"Nein!", diese einfachen vier Buchstaben ließen ein Raunen durch die Menge gehen, Baal warf seinem Bruder einen ungläubigen Blick zu.
"Nein?", Baal baute sich bedrohlich vor Deseis auf, "Du verweigerst einen Befehl deines Königs?"
Deseis sah ihn kalt an: "Ja!" Wortkarg wie Arya ihn kennengelernt hatte, sie sah, wie die beiden Brüder einen wahrscheinlich ewig währenden Machtkampf austrugen. Baal zückte plötzlich sein Schwert und stach es Deseis in die Schulter: "Dann werde ich dir jetzt Manieren beibringen! Wie kannst du es wagen dich deinem König zu widersetzen?" Darauf folgte ein Tritt in den Magen, Deseis fiel und plötzlich schoss finstere Energie aus Baals Körper: "Das wird wehtun!" Er wollte zuschlagen, aber sein ganzer Körper prallte an gleißendem Licht ab.
"Lasst ihn in Ruhe!", verlangte Arya, welche ein Schild aus Sonnenlicht hielt, um damit Deseis vor seinem Bruder zu schützen. "Sie ist es!", beeindruckt zog Baal sich zurück, "Diese Hochzeit wird unsere Familie wirklich groß machen!" Arya spürte, wie das Schild verschwand und ihr Körper sich dafür mit extremer Kraft füllte.
Schnell zog sie Deseis hoch und half ihm zurück zum Anwesen. Keiner der beiden sagte ein Wort, als sie ihn an den geweiteten Augen ihrer Mutter vorbei bis in ihr Zimmer schleifte.
Deseis keuchte kurz als Arya einen Dolch unter ihrem Kopfpolster hervorzog und damit den verbleibenden Stoff an seiner Schulter verschnitt. "Dachtest du ich würde dich umbringen?", Arya schmunzelte leicht, "Wofür dich dann vor deinem geisteskranken Bruder retten?"Deseis lächelte kurz: "Kein Grund zur Sorge, die Wunde verheilt bereits, ein Vorteil daran das man ein Schatten ist! Baal hatte nie vor mich ernsthaft zu verletzen, er wollte mir bloß..."
Arya unterbrach ihn: "Bloß was? Eine kleine Lektion erteilen, weil du eine eigene Meinung hast?"
Deseis versuchte seinen Bruder zu rechtfertigen: "Es gibt strenge Regeln, da wo ich herkomme..." Arya unterbrach ihn schon wieder: "Warum bist du dann nicht so? Dein Bruder hätte meinen Vater zurückgelassen! So kann sein Körper überführt werden und die Rituale zur Reinigung seiner Seele können durchgeführt werden, sodass er zu seinen Vorvätern aufsteigen kann!" Deseis lächelte sie an: "Hat dir nie jemand beigebracht, das es unhöflich ist ständig andere zu unterbrechen? Genau darum habe ich Maltreas bekämpft!"
Arya legte den Kopf in den Nacken: "Du machst es mir nicht leicht dich zu hassen!" Deseis stützte sich auf die Ellbogen und setzte sich auf: "Warum solltest du auch? Ich bin absolut in Ordnung, würde mich sogar als einen guten Fang bezeichnen!" Arya war wieder nicht sicher, ob er scherzte, diesmal erkannte sie, aber ein Funkeln in seinen Augen, das darauf hindeutete, also lachte sie, was ihn schmunzeln ließ.
"Kannst du aufstehen?", fragte sie ihn dann, er nickte, ließ sich aber wieder zurückfallen. "Dann steh auf?", Arya pickte ihm in den Bauch, worauf sich Deseis aber auch nicht rührte.
"Wie lange weißt du es schon?", fragte er sie dann und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf, schien die Decke auswendig zu lernen.
"Seit heute!", antwortete Arya wahrheitsgemäß, "Wir waren sicher, das Ation die Fähigkeiten von Vater erben würde!" Dann ging sie um das Bett herum und legte sich ebenfalls darauf, verschränkte wie er die Hände hinter dem Kopf und starrte an die Decke. "Das könnte deine Rettung sein, vielleicht musst du mich nicht heiraten!", Deseis sah zu ihr hinüber, "Vielleicht verheiraten sie deinen Bruder an deiner Stelle!" Arya wusste das er recht hatte, aber sie wusste auch, das Ation in jemanden verliebt war, heimlich, weil die Person der Dienerschaft angehörte. Arya hingegen hatte sich für Blumen, Tiere und den Wald interessiert, aber noch nie für einen Mann.
"Nein, ich denke wir sollten das tun!", sie drehte sich zu ihm, "Schließlich kommt wahrscheinlich nichts Bessers nach!" Deseis lächelte leicht: "Dein Bruder hat jemanden, habe ich recht?" Arya sah ihn erschrocken an: "Nein! Wie kommst du darauf! Vielleicht will ich dich auch einfach heiraten, weil du nett bist, und klug! Und ein wenig schön!"
Deseis zog eine Braue hoch: "Ein wenig schön? Ich denke wir wissen beide das es sich dabei um eine Untertreibung handelt! Ich bin nicht blind und du auch nicht. Ich sehe verdammt gut aus!"
Arya grummelte leise: "Man blöd, dass er weiß wie schön er ist!"
Ein Keuchen von Deseis riss sie aus der Erinnerung an ihr lang vergangenes Kennenlernen. "Ich habe so einen Durst.... Aber kein Wasser hilft...", er warf den Wasserschlauch, welchen er gelehrt hatte beiseite, "Was hast du mit mir gemacht?" Arya seufzte: "Es tut mir leid, ich hätte dich sterben lassen sollen. Du bist nun wohl ein Wandler... Ein Wunder, das du noch bei verstand bist!"
Deseis begann zu begreifen: "Bei Tag was ich war, im Schein des Mondes eine Bestie!" Arya zog eine Braue hoch: "Wie man hört warst du so oder so eine Bestie, Rabe!" Deseis sah sie verwirrt an, als würde er nicht verstehen können was sie sagt. Arya war bewusst, dass er den Verstand verlieren würde wenn er nicht bald etwas gegen seinen Durst tun würde. Arya legte ihren Kopf zu Seite und strich ihr Haar von ihrem Hals: „Es ist okay!“
Deseis warf ihr einen kritischen Blick zu: „Ich weiß nicht ob ich das kann! Du bist nicht einfach ein Tier oder ein Feind...“
Arya seufzte: „Dein Freund bin ich auch nicht, nur zur Erinnerung. Aber ich bin mitverantwortlich für deine Misere!“
Deseis fuhr mit seinem Zeigefinger ihre Halsschlagader entlang: „Warum kannst du mich nicht leiden? Ich kann mich kaum erinnern... Aber ich kannte dich irgendwann in einem anderen Leben... Ich kenne deinen Namen...“
Arya schloss für einen Moment die Augen: „Du bist der Onkel von Church! Außerdem siehst du noch besser aus als er, du hast diese faszinierenden Augen, diesen perfekten Körper neben dem man sich als hochwohlgeborene Elfe hässlich fühlt. Diese Lippen, die Stimme, die Intelligenz die dich so anziehend macht!“
Deseis schmunzelte: „Du findest mich also anziehend? Sag fandest du mich auch schon anziehend, als wir uns kannten? Waren wir Liebende?“
Arya murrte: „Alles Wortklauberei! Wir waren wahrlich nichts! Trink jetzt oder lass mich endlich in Ruhe!“
Deseis packte sie am Kinn und zwang sie ihn wieder anzusehen. Blutrot traf auf Sturmgrau.
„Ich finde dich auch sehr anziehend!“, Deseis sah sie ernst an, „Also wo liegt das Problem? Wenn ich in der Vergangenheit etwas getan habe was dich erzürnt hat...“
Arya wich seinem Blick aus: „Ich muss sterben!“
Deseis wich ein paar Schritte zurück: „Was meinst du damit? Ich verstehe... darum hast du die Relikte an dich gebunden!“
„Um sie mit einem Schlag auslöschen zu können!“, bestätigte Arya seine Vermutung.
„Es muss einen anderen Weg geben! Verantwortungsvolle Träger dafür, die damit umgehen können und sie für das Gute einsetzen!“, Deseis musterte sie kritisch.
„Was ist schon gut?“, schrie Arya ihn an, „Aktuell sind wir Verräter! Wir sind die Bösen. Im Krieg gibt es kein gut oder böse, nur den Tod!“
Deseis verstand ihren Einwand, darum hatte nicht einmal Ation gewusst, wo sie die letzten Jahre abgeblieben war.
Arya hatte ihr eigenes Leben aufgegeben, um die Waffenrelikte aller magischen Völker zu vernichten, um zu verhindern, das sie in einem Krieg eingesetzt werden würden. Einem Krieg wie dem der jetzt aufzog.
Deseis wusste, dass er sie jetzt nur noch mehr verehrte, sie war mit Abstand die schönste, mutigste und aufopferungsvollste Frau, die ihm je begegnet war. Auch wenn er sich an die Jahre vor dem Kerker kaum erinnern konnte, so glaubte er nicht das sie beide nichts gewesen waren.
„Komm her!“, Deseis eilte wieder zu ihr und schloss sie in die Arme.
„Was ist mit deinem Blutdurst?“, wollte Arya verstört wissen.
Deseis löste sich kurz von ihr und strich ihr wieder über den Hals: „Ich kann nicht sagen, das ich es nicht begehre!“
Arya hörte ein lautes Räuspern was sie dazu veranlasste Deseis von sich zu stoßen.
„Denk an dein Versprechen, Arya!“, Tiralya musterte ihre Tochter kritisch und Deseis beinahe abfällig.
Arya senkte den Kopf: „Ich werde tun was ihr verlangt, Mutter!“
Tiralya schien keineswegs vorzuhaben die beiden noch eine Sekunde alleine zu lassen: „Es ist spät. Du solltest nach all den Jahren wieder einmal schlaf in deinen Gemächern finden, Kind! In den Gemächern, die deine hätten werden sollen! Eine Nacht lang will ich wissen wo mein Kind ist, eine Nacht will ich in Frieden schlafen!“
Arya nickte resignierend: „Ich folge euch sofort, Mutter!“
Deseis warf Arya einen kritischen Blick zu: „Was hast du ihr versprochen? Wovon redet sie?“
Arya warf ihm einen flehenden Blick zu dieses Thema zu beenden: „Ich erkläre es dir, aber jetzt lass mich einfach mit ihr gehen damit es keinen Ärger gibt!“
Im neunten Kreis, auf einer Ebene nahe der Kerker von Madum sah Vernon sich verstört um. "Was wollen wir hier, Meisterin?", Die in Dunkelheit gehüllte Gestalt vor ihm schien seine Frage nicht einmal wahrzunehmen."
Die Felder verdorrt, das Blut Agares vergossen, Tod und Verzweiflung über die Lebenden...", murmelte die Frauenstimme. Vernon blickte auf die Stelle vor dem finsteren Wesen, sie begann in einem hellen Blau zu leuchten.
"Steh auf, mein Krieger!", die Stimme hatte nun wieder einen festen Klang, und vor ihnen aus dem trockenen Boden begann sich etwas zu formen. Aus Staub wurden Knochen, aus Erde Fleisch und Muskeln um die sich blasse Haut spannte. pechschwarzes Haar bedeckte den Kopf und Augen so dunkel wie die Nacht füllten die leeren Augenhöhlen.
"Sei mein...", flüsterte die finstere Gestalt und die Augen des geformten Mannes wurden hellblau, beinahe weiß.Vernon starrte den Mann an, er kannte ihn aus Geschichtsbüchern und Legenden.
"Das ist...", begann Vernon, doch wurde er harsch unterbrochen. "Schweig jetzt, ich schicke dich nach Irilias. Du darfst Delina helfen, aber denk daran das dein Auftrag an diesem Ort ein anderer ist!", die Gestalt tippte Vernon an, sodass er verschwand und im nächsten Augenblick direkt vor einem elfischen Tempel stand.
"Was zum heiligen Finn machst du den hier?", wurde er von einem wütenden Claude begrüßt.
"Ich komme im Auftrag meines verstorbenen Bruders. Ich möchte Delina helfen ihr Erbe anzutreten!", verkündete Vernon.
"Jaja schon gut, kein Grund so geschwollen zu reden!", Claude spuckte ihm vor die Füße, "Dann komm mal mit rein Halbwolf, vielleicht redet die ja mit dir!"
Vernon folgte Claude in den Tempel, wo er einige bekannte Gesichter erblickte.Treplew und Newra, die allem Anschein nach Deseis in einen anderen Raum zu sperren versuchten.
"Was ist den mit dem los?", wollte Vernon wissen und machte sich so bemerkbar. "Er dreht durch, Blutfluch!", Treplew schaffte es mit ein paar gezielten Schlägen Deseis in die Kammer zu verfrachten und Newra schlug sogleich die Türe zu.
"Das haben wir Selenos zu verdanken!", Newra atmete erleichtert aus, als sie bemerkte das Deseis keinen Versuch unternahm sich zu befreien, "Er hat ihn gebissen und damit zum Wandler gemacht!"
Vernon verzog kurz das Gesicht: "Tragisch, und doch nicht von Belangen. Die Zeit der Dämonen ist vorüber, Newra!" Newra warf ihm einen interessierten Blick zu: "Was meinst du damit, Vernon? Und warum bist du eigentlich hier? Und wie gelang es dir einfach in diese geschützte Umgebung zu kommen?" Vernons Blick blieb kühl: "Die Zeit der Hexen wird kommen! Ich bin im Auftrag meines Bruders hier um Arya Ronalien zur Vernunft zu bringen damit die Delina ihr Erbe aushändigt!"
Treplew musterte ihn kritisch: "Die Guren sind ausgelöscht, die Hexen und Hexenmeister sind tot!"
Vernon grinste bösartig: "Der Tod kann uns nicht aufhalten! Du solltest am besten wissen das er nicht so endgültig ist wie es oft scheint. Wo ist Delina?"
Newra schüttelte den Kopf: "Ein Spinner! Absolut, aber vielleicht erheitert er Delina?" Treplew nickte: "Einen Versuch ist es Wert!"
Delina saß hinter dem Tempel und starrte auf das selbst gebastelte Kreuz, welches sie in die Erde gesteckt hatte, wie auf dem Friedhof der Menschen den sie in Kings Cross gesehen hatte. Ihr Vater, ihre Schwestern, man hatte ihr so viel genommen. Ihre Mutter hatte ihr zu viel genommen.
"Was wenn ich dir sagen würde das du sie rächen könntest? Das du Finn vernichten kannst, wie auch Merlin?", Vernons Stimme ließ sie herumfahren.
"Rache kann nicht unsere Antwort auf...", begann sie, aber Vernon ließ sie nicht ausreden.
"Rache ist die einzige Antwort auf die Ermordung meines Bruders. Finn hat das abgesegnet, wusstest du das?", Vernons Augen reflektierten das Mondlicht.
"Das würde er nicht...", Delina sah zu ihm auf, Vernon warf ihr ein Buch zu und grinste verschlagen. Delina durchblätterte es, viele Seiten voller Freunde und Familienmitglieder. Schließlich kam sie zu Vincents Seite, welche mit rot durchgestrichen war. Danach folgte die von Janina, ebenfalls durchgestrichen, Deseis, durchgestrichen.
"Finn hat das erlaubt, Delina!", Vernon nahm ihr das Buch aus den Händen, "Finn hat Merlin auf deinen Vater gehetzt. Auf deine Schwester. Auf Deseis. Und er wird sich auch die anderen holen!"
Vernon schlug eine weitere Seite auf welche Sassy abbildete, mit der Auflage sofort Merlin bei einer Sichtung zu rufen. Danach folgten Silas und Treplew.
"Leg die brave Magierin von Elensar ab, Delina und folge deiner Bestimmung! Du bist die letzte lebende Guren!", Vernon schlich beinahe um sie herum.
"Ich werde ihn töten!", Delinas Augen funkelten wütend, "Aber zuerst töte ich jene die sich mir in den Weg stellen!"
Vernon nickte zufrieden: "Die erste die es zu Überzeugen gilt ist Arya Ronalien! Sie hat das Relikt das Vincents Familie geschaffen hat, unglaubliche Macht geht davon aus!" Delina nickte und erhob sich: "Ich werde meine Familie rächen!"
Vernon nickte: "Die Zeit der Hexen ist gekommen!"