Kuckuck, Kuckuck
zu anstrengend das Sitzen
Glückloses Jahr
Kanbari nyūdō (jap. 加牟波理入道 (Kanji) かんばりにゅうどう (Hiragana)) ist ein Yōkai aus der japanischen Mythologie. Sein Name bedeutet Kanbari-Priester; die Bedeutung ist unbekannt. Alternativ wird er auch als ganbari nyūdō bezeichnet.
Etymologie
Der Name dieses Yōkai ist ein Mysterium. Er kann auf viele verschiedene Arten geschrieben werden, indem man viele verschiedene Kanji verwendet, obwohl keines davon eine besondere Bedeutung hat. Es scheinen Ateji zu sein – Kanji, die allein aufgrund ihrer phonetischen Lesart ausgewählt wurden. Jippensha Ikku, ein Autor aus der Edo-Zeit, schrieb über Ganbari nyūdō unter Verwendung von Kanji, die "gestreckte Augen" bedeuten, sehr passend angesichts der Neigung dieses Yōkai zum Spannen. Da diese Kanji jedoch in keinen früheren Geschichten für den Namen verwendet werden, handelt es sich mit Sicherheit um seine eigene (sehr geschickte) Erfindung. Ganbari könnte auch mit dem Wort Ganbaru zusammenhängen, das "sich anstrengen und durchhalten" bedeutet, was mit bestimmten Badezimmeraktivitäten zusammenhängen kann oder auch nicht. Aber diese Verbindung wurde mit ziemlicher Sicherheit nachträglich hergestellt und ist nicht der Ursprung des Namens dieses Yōkai.
Merkmale
Kanbari nyūdō ist ein perverser, geisterhafter Yōkai. Er sieht einem Priester ähnlich, trägt eine Robe und einen Tonsurenschnitt (vollständige oder teilweise Entfernung des Kopfhaares aus religiösen Gründen oder die daraus entstandene Frisur). Sein Körper ist mit dichtem Haar bedeckt.
Typisch für Kanbari nyūdō ist der "Kuckuck"-Ruf aus seinem Mund. Andere Quellen sagen, dass er nicht Kuckuck ruft, sondern Kuckucke spuckt.
Verbreitung
Kanbari nyūdō kommt in ganz Japan vor und erscheint nur in der Nähe von Toiletten oder darin. Allerdings ist seine Erscheinungszeit auf Silvester beschränkt.
Lebensweise
Über die Lebensweise ist kaum etwas bekannt.
Kulturelle Bedeutung
Interaktionen mit Menschen
Es gibt viele widersprüchliche Berichte darüber, was Kanbari nyūdō eigentlich tut. Sicher ist, dass dieser Yōkai an Silvester vor Badezimmern lauert und durch das Fenster auf Leute schaut, welche die Toilette benutzen. Was nach dieser perversen Tat passiert, ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Im Allgemeinen bringt dieser Yōkai Unglück im kommenden Jahr für den Toilettenbenutzer.
In neueren Geschichten versucht Kanbari nyūdō, die Person zu streicheln oder zu lecken, welche die Toilette benutzt. Manchmal verursacht seine Anwesenheit bei denen, welche ihn sehen, Verstopfung.
Einigen lokalen Legenden zufolge, insbesondere in der Region Himeji, geht man am Silvesterabend zur Stunde des Ochsen zwischen 1 und 3 Uhr morgens in ein Nebengebäude, späht in das Loch und singt dreimal "Ganbari Nyūdō", und im Loch erscheint ein menschlicher Kopf. Wenn man diesen Kopf dann nimmt, in den linken Ärmel seines Kimonos steckt und wieder herausnimmt, verwandelt er sich in einen Koban – eine ovale Goldmünze. In anderen Regionen muss der menschliche Kopf stattdessen in ein Seidentuch gewickelt und mit ins Zimmer genommen werden. Wenn das Tuch ausgewickelt wird, ist es mit Gold gefüllt.
In den meisten Gegenden gelten Kanbari nyūdō als Unglücksbringer. Wenn man an Silvester auf die Toilette geht und den Zauberspruch "Ganbari-Nyūdō, Hototogisu!" ("Ganbari-Priester, Kuckuck!") rezitiert, erscheint dieser Yōkai nicht und das folgende Jahr wird kein Unglück bringen. In anderen Gegenden hingegen bringt das Rezitieren derselben Phrase oder auch nur das Erinnern an diese magischen Worte Unglück und garantiert ein ganzes Jahr voller Unglück.
Mythologie
In der Provinz Yamato (heutige Präfektur Nara) wurde ein von Unanständigkeit besessener Mann von seiner Familie wegen seiner sexuellen Neigungen gerügt, deshalb rasierte er sich den Kopf und lebte in einer Hütte in den Bergen. Er erhielt den Spitznamen "(Ganbari) Nyudo".
Eines Tages, als Nyudo aus war, schlichen sich Diebe in die Hütte und fanden eine Tochter, welche Nyudo entführt hatte, eingesperrt vor. Der Dieb hatte Mitleid mit der Tochter und versuchte, sie aus dem Haus zu holen, aber Nyudo kam zurück und weigerte sich, sie gehen zu lassen, also tötete der Dieb Nyudo und brachte die Tochter zu ihren Eltern zurück.
Seitdem taucht der Geist eines Mönchs im weißen Kimono im Haus ihrer Tochter auf. Es war der getötete Nyudo. Als die Eltern ihre Tochter versteckten, durchstreifte Nyudo verzweifelt die Häuser, Ställe und Latrinen des Dorfes auf der Suche nach ihr und erschreckte die Dorfbewohner.
Eines Nachts wurde Nyudo jedoch von einem Hund tot gebissen. Als die Morgendämmerung kam, lag dort ein toter Fuchs, der einen weißen Kimono trug. Die Leute lachten und erzählten einander, dass der Fuchs den Nyudo nachgeahmt hatte und ein schreckliches Ende erlitten hatte.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Die Geschichte und Herkunft von Kanbari nyūdō sind verwirrend und verworren. Laut Toriyama Sekien (鳥山 石燕; * 1712; † 22. September 1788) stammt dieser Yōkai ursprünglich vom chinesischen Toilettengott Kakutō ab. Da die Zeichen, mit denen Kakutō (jap. かくとう) geschrieben wird, den Zeichen ähneln, mit denen das japanische Wort für Kuckuck (jap. カッコウ) geschrieben wird, könnte dies von Sekien als Wortspiel gedacht gewesen sein. Jedoch war Kakutō kein chinesischer Toilettengott. Er war tatsächlich ein Ming-General aus dem 15. Jahrhundert.
Der Zusammenhang mit dem Kuckuck geht dennoch auf China zurück. Es galt als Unglück, den Ruf eines Kuckucks auf der Toilette zu hören – wenn man beim Toilettengang einen Kuckuck hörte, musste man wie ein Hund bellen, um den Fluch aufzuheben.
Taxonomische Stellung
Die taxonomische Einordnung gestaltet sich aufgrund der wenigen Informationen über diesen Yōkai als schwierig. Kanbari nyūdō scheint menschenähnlich und wird sich vermutlich in eine Gruppe menschenähnlicher Yōkai einordnen. Gegebenenfalls besteht eine Verwandtschaft zu Kurote, da beide Yōkai sich in der Nähe zu Toiletten aufhalten.
Nachweise
- Yokai.com – the online database of japanese ghosts and monsters (Matthew Meyer) Suche nach "Kanbari nyūdō": https://yokai.com/kanbarinyuudou/ Abgerufen am 29.01.2024
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- 十返舎一九 著「列国怪談聞書帖」、棚橋正博校訂 編『十返舎一九集』国書刊行会〈叢書江戸文庫〉、1997年(原著1802年)、222-223頁。ISBN 978-4-336-03543-1。