Am 20.09.2021, sechs Wochen vor dem Weltklimagipfel COP26 im britischen Glasgow, hat UN-Generalsekretär António Guterres zu einem Ende des "Kriegs gegen unseren Planeten" aufgerufen. Mit eindringlichen Worten forderte Guterres die bei einem UN-Treffen zur Klimakrise in New York versammelten Staats- und Regierungschefs am Montag auf, weitreichende Maßnahmen zu ergreifen.
Damit meint er, dass die Staaten sich bis 2050 zu Netto-Null-Emissionen zu verpflichten, ehrgeizige Klima- und Biodiversitätspläne zu verabschieden, ab 2021 keine neuen Kohlekraftwerke mehr zu planen und einhundert Milliarden Dollar (alle Staaten der Erde zusammen, das sind rein statistisch gesehen ungefähr 500 Millionen pro Staat, für reichere Staaten gewiss etwas mehr, aber diese sind ja nicht ohne Grund reicher) pro Jahr für den Klimaschutz bereitstellen sollen.
Bereits 2009, das ist nun 12 Jahre her, hatten sich die Staaten dazu verpflichtet bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar Klimahilfen bereitzustellen. Mit denen dann ärmere Länder grüner produzieren könnten und somit mehr Geld für weitere Klimahilfen finanzieren könnten.
2019 betrugen die Hilfszahlungen für den Kampf gegen den Klimawandel und dessen Folgen allerdings nur knapp 80 Milliarden Dollar.
Der britische Premier Johnson kritisierte laut einer Erklärung bei dem UN-Treffen hinter verschlossenen Türen wenig diplomatisch, aber wohl durchaus zutreffend, dass sich alle Staatschef der Problematik durchaus bewusst sind, aber viele, die sich verpflichteten zu handeln, es nicht tun würden.
Es ist also bekannt, dass wir einen Krieg gegen unseren Planeten führen und (fast) nichts dagegen tun.
Was ist eigentlich "Krieg"?
Als Krieg wird ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt bezeichnet, an dem planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind. Diese Kollektive wiederum verfolgen damit die Ideen, ihre Interessen mit allen Mitteln durchzusetzen.
Betrachtet man es von diesem Standpunkt aus, kann man das Verhalten der Menschheit gegenüber dem Planeten Erde als kriegerische Handlung betrachten.
Menschheit ein Kriegsverbrecher?
Perfide wird es vor allem dann, wenn wir einen Schritt weiter gehen, annehmen die Menschheit befindet sich im Krieg und welche Kriegsverbrechen wir ihr antun.
So ist als Kriegsverbrechen klar die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen definiert.
Wie anders soll man es betrachten, dass wir die Meere mit Müll und Umweltgiften übersättigen, Plastik sich in der ganzen Welt verteilt und nachweislich auf diverse Organismen Einfluss nimmt?
Weiter gilt, dass die Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase ebenfalls als Kriegsverbrechen zu ahnden ist, FCKWs, Smog, Autoabgase, etc. fallen, wenn man es streng nimmt in diese Kategorie.
Doch wenn man es streng nimmt, müssen wir gemäß Art. 8 Abs. 1 des Römischen Statuts ebenfalls beachten, dass diese Taten als Teil eines Planes oder einer Politik der als Teil der Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang verübt werden müssen. Das bedeutet vereinfacht gesagt, es muss eine Absicht dahinter stecken.
Bleiben wir doch erstmal bei der Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase. Autoabgase besitzen eine erstickende Wirkung und fallen daher wie bereits erwähnt in diese Kategorie eines Kriegsverbrechens. Allerdings ist das reine Autofahren kein Tatbestand des Kriegsverbrechens. Doch wie sieht es aus, wenn Automobilproduzenten wissentlich Autos entwickeln, welche erhöhte Abgaswerte besitzen? Sich ihrer Schuld vollends bewusst sind und Software entwickeln, um ihre Taten zu verschleiern? Es mag in der Realität kein Kriegsverbrechen sein, aber kriminell ist es alle mal.
Doch nicht nur bei den Automobilproduzenten finden wir solche Problematiken.
Schließlich lebt unsere kapitalistische Gemeinschaft von der Plünderung
der Ressourcen eines Planenten, den wir seit mehreren tausenden Jahren besetzen. Dabei ist gerade die Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung oder etc. ebenfalls ein Kriegsverbrechen. Das Graben nach Rohstoffen in Tagebauen nach Kohle, Aluminium, etc. ist, sollten wir wirklich im Krieg mit dem Planeten stehen, also ebenfalls ein Kriegsverbrechen.
Aber das ist ja reine Polemik, wir sind ja nicht wirklich im Krieg und so ist das, was wir machen legal.
Doch nur weil es nicht verboten ist, wird es dadurch besser?
Ist es nicht die größere Polemik zu erkennen, dass unsere Handlungen in einem "echten" Krieg mit harten Strafen geahndet werden müssten, sie also moralisch untragbar sind und in keinster Weise zu rechtfertigen. Und doch tun wir nichts? Denn es ist ja kein Krieg.
Willkommen in der Klimakrise
Ein Großteil der als Kriegsverbrechen deklarierten Handlungen lassen sich über kurz oder lang in den Handlungen der Menschheit gegenüber dem Planeten Erde finden. Nicht immer betrifft es die ganze Menschheit, manchmal sind es im Vergleich zur Gesamtheit eine handvoll Akteure.
Doch wo kein Kläger ist, ist bekanntlich auch kein Richter.
Wer steht ein für den Planeten? Wer kämpft für den schweigsamen Riesen, der uns das Leben erst ermöglicht?
WIR
Wer sind wir?
Wir sind eine viel zu stille Gemeinschaft, viel zu verfahren in unserem alten Trott. Viel zu behäbig in unserer Zielsetzung. In Deutschland hat keine einzige der großen Parteien die Umsetzung des 1,5 Grad Ziels des Pariser Abkommens in ihrem Parteiprogramm vermerkt. KEINE EINZIGE. Wir haben uns vertraglich selbst dazu verpflichtet dieses Ziel zu erreichen. Würde Deutschland mit anderen Verträgen ähnlich umgehen, würde Scheuer niemals so viele Milliarden versenkt haben, schließlich hätte er einfach sagen können: "Oh, das mit dem Zahlen schaffe ich jetzt nicht, vielleicht später. °3°" - man stelle sich vor man würde das mit Miete, Steuern und ähnlichem tun.
Das Problem dabei ist, die Politik ist irgendwo auch das Spiegelbild der Gesellschaft. Wer stört sich denn daran, dass wir das 1,5 Grad Ziel nicht erreichen?
Wo bleibt der Aufschrei? Wo bleibt der Tatendrang?
Fragen die ich mir, insbesondere jetzt, nach schwer nachvollziehbaren Wahlergebnissen und dem Näherrücken des Tages der Deutschen Einheit stellen muss.
Was wäre wenn, die Alliierten den Zwei-plus-Vier-Vertrag zwar unterzeichnet hätten, aber nicht nach ihm gehandelt hätten?
Was wäre, wenn "Wir sind das Volk" eine ähnliche Missachtung erhalten hätte, wie die heutige Fridays-for-future-Bewegung?
Deutschland wäre weiterhin geteilt und würde nach wie vor Einfluss der Alliierten erfahren.
Aber für die Menschheit an sich wäre das Schicksal von mehr als 80 Millionen Menschen nahezu irrelevant.
Wenn wir aber nun die Fridays-for-future-Bewegung missachten, ignorieren. Den Klimaschutz weiterhin so verdammt langsam voran treiben, wie wir es tun. Dann ist es nicht irrelevant, dann ist es das Ende.
Der Erde wie wir sie kennen.
Vieler Arten.
Und der Menschheit.
WIR SIND FRUSTRIERT
Wir brauchen drastische Maßnahmen, wir brauchen sie jetzt. Und wir können uns nicht darauf verlassen, dass irgendwer das für uns erledigt. Hoffnung ist in Zeiten einer entfesselten Klimakrise, ein Gift, das uns betäubt, damit wir schweigen. Damit diejenigen, welche die Klimakrise am meisten befeuern, noch weiter Geld in ihre Taschen stecken können und jene, die ihnen das ermöglichen.
Wir müssen frustriert sein, auf die Straße gehen und brüllen. Laut sein, unangenehm und sicherlich auch drastisch. Das heißt nicht, dass der Zweck alle Mittel heiligt, aber es heißt, dass wir unsere Komfortzone verlassen müssen.
1989 gingen die Menschen auf die Straße, waren frustriert, waren es leid eingesperrt zu sein. Sie schrien "Wir sind das Volk" und brachten so eine ganze Weltordnung zu Fall. Nicht dass sie es alleine waren, aber sie hatten die Zeichen der Zeit erkannt und die Geschichte so weit vorangetrieben, dass jeder Widerstand des veralteten Unrechtssystems in sich zusammen fallen musste.
Nun kann man natürlich sagen: Wir gehen doch auf die Straße.
Das stimmt, aber wer sind wir und wenn ja wie viele?
1989 ging in der gesamten DDR ungefähr eine Million Menschen auf die Straße, um für mehr Freiheit friedlich zu demonstrieren. Das ist ein 1/16 der damaligen Gesamtbevölkerung.
Würden die Fridays-for-future-Demonstrationen einen ähnlichen Druck ausüben, so müssten in ganz Deutschland rund 5,1 Millionen Menschen auf die Straße gehen und demonstrieren. Nehmen wir selbst die niedrigsten Annahmen für die Anzahl der Demonstrationsteilnehmer 1989 an, so müssten heute immer noch über 2,5 Millionen Menschen für das Klima auf die Straße.
Doch so groß ist die Klimabewegung leider nicht, am großen Klimastreik am 24.09.2021 waren ins ganz Deutschland 620.000 Menschen in 470 Orten aktiv. Das sind gerade einmal 0,7 Prozent der Bevölkerung.
Also aufgeben?
Nein verdammt! Laut sein, Leute mit Argumenten überzeugen und sie mit auf die Straße hohlen. Fordern mit Nachdruck bis es umgesetzt wird, genauso wie es die Montags-Demos 1989/1990 taten, denn bis zum Schluss gingen die Menschen auf die Straße.
Ja aber Fridays-for-future ist immer Mittags, da kann ich nicht.
Warum machen diese Schüler das nicht Abends?
Der Sinn eines Streiks (damit auch des Klimastreiks) ist es, die Arbeit nieder zu legen, des Schülers Arbeit ist die Schule.
Aber gut wenn man nicht Mittags kann, sondern nun Abends, dann halt nicht...
Oder...
vielleicht einen zweiten Klimastreik anfangen?
Warum nich zwei am Tag? Warum nicht jeden Tag einen oder zwei?
Eine richtig Klimastreikkultur.
Je lauter wir sind, je häufiger wir uns zusammen finden, desto eher finden unsere Forderungen Gehöhr. Wir müssen kämpfen, ohne Hoffnung, mit vollster Frustration, mit dem nötigen Biss und mit aller Macht. Wir müssen so unangenhem sein und so klar in unserer Motiviation, dass das einzige, was uns ruhig stellt, eine drastische, kompetente Klimapolitik ist.
Das erfordert Kraft, Mut und auch Zeit, doch es geht um unser aller Überleben - sollte das nicht Ansporn genug sein?
Quellen
- https://www.stern.de/news/un-generalsekretaer-guterres-fordert-ende-von--krieg-gegen-unseren-planeten--30758704.html Abgerufen am 1.10.2021
- https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg Abgerufen am 1.10.2021
- https://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsverbrechen Abgerufen am 1.10.2021
- https://rp-online.de/panorama/fernsehen/markus-lanz-mit-luisa-neubauer-willkommen-in-der-klimakrise_aid-62901841 Abgerufen am 1.10.2021
- https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/295940/montagsdemonstrationen Abgerufen am 1.10.2021
- Statistisches Jahrbuch der DDR. Staatsverlag der DDR, 1. Auflage, Juni 1989, ISBN 3-329-00457-6, S. 8 und 17.
- https://www.wwf.de/klimastreik/ Abgerufen am 1.10.2021