Heute ist Tag der Tierrechte und auch wenn ich mich nicht als Tierrechtler sondern eher als Artenschützer, sollte ich die Tierrechtsbewegung einem kritischen Ansatz unterziehen.
Eine Frage der Postion
Bevor wir uns mit Tierrechtlern auseinandersetzen, sollten wir uns mit den verschiedenen grundlegenden Postionen, wie Artenschutz, Tierschutz, Umweltschutz, etc. beschäftigen. Die Postionen überlappen sich teilweise und können sich in bestimmten Punkten zustimmen, doch sind ihre Unterschiede so schwer wiegend, dass man sich genauer damit befassen sollte.
Artenschutz
Artenschutz umfasst den Schutz und die Pflege bestimmter wild lebender Arten durch den Menschen, entweder aufgrund ethischer, ästhetischer Prinzipien, oder aufgrund ökologisch begründeter Erkenntnisse. Dabei bezieht sich der Artenschutz ausschließlich auf wildlebende Populationen und immer nur auf Populationen/Arten, nicht auf Individuen, was ihn vom Tierschutz unterscheidet.
Artenschutz bedeutet, die Vielfalt an Pflanzen und Tieren zu bewahren und den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen. Aber nicht nur Pflanzen, Pilze und Tiere, sondern auch ihre Lebensräume müssen geschützt werden. Der Erfolg von Artenschutz ist demnach von konkreten Maßnahmen auf diversen Ebenen (lokale, regionale, nationale und internationale) in seinem Erfolg abhängig.
Naturschutz
Der Begriff Naturschutz umfasst Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität (also der Artenvielfalt, Ökosystemvielfalt und genetischen Vielfalt). Das Ziel des Naturschutzes ist es, die Natur und Landschaft aufgrund ihres eigenen Wertes und als Lebensgrundlage des Menschen zu erhalten (§ 1 Bundesnaturschutzgesetz). Naturschutz ist in Deutschland somit eine öffentliche Aufgabe und dient dem in Art. 20a des Grundgesetz verankerten Staatsziel. Naturschutz in seiner nicht gesetzlichen Betrachtung geht noch einen Schritt weiter und betrachtet die Natur nicht nur als schützenswert, sondern auch als vor dem Menschen zu schützen. Eine Nutzung der Natur kann damit nur erfolgen, wenn diese dadurch nicht verändert wird, aus Sicht des Naturschutzes ist es daher unmöglich einen Staudamm zu errichten, da dieser die Natur verändert - selbst wenn dadurch mehrere Hektar Land geschützt und/oder natürlich beweidet werden.
Umweltschutz
Der Begriff Umweltschutz umfasst Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität (also der Artenvielfalt, Ökosystemvielfalt und genetischen Vielfalt). Das Ziel des Umweltschutzes ist es, die natürliche Umwelt für den Menschen zu bewahren. Dabei können auch Eingriffe in der Natur vorgenommen werden, um den Nutzen für den Menschen zu steigern. Naturschutz ist ebenfalls in Deutschland eine öffentliche Aufgabe und dient dem in Art. 20a des Grundgesetzes verankerten Staatsziel. In der Regel wird Artikel 20a nach Umweltschutzmaßstäben betrachtet und weniger nach Naturschutzaspekten. Weshalb es möglich ist, die Umwelt (Natur) zu schützen und zugleich Eingriffe in der Natur vorzunehmen, sei es das Errichten eines Staudamms oder die Ergänzung des Waldbestandes um Fichten, um dessen Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.
Tierschutz
Als Tierschutz werden alle Aktivitäten des Menschen bezeichnet, die darauf abzielen, Tieren ein artgerechtes Leben ohne Zufügung von Leiden, Schmerzen, Schäden und unnötigen Beeinträchtigungen zu ermöglichen.
Es soll das Tier um seiner selbst willen geschützt werden ohne Berücksichtigung auf höhere Zusammenhänge wie eine Art- oder Populationsdynamik, was den Tierschutz vom Artenschutz abgrenzt. Schwerpunkt des Tierschutzes liegt in der sach- und artgerechten Haltung, Umgang mit und Nutzung von Tieren durch den Menschen. Dabei differenziert er sich zum Teil von Tierrechtsbewegungen, die in ihren extremsten Formen sich gegen eine Haltung von Tieren aus egal welchen Gründen aussprechen. Tierschutz beschränkt sich in der Regel auf den Schutz der Wirbeltiere, was 4 Prozent allen tierischen Lebens entspricht, was auch dem Tierschutzverständnis der Bundesrepublik entspricht, welches im Tierschutzgesetz verankert ist.
Tierrechtsbewegungen
Tierrechte sind subjektive Rechte von Tieren, also Rechten, die jemanden konkret verpflichten oder berechtigen über sein Leben zu entscheiden. Hierbei stehen insbesondere Fragen nach der Legitimität der Nutzung von Tieren für menschliche Interessen im Mittelpunkt. Dementsprechend sind Tierrechtsbewegungen soziale Bewegungen, welche sich aus der Tierethik als solcher ableiten und von einem philosophischen Diskurs leben. Tierrechtler stellen in der Regel weitreichende Forderungen an eine Gesellschaft bezüglich des Umgangs mit Tieren, was in Tierbefreiungsbewegungen gipfeln kann. In gemäßigteren Formen sind Tierrechte bereits in staatlichen Rechtsordnungen aufgenommen oder werden diskutiert. Dabei sind Tierrechte auch häufig mit dem Tierschutz verbunden.
Als was definiere ich, Felix H., mich?
Nachdem wir die verschiedenen Grundsatz-Postionen besprochen haben, möchte ich hier anmerken, dass ich mich als Artenschützer, erweiterter Tierschützer und pragmatischer Naturschützer verstehe, kurz als Artenschützer mit Facetten aus diversen Bereichen.
Das bedeutet, dass ich in der Regel dafür bin, die Natur so zu belassen, wie sie ist, Veränderungen, die vom Menschen herbeigeführt wurden, nach Möglichkeit rückgängig zu machen. Der Pragmatismus dabei ist, dass ich mir dessen bewusst bin, dass in unserer Gesellschaft es nicht möglich ist, den "perfekten Naturschutz" zu praktizieren. Hin und wieder müssen wir die Natur "bearbeiten", um unser eigenes Überleben zu sichern. Solche für den Naturschutz verlorenen Gebiete müssten dann in meinen Augen so Naturschutznah wie möglich bearbeitet werden. Es gibt in meinen Augen keine Rechtfertigung für eine Monokultur und die Nutzung von Pflanzen, die so invasiv sind, dass sie andere Arten in der Natur verdrängen.
Als erweiterter Tierschützer verstehe ich nicht nur den Schutz von Tieren aus dem Unterstamm der Wirbeltiere (Vertebrata), was zoologisch korrekt formuliert die Schädeltiere (Craniota) sind, weil nicht alle "Wirbeltiere" Wirbelknochen besitzen. Eigentlich sollte das auch nicht die erweiterte Form sein, schließlich heißt es Tierschutz und nicht Wirbel/Schädeltierschutz.
Treibende Kraft ist bei mir aber der Gedanke des Artenschützers. Denn er vereint viele meiner bereits genannten Postionen. Artenschutz bedeutet, wir erinnern uns, die Vielfalt an Pflanzen, Pilze und Tieren zu bewahren und den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen. Dafür sind Maßnahmen notwendig, wie Erhaltungszuchtprojekte und Auswilderungsprojekte, aber auch der Schutz von Lebensräumen (Natur- und Umweltschutz). Denn wo sollen Tiere ausgewildert werden, wenn sie keine Natur mehr haben zum Leben? Da es bei solchen Zuchtprojekten auch darum geht, wie man Tiere angemessen hält, ist der Aspekt des Tierschützers im Gedanken des Artenschutzes verankert.
Doch was ist mit dem Tierrecht? Um diese Frage zu beantworten, sollten wir das Thema Tierrecht noch etwas genauer unter die Lupe nehmen. Es sei aber hier schon vor weg genommen, dass ich als Freund der zoologischen Haltung im Sinne des Artenschutzes, gerade mit extremeren Postionen der Tierrechtsbewegung in Kontakt gekommen bin und dementsprechend voreingenommen seien könnte, ich nach Möglichkeit aber versuche ein möglichst neutrales Bild zu zeichnen. Es schadet aber wie üblich nicht, sich ein diferenziertes Bild, durch diverse Meinungen anzueignenen, zumal ich in diesem Artikel nicht auf alle verschiedenen Subschulen der Tierrechtsbewegung eingehen kann und im folgenden einen allgemeinen Consens der Postionen abbilden möchte.
Tierrecht - Eine kurze Geschichte
Erst 1822 wurde in England das erste Tierschutzgesetz verabschiedet, vor allem zum Schutz von Pferden und damit dieser Tiergruppe besondere Rechte zugestanden. 1871, also gut 50 Jahre später, schaffte es die erste Tierschutzregelung und damit das erste Tierrecht in das Reichsstrafgesetzbuch, dass jemand bestraft werden kann, der öffentlich oder in Ärgernis erregender Weise Tiere boshaft quält oder misshandelt.
Der erste Tierschutzverein wurde aber bereits 1837 vom Stuttgarter Pfarrer Albert Knapp gegründete.
Zehn Jahre nach dem ersten Tierschutzgesetz und eingestand enden Tierrecht wurde 1881 der Deutsche Tierschutzbund gegründet, welcher zwar keine formalen Rechte besitzt, sich aber seit seiner Gründung für Tierrechte einsetzen. Nach Ansicht des Deutschen Tierschutzbundes sind bis heute viele Rechte von Tieren nur ansatzweise, wenn überhaupt formalisiert.
So wurde beispielsweise 2013 beschlossen, dass Bauern ihre Ferkel nur bis 2019 ohne Betäubung kastrieren dürfen, ein Datum das mittlerweile wieder um zwei weitere Jahre, dank dem unermütlichen Einsatz der ehemaligen Landwirtschaftsministerin Julia Glöckner, verschoben wurde.
Ein Teil der modernen Tierrechtstheorie geht auf eine Gruppe von Dozenten der University of Oxford zurück, die in den 1970er Jahren anzuzweifeln begannen, ob der moralische Status von Tieren gegenüber dem von Menschen notwendigerweise minderwertig sein sollte. Unter diesen Dozenten befand sich auch der Psychologe Richard Ryder, der 1970 – analog zum Rassismus – den Begriff Speziesismus prägte. Speziesismus bezeichnet die moralische Diskriminierung von Lebewesen ausschließlich aufgrund ihrer Artzugehörigkeit. Dies schließt ein, dass das Leben oder das Leid eines Individuums nicht oder weniger stark berücksichtigt wird, weil es nicht einer bestimmten Spezies, in der Regel der Spezies Mensch (Homo sapiens), angehört.
Tierrechte - manche Tiere sind gleicher
Tierrechte werden für jene Tiere vorgeschlagen, die nach Ansicht der Vertreter der Tierrechte ein Bewusstsein besitzen. Dabei überrascht es nur wenig, dass vor allem populäre Arten bzw. Tiergruppen, wie Primaten (Primates), Raubtiere (Carnivora) und Wale (Cetacea), im Fokus von Tierrechten stehen oder es anders ausgedrückt meist um Säugetiere und in geringerem Umfang um Vögel geht. Grundlage für diesen "Auswahlprozesss" sind häufig ethische Konzepte der Philosophie, die davon ausgehen, dass Tiere über eine Leidens- und Schmerzfähigkeit verfügen. Nach dieser Defintion sollten wir uns aber auch Gedanken über die Tierrechte des Elefantenrüsselfisch (Gnathonemus petersii) und der Weinbergschnecke (Helix pomatia) machen. Wird das aber auch in der Tierethik und damit in der Tierrechtsbewegung berücksichtigt?
Die Grundlage von Tierrechtsbewegungen ist eine pathozentrische Ethik. Also dem ethischen Ansatz, der allen empfindungsfähigen Wesen einen moralischen Eigenwert zuspricht, weil sie empfinden können, und anderen Wesen aufgrund der Annahme einer fehlenden Empfindungsfähigkeit einen solchen abspricht. Empfindung ist definiert als ein durch Reizeinwirkung hervorgerufener Elementarvorgang, der nach den Vorstellungen der Assoziationspsychologie zur Wahrnehmung wird. Bleiben wir dieser Defintions treu, müssten alle Lebewesen die eine erkennbare Wahrnehmung haben, diesen moralischen Eigenwert zugesprochen bekommen. Aufgrund dieses moralischen Eigenwertes, steht es aus Sicht des Tierrechts außer Frage, dass solche Tiere eine eigene Würde besitzen und damit ein Recht auf Selbstbestimmung.
Allerdings werden hierzu meist nur alle Wirbeltiere gezählt, wir errinnern uns, die 4 Prozent, während 96 Prozent der Arten rechtlos bleiben. Das gilt auch für Schnecken und diese haben nachweislich ein Empfingungsvermögen und reagieren auf Schmerz. Das macht sich im besonderen die Grüne Wolfsschnecke (Edentulina obesa) sogar zu nutze, indem sie andere Gehäuseschnecken beißt, damit sich die potentielle Beute in ihr Schneckenhaus zurücksieht. Hier wird also der Schmerz einer Gehäuseschnecke gegen sie angewandt. Sie hat demnach ein Schmerzempfinden und sollte ebenfalls als Tierrechtlich relevant betrachtet werden. Was aber in den meisten Fällen nicht erfolgt.
Die gängige Praxis, Tiere als Eigentum oder Handelsgut zu behandeln, wird von Seiten der Tierrechtsbewegungen abgelehnt. Die Vergabe von Tierrechten, stellt aber nicht die rechtliche Gleichstellung von Mensch und Tier dar. Laut tierrechtlicher Betrachtung sollte eine Tierart nach Komplexität ihres Gehirns und entsprechend vermuteter Unterschiede der Bewusstseinsfähigkeit zugesprochen werden.
Schnecken besitzen kein Gehirn, sondern ein sog. Schlundganglion. Ein Ganglion ist eine Anhäufung von Nervenzellkörpern im peripheren Nervensystem und evolutionär betrachtet die Vorstufe des Gehirns.
Daraus ergibt sich ein Dilemma für unser Schneckenbeispiel. Die Schnecke besitzt in der Tat ein Schmerz empfinden, aber kein Gehirn. Wenn man also einer Schnecke kein Tierrecht zuspricht, weil sie kein Gehirn besitzt, darf man nicht behaupten, dass man im Hinblick auf eine Schmerzempfindlichkeit die Rechte eines Tieres betrachtet - man kann auch sagen, dass die Tierrechtsbewegung die sich gegen einen Speziszismus ausspricht, einen Spezismus betreibt. Das Problem an der Sache ist, dass wir dann, um es mal nicht biologisch auszudrücken, allen Computern mit Windows 10 oder höhern, dass Recht zusprechen als Windows-Pc betrachtet zu werden, während alle Computer die Windows 9 oder niederiger besitzen, nicht als Windows-Pc betrachtet werden. Das wäre allein noch nicht schlimm, es wird es, wenn dadurch eine unterschiedliche Behandlung erfolgt. Nur weil die Schnecken sich nicht auf "besitzt ein Gehirn" geupdatet haben, werden ihnen Rechte untersagt bzw. nicht einmal in Aussicht gestellt. Das wird vor allem dann konfus, wenn man bedenkt das die meisten Tiere kein Gehirn im strengen Sinne besitzen, denn auch Insekten und Spinnen besitzen Ganglien. Und ja auch sie empfinden Schmerz. Kann man also wirklich von Tierrecht sprechen, wenn zum einen der Großteil aller Tiere gar nicht von diesen Rechten profitieren und zum anderen das ganze aus dem Umstand heraus, dass Biologen einmal gesagt haben, dass ist ein Gehirn und das nicht?
Zwar gibt es die Tierrechtler die sich nicht um diese Defintionskomplexe kümmern und allen Tieren Rechte zusprechen. Das geht dann aber häufig auch soweit, dass der Gebrauch von Tieren zum Gewinn von Nahrung oder Kleidung, zur Unterhaltung oder zu Forschungszwecken für unvereinbar mit den Tierrechten gilt. Das klingt in den meisten Punkten zwar erstmal gut und unterstützenswert, aber gerade die letzten beiden Punkte sollten uns aufhorchen lassen. Unterhaltung bei Tieren ist nicht nur der Zirkus oder der Tanzbär, der zu unnatürlichem Verhalten gebracht wird, es ist die Haltung von Tieren generell gemeint. Das bedeutet damit auch die zoologische Haltung, die sicherlich einen unterhaltenden Wert besitzt, aber auf diesen reduziert wird. Doch auch im Artenschutz sind Zoos von großer Relevanz, denn ohne Zoos wäre die Aussterberate 2,9 bis 4,2 Mal höher, als sie es aktuell es ist - und wir befinden uns schon jetzt im (vermutlich) schnellst voran schreitenden Artensterben der Erdgeschichte. Natürlich kann man argumentieren, dass wenn ein Zoo keinen Unterhaltungs und keinen Forschungsfaktor (auch wenn hier in den meisten Fällen Tierversuche für Pharma und ähnliches gemeint sind, kann es auch auf grundsätzliche Forschung am Tier und damit verbundenen Entnahme aus der Natur angesehen werden) dienlich ist, er sich im Rahmen der Tierrechtsbetrachtung befindet. Aber ein Zoo ist eine wissenschaftliche geführte Einrichtung der Tierhaltung, Forschung ist Teil der zoologischen Haltung.
Im übrigen "Unterhaltung" ist auch die Haltung eines Haustieres, wenn wir Tierrecht ins extrem führen, müssten alle Hunde- und Katzenbesitzer ihre Lieblinge vor die Tür setzen. Den die Freiheit ist mehr Wert, als das Glück des anderen, zumindest aus Sicht der Tierethik, die Grundlage der Tierrechte.
Hier muss man aber auch ganz klar sagen: Extreme sind seltens bis nie eine gute Sache der Handhabung und das gilt auch für Ansichten extremer Tierrechtler bei denen ein miteinander mit Tieren nicht mehr möglich ist und sich so viele wundervolle Verbindungen verlieren würden.
Wenn die Tierrechte immer weiter entwickelt werden und zum Schutz und zur Verbesserung von Lebensbedingungen führen, spielen sie streng genommen häufiger auf der Ebene des Tierschutzes sind aber auch mit anderen Postionen, wie dem Artenschutz und der wissenschaftlichen Arbeit mit Tieren vereinbar. An diesem Weg kann und sollte man sich orrientieren um mögliche Verbesserungen anzustreben.
Tierbefreiungsbewegung
Als jemand der sein ganzes Leben schon sich mit Zoos und der zoologischen Tierhaltung beschäftigt, begegnet einem die Tierrechtsbewegung häufig in Form der Tierbefreiungsbewegung.
Doch was ist das überhaupt?
Der Grundgedanke der Tierbefreiungsbewegung ist es Kulturen, die Achtlosigkeit gegenüber Tieren beinhalten, durch sukzessive Verschiebung in der Gesetzgebung oder wirtschaftlich-gesellschaftlichen Praxis abzuschaffen. Was grundsätzlich erstmal eine gute Sache ist.
Meist werden hierfür konfrontativen Kampagnen genutzt, die von Organisationen, wie PETA, Stop Huntingdon Animal Cruelty, Verein gegen Tierfabriken und weitere, in die Wege geleitet werden. Theoretisch wird dabei eine direkte Gefährdung von Menschen und Tieren ausgeschlossen. Besonders radikale Flügel der Tierbefreiungsbewegung haben in der Vergangenheit aber leider auch Anschläge auf Personen verübt und zudem einen Mord begangen. Hierbei sei ausdrücklich erwähnt, dass sich die Verbände von diesen Taten distanziert haben und man kann sie nicht für das Handeln einiger besonders extremer Zellen verantwortlich machen.
Die Diskussion, inwiefern an die Gesellschaft pragmatische Zugeständnisse gemacht werden sollten, fasst man unter dem Begriff der Abolitionismusdebatte zusammen. Vertreter des Abolitionismus lehnen jegliche Nutzung von empfindungsfähigen Lebewesen durch den Menschen ab. Dem Abolitionismus liegt die Annahme zugrunde, dass alle empfindungsfähigen Lebewesen das grundlegende Recht teilen, nicht als Eigentum eines anderen behandelt zu werden.
Die Position eines Teils der Tierrechtsbewegung, generell jede Art der Tiernutzung abzulehnen, ist auch innerhalb der Tierrechtsbewegung selbst umstritten.
Während Einigkeit besteht, Tierversuche und Tierquälerei sowie die Jagd zum Vergnügen (im Gegensatz zum Nahrungserwerb) abzuschaffen, wird die Zurschaustellung von (Wild)Tieren (Zoo, Zirkus) unterschiedlich bewertet.
Hierbei wird auch gerne der Begriff Gefangenschaftshaltung genutzt, der Haltung von Wildtieren bezeichnen soll. Der Ausdruck Gefangenschaft bezeichnet den längerfristigen und unfreiwilligen Entzug der Freiheit. Eine neutrale Betrachtung der Situation ist damit schon gar nicht mehr möglich. Doch warum?
Um es mal zu vergleichen, der Begriff "Flüchtlingsflut" ist ein Kampfbegriff der rechten Szene, da eine Flut eine unbarmherzige Naturkatastrophe ist, gegen die man sich nur verteidigen kann. Durch diese Nutzung der Sprache soll das Bild geschührt werden, dass man die Grenzen vor der vermeintlichen Bedrohung "abdichtet", dass eigentliche fremdenfeindliche Motiv tritt dabei in den Hintergrund, Menschen zu einer Form von Wasser dekradiert.
Die Bezeichnung Gefangenschaft mag zwar weniger radikal und aus (zu meist) besseren Beweggründen erfolgen, sie ist aber auch ein gern genutzter Kampfbegriff, der leichtfertig genutzt wird ohne seine Bedeutung und Wirkung zu hinterfragen.
Gefangenschaftshaltung setzt voraus, dass die Tiere es als Bestrafung empfinden gehalten zu werden, dass sie ein Gefühl von Eingeschränktheit erleben. Das kann im Einzelfall, insbesondere bei schlechter Tierhaltung (= Tierquälerei) stimmen, widerspricht aber diversen Studien und Wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sich mit der Tierhaltung in zoologischen Einrichungen auseinandergesetzt haben, die sich wirklich für ihr Tierwohl interessieren.
Das heißt nicht, dass man Zoos und Tierparks nicht kritisieren sollte, um Himmelswillen Kritik sollte jeder Instituion entgegen gebracht werden. Aber sie sollte Konstruktiv sein, auf Fakten basieren und nicht einem Kampfbegriff einer radikalen Splittergruppe folgen. Und ja das bedeutet Recherchearbeit und die ist nicht immer schön und leicht, aber im Fall von komplexen Inhalten unabdingbar.
Auch in der Frage der Haustierhaltung ist die Position der Tierrechtsbewegung, aber auch dier Tierbefreiungsbewegung, nicht einheitlich: Während die Haltung erkenntnis- und leidensfähiger Tiere als Nahrung abgelehnt wird, sehen manche Tierrechtler der Tierbefreungsbewegung keine Probleme in einer Nutzung von Tieren als Blindenhunde, Zug- und Reittiere oder zu therapeutischen Zwecken.
Es ist also ziemlich kompliziert und komplex.
Schlusswort
Es steht für mich außer Frage, dass ich mich wohl nie als waschechter Tierrechtler bezeichnen werde, allein schon weil die radikaleren Ansätze der großen bunten Gemeinschaft der Tierrechtler mir die Tierrechtsbewegung als solche vergällen.
Das heißt aber nicht, dass ich nicht viele Postionen mit Tierrechtlern teile. Tierversuche und Tierquälerei sowie die Jagd zum Vergnügen (im Gegensatz zum Nahrungserwerb oder zu Forschungszwecken) sind auch in meinen Augen Übel, die viel zu lange existiert haben, sie gehören abgeschaft.
Das Tiere mehr Rechte in unseren Gesetzbüchern benötigten um ein Leben in einer Tierwürde zu führen, halte ich auch für mehr als angemessen, insbesondere dann, wenn es umgesetzt wird und nicht we im Fall der Schweinekastration verschoben werden kann. Aber dann auch für alle Tiere und nicht nur für die, die uns genehm sind. Natürlich werden manche Tiere immer einen besonderen Status haben, allein weil sie schon mit uns mehr zusammen leben. Aber wenn Tierschutz und Tierrecht nur für Schädeltiere gilt, sollten sie auch so heißen.
Ich stimme auch dahin gehend zu, dass die Haltung von Tieren in einem Zirkus nicht mehr zeitgemäß ist. Das hat vor allem den Grund, dass die Tiere hier zu Showleistungen gehalten werden. Insbesondere weil ein Zirkus permanent wandert und es somit für die Tiere binnen weniger Tage Veränderungen in ihren Terretorien bedeutet, die wiederum Stress bedeuten können.
Die Haltung von Tieren daheim, nicht nur Hund und Katze, aber auch von Wildtieren halte ich dagegen für schützenswert, solange sie das Tierwohl im Blick hat und sich u.a. an die Tierhaltungsverodnung hält. Das hat zum einen den Grund, dass gerade in der Terraristik viele ambionierte Halter existieren, die Zoos in ihrer Aufgabe des Artenschutzes unterstützen und Züchter solcher seltenen Tiere mit den Zoos auch in Austausch stehen. Dabei werden nicht nur Tiere ausgetauscht, was den Genpool erhöht, sondern auch Wissen und die Möglichkeiten erweitert, größere Auswilderungsprojekte zu realiseren. Zum anderen können auch private Halter in heutiger Zeit die nötige Sachkentniss erwerben um eine oder mehrere Arten zu halten. Denn Sachkentniss braucht es nicht nur bei einer Boa, sondern auch bei einem Hund oder einer Katze, sicher sind diese Tiere domestiziert und an Menschen gewöhnt,
Der Haltung von Tieren im Zoo bin ich grundsätzlich positiv gegenüber eingestellt, dass mach auch daran liegen, dass ich die Natur in diesem Aspekt nicht verkläre, sondern als einen Zoo im Hardcore-Modus betrachte. Flüsse und Berge sind Zäune, Futter muss durch Aufgaben besorgt werden und die Anlagen sind einfach etwas größer - und immer in einer Gemeinschaftshaltung aus diveresen Arten gebildet. Der Zoo ist die minimierte Form von diesem Konzept, er minimiert sich dadurch, dass Futter, Sexualpartner und alles was das Tierherz begehrt vor Ort ist. So wie das auch in der Natur erfolgt und bei allen Tieren beobachtet werden kann (Stichwort Unterschiede in den Reviergrößen in Abhängigkeit von den genannten Faktoren). Theoretisch gesprochen ist es möglich, wenn man alle Bedingungen kopiert und minimiert, jedes Tier zu halten. Allerdings gibt es auch Tiere bei denen ist dieser Prozess so komplex, dass es besser ist, es gar nicht erst zu versuchen (Orca, Weißer Hai, etc.). Da würden auch einige Zoos mir zustimmen. Ich stimme auch den Tierrechtlern zu, dass der Unterhaltungsaspekt in Zoos kein Argument für deren bestehen seien sollte. Ich sehe aber auch, dass Zoos aufgrund unseres Wirtschaftssystems darauf angewiesen sind, für den Besucher attraktiv zu sein.
Wie viele Besucher gehen in den Zoo, weil sie die die Europäische Erhaltungszucht des Berghuhns (Leptodactylus fallax) durch einen Geldbetrag und dessen weitere Pflege unterstützen wollen?
Wie viele Besucher gehen in den Zoo, weil die Erdmännchen und Pinguine süß sind?
Wir sollten uns daher grundsätzlich fragen, was in unserer Kultur schief gelaufen ist, dass wir so wenig über so viele Tiere wissen, dass in vielen Köpfen nur Platz für einen unterhaltenden Wert des Tieres ist.
Das Einrichtungen die sich seit ihrer Gründung der Wissenschaft am Tier verschrieben haben (das haben Zoos tatsächlich) und nun einer der wichtigsten Schüsselelemente im Kampf gegen das 6. Massenaussterben geworden sind, dazu bewegen müssen, ihre Einrichtungen als Abenteuerspielplatz verkaufen zu müssen, damit sie ihre eigentliche Arbeit überhaupt noch fortsetzen können.
Wir sollten daher uns darauf fokussieren, dass wir eine Debattenkultur der Tierrechte und des Tierschutzes etablieren, welche die Wichtigkeit der Natur und ihres Artenreichtums in den Fokus stellt.
Oder um es mit den Worten von Steve Irwin zu sagen:
“If we can teach people about wildlife, they will be touched. Share my wildlife with me. Because humans want to save things that they love.”
Denn am Ende ist unser aller Antrieb, dass wir die Natur und ihre Geschöpfe darin lieben und darauf sollten wir aufbauen um gemeinsam die größten Probleme unserer Zeit zu lösen.
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