Kunz' trauriges Wolfsheulen lässt Annikas Erleichterung zerstäuben wie eine Pusteblume.
Es ist schnell dunkel geworden. Die Piratenmäuse haben ein Lagerfeuer entfacht und tanzen mit putzigen Krügen in den Vorderkrallen darum herum. Ein halber Laib Käse wurde vom Schiff herübergeschleppt (das hat Annika erledigt), um das Bündnis ordentlich zu feiern.
Sepp, der mittlerweile auch einen Hut trägt und einen Krug schwingt, wird von Trari immer wieder mit dem Rüssel vom Feuer weggezogen, wenn er zu nahe herantanzt. Ansonsten wirkt das Schwarzelefantenmädchen ganz und gar traurig mit ihren hängenden Ohren. Das Wort Kampf hat ihr ein langes protestierendes Triten entlockt und seitdem sagt sie gar nichts mehr.
Das macht Annika Sorgen. Sie liegt am Rande des Feuerscheines und hat den Kopf auf die Pfoten gebettet. Kunz hat sich verabschiedet, mit einem Kampf will er immer noch nichts zutun haben und jetzt streicht er irgendwo durch den Wald und ist wieder allein.
Annikas Herz zieht sich bei dem Gedanken zusammen. Das kann nicht so enden. Sie hat zwar keine Ahnung, was morgen passieren wird und ob die Piratenmäuse wirklich etwas gegen Rübenstolz ausrichten können, ob ein Kampf wirklich die einzige Lösung ist, aber sie hat das Gefühl im Moment etwas anderes tun zu müssen.
So steht sie auf und tapst zum Kapitän hinüber, der am Ufer auf einem Stein sitzt und auf das wechselhafte Wasser hinausschaut.
„Deine Frage ist noch offen, Hund, aye?“, sagt er, als Annika sich neben ihn setzt. Sie nickt.
Und dann beginnt die Piratenmaus zu erzählen: „Es gibt viele Legenden im Bumpf-Wald. Die des Flusses ist schnell erzählt: Es war einmal eine Fee, die musste mal ganz dringend. Damit sie keiner dabei sah, stieg sie in den Fluss und... du weißt schon. Pinkelte hinein. Dann flog sie fort und kam nie wieder. Doch das Wasser war nicht mehr dasselbe. Das magische Pippi der Fee trieb in ihm und die Tiere, die darin lebten, tranken es und weil Magie in Lebewesen immer stärker wirkt, als in Leblosem, wurden auch sie verzaubert. Auch diese Fische pieselten wieder ins Wasser, das wiederum andere Waldbewohner tranken. Und so weiter und so weiter... so entstand das einzigartige Leben des Bumpf-Waldes. Über Jahrhunderte veränderte die Magie jeden Baum, jede Pflanze und jedes Tier.“
Annika schwieg und dachte nach. Das war eine... bumpfige Geschichte. Aber es bedeutete: „Dann hat der Zauber Kunz so werden lassen? Dann ist er schon verzaubert und kann nicht wieder normal werden?“ Annika wendet den Kopf der Maus zu, die ebenfalls zu ihr sieht und sich am Hut kratzt.
„Ach das... das ist keine Zauberei. Er soll sich einfach in einem großen Haufen Rockodilscheiße wälzen. Das lässt jede Klinge stumpf werden.“
Er nickte weise. Und Annika fiel keine schlaue Erwiderung darauf ein.
Es war nur klar, dass sie Kunz finden musste, bevor die Sonne aufging und sie den Fluss hinunterfahren würden.