Über sechs Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland stammen aus entwässerten Moorböden. Würde man die Moorböden besser schützen, ließen sich also auch große Mengen CO2 sparen. Bund und Länder haben daher zum besseren Schutz der Moore nun eine Vereinbarung unterzeichnet.
Also alles gut?
Es war mehr geplant, es ist... Kompliziert.
Was ist eigentlich ein Moor bzw. Moorboden?
Moore sind Feuchtgebiete, auf deren meist schwammigen Böden eigentümliche Vegetationen charakteristische Biotope bilden. Dabei ist ein ständiger Wasserüberschuss, etwa aus Niederschlägen oder durch austretendes Grundwasser, für Moore charakteristisch und unterscheidet sie vom Biotop Sumpf, da diese austrocknen können.
Das ist am Ende nicht nur eine Definitionsreiterei, sondern zeigt die enorme Wichtigkeit von Mooren. Durch den ständigen Wasserüberschuss wird der Boden sauerstoffarm gehalten, so sauerstoffarm, dass der vollständige Abbau der pflanzlichen Überreste nicht zersetzt werden können und zu Torf werden. Dadurch, dass die Pflanzen nicht vollständig zersetzt werden, speichern Moore über die Zeit immer mehr CO2, je mehr Moore, desto mehr CO2 kann gespeichert werden.
Wenn also ein Moorboden trocken gelegt wird, dann beginnt auch die Zersetzung von Pflanzenmaterial und damit steigen die Emissionen.
Wie viel Moor gibt es eigentlich in Deutschland?
Ursprünglich existierten rund 1,5 Millionen Hektar in Deutschland, das waren rund 4,2 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands, damit größer als das Saarland. Von dieser ursprünglichen großen Fläche sind heute 95 Prozent entwässert, abgetorft, bebaut oder landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzt. Diese Moore bezeichnet man als "tote Moore". Ist das Moor "nur" trockengelegt, kann es durch Rückführung von Wasser wiederbelebt werden, Enttorfe, bebaute Moore bräuchte noch deutlich größere Zuwendung oder sind gar nicht mehr zu retten. Auch wenn ein Moor wirklich nicht mehr lebendig werden kann (oder nur unter sehr großem Aufwand) ist es ein wertvoller Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten.
Was plant die Regierung?
Die Bund-Länder-Vereinbarung sieht unter anderem vor, keine neuen Anträge zum Abbau von Torf mehr zu genehmigen, da Torf große Mengen Kohlenstoff bindet.
Für Maßnahmen zur Wiedervernässung von Moorböden, für Modellvorhaben und für Maßnahmen zur Reduktion des Torfeinsatzes stelle die Bundesregierung bis 2025 rund 330 Millionen Euro bereit. Dabei sollen die Bundesländer und Kommunen gemeinsam mit Landwirten entscheiden, wie die Renaturierung vor Ort organisiert werden sollen. Individuelle Lösungen für individuell verschiedene Moore und deren heutige Situation. Eigentlich kein schlechter Gedanke.
Würde man diese Maßnahmen drastisch umsetzen ließen sich 53 Millionen Tonnen CO2-Emissionen verringern, das entspricht 6,7 Prozent der gesamt erzeugten Emissionen.
Der Knackpunkt: Etwa 8 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche sind Moorböden. Würde man diese wieder bewässern, würde eine Landwirtschaft hier nicht möglich sein.
Warum der Bauernverband die Vereinbarung begrüßt?
Man würde erwarten das ein Verband der seine Mitglieder schützen, stärken oder vertreten will, gegen eine solche Vereinbarung ist, dem ist aber nicht so. Der Bauernverband begrüßt die Bund-Länder-Zielvereinbarung. Man erkenne die Brisanz des Themas und die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Lösung mit den betroffenen Bürgern, Grundeigentümern und Landwirten an. Allerdings stellt der Bauernverband klar, dass die Problemlösung nur mit den Menschen in den betreffenden ländlichen Räumen und insbesondere den landwirtschaftlichen Betrieben angegangen werden könne. Dass man mit diesen Menschen zusammenarbeitet, ist verständlich, doch das war doch eigentlich auch das Vorhaben der Bund-Länder-Vereinbarung?
Weiter gibt der Bauernverband an, dass es um mehr als eine Million Hektar landwirtschaftlicher Fläche ginge. Wenn nun aber ursprünglich in Deutschland rund 1,5 Millionen Hektar Moor existierten und heute 8 Prozent davon in landwirtschaftlicher Nutzung sind, dann geht hier etwas in dem Rechenbeispiel nicht auf. Den acht Prozent von 1,5 Millionen Hektar sind nicht über 1 Million Hektar, sondern 12000 Hektar, also 120 Quadratkilometer.
Der Bauernverband legt Wert darauf, dass Landwirte und Grundeigentümer nicht schleichend aus der Nutzung verdrängt oder gar enteignet werden. Es sollen daher nur freiwillige und einvernehmliche Lösungen umgesetzt werden.
Oder anders ausgedrückt, der Bauernverband begrüßt die Bund-Länder-Vereinbarung nicht, aber er weiß, dass seine Lobbyarbeit "schlimmeres" verhindert hat.
Warum der WWF die Vereinbarung nicht begrüßt?
Man würde erwarten, dass eine solche Bund-Länder-Vereinbarung zum Schutz der Moore, gerade bei einer Natur- und Umweltschutzorganisation wie dem WWF zu Freude führen würde. Doch anstatt Freude gibt es harsche Kritik.
Laut dem WWF hat die Große Koalition ihr Versprechen nicht eingelöst, eine innerhalb der Bundesregierung abgestimmte Moorschutzstrategie zu verabschieden. Die Bund-Länder-Zielvereinbarung ersetzt eben nicht dringend erforderliche Strategie. Weder für den Moorschutz noch für die Klimapolitik.
Doch warum ist die Zielsetzung so lasch?
Innerhalb der Großen Koalition wurde das Bundesumweltministerium von der SPD geführt, zur Entwicklung einer Moorschutzstrategie musste es dabei mit CDU-geführten Landwirtschaftsministerium geführt werden. Die SPD zeigt deshalb natürlich mit dem Finger auf den Koalitionspartner, der alle Pläne zu Essig gemacht hat. Dass der Bauernverband, das Lieblingswort der Landwirtschaftsministerin in seiner Befürwortung der Bund-Länder-Vereinbarung äußert, lässt einen fast schon freiwillig an die Darstellung der SPD glauben. Die Bund-Länder-Vereinbarung erfolgte auch ohne bzw. nur begrenzt mit dem Landwirtschaftsministerium, was es einer solchen Vereinbarung erschwert Entscheidungen zu treffen, da nicht alle Ressorts für die Lösung des Problems bedient werden.
Aber es gibt eben auch nicht nur den Fingerzeig zur CDU, sondern auch den Fingerzeig zur SPD, von SPD-Politikern selbst. Wie etwa Mecklenburg-Vorpommerns Umwelt- und Agrarminister Till Backhaus, der sich durchaus
auch ehrgeizigere Ziele hätte vorstellen können. Gerade auf Hinblick der Klimaneutralität trifft er einen Punkt. Als Koalitionspartner kann die SPD nicht bei jeder Kritik auf die CDU zeigen, sie muss eben für Vorschläge auch einstehen und zur Not eben auch kämpfen.
Schlusswort
Der Schutz der Moore und ihre erneute Belebung durch Wasserzufuhr ist ein wichtiges Thema. So wichtig, dass es nicht reicht Phrasen zu schwingen, es müssen eben auch Taten folgen. Die Bund-Länder-Vereinbarung ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch wir brauch nicht einen Schritt, wir brauchen einen Sprint. Sprint zu erneuerbaren Energien, Sprint zum Schutz wichtiger Biotope, Sprint zu massiven Emossionenseinsparungen. Denn wenn man Torf unter der Begründung, es binde große Mengen Kohlenstoff nicht mehr abbauen und verbrennen darf, so müsste auch Kohle genauso verboten werden. Den das Recht sollte für alle am Ende gleich sein.
Das wird es, denn wenn wir weiter unserem Müßiggang folgen, trifft uns der Klimawandel in größerer Härte, als wir jetzt noch verhindern könnte. Damit eingeschlossen der Anstieg des Meeresspiegels, der Verlust von Agrarflächen und die Versalzung von Flächen im Inland.
Wie viel das wohl wäre?
Es wäre schön, wenn Politik und Bauernverbände die Zukunft im Blick hätten und nicht die eigene Gegenwart. Den sonst verlieren wir am Ende mehr, als wir eigentlich schützen hätten können.
Wir dürfen nicht hoffen, dass sich etwas ändert, wir müssen mit wutentbrannten Stimmen dafür kämpfen. Auf die Straßen, für eine Politik, die das schlimmste verhindert, solange es noch möglich ist.
Quellen
- G. Colditz: Auen, Moore, Feuchtwiesen; Gefährdung und Schutz von Feuchtgebieten. Birkhäuser Verlag, 1994.
- Claus-Peter Hutter (Hrsg.); Alois Kapfer, Peter Poschlod: Sümpfe und Moore – Biotope erkennen, bestimmen, schützen.Weitbrecht Verlag, Stuttgart/ Wien/ Bern 1997, ISBN 3-522-72060-1.
- F. Overbeck: Botanisch-Geologische Moorkunde. Wachholtz, Neumünster 1975, ISBN 3-529-06150-6.
- https://www.tagesschau.de/inland/schutz-moore-101.html Abgerufen am 22.10.2021
- https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/moore/deutschland/index.html ABgerufen am 22.10.2021