Geschrieben: 18:00 - 18:15 Uhr
Warnung: COVID-19 und der daraus resultierende Wahnsinn
Keira studierte den Aushang im Treppenhaus und schüttelte den Kopf.
Aufgrund der herrschenden COVID-19 Pandemie, die durch den neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöst wird, werden mit sofortiger Wirkung neue Regeln für die Hausordnung eingeführt.
- Jeder Bewohner hat beim Verlassen seiner Wohnung einen Mund-Nasen-Schutz ordnungsgemäß zu tragen.
- Beim Betreten des Hauses sind umgehend die Hände mit dem bereitgestellten Desinfektionsmittel zu desinfizieren.
- Der Mund-Nasen-Schutz darf erst in der eigenen Wohnung wieder abgelegt werden und ist entweder zu entsorgen oder zu sterilisieren.
- Es ist bis auf Weiteres nicht gestattet Besuch zu empfangen.
Diese Regeln sind OHNE AUSNAHME zu befolgen. Nichtbeachtung und Verstöße werden mit einer Verwarnung und nach wiederholtem Verstoß mit Kündigung der Wohnung geahndet.
Mit freundlichen Grüßen,
I. Bineinarschloch
»Das kann doch echt nicht deren Ernst sein«, murmelte die Studentin und zog den Mund-Nasen-Schutz wieder richtig über ihr Gesicht. Als angehende Virologin war ihr natürlich um die Gefahr bewusst, welche dieses Virus darstellte. Trotzdem übertrieben es ihre Vermieter hier im Studentenwohnheim in ihren Augen ein wenig.
Vermutlich kam als nächste Regel, dass sie ihre Masken konstant tragen sollten oder so etwas. Dennoch würde Keira sich zum Schutz der anderen Bewohner an die Regeln halten. Ihre Hoffnung, dass diese das ebenfalls tun würden, wurde eine Etage höher im Flur bereits zerstört. Ein Pulk Studenten ohne Masken kam ihr Einkaufstüten voller Konserven und Nudeln, sowie Klopapierpakete schleppend entgegen.
Viel Hoffnung hatte sie in diesem Moment nicht mehr. Auf der einen Seite konnte sie es ja verstehen. Diese Menschen waren jung und gesund. Die machten sich über schwere Erkrankungen keine Gedanken. Aber jeder von ihnen hatte Verwandte oder Bekannte, die zu den Risikogruppen gehörte oder begegnete Menschen aus Risikogruppen. Diese mutwillig einem potentiell für sie tödlichen Virus auszusetzen konnte auch nicht die Lösung sein.
Kopfschüttelnd verschwand sie in ihrer Wohnung. Die Tür fiel ins Schloss und sie zog sich die Maske vom Gesicht. Einen Moment lang lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die Tür, hielt inne und atmete tief durch. Das ständige Rückatmen unter der Maske war nicht angenehm, aber sie tat es gern. Zum Schutz ihrer Selbst und ihrer Mitmenschen.
Da sie im Moment eine Alltagsmaske aus Stoff trug, zog sie den Filter heraus, entsorgte diesen und warf die Maske auf den Stapel, den sie am Wochenende abkochen würde. Ihre Mutter hatte ihr gefühlt hundert Masken genäht, damit sie auch ja genug hatte.
Mit einem Lächeln zog sie sich aus und ging Duschen, um sich den Schweiß und die schweren Gedanken abzuwaschen. Hier in ihrer Wohnung, ihrem Rückzugsort war kein Platz dafür.