Die Rotbuche (Fagus sylvatica) ist ein in weiten Teilen Europas heimischer Laubbaum aus der Gattung der Buchen (Fagus). Die in der Umgangssprache als Buche bezeichnete Rotbuche wurde zum Baum des Jahres 2022 gekürt.
Doch ist das wirklich ein Grund zu feiern?
Was ist eigentlich eine Rotbuche?
Mit einem Anteil von 15 Prozent, der aber stetig zunimmt, ist die Rotbuche der häufigste Laubbaum in den Wäldern Deutschlands. In der Schweiz beträgt ihr Anteil 19 Prozent, in Österreich 10 Prozent. Damit ist die Rotbuche einer der häufigeren Bäume. Denoch wird es vermutlich vielen schwer fallen, eine Rotbuche zu erkennen. Dabei hat man in Europa den Vorteil, dass es nur eine natürlich vorkommende Buchenart gibt (Die ebenfalls in Europa heimische Hainbuche (Carpinus betulus) ist eine eigene Gattung in der Familie der Birkengewächse und demnach keine Buche im biologischen Sinne.). Der Name Rotbuche leitet sich von dem leicht rötlichen Holz des Baumes ab. Mitunter existieren Buchen mit roten Blättern, die sogenannten Blutbuchen.
Eine ausgewachsene Rotbuche erreicht Höhen von 40 bis 45 Meter. Die Krone aller (biologischen) Buchen ist sehr gleichmäßig und ausladend, während eine Hainbuche gestutzt und wenig gleichmäßig erscheint. Die ungemein dünne Rinde wird nur von wenigen Rissen durchzogen, während junge Rotbuchen noch einen dunkelgrünen, fast schwarzen Stamm besitzen, hällen sich ihre Stämme Zeit ihres Lebens auf und erreichen eine silbergraue Farbe. Rotbuchenblätter sind bis zu zehn Zentimeter lang und von ovaler, bis eiförmiger Form. An den Blatträndern ist nur ein leichter Zackenrand zu erkennen, während die Hainbuche sich mit stark gezackten Blättern präsentiert. Die Blätter der Rotbuche besitzen nur wenige Adern und wirken glatt.
Das wohl auffallendste Merkmal der Buche ist gerade besonders schön zu beobachten: Ihr leuchtend orangerotes Herbstlaub.
Buchen bevorzugen geschützte Stellen im Wald, weshalb es mehr Rotbuchen in Süddeutschland, als in Norddeutschland gibt.
Was ist eigentlich der Baum des Jahres?
Nachdem wir uns ausgiebig mit der Rotbuche auseinandergesetzt haben, sollten wir klären, was der Titel "Baum des Jahres" bedeutet.
Um den Wert des Baumes in der Gesellschaft herauszuheben, wird in vielen Ländern ein Baum des Jahres vorgestellt. Dabei ist dieses Phänomen in vielen Ländern zu beobachten, wir wollen uns aber auf Deutschland beschränken, da hier die Rotbuche gewählt wurde.
Die Wahl des Baumes des Jahres erfolgt im Oktober für das darauffolgende Jahr. Die Bestimmung erfolgt durch die „Baum des Jahres – Dr. Silvius Wodarz Stiftung“ (früher Menschen für Bäume) und durch deren Fachbeirat, das „Kuratorium Baum des Jahres“ (KBJ).
Das Kuratorium wurde 1991 gegründet, zuvor wurden aber bereits Bäume des Jahres gekürt. Dabei wird immer eine Baumart ausgewählt, 1989 zum ersten Mal mit der Stil-Eiche (Quercus robur L.), in anderen Ländern, beispielsweise Österreich werden entweder Arten oder gleich ganze Gattungen gekürt, wie die 1994 die Gattung der Tannen Abbies, was in Österreich die erste Ausrufung des Baums des Jahres generell war.
Ziel ist es Menschen für Bäume zu begeistern, sodass auch für zukünftige Generationen diese Baumarten und weitere Baumarten existieren können.
Wie viele Baumarten gibt es in Deutschland?
Bereits 1990 wurde die Rotbuche zum Baum des Jahres gekürt. Ein Umstand, der bedeutend ist, denn die Rotbuche ist damit der erste Baum, dem zweimal diese Ehre zuteil wurde. Es ist nicht so, dass es in Deutschland
nur 36 Baumarten gäbe, laut der Bundeswaldinventur gibt es in Deutschland rund 51 Baumarten bzw. Baumgruppen. Allerdings werden hier schon Kleinsbestände vernachlässigt und in Wirklichkeit existieren 90 Baumarten und 1215 Pflanzenarten natürlich auf deutschem Staatsgebiet.
Von diesen eigentlich 90 Baumarten nehmen 11 Baumarten in Deutschland etwa 90 Prozent des Holzbodens ein.
Das sind die Gemeine Fichte (Picea abies), Waldkiefer (Pinus sylvestris), Rotbuche, Traubeneiche (Quercus petraea (Matt.) Liebl., Syn.: Quercus sessilis Ehrh. ex Schur, Quercus sessiliflora Salisb.) und Stieleiche sowie die Hänge-Birke (Betula pendula Syn.: Betula alba, Betula verrucosa), Gemeine Esche (Fraxinus excelsior), Schwarzerle (Alnus glutinosa), Europäische Lärche (Larix decidua), Gewöhnliche Douglasie (Pseudotsuga menziesii) und Bergahorn (Acer pseudoplatanus).
Auf die restlichen 10 Prozent Holzboden entfallen alle weiteren Baumarten.
Für die Rotbuche sind das in Zahlen 16800,72 Qudratkilometer Bestandsfläche in Deutschland. Damit bedeckt der Rotbuchenbestand allein in Deutschland eine Fläche, die größer ist als Thüringen und hat einen 16 Prozentigen Gesamtanteil an allen deutschen Bäumen. Die Rotbuche ist damit der häufigste Laubbaum Deutschlands.
Ist es daher wirklich notwendig erneut den Fokus auf die Rotbuche zu legen? Ist das nicht wie eine Wahl der Stadttaube zum Vogel des Jahres? Andere Bäume wurden bisher nicht gekürt, wieso nicht sie?
Wie etwa die Hänge-Birke oder die Feldulme (Ulmus minor), welche aktuell ein verherrendes Ulmensterben erlebt.
Hier muss man fairerweise sagen, dass bereits 2019 versuchte wurde auf das Ulmensterben aufmerksam zu machen, in dem man die Flatterulme (Ulmus laevis) zum Baum des Jahres kürte.
Wieso wurde die Rotbuche erneut ausgewählt?
Die Rotbuche gilt als eine konkurrenzstarke Baumart und hatte lange den Glanz eines unverwüstlichen Baumes oder zumindest eines Baumes, der die Hoffnung für den klimastabilen Mischwald gilt.
Allerdings wissen wir inzwischen, dass diese Hoffnung auf Sand gebaut ist. Die klimabedingte zunehmende Trockenheit in den Wäldern setzt nicht nur feuchte liebenden Arten, wie etwa der Gebirgs-Weide (Salix appendiculata) zu, sondern auch den Rotbuchen. Und wenn ein Phänom den konkurrenzstarken, häufigen Baumarten zusetzt, ist es ein Problem von großer Tragkraft. Die Wahl der Rotbuche erfolgt daher nicht nur aus der Liebe zum Baum mit dem rötlichen Holz. Sie erfolgt um aufzuzeigen wie kurz unser Wald durch den Klimawandel vor dem Kollaps steht.
Rotbuchen, welche normalerweise Hitze und Trockenheit aushalten können, sind mit der Regelmäßigkeit, wie ihnen diese Extreme entgegengebracht werden, schlicht überfordert. Immer mehr Rotbuchen-Bestände zeigen verkahlte Kronen, Schädlingsbefall und Symptome komplexer Erkrankungen auf, die zum Absterben der Bäume führen können.
Was wird unternommen?
Es ist nicht so, dass dieses Absterben der Rotbuchen der Wissenschaft und der Politik unbekannt wären. Zahlreiche Forschungsprojekte beschäftigen sich mit den Entwicklungen des Klimawandels und welche Auswirkungen er auf verschiedenste Bäume und Waldsysteme hat.
Diese werden teilweise auch von den Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) unter dem Förderschwerpunkt „Anpassung der Wälder an den Klimawandel“ unterstützen die Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) mit Mitteln aus dem Waldklimafonds zahlreiche Forschungsprojekte unterstützt und finanziert.
Zum Beispiel werden Ursachen, Folgen und Maßnahmen bei Buchenkalamitäten (durch Schädlinge, Hagel, Sturm o. Ä. hervorgerufener schwerer Schaden in Pflanzenkulturen) untersucht, dabei liegt der Fokus auf der Aufforstung und Sicherung von Rotbuchenbeständen.
Ebenfalls werden Untersuchungen zum Bodenwasserspeicher durchgeführt. Dieser spielt eine zentrale Rolle für die Trockenstressempfindlichkeit der Bäume im Wirtschaftswald und Naturwald in einem zukünftig wärmeren und trockeneren Klima. Doch wie viel Wasser speichert der Boden? Welche Bäume sollten wo gepflanzt werden, damit sie optimale Lebensbedingungen besitzen? Es sind Fragen, welche bisher durch Schätzungen erfolgten und nun geklärt werden sollen.
Neben diesen gibt es noch viele weitere, das wissenschaftliche Interesse ist da.
Mein Freund der Baum stirbt
Noch ist er nicht Tod, aber er stirbt, wenn wir nicht handeln.
Mit ihm sterben die Wälder und was in ihnen lebt, was sie für uns bedeuten. Das wissenschaftliche Interesse (und das forstwirtschaftliche und damit politische Interesse) haben bereits die Problematik erkannt, doch ohne öffentliches Interesse ist der Diskurs zum Waldschutz viel zu still. Weshalb der Baum des Jahres, die Rotbuche, in unseren Köpfen seien sollte und wir als Gemeinschaft vermitteln müssen, dass der Schutz der Bäume ein Staatsanliegen ist, was für den Kampf gegen den Klimawandel von elementarer Bedeutung ist.
Quellen
- Bundeswaldinventur 3, 2012. Abgerufen am 12. März 2015.
- W. Russ: Mehr Wald in Österreich. BFW-Praxisinformation 24, 2011, S. 3–5. Quelle: Österreichische Waldinventur 2007/09.
- Gerhard Dönig: Rotbuchen – Fagus. Arten, Formen, Sorten, Kultivare mit Sammlungen aus dem Arboretum Altdorf. Hansmann, Hemmingen 2010, ISBN 978-3-9804283-3-0 (224 S.).
- Gerhard Dönig: Die Park- und Gartenformen der Rotbuche – Fagus sylvatica L. Gartenbild, Rinteln 1994, ISBN 3-928521-05-5.
- Horst Bartels: Gehölzkunde. Ulmer, Stuttgart 1993. ISBN 3-8252-1720-5, ISBN 3-8001-2648-6.
- Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Ulmer, Stuttgart 1996, ISBN 3-8001-2696-6.
- B. Felbermeier, R. Mosandl: Fagus sylvatica. In: Schütt, Weisgerber, Schuck, Lang, Stimm, Roloff: Enzyklopädie der Laubbäume. Nikol, Hamburg 2006, ISBN 978-3-937872-39-1, S. 241–260.
- https://baum-des-jahres.de/baeume-seit-1989/ Abgerufen am 29.10.2021
- https://info.bmlrt.gv.at/im-fokus/bildung/wissensangebote/wald/baum-des-jahres-.html Abgerufen am 29.10.2021
- https://www.deutschewildtierstiftung.de/baumarten-laubbaum-nadelbaum Abgerufen am 29.10.2021
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/154868/umfrage/flaeche-der-deutschen-bundeslaender/ Abgerufen am 29.10.2021
- Andreas Roloff, Andreas Bärtels: Flora der Gehölze. Bestimmung, Eigenschaften und Verwendung. 3., korrigierte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2008, ISBN 978-3-8001-5614-6, S. 574.
- https://www.waldklimafonds.de/foerderung/foerderschwerpunkte#c37367 Abgerufen am 29.10.2021
- https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=2220WK10A1 Abgerufen am 29.10.2021
- https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=2220WK13X4 Abgerufen am 29.10.2021