Wenn wir bei meinen Großeltern sind, steht meistens schon der Weihnachtsbaum von meinen Großeltern im Wohnzimmer. Es ist eine Plastiktanne die schon länger in dieser Familie weilt, als meine Zeit auf Erden. Ich bin mit diesem Baum aufgewachsen und mehr Weihnachtsbaum geht für mich nicht. Aber ist das wirklich gut, so ein (künstlicher) Weihnachtsbaum?
Drauß vom Walde...oder doch nicht?
Rund 28 Millionen Weihnachtsbäume werden jährlich in Deutschland verkauft. Etwa 2,8 Millionen dieser Bäume, also 10 Prozent, sind aus unseren Nachbarländern wie Dänemark, Österreich, Polen oder Tschechien importiert.
Von den insgesamt 28 Millionen Bäumen kommen 23,8 Millionen aus landwirtschaftlich bewirtschafteten Weihnachtsbaumkulturen, oder weniger verklausuliert: Monokulturen.
Demnach kommen nur etwa 15 Prozent der Weihnachtsbäume von Waldbetrieben. Aber auch diese Bäume stammen in der Regel nicht direkt aus dem Wald, sondern wachsen auf Sondernutzungsflächen, z. B. auf durch den Wald führenden Trassen für Hochspannungsleitungen oder Gas-Pipelines.
Weniger als ein Prozent der Weihnachtsbäume wächst unter kontrollierten, ökologischen Bedingungen auf. In denen keine Monokulturen Tiere aushungern, Insekti- und Pestizide zahllose Arten dahin raffen und Mineraldünger und Wachstumsregulatoren das Ökokosystem Wald vollends aus dem Gleichgewicht bringen.
Welche Alternativen gibt es zum Monokulturbaum?
Plastik-Weihnachtsbaum
Ein Weihnachtsbaum ohne einen Baum schlagen zu müssen, scheint im ersten Moment eine gute Idee, doch sie hat mehr als einen Harken.
Denn Studien zeigen, dass künstliche Tannen – je nach Herstellung und Produktionsland – 17 bis 20 Jahre aufgestellt werden müssen, bis sie sich ökologisch amortisiert haben und als "klimaneutral" betrachtet werden können. Grund dafür sind neben der Herstellung vor allem die Transportkosten, die sind natürlich auch bei einem echten Baum ein Problem, wenn es die Stech-Fichte bzw. Blau-Fichte (Picea pungens, Syn.: Picea parryana Sargent) aus dem natürlich ökologischen Anbaugebiet in Utah seien soll.
Doch der Plastik-Baum ist nicht nur aufgrund seiner CO2-Bilanz ein problematisches Konstrukt.
Plastikbäume verbrauchen bei ihrer Hestellung vor allem begrenzte fossile Rohstoffe, die CO2 freisetzen. In der Regel sind dies Kunststoffen wie PVC und PE, die jeweils besondere Entsorgung erfordern. Ob bei Produktion, Nutzung und Entsorgung diverse Schadstoffe wie Weichmacher, BPA, PAKs und andere austreten, hängt dann vom jeweiligen Plastikbaumproduzenten ab. So kann ein Plastikbaum auch um einiges schädlicher sein, als es eine Statistik vermuten liese.
Für einen Plastikbaum muss dafür keine Fläche genutzt werden, die für den Nahrungsmittelanbau genutzt werden könnte.
Zertifizierter Bio-Weihnachtsbaum
Bio-Weihnachtsbäume erfordern zwar das schlagen eines Baumes, sind aber ökologisch deutlich weniger bedenktlich, als ihre Verwandten aus Monokulturen. Denn zertifizierte Bio-Weihnachtsbäume müssen in Mischkulturen aufwachsen um zertifiziert zu werden. Das macht sie weniger anfällig für Schädlinge und die Flächen werden wie bei Bio üblich nicht mit Herbiziden bespritzt. Pflanzen zwischen den Bäumen, werden hier meist von Schafen kurz gehalten.
Doch woran erkennt man einen Bio-Weihnachtsbäum und unterscheidet ihn von der Monotanne? Der Unterschied erfordert kein Pauken in der Baumschule, sondern die Kentniss der entsprechenden Siegel, diese sind: EU-Biosiegel, Biokreis-Siegel, Bioland-Siegel,Demeter-Siegel und das Siegel von Naturland. Kunstdünger und chemisch-synthetische Pestizide sind hier ausgeschlossen. Dabei sollte besonders das Naturland-Siegel und deren Weihnachtsbäume in den Fokus gerrückt werden. Da die Richtlininen für ökologische Waldnutzung, welche eingehalten werden müssen, um das Siegel zu erhalten, von Naturland zusammen mit den Umweltverbänden Robin Wood, Greenpeace und BUND erarbeitet worden sind. Aufgrund dieser Kooperation zählt zu den Bio-Kriterien des Siegels u.a. der vollständige Verzicht auf Kahlschlag, Pestizide, Düngungen und Entwässerungsmaßnahmen.
Spricht man von Siegeln, sollte das FSC-Siegel ebenfalls Erwähnung finden. Dieses ist streng genommen nur für Holzprodukte und nicht für Weihnachtsbäume an sich gültig undverspricht eine umweltgerechte, sozial verträgliche und wirtschaftlich tragfähige Waldnutzung ohne Pestizide und Mineraldünger. Um mit diesem Siegel zu werben, spricht man im Weihnachtsbaumverkauf von einem Baum aus "FSC-zertifiziertem Forstbetrieb".
Aber nicht jedes Siegel ist wirklich gut. So ist das PEFC-Siegel um einiges industrienäher als das FSC-Siegel, weshahlb in PEFC-zertifizierten Wäldern nach bestimmten Kriterien gedüngt und mit Herbiziden gearbeitet werden darf. Zwar bemüht man sich in diesen Wäldern ebenfalls um nachhaltige Waldwirtschaft, ist aber weniger "unbedenklich".
Eine Liste bundesweiter Anbieter von Öko- und Bio-Weihnachtsbäumen samt Adressen, Telefonnummern und anderen Infos sind auf den Seiten von Robbin Wood und dem BUND als PDF zu finden (die pdf von Robin Wood ist Stand 2.12.21, siehe Quellen).
Ein Vorteil der echten Weihnachtsbäumen ist ihre Fähigkeit CO2 zu binden, ein zwei Meter Baum bindet jährlich eine Menge von 40 Kilogramm CO2. Da ein Weihnachtsbaum sieben Jahre braucht, bis er für das Weihnachtsgeschäft "ausgewachsen" ist, kommt pro Bio-Weihnachtsbaum einiges zusammen (Allerdings keine 2,8 Tonnen, der Weihnachtsbaum muss ja erst noch auf die Größe von zwei Metern anwachsen).
Weihnachten im Topf
Es ist nicht ganz einfach, aber man kann seinen Baum alternativ auch einfach zu Hause züchten. Dabei muss es nicht ein Bonsai seien, sondern kann ein Baum sein, der im Topf gewachsen ist, wenn man ihn kauft. Der Vorteil man kann den Baum im nächsten Frühjahr in seinen Garten pflanzen. Bei manchen Baumschulen lassen sich solche Bäume auch für Weihnachten ausleihen.
Weihnachten ohne Baum
Weihnachten ohne Baum klingt für die meisten wie eine ketzerische Formolierung, aber der Weihnachstbaum in jeder Stube ist keine allzualte Tradtion, wie wir es uns häufig gerne ausmalen. Meist wurde schlichter dekoriert, mit einem Tannenzweig o.ä. Wieso nicht wieder ein solches Weihnachten? Weihnachten feiern mit einem selbst gebastelsten Baum, anstatt den Baum aufzustellen, ihn also selbst kreativ erschaffen.
Was sollte man noch beachten?
Regionale Bäume
Die Nordmanntanne (Abies nordmanniana) gilt in Deutschland als der beliebteste Weihnachtsbaum, allerdings wächst die Nordmanntanne gar nicht ursprünglich bei uns. Sie wächst im westlichen Kaukasus und im Ostpontischen Gebirge in Georgien, Russland, der nordöstlichen Türkei und Aserbaidschan, in unseren heimischen Wäldern ist sie aber fremd. Die Blau-Fichte ist ein amerikanischer Baum, ebenso wie die Edel-Tanne (Abies procera, Syn.: Abies nobilis), Colorado-Tanne (Abies concolor) und die Gewöhnliche Douglasie (Pseudotsuga menziesii), diese vier sind ebenfalls beliebte Weihnachtsbäume. Natürlich werden diese Bäume in der Regel nicht aus ihren Ursprungsländern impotiert, sondern in Deutschland und den Nachbarländern angebaut. Allerdings ist es umöglich zu kontrollieren, wo die Zapfen dieser Bäume verbleiben. Tiere fressen die Zapfen und verbreiten sie so. Dadurch wird der Druck auf heimische Arten erhöht, da sie nicht nur mit dem Klimawandel kämpfen müssen, sondern mit mehreren fremden Arten um Ressourcen.
Daher sollten heimische Arten bevorzugt werden, diese sind die Gemeine Fichte (Picea abies), die Waldkiefer oder Rotkiefer (Pinus sylvestris) und die Weißtanne (Abies alba).
Diese Bäume lassen sich auch in dem nächst gelagenen Wald, in Absprache mit dem Forstamt häufig erwerben oder selber schlagen. Dadurch erhält man nicht nur einen Biobaum der heimischen Natur, man minimiert den Transportweg und so die CO2-Emissionen.
Faire Bäume
Der Großteil des Saatguts für die Weihnachtsbaumproduktion stammt aus Georgien. Die Arbeitsbedingungen der Zapfenpflücker*innen sind lebensgefährlich, da die Zapfen meist in den Wipfeln zu finden sind. Ein Arbeitsschutz ist nicht exisent oder unzreichend. Die Organisation Fair Trees verbessert diese Arbeitsbedingungen, in dem die Arbeiter mehr Lohn und sichere Kletterausrüstungen erhalten. Zudem unterstützt die Fair Tree Foundation örtliche Gemeinden in Georgien, etwa im Bereich Bildung, Gesundheit oder Umwelt.
Weihnachtsbäume mit "Fair Trees"-Zertifikat werden in ganz Europa verkauft, in Deutschland seit 2018 zum Beispiel in toom-Baumärkten.
Fazit
Es gibt Alternativen zu den Bäumen aus Monokulturen, jede diese Alternativen hat ihre Nach- und Vorteile. Sich mit ihnen auseinanderzusetzen um dann ein Weihnachtsfest feiern zu können, dass ein wenig umweltverträglicher ist, ist schon ein Geschenk an Mutter Natur.
Quellen
- How Green is Your Christmas Tree (Ellipsos) http://ellipsos.ca/lca-christmas-tree-natural-vs-artificial/ Abgerufen am 3.12.2021
- https://www.robinwood.de/schwerpunkte/%C3%B6kologische-weihnachtsb%C3%A4ume Abgerufen am 3.12.2021 (Hier ist auch die aktuelle Linkliste aller ökologischen Weihnachtsbäumverkäfe in Deutschland zu finden)
- https://nachhaltig-sein.info/lebensweise/echter-christbaum-plastik-tanne-vergleich-oeko-nachhaltigkeit Abgerufen am 3.12.2021
- Biokreis Richtlinie https://www.biokreis.de/wp-content/uploads/2020/10/Richtlinie_Erzeugung_Gartenbau_M%C3%A4rz-2018_1.pdf Abgerufen am 3.12.2021
- Bioland Richtlinie https://www.bioland.de/fileadmin/user_upload/Verband/Dokumente/Richtlinien_fuer_Erzeuger_und_Hersteller/Bioland_Richtlinien_25_Nov_2019.pdf Abgerufen am 3.12.2021
- Demeter-Richtlinie https://www.demeter.de/leistungen/zertifizierung/richtlinien#richtlinien-erzeuger Abgerufen am 3.12.2021
- Naturland Richtlinie https://www.naturland.de/de/naturland/richtlinien/richtlinien-erzeugung/553-erzeugung.html Abgerufen am 3.12.2021
- https://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/Bilder_und_Dokumente/Themen/%C3%96kologisch_leben/Wohnen/EInkaufsf%C3%BChrer_Bio-Weihnachtsb%C3%A4ume.pdf Abgerufen am 3.12.2021
- https://www.quarks.de/umwelt/weihnachtsbaum-echte-tannen-besser-als-plastik/ Abgerufen am 3.12.2021
- Bernd Brunner: Die Erfindung des Weihnachtsbaums. (= Insel-Bücherei 1347). Insel Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-19347-0.
- Oscar Cullmann: Die Entstehung des Weihnachtsfestes und die Herkunft des Weihnachtsbaumes. Quell Verlag, Stuttgart 1990, ISBN 3-7918-2326-4, S. 50–68.
- https://www.meinetanne.de/weihnachtsbaum/weihnachtsbaum-arten/ Abgerufen am 3.12.2021
- https://fairtrees.de/ Abgerufen am 3.12.2021