Heute geht es um die alten Wellensittiche. Doch, wann ein Wellensittich als alt gilt, kann gar nicht wirklich gesagt werden. Früher, als die Mehrheit der Wellis noch bis zu 15 Jahre alt geworden ist, waren 11-jährige oft noch weit davon entfernt, als Senioren bezeichnet zu werden. Sie flogen noch munter und fröhlich durch die Gegend und standen den jüngeren Artgenossen in nichts nach.
Heutzutage sieht die Sache leider etwas anders aus. Wenn ein Wellensittich 7 Jahre als wird, ist das oft schon erstaunlich. Viele Vögel erreichen ihren 4. Geburtstag nicht mehr. Grund dafür ist unter anderem Überzüchtung. Um bestimmte Farbschläge, Zuchtformen und andere Merkmale zu erhalten, wurde vermehrt auf In- und Linienzucht gesetzt. Das begünstigt Erbkrankheiten und schwächt die genetische Vielfalt. Eine hohe Sterblichkeit und eine Vielzahl an Krankheiten sind damit zur traurigen Normalität geworden. Daneben spielen auch Haltungsfehler eine Rolle bei der frühen Sterblichkeit der Vögel.
Vor ein paar Jahren habe ich „Seniorenfutter für Wellensittiche ab 5 Jahren“ im Zoohandel. Darin spiegelt sich bereits die geringe Lebenserwartung wieder.
Wer das Glück hat, einen Wellensittich aus einer guten und verantwortungsvollen Zucht zu erhalten, kann damit rechnen, dass sich die ersten Alterserscheinungen ab dem 8. bis 10. Geburtstag zeigen. Die Vögel werden dann generell ein wenig ruhiger, machen nicht mehr ganz so viel Blödsinn, singen vielleicht seltener und nicht mehr so intensiv wie in jungen Jahren. Auch äußerlich verändern sich die Senioren ein bisschen. Das Gefieder wird stumpfer, möglicherweise etwas struppiger und es kann zu Mauserproblemen kommen. Die Wachshaut kann sich auch verändern. Manche Hähne haben eine deutlich hellere Wachshaut als in ihrer Jugend und die Hennen werden nicht mehr oder nur noch selten brutig. Die Nase wird dementsprechend nicht mehr tief braun.
Oft schleichen sich dann auch die ersten Gebrechen ein. Das Fliegen klappt nicht mehr so gut und manche Vögel entwickeln sogar uns bekannte Alterskrankheiten wie Arthrose oder Gicht. Auch mit Erblindung muss gerechnet werden. Einige Vögel können sich dann nicht mehr richtig auf der Stange halten und plumpsen eventuell manchmal runter. In diesem Fall könnte ein Sitzbrett helfen. Das gibt es in vielen Online-Shops oder auch im Nager-Abteil.
Außerdem sollte man darauf achten, dass der alte Wellensittich nicht übergewichtig wird. Denn sein Stoffwechsel arbeitet viel langsamer als der eines jungen Wellis. Es sollte auf jeden Fall Futter ohne Zucker und nicht zu viel Obst angeboten werden. Das Alter macht sich auch darin bemerkbar, dass der Vogel deutlich mehr trinkt als früher (hier bitte darauf achten, dass keine Krankheit hinter dem erhöhten Flüssigkeitsbedarf steckt!)
Anstatt selbst zu balzen, lässt sich ein alter Wellensittich lieber von seinen Artgenossen verwöhnen.
Beobachtet eure Wellis immer gut und ihr werdet rechtzeitig bemerken, wann einer eurer Vögel Veränderungen aufzeigt und ihm eventuell manche Dinge nicht mehr so leicht fallen wie früher. Lasst euch im Einzelfall von einem Tierarzt oder gut informierten Zoohandlung beraten, welche Möglichkeiten ihr habt, es dem Senior so angenehm wie möglich zu machen.
Irgendwann kommt allerdings der grausamste aller grausamen Tage im Leben eines Tierhalters. Ein Vogel stirbt. In einem größeren Schwarm wird der Verlust sicher leichter zu verkraften sein. Hinterlässt der verschiedene Vogel allerdings einen nun einsamen Partner, so sollte dieser in jedem Fall einen neuen Artgenossen bekommen. Denn auch alte Wellensittich sind nicht gern allein und können sich durchaus an einen neuen Partner gewöhnen. Dieser sollte nach Möglichkeit kein Jungvogel sein. Mindestens ein Jahr alt ist ratsam, am besten jedoch ein Welli im annähernd selben Alter. Ältere Vögel findet man zum Beispiel im Tierheim oder beim Züchter. Für die Zeit dazwischen müsst ihr euch gut um den hinterbliebenen Sittich kümmern. Viel mit ruhiger Stimme mit ihm reden und gerne auch mal (wenn gesundheitlich erlaubt) mit kleinen Leckerlis verwöhnen.
Zum Schluss noch einmal der Hinweis: Beobachtet eure Vögel immer gut! Nur so bemerkt ihr Veränderungen, hinter denen nicht immer nur das Alter, sondern auch eine ernste Krankheit stecken kann!