Wenn man etwas macht, was von der Gesellschaft nicht akzeptiert wird, was diese sogar als ein Verbrechen ansehen, dann hat man nur noch eine Wahl: Flucht.
Der Grund für unsere Flucht als Familie war:
Wir wollten, dass alle lebten. Der Staat, beziehungsweise die Institution namens Krankenkasse wollte das zumindest bei einer von uns beenden. Bei Jacqueline, der Tochter, die eigentlich nicht unsere war. Und weil sie nicht unsere war, hatte sich der Staat in seinem Auswuchs Jugendamt per Gericht das Recht erkämpft, bei diesem unschuldigen Kind den Stecker zu ziehen. Wenn wir sie denn zuhause reingelassen hätten. Nun lag der Fall vor Gericht.
Das wir es nicht ewig schaffen würden, die wohlmeinenden Beamten von unsere fast adoptierten Tochter fern zu halten, war uns sehr wohl bewusst. Aber durch dieses wirklich ordnungsgemäße Schreiben, das von Amtswegen uns zugestellt worden war, wo in der Begründung "für das Kindeswohl" stand, dass ihr angeordneter Tod deshalb unumgänglich sei, weil wegen einer zu geringen Chance der Wiederherstellung und ein unnötiges Leid in der Zukunft zu verhindern sei, waren wir einfach zu fassungslos, dass wir das einfach so hinnehmen konnten. Und so wurden wir in die Flucht getrieben.
Glücklicher Weise hatte ich zur gleichen Zeit geerbt. Nein, nicht mein Vater war gestorben, sondern seiner. Und der hatte mir, seinem Enkel, obwohl er mit Kindern und Enkeln echt gesegnet war, seinen gesamten Besitz übertragen. Und das war: ein komplettes, leerstehendes Dorf an der belgisch französischen Grenze. Ein Ort, an dem es keine Arbeit gab und an dem deshalb auch niemand mehr leben wollte.
Okay, keiner der anderen wollte sich sowas ans Bein binden lassen und waren heil froh, dass ich den Stammsitz der Familie van Düren übernahm. Dafür verzichteten sie auch auf die Millionen auf dem Konto, die würden alleine für die Steuer an diesen ganzen Grundstücken sehr schnell verfließen. Aber uns war das erst mal egal.
Und so verwandelten wir uns. Das ist der Vorteil des Adels. Nur Vornamen und dahinter ein Titel und der konnte sich auch schonmal ändern. So kann man sehr schön sich vor deutschen Behörden in Luft auflösen. Eine Zeitlang zu mindestens. Ich hoffte, es würde mir reichen, dass ich beweisen konnte, dass es Jacqueline bei uns gut ging.
Einige meiner Kollegen aus der Universität halfen uns, wie sie uns schon beim Einrichten der Intensivstation in unserer Wohnung geholfen hatten. Mitten in der Nacht verluden wir alles in zwei LKW, damit der friedlich schlafende Behördenschimmel auch ja nichts mitbekam. Nach sechs Stunden Fahrt schlummerte Jacqueline friedlich in den Tiefen des Kellers unseres neuen Labors, einem Bunker aus einem der Kriege. Hier konnten wir sie vor allem schützen, die nach ihrem Leben trachteten.
So waren wir für den Staat, der nur an Geld dachte, verschwunden. Wahrscheinlich würden sie bald vergessen, dass es uns jemals gab. Nur meine meist weiblichen Studentinnen werden wohl in Zukunft auf den smarten Professor der Wiederherstellungsmedizin verzichten müssen. Aber die Familie geht vor.