdungstungrate linear mit dem Ansteigen der vorherrschenden Temperaturen. Je stärker die globale Erwärmung voran schreitet, desto stärker die Verdunstung.
Flache Gewässer heizen sich leichter durch Sonnenstrahlung auf was eher zu einer höheren Verdunstungsrate führt, als ungemein flaches Gewässer ist der Great Salt Lake besonders gefährdet.
Se(h)e nichts mehr
Die Folgen dieser doppelten Belastung des Sees sind immens, der Wasserstand sinkt rapide und ist seit Beginn der Aufzeichnungen um 3,3 Meter gesunken. Da bei der Verdunstung das Salz zurückbleibt, steigt der Salzgehalt des Sees weiter an. Zudem verringert sich die Größe des Sees und damit der Lebensraum für aquatische Lebewesen, wie etwa Garnelen. Diese wieder sind Nahrungsquelle für rund 10 Millionen Stand- und Zugvögel, welche entweder permanent oder zeitweise die Gefilde des Great Salt Lakes besiedeln. Das Schicksal des Sees hat damit direkten Einfluss auf 338 Vogelarten.
Dabei ist der See nicht nur als Nahrungsgrundlage relevant. So sind Salzseen ein beliebter Brutplatz für Vogelarten, welche sich auf flachen Inseln innerhalb der Seen niederlassen. Diese sind aufgrund des größeren Salzgehalts für Raubtiere, wie Kojoten, nur schwer zu erreichen, da ein Salzgewässer schwieriger zu durchqueren ist, als ein Süßgewässer. Da Raubtiere in der Regel den effizientesten Weg bzw. den Weg des geringsten Widerstands bei der Beutesuche wählen, fallen solche Brutplätze nur selten in ihr Beuteschema. Mit sinkendem Wasserstand sind solche Brutplätze aber leichter zu erreichen und die Raubtiere können sich so über Nester, Eier und brütende Vogel hermachen. Dies betrifft unter anderem den Nashornpelikan (Pelecanus erythrorhynchos) und den Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis), welche so wichtige Brutgebiete verlieren dürften.
Aber nicht nur für die Natur ist die Entwicklung dramatisch, auch für die in Salt Lake City lebenden Menschen ist die Austrocknung des Great Salt Lakes ein gefährlicher Umstand.
Durch die höhere Verdunstung bleiben im Bereich des Ufers mehr Mengen an Salz, Mineralien und anderen Partikeln zurück, welche die menschliche Lunge nicht oder nur teilweise vertragen kann. Unter diesen Partikeln sind auch besonders giftige, wie Arsen und Quecksilber. Durch den Wind werden die Partikel vom Ufer direkt in die städtischen Regionen getragen, wo sie dann Menschen betreffen. Atemwegserkrankungen können unter anderem die Folge sein.
Doch der Wind stoppt nicht dort, er trägt die Partikel auch in die Bergregionen. Die sonst weißen Bergkuppen werden durch die höhere Mineralienbelastung braun-schwärzlich. Was allein schon aus Sicht der örtlichen Tourismus-Branche ein Problem ist, ist auch für die Natur ein Problem. Durch die dunklere Farbe des Mineralien-Cocktails reflektieren die schneebedeckten Gipfel weniger Sonnenlicht und heizen sich auf, die Folge eine Schneeschmelze. Ist der Schnee verschwunden, bleiben Matsch, Mineralien und Giftstoffe.
Jedes Jahr garantiert der Great Salt Lake mehr als zwei Milliarden Dollar an Einnahmen und Tausende Arbeitsplätze. Verschwindet der See, verschwindet die Einnahmen und die Arbeitsplätze. Zu einer ökologischen und gesundheitlichen Krise würde sich im Einzugsgebiet des Great Salt Lakes so noch eine soziale Krise etablieren.
Was tun?
Ohne schnelle Lösungen wird es genauso kommen. Die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels müssen reduziert, der CO2-Ausstoß verringert werden und auch der Wasserkonsum in Salt Lake City, und Umgebung, muss sinken. Vielleicht, aber nur vielleicht, kann so der Great Salt Lake zukünftigen Generationen und der Natur erhalten bleiben.
Wie es dem Great Salt Lake ergeht, ergeht es vielen Seen weltweit, nicht nur in Amerika, sondern auch in Deutschland. Die Feldberger Seenplatte verliert seit Jahren durch immer stärkere Verdunstung mehrere Zentimeter an Wassertiefe und wird so langfristig als Lebensraum für viele Arten verloren gehen. Es besteht Handlungsbedarf, dringlicher denn je.
Quellen
- Erik Crosman, John Horel: MODIS-derived surface temperature of the Great Salt Lake. Remote Sensing of Environment 113.1, 2009, S. 73–81 https://www.researchgate.net/publication/222405113_MODIS-derived_surface_temperature_of_the_Great_Salt_Lake Abgerufen am 23.07.2021
- Citylab: Thanks to Humans, the Great Salt Lake Is Drying Up, 2. März 2016. https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-03-02/study-the-great-salt-lake-is-drying-up-due-to-utah-s-agricultural-and-urban-water-diversions Abgerufen am 23.07.2021
- https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/utah-duerre-salzsee-101.html Abgerufen am 23.07.2021
- https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/verdunstungsberechnung/17469 Abgerufen am 23.07.2021
- Pelecanus erythrorhynchos in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: BirdLife International, 2008. https://www.iucnredlist.org/species/22697611/93624242 Abgerufen am 23.07.2021
- Podiceps nigricollis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: BirdLife International, 2008. https://www.iucnredlist.org/species/22696610/132584321 Abgerufen am 23.07.2021