"Ich bin mir nicht sicher, was die Kleine von mir hören sollte", sagte ich meiner Frau verunsichert. Nicole strich mir durch die Haare, während ich mit dem Ohr auf dem kugelrunden Bauch lag und hörte, wie neben dem kräftigen Schlag meiner Frau noch der kleine Herzschlag meiner Tochter zu hören war.
"Bauchsagen" nannte sich das und es war eine dieser Ideen, die meine Schwiegermutter meiner Frau in den Kopf gesetzt hatte. Der Mann sollte dabei mit dem Kind reden, bevor es auf der Welt ist, damit es sich schonmal an den Klang der Stimme gewöhnt. Warum wir dafür nackt im Bett liegen mussten, erschloss sich mir nicht so ganz.
"Sag irgendetwas Nettes."
"Jannet? Wenn du irgendwann so schön wie deinen Mutter wirst, werde ich sie für dich verlassen."
"Martin, du Arsch", schimpfte meine Frau zu recht und schubste mich von ihrem Bauch.
Ich grinste sie an und gab ihr einen Versöhnungskuss. Dann legte ich wieder mein Ohr auf den Bauch.
"Ich werde dich immer beschützen, auch wenn ich dafür sorgen muss, dass die Hölle zu friert. Ich werde dich vor allem vor Männern schützen. Die sind alle böse. Selbst wenn der Teufel persönlich, dieser Arsch von da unten, was von dir will und versucht, dich zu holen, werde ich ihn bis zum Höllentor schleifen und ihn persönlich zurückwerfen."
"Martin. Mach ihr keine Angst, sonst wird sie nie einen Freund mit nach Hause bringen."
"Aber ich muss sie doch schützen. Da darf nicht jeder dahergelaufene was mit meiner Tochter anfangen, wer bin ich denn?"
"Wie dein Vater ... ", motze sie und wusste direkt, wie mich die drei Worte getroffen hatten.
Ich wollte nicht mit ihm verglichen werden. So wie er gesehen werden wollte ich auch nicht. Ich wusste, dass er meine Mutter jedes Mal verprügelt hatte, als sie keinen Thronfolger zur Welt brachte. Er hatte es nicht im Krankenhaus getan. Dort war er nur zum Bett meiner Mutter getreten und hatte gefragt, was es sei. Umgedreht hatte er sich und war kommentarlos gegangen, auch als ich zur Welt gekommen war. Meine Schwestern haben es mir viel später erzählt, als ich sie aus dem Haus meines Vater geholt hatte. Auch erst nachdem ich ihnen über Jahre gezeigt hatte, dass ich zwar viel von meinem Vater geerbt habe, aber trotz allem meinen Fehlern meine Familie liebe. Jeden einzelnen von ihnen. Aber ich bin der Sohn meines Vaters. Das konnte ich nie verleugnen.
Deshalb hatte meine Frau, die meine dunkle von meinem Vater geerbte Natur kannte, auch sehr lange gezögert, bis sie mir das Geschlecht unseres Kindes verriet. Sie hatte Angst davor, dass ich sie so behandelte, wie mein Vater es tun würde. Aber als ich erfuhr, dass ich eine Tochter bekomme, habe ich sie durchs Haus gewirbelt und und sie so wild geküsst, dass wir bald Taumelnd ins Sofa fielen, weil uns die Luft ausging. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich nur Töchter. Vielleicht auch wegen meinem Vater.
Ich hasste den alten Mann, der meine Frau verachtete, weil sie nicht vom Adel war. Für ihn waren seine Kinder allenfalls Statussymbole. Seine vier Töchter hatte er an die Angestellten seiner Firma verkauft, an seine Geschäftsführer. Nein, so wie er würde ich nie. Meine Tochter würde sich selber entscheiden, wer es sein würde. Ich würde nur wirksam verhindern, dass dieser Mann ihr je wehtat. Ein klärendes Gespräch von einem Vater zu einem zukünftigen Vater. Ich lächelte.
"Ich liebe dich, Jannet", sagte ich. "Ich verspreche, ich werde dich immer lieben."