„Ich bin schon so lange der gefährlichste Wolf der Welt, dass ich weiß, dass es viel einfacher ist und schneller geht, jemand zu verletzen, als dass Wunden heilen. Geschweige denn, dass man beim Heilen helfen kann. Ich habe so viele verletzt. Absichtlich und unabsichtlich. Genau deshalb bin ich hier. Allein. Ich werde nie wieder jemand verletzen“, verkündet der Wolf mit schweren Augenlidern und dreht sich herum. Auf großen, lautlosen Pfoten schlurft er zu seiner Höhle zurück.
So bleiben unsere Freunde zurück. In der Dunkelheit der hereingebrochenen Nacht. Ohne das Licht des glänzenden Wolfsfells. Sepp sitzt in seiner Farbpfütze, die Ohren geknickt, Trari schnieft und versucht Tränchen wegzublinzeln und Annika fühlt sich wie betäubt. Sie überlegt, ob Kunz nicht recht hat. Eigentlich will auch sie niemanden verletzen... Aber dann erinnert sie sich an die niedergemähte Totofackel, an den vergifteten Grüzzli und die Mehe, die sich im Stacheldraht verletzt haben. All das hat Bauer Rübenstolz verursacht. Sie müssen ihn aufhalten. Und wenn Kunz ihnen nicht helfen will...
„Kunz?“, fragt sie leise, als der Wolf bereits im Dunkel seiner Höhle verschwunden ist.
Er hält inne. Dreht sich nicht um. Gibt keinen Laut von sich. „Gib uns wenigstens einen Rat. Kennst du jemand anderen, der es mit dem Menschen aufnehmen kann?“
Während Traris Schluchzen durch den Wald hallt und Sepp seine Pfötchen um sie schlingt, hört Annika nur den Atem des Wolfes und ihren eigenen.
Sie glaubt schon, dass er verschwunden ist, als er antwortet: „Wenn ihr euch traut, geht zum Feenfluss und sucht nach den Piratenmäusen.“ Dann ist er endgültig fort.
Ein Bleichhörnchenwimmern folgt seinen Worten und Annika tapst zu Sepp und Trari hinüber. Sie kuschelt ihren Körper an die zwei und und legt ihren Kopf auf die Pfoten. Sie will etwas sagen, etwas Mutiges, Starkes, Hoffnungsvolles. Aber ihr fällt nichts ein. „Schlaft gut“, murmelt sie und weiß doch, dass sie selbst nicht schlafen können wird. Denn auch wenn die Piratenmäuse (von denen sie noch nie gehört hat) ihnen ein neues Ziel geben, muss sie noch für das zweite Problem eine Lösung finden. Für das von Kunz.