Der Weltnaturschutzkongress der IUCN, unter dem Motto: "Gemeinsam für eine bessere Zukunft" findet vom 3. bis 11. September 2021 in Marseille, Frankreich statt. Ziel der Konferenz ist es, mehrere zusammenhängende Krisen, wie der Verlust der biologischen Vielfalt und der Klimawandel selbst (wie auch einige weitere), anzugehen und zu einem gewissen Grad zu lösen. Dazu lädt die IUCN nach Marseille Regierungen, Wissenschaftler, NGOs und Repräsentanten indigener Völker ein, um gemeinsame Lösungen zu finden.
Hauptfokus liegt dabei auf dem Schutz von Tieren und deren Lebensräume. Da Klimaschutz auch immer mehr zur Artenschutzfrage wird, kann man mit den richtigen Entscheidungen hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Also alles in allem eine wichtige Angeleinheit.
Die bisherige Berichterstattung zur Konferenz ist in meinen Augen zu gering, nicht zur Konferenz, sondern zum Artensterben generell, dass viel zu häufig ignoriert wird, dabei ist es nicht minder gefährlich für uns, wie der Klimawandel an sich.
Wer oder was ist eigentlich die IUCN?
Die IUCN (International Union for Conservation of Nature; offiziell International Union for Conservation of Nature and Natural Resources; zu deutsch Internationale Union zur Bewahrung der Natur), auch Weltnaturschutzunion genannt, wurde 1948 gegründet und ist eine internationale Nichtregierungsorganisation und Dachverband zahlreicher internationaler Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen.
Ziel des Verbandes ist die Sensibilisierung der menschlichen Gesellschaften für den Natur- und Artenschutz, sodass eine nachhaltige und schonende Nutzung der natürlichen Ressourcen erreicht wird.
Am bekanntesten ist die IUCN vermutlich durch die Erstellung der Roten Liste gefährdeter Arten. Neben der Beurteilung der Gefährdungssituation von diversen Arten, ermittelt die Organisation Schutzgebiete, verfasst zahlreiche Positionspapiere zu Fragen des Umwelt- und Naturschutzes und entwickelt internationale Standards, wie z. B. den Standard zur Identifikation von Key Biodiversity Areas ("Schlüsselgebiete der biologischen Vielfalt").
Die rote Liste
Die Rote Liste der gefährdeten Arten basiert auf einer Vielzahl Roter Listen, welche wissenschaftlichen beurteilt durch Experten für die jeweiligen Artengruppen erstellt wird. Wird also die Gefährdungssituation der Bären überprüft, geschieht dies durch Experten und Koryphäen, die sich mit diesen Arten besonders gut auskennen und daher am besten die Gefährdung der entsprechenden Arten beurteilen können. Dabei werden quantitative Merkmale genutzt (siehe unten) um zu ermitteln, wie hoch das vermutliche Risiko eines Aussterbens in naher Zukunft sei.
Seit 1994 ist ein formalisiertes Bewertungsverfahren eingeführt worden, welches bis 2001 weiter entwickelt wurde und nachdem sich seitdem alle Bewertungen orientieren.
Die Gefährdung einer Art oder Unterart wird nach mindestens einem der folgenden Kriterien bewertet:
- Die Populationsentwicklung über die letzten drei Generationen bzw. die letzten zehn Jahre (entscheidend ist dabei, welcher der beiden Werte den größeren Zeitraum abdeckt. Bei Elefanten wären es die Generationen, bei Schmetterlingen können teilweise drei Generationen innerhalb eines Jahres existieren, hier wird nach der Zehnjahresregel bewertet).
- Die Größe des Verbreitungsgebiets in Abhängigkeit zur Populationsentwicklung und Situation. Ist die Art in ihren Bestandszahlen stark rückläufig oder die Bestände in viele kleine Gebiete unterteilt, zwischen denen kein Austausch herrscht (fragmentiert), kann auch eine Art mit großer Verbreitung einer Gefährdung unterliegen.
- Die effektive Populationsgröße der Art, also der Zahl an Individuen, welche theoretisch in der existierenden Verbreitung existieren könnten, wenn alle Beendigungen ideal seien. Entfernt sich die Bestandszahl zunehmend von diesem Wert, ist eine Gefährdung anzunehmen.
- Bei sehr kleinen Populationen wird in der Regel auch die vorliegende Populationsgröße als Kriterium genutzt.
- Analyse potenzieller Gefahrenquellen (Wilderei, Umweltzerstörung, Auswirkungen des Klimawandels, Pandemien, etc.)
Je nach Ausprägung dieser Kriterien wird der Gefährdungsgrad basierend auf Schwellenwerten ermittelt.
Werden mehrere negative Kriterien erfüllt, zum Beispiel eine geringere Größe der Population in Kombination mit einem ohnehin schon kleinen Verbreitungsgebiet, bedeutet bereits eine höhere Gefährdungskategorie.
Überschreitet eine Art mehrere Grenzwerte in den bereits genannten Kriterien, wird das Kriterium zurate gezogen, welches die höchste Gefährdungskategorie bedeutet. Gemäß dem alten Sprichwort: Vorsicht, ist besser als Nachsicht.
Die IUCN unterteilt ihre gesamtheitliche Gefährdungsanalyse in 10 Kategorien:
- EX Extinct (nach dem Jahr 1500 ausgestorben)
- EW Extinct in the Wild (in der Natur ausgestorben, aber in (zoologischer) Haltung noch existent)
- RE Regionally Extinct (regional ausgestorben)
- CR Critically Endangered (vom Aussterben bedroht)
- EN Endangered (stark gefährdet)
- VU Vulnerable (gefährdet)
- NT Near Threatened (potenziell gefährdet)
- LC Least Concern (nicht gefährdet)
- DD Data Deficient (ungenügende Datengrundlage)
- NE Not Evaluated (nicht beurteilt, dies betrifft auch invasive Arten und deren Populationen)
Den größten Anteil machen dabei die Kategorien NE und DD aus, da gerade einmal 5 Prozent aller beschriebenen Arten bisher in ihrem Gefährdungsstatus vom IUCN ermittelt wurde. Das liegt vor allem an der großen Artenfülle. Von diesen 5 Prozent sind vor allem Vertreter aus der Gruppe der Wirbeltiere (insbesondere Vögel, Säugetiere, Amphibien und Knorpelfische), aber auch Zikaden, Koniferen und Hummer repräsentiert. Pilze hingegen, welche nach Schätzungen 2,2 bis 3,8 Millionen Vertretter besitzen, sind gerade einmal mit 160 Arten (Stand 2019) beurteilt.
Es gibt also Artgruppen in der Roten Liste, welche deutlich unterrepräsentiert sind.
Besondere Wichtigkeit besitzen "vom Aussterben bedroht", "stark gefährdet" und "gefährdet", diese drei Kategorien können zusammengefasst als die Zahl der gefährdeten Arten beschrieben werden. Von den in der Roten Liste erfassten 140.000 Arten sind 40.000, also etwa ein Drittel aller überprüften Arten dieser Kategorie angehörend.
Doch was bedeuten die Kategorien im genaueren?
Vom Aussterben bedrohte Arten, besitzen ein extrem hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft. Ein Beispiel dafür wäre das Java-Nashorn (Rhinoceros sondaicus).
Stark gefährdet, bedeutet immer noch ein sehr hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft. Ein Beispiel hierfür wäre der Westliche Kleine Panda (Ailurus fulgens).
Gefährdet, ist, auch wenn es die niedrigste Kategorie dieser Untergruppe ist, immer noch ein hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft. Ein Beispiel hierfür ist der Löwe (Panthera leo).
Unterhalb dieser drei Gefährdungskategorien finden sich zwei weitere Gefährdungsstadien.
Potenziell gefährdete Arten, sind in ihrer die Beurteilung bereits auffällig, aber überschreiten die festgelegten Schwellenwerte nicht, wahrscheinlich werden sie in naher Zukunft überschritten. Ein Beispiel hierfür sind Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri).
Nicht gefährdet, die Beurteilung führte nicht zur Einstufung in die Kategorien vom Aussterben bedroht, stark gefährdet, gefährdet oder potenziell gefährdet. Ein Beispiel hierfür ist das Rotkehlchen (Erithacus rubecula), welches das einzige Tier innerhalb unserer Beispiele ist, dessen Bestände in den letzten Jahren gewachsen sind, anstatt zu schrumpfen.
Möchte man es noch mehr herunterbrechen, so kann man sagen, dass bei Arten die in der Wildnis ausgestorben sind, sowie den gefährdeten Arten (CR, EN, VU) dringender Handlungsbedarf besteht. Bei Arten mit potenzieller bzw. geringer Gefährdung Beobachtungspotenzinal und bei nicht gefährdeten Arten ist die Vorsorge zu leisten, dass es so bleibt.
Während der Konferenz der IUCN dieses Jahres musste der Komodowaran (Varanus komodoensis) auf der Roten Liste in die Kategorige stark gefährdet aufgenommen werden. Der Grund dafür ist, dass durch den Klimawandel der Meeresspiegel steigt und so der Lebensraum der großenn Echsen immer kleiner geworden ist. Wird der Klimawandel nicht abgeschwächt, ist in 45 Jahren ein Drittel des Lebensraums verschwunden. Mit ihm zahlreiche Komodowarane, insbesondere jenen, welche außerhalb der indonesischen Schutzzonen leben.
Neben dem promineten Komodowaran teilen viele Echsen, aber auch sehr viele Schildkrötenarten das Schicksal in noch bedenklicherer Gefährdungskategorien aufzusteigen. Wie etwa Cantors Riesen-Weichschildkröte (Pelochelys cantorii) welche nun als vom Aussterben bedroht gilt.
Zwar gibt es auch kleine gute Nachrichten, wie etwa das sich die Thunfischbestände weltweit, dank Fangquoten und Schutzbemühungen, erholht haben. Aber auch hier gilot noch immer ein Grund zur Vorsicht und eine kleine gute Nachricht kann die Vielzahl der schlehcten kaum überdecken.
Gemeinsam für eine bessere Zukunft
Es wird immer offensichtlicher, dass wir in das sechste große Artensterben hineinsteuern bzw. es immer mehr Fahrt aufnimmt. Gerade mir, der die Natur und insbesondere die darin befindliche Fauna liebt, blutet das Herz. Doch schlimmer wirkt der Verlust der Artenvielfalt, der lässt sich nicht reparieren oder zurückdrehen, verlieren wir Art um Art, wird unser Planet immer weniger ein Planet sein auf dem wir selbst leben können. Es ist unser Versagen, es is unsere Pflicht, das zu ändern, damit auch in Zukunft, das Wunder des Lebens auf diesem Planeten sich entfalten kann.
Quellen
- https://www.ifaw.org/de/press-releases/der-weltnaturschutzkongress-der-iucn-2021-gemeinsam-fur-eine-bessere-zukunft Abgerufen am 9.09.2021
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit: Die Weltnaturschutzorganisation IUCN
- About IUCN. In: iucn.org. IUCN Schweiz, abgerufen am 18. Mai 2017 (englisch).
- Key Biodiversity Areas. In: iucn.org. IUCN Schweiz, abgerufen am 18. Mai 2017 (englisch).
- https://www.bmu.de/themen/naturschutz-artenvielfalt/naturschutz-biologische-vielfalt/biologische-vielfalt-international/weltnaturschutzunion-iucn Abgerufen am 9.09.2021
- https://www.iucnredlist.org/species/19495/18493900 Abgerufen am 10.09.2021
- https://www.iucnredlist.org/species/714/110023718 ABgerufen am 10.09.2021
- https://www.iucnredlist.org/species/15951/115130419 Abgerufen am 10.09.2021
- https://www.iucnredlist.org/species/22697752/157658053 Abgerufen am 10.09.2021
- https://www.iucnredlist.org/species/22709675/131953953 Abgerufen am 10.09.2021