Erst das gewaltige Brechen von Holz lässt sie herumfahren.
Die geschärfte Kante der Traktorschaufel schneidet durch den Stamm eines Wehrbaumes, der sich zwischen den See und den Traktor gewurzelt hat. Der Baum kippt schneckenlangsam zur Seite, die Blicke aller Tiere sind auf die Bewegung gerichtet. Dann rauscht die dunkle Blätterkrone auf die Tiere zu. Die Bumpf-Bewohner spritzen auseinander wie Wassertropfen. Der Mamster verpasst Popel einen rettenden Schubs, eine Mumpf-Katze schnappt sich gleich fünf Floflaten und rast mit ihnen aus der Gefahrenzone. Und der Traktor prescht auf die flüchtende Schar zu.
In diesem Moment ertönt kein Geräusch. Keines, das die Attacke des Bauern übertönt. Das ist ziemlich unpraktisch, denn es ist der Moment des heldenhaften Auftrittes der Schupfnudel und ihrer Besatzung.
So sieht keiner der Flüchtenden hin, aber wir tun es natürlich, liebe Leser. Zwei Tüpfeldelfine mit leuchend blauen Kringeln auf dem Rücken sind vor das Segelschiff gespannt. Der widerspenstige Fluss fließt stromaufwärts, so dass auch die Ruder des Schiffes die Delfine unterstützen müssen. Annika paddelt hinter dem Schiff und rammt ihren Kopf immer wieder gegen das Heck, um es vorwärts zu stoßen. Sepp thront im schwankenden Krähennest und brüllt unentwegt: „Land in Sicht!“, während er sich in alle Richtungen dreht.
So biegt der Dreimaster mit Ach und Krach auf den See ein. Und dann ist der Widerstand des Fluss plötzlich verschwunden, die Delfine springen nach vorn und Annikas Kopf platscht unter Wasser. Hüpfend gewinnt die Schupfnudel an Fahrt. Kapitän Spatzenhirn steht am Bug und reckt seine Säbel.
„Attacke! Attacke!“, schreit er und wuselt hin und her. „Vernichtet das Monster!“
„Monster?“, kreischt Sepp von oben und fängt hastig mit seinem neuen Hut die Farbe auf, die aus seinem Fell sickert. Dann entdeckt er den Traktor und Rübenstolz, die den schnaubenden Düne und seine Mehe immer weiter ans Wasser drängen.
„Feuer!“, brüllt Spatzenhirn, aber es geschieht nichts, außer, dass die Mäuse sich ansehen und die Schultern zucken. Niemand von ihnen kann Feuer speien.
Unter Dünes Hinterhufen gibt der weiche Uferboden nach. Er rutscht ins Wasser. Seine Mehe verdrehen panisch die Augen und quetschen sich an ihren Rudelführer. Eine Mumpf-Katze klemmt mit der Hinterpfote unter dem Stamm des Wehrbaumes und faucht. Überall huschen kleine Tiere durch die am Boden liegende Laubkrone, hustend und betäubt von den Abgasen des Traktors.
Doch da erreicht die Schupfnudel das Ufer. Knirschend läuft sie auf Grund und mit einem erneuten „Aaaaangriff!“ stürzen sich die Piratenmäuse von Bord. Wie eine kleine, grölende Flutwelle rauschen sie zwischen den Hufen der Mehe hindurch und erreichen den Traktor. Bauer Rübenstolz schreit auf, als die winzigen Tiere seinen Traktor erstürmen und unter der Motorhaube verschwinden.
Dutzende Säbel schneiden durch Kabel und durchlöchern Behälter mit stinkenden Flüssigkeiten. Es dauert nur ein paar Sekunden, dann verlassen die Mäuse fluchtartig den Traktor. Der stottert und knattert. Zischt und gurgelt. Und dann verstummt.
Düne ergreift die Gelegenheit und drängt seine Mehe vorwärts. Annika schleppt sich ans Ufer und beginnt sofort hinter ihnen zu bellen. Gemeinsam treiben sie die Mehe an Rübenstolz' Traktor vorüber in Richtung rettender Wald. Rettend?
„Ihr verseuchter Waldabschaum. Hier Diebe! Räuberisches Pack!“, donnert Rübenstolz, zieht hinter sich etwas hervor und lässt sich vom Traktor fallen. „Rache für eure Diebstähle! Für meinen Vater!“
Der lange Gegenstand in seiner Hand röhrt auf, als er ein Seil herauszieht. Das Seil schnellt zurück und ein unheilverkündender Laut dringt aus dem Inneren des Etwas. Ein Geräusch, das jedes Waldtier und jeder Baum zu fürchten weiß: Der Motor einer Kettensäge.