Prompt 22: Sternenhimmel
»Siehst du die Sterne dort oben?« Noahs Stimme zitterte ein wenig, was ungewöhnlich für diesen sonst so selbstbewussten Teenager war.
»Klar, wie sollte ich die auch übersehen?«, stellte Hendrik etwas genervt die Gegenfrage.
Er wollte heute Nacht nicht mehr groß reden, nicht nachdem er beim Feiern eiskalt abserviert worden war und noch die Nässe auf seinem Gesicht und Shirt spürte, die von dem Drink herrührte, der ihm wiederum von dem Mädchen, das er angeflirtet hatte, ins Gesicht geschüttet worden war.
»Was ist denn damit?«
Noah schwieg, als würde er erst überlegen müssen, ob er nun wirklich laut sagen sollte, was er soeben gedacht hatte. Für eine Weile waren nur noch die Schritte beider junger Männer auf dem betonierten Gehweg zu hören. Sie waren auf dem Heimweg und beide einfach nur noch erschöpft von dieser viel zu langen Nacht.
»Hast du schon mal davon gehört, dass jeder Stern für einen Toten stehen soll, dessen Seele nun dort ständig gefangen ist und die Menschen hier unten ständig beobachten muss?«
Hendrik schüttelte mit dem Kopf und wunderte sich über diese Bemerkung seines besten Freundes. War er high? Was redete Noah da nur?
Doch dieser ließ sich von der Stille nicht beirren und redete einfach weiter. »Seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, dass die Sterne mir böse sind. Als würden sie speziell mich mit ihren augenlosen Blicken verfolgen und mich für alle verurteilen, was ich tue. Sie lästern auch über mich. Ich kann die Sterne reden hören, weißt du? Genauso wie die Menschen hier auf der Erde, die mich verurteilen. Klingt das verrückt?«
Hendrik konnte keine Antwort darauf geben und war sich unsicher, was er von all dem halten sollte. Angst und Unwohlsein pochten aus dem Nichts heraus in seinem Herzen und dementsprechend war der junge Mann froh, dass sie endlich vor dem Haus seiner Eltern angekommen waren und er sich somit vor der Weiterführung dieses Gespräches drücken konnte.
Nun wieder hellwach verabschiedete Hendrik sich von Noah, ging direkt in sein Zimmer und versuchte dort aus den Worten seines beste Freundes schlau zu werden.
Adrenalin schoss durch seine Adern, als der Groschen fiel. Schnell zog der junge Mann sein sein Handy hervor und rief die Polizei. Diese schickte er zum Haus seines Freundes, auch wenn Hendrik eigentlich unwohl dabei war, ihn so zu verraten. Doch trotzdem wollte er wissen, ob er recht hatte mit dem, was er aus Noahs Worten geschlossen hatte.
So sagte Hendrik der Polizei, dass die Beamten doch vor allem den Keller durchsuchen sollten, der neuerdings plötzlich verschlossen worden war, wo sie doch zuvor dort unten immer gezockt hatten, wie Hendrik bei seinem letzten Besuch aufgefallen war.