Hallo meine lieben Vogelfreunde! Ab jetzt wird es bei Professor Undulat ein bisschen wissenschaftlich. Aber keine Angst, ich versuche mich kurz und verständlich zu auszudrücken. Vielleicht ist dem ein oder anderen von euch sogar manches, was ich nun erläutere gar nicht fremd. Denn früher oder später kommt die sogenannte „Vererbungslehre“ im Biologieunterricht auf jeden von uns zu. Was in der Schule womöglich eher langweilig und unnötig erscheint, ist für jeden, der Wellensittiche züchten möchte, extrem wichtig zu wissen. Zumindest dann, wenn er einen bestimmten Farbschlag weitervererben möchte. Denn es gibt Farben und Merkmale, die nicht durch jede x-beliebige Verpaarung weitergegeben werden können.
Gehen wir dazu noch einmal zurück zu den wilden Wellensittichen in Australien. Diese sind meistens hellgrün mit einer normalen, schwarzen Wellenzeichnung. All diese optischen Merkmale werden DOMINANT vererbt. Das heißt, sie werden auf jeden Fall SICHTBAR auf die Nachkommen weiter gegeben. Das ist von der Natur so vorgegeben, weil dieser Farbschlag (Wildfarbe) am besten in der freien Wildbahn getarnt ist. Ein blauer Wellensittich fällt mehr auf und wird somit eher von Fressfeinden entdeckt. Schafft es dann doch einmal ein blauer Welli in Australien (was extrem selten ist!) das Erwachsenenalter zu erreichen und paart sich mit einem grünen Welli, so werden alle seine Nachkommen ebenfalls grün. Das Überleben dieser Wellensittiche ist somit gesichert.
Denn Blau wird REZESSIV vererbt. Das bedeutet, dass die genetischen Anlagen zwar in den Nachkommen vorhanden sind (SPALTERBIG), aber durch die dominanten Anlagen der Farbe Grün überdeckt werden. Erst wenn beide Elterntiere die blauen Erbanlagen in ihren Genen tragen, können auch blaue Nachkommen entstehen. Das können zum Beispiel zwei grüne Vögel sein, die jeweils ein blaues Elternteil hatten. Das ist aufgrund der Seltenheit in Australien fast unmöglich. In Gefangenschaft, wo es keine Fressfeinde gibt, haben die blauen Wellis eine Überlebenschance und können somit durch gezielte Zucht weiter vermehrt werden.
Neben den rezessiven und dominanten Erbanlagen gibt es noch die Faktoren. Diese werden in jedem Fall auf die Nachkommen weiter gegeben, ist demnach auch dominant. Grün und Grau (Faktor) ergeben somit Graugrün.
Außerdem gibt Merkmale, die GESCHLECHTSGEBUNDEN vererbt werden. Dazu gehören z.B.: Opaline. Bei der geschlechtsgebundenen Vererbung können nur die Hähne den Erbfaktor spalterbig in sich tragen. Eine Henne dagegen kann nie spalterbig in einer geschlechtsgebundenen Eigenschaft sein. Das ist etwas kompliziert. Stellt euch ein Welli-Paar vor: Der Hahn ist normal gezeichnet, die Henne Opalin. Somit sind alle männlichen Nachkommen normal gezeichnet und spalterbig Opalin, alle weiblichen Nachkommen nur normal. Ist der Vater dagegen Opalin und die Mutter normal, so sind die Söhne wieder normal, spalten in Opalin, die Töchter dieses Mal jedoch alle rein Opalin.
Wichtig ist immer, genau zu wissen, wie die Eltern der Vögel aussahen, mit denen ihr züchten wollt. Ansonsten kann man nie 100%ig genau planen, mit welchem Ergebnis zu rechnen ist. Denn wie gesagt, die rezessiven Erbanlagen nicht zu sehen, aber dennoch vorhaben und können bei der nächsten Verpaarung zutage kommen.
Hier noch einmal eine Übersicht über die Farbschläge und ihre Vererbung:
- Grün = dominant gegenüber Blau
- Anthrazit-Faktor = muss doppelt vorhanden sein, damit er sichtbar wird
- Graufaktor wird dominant vererbt
- Violett-Faktor wird dominant vererbt (macht Grüne dunkler)
- Falben = rezessiv
- Grauflügel und Hellflügel = rezessiv, aber dominant gegenüber Aufgehellte
- Gelbgesichtsfaktor = dominant
- Texas Clearbody = Geschlechtsgebunden (Easly Clearbody = dominant)
- Spangle = dominant
- Schwarzaugen = 1-faktorische Kontinental-Schecke, spalterbig in rezessivem Schecke x rezessive Schecke
- Rezessive Schecken = rezessiv
- einfaktorische australische Schecke = dominant
- Doppelfaktorische australische Schecke = stark aufgehellt, helle Irisringe, dominant
- Kontinental Schecke = dominant
- Opalin = geschlechtsgebunden (Vater auf Töchter, Mütter spalterbig auf Söhne)
Ich weiß, das ist alles sehr kompliziert und sicherlich nur für jene interessant, die züchten. Aber so ein bisschen Extra-Wissen schadet ja nie ;-) die kommenden Kapitel werden ein paar Beipiele noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Bis dahin, macht’s gut! Euer Professor Undulat!