Doch er kam nicht dazu, zu sagen, was er sagen wollte, da in diesem Augenblick Olli dazwischen fuhr.
„Nein, Max!“, sagte Olli heftig. „Ich halte das für keine gute Idee!“
Er packte Max am Arm und zog ihn in Richtung Tür.
„Komm, wir müssen das unter uns besprechen!“
Max zuckte mit den Schultern. Dann schaute er Flo an und sagte: „Komm mit!“, und in Richtung Sven warf er einen entschuldigenden Blick und sagte:
„Sorry, aber ...“
„Schon gut“, sagte der und lächelte.
Draußen marschierte Olli um das Häuschen herum in den hinteren Garten und dann drehte er sich um. Er funkelte Max wütend an und sagte:
„Sag mal spinnst du? Du kannst dem doch nicht einfach erzählen, dass wir den Pol ... dass wir das bestimmte ... äh ... Objekt haben? Darum ging es doch, oder?“
„Ja“, sagte Max. „Flo und ich denken, nach allem, was er für uns schon getan hat, hat er ein Recht darauf, das zu erfahren!“
„Und woher wissen wir, ob wir ihm wirklich vertrauen können?“, fragte Olli. Er fühlte sich so hilflos, und die ganze Situation machte ihn ziemlich fertig. Vielleicht wäre alles einfacher gewesen, wenn er nicht so verdammt allein wäre, auch jemanden gehabt hätte, der ... hatte er aber nicht. Scheiße.
Nichtsdestotrotz. Die Frage war doch wohl berechtigt, oder?
„Woher wissen wir“, sagte er, „dass das ganze hier nicht einfach ein abgekartetes Spiel ist?“
Flo starrte ihn mit aufgerissenen Augen an.
„Du meinst, eine Art ... besondere Verhörtaktik?“
„Kann doch sein, oder?“, knurrte Olli. „Ich meine, keiner von uns hat die angeblichen Leute vom amerikanischen Geheimdienst gesehen, oder? Der kann uns doch viel erzählen. Auf diese Weise an unser Vertrauen kommen und dann, wenn er erfahren hat, was die wissen wollen ruft er seine Vorgesetzten an und zack, verschwinden wir hinter Gittern.“
Verflucht, sie mussten zugeben, dass Olli recht hatte.
„Ich ... ich glaube das nicht“, sagte Flo. „Ich kann mich eigentlich immer gut auf meine Menschenkenntnis verlassen, und die sagt mir, dass er es ehrlich meint.“
„Mag sein“, sagte Olli. Er seufzte.
„Also gut, was tun wir jetzt?“
„Tja, wir könnten ... versuchen, an den Autoschlüssel zu kommen, den Wagen schnappen und abhauen.“ Olli war immer noch auf Abwehr.
„Ich weiß nicht.“ Flo war nicht einverstanden. „Wenn er wirklich auf unserer Seite ist, steckt er genau so in der Scheiße wie wir, und es wäre nicht fair, ihn hängen zu lassen.“
„Verflixt“, schimpfte Max. „Verflixt noch mal. Ich hasse solche Situationen.“
Sie standen etwas ratlos da und schwiegen.
Schließlich fasste Max einen Entschluss.
„Ich werde mit ihm reden, und es ihm sagen. Ich denke er hat ein Recht darauf. Aber vor allem finde ich es schrecklich, dass wir in einer Lage stecken, wo wir Freund nicht mehr von Feind unterscheiden können ... Und ich will das nicht. Ich will, dass wir ehrlich und offen spielen, selbst wenn andere das nicht tun. Olli, ich weiß, dass ich dir nichts zu sagen habe, ich will hier nicht den Über-Dom herauskehren ...“
Olli schnaubte nur,
„... daher bitte ich dich, mir zuzustimmen. Falls allerdings nicht, werde ich trotzdem mit ihm reden. Ich bitte dich um dein Verständnis.“
Olli seufzte.
„Okay“, sagte er dann. „Hast ja irgendwo recht. Unsere ganze Lage ist riskant, daher kommt es darauf nun auch nicht mehr an.“
Also gingen sie zurück ins Haus.
Sven hatte inzwischen den Tisch gedeckt und war dabei, Brötchen aufzuschneiden und Wurst und Käse zurecht zu legen.
Er schaute auf, als die drei Freunde den Bungalow betraten.
Max ging auf ihn zu.
„Sorry, Sven, aber wir mussten uns erst über ein paar Dinge klar werden.“
Er räusperte sich.
„Es ist nicht einfach für uns. Wir wissen nicht genau, ob du vertrauenswürdig bist, oder ob das ganze hier ein falsches Spiel ist. Nichts für ungut.“
„Ich verstehe euch“, sagte Sven. „Würde mir an eurer Stelle genau so gehen. Ich weiß ja auch selber nicht genau, was wir nun tun sollen.“
„Na ja“, sagte Max. „Um auf mein Reden von vorhin zurück zu kommen ... es gibt etwas was du wissen solltest.“
„Okay ...?“ Sven schaute ihn erwartungsvoll an.
„Der Polizeibericht.“ Max atmete tief durch.
„Wir haben ihn.“
Sven ließ sich auf einen Stuhl fallen.
„Ich habe es mir beinahe gedacht“, sagte er und fühlte sich dennoch erschüttert.
„Am besten sagt ihr mir nicht, wo er ist.“
Max nickte.
„Das macht die Sache nicht einfacher“, fuhr Sven fort, „denn der Diebstahl des Berichtes ist, so wie ich das sehe, das einzige, was man euch wirklich anlasten kann ...“
„Wir haben ihn nicht gestohlen“, sagte Flo ärgerlich.
„Das stimmt“, sagte Max. „Er lag eines Tages vor unserer Tür und wir haben keine Ahnung, wie er dort hingekommen ist.“
„Okay.“ Sven schien erleichtert.
Dann erhob er sich wieder und straffte sich.
„Gut. Ich danke euch, dass ihr mir darüber Bescheid gegeben habt. Wie gesagt, ich will nicht wissen, wo er ist, und auch nicht, was ihr damit vorhabt. Ich werde euch unterstützen und helfen, wie ich nur kann, wenn gleich meine Möglichkeiten natürlich begrenzt sind. Aber es ist einfach nicht in Ordnung, wie Subs und Doms in diesem Lande behandelt werden. Na ja, auch anderswo auf der Welt, aber hier in unserem Lande können wir immerhin etwas tun, um die Lage zu verbessern. Ich bin nicht Polizist geworden, um tatenlos zuzusehen, wie ein Drittel der Bevölkerung unterdrückt wird. Also, ich bin auf eurer Seite, und ich hoffe, dass ich es schaffe, euer Vertrauen zu gewinnen.“
Er klatschte in die Hände.
„So. Was haltet ihr davon, wenn wir erst einmal was essen?“
Und so setzten sie sich um den Tisch und ließen sich trotz der Umstände erst einmal die Mahlzeit schmecken.