Geschrieben: 18:00 - 18:13 Uhr
»Langsam aber sicher frage ich mich, was da bei unserer Geschäftsführung abgeht. Seit die Tochter vom Chef mit eingestriegen ist, sind die nur noch Zwietracht am säen. Einer gibt dir ne Anweisung, zwei Minuten später steht der andere bei dir auf der Matte, verlangt das komplette Gegenteil von dir. Und zur Krönung haste dann auch noch die Frau vom Alten im Laden, die denkt, sie ist der Chef«, grummelte Mathilda vor sich hin. Sie nippte an ihrem Kaffee und stellte die Tasse beiseite.
Rosalinde und Hildegard, die beiden Damen aus der Buchhaltung mit denen sie sich regelmäßig traf, nickten.
»Ja, ja ... der gute Herr Steinmann ... der hat es nicht leicht im Leben. Seine Gattin ist garstiger als ein Drache mit einem Dorn im Fuß und die Tochter ist eine Furie. Ich verstehe immer noch nicht, wie er das aushält.«, sinnierte Rosalinde.
Hildegard nickte beifällig.
»Hätte ich als junge Frau solch ein Benehmen an den Tag gelegt, hätte meine Mutter mich immer noch übers Knie gelegt. Erwachsen hin oder her. Es weiß doch niemand mehr, was er jetzt tun soll. Ich habe gehört, der Chef soll der jungen Frau, die zum Probearbeiten da war, gesagt haben, sie soll das Generalalphabet aufräumen und durchwischen. Dann kam seine Tochter an und hat sie in den Keller geschickt, um dort aufzuräumen und Verfalldaten zu kontrollieren. Eine halbe Stunde später hat sie ne Abmahnung von der ›Chefin‹ kassiert. Angeblich hat sie ihr doch am Morgen schon gesagt, sie solle die Sicht- und Freiwahl aufräumen und putzen. Ich hab noch nie jemanden so ausrasten sehen, wie die junge Frau. Die hat sich vor den ganzen Kunden hingestellt und hat die komplette Geschäftsleitung gefragt, wie sie es denn jetzt gerne hätten. Sie könnte nicht an drei unterschiedlichen Orten gleichzeitig putzen, wofür sie nicht zuständig ist und nicht bezahlt wird, aufräumen, ebenfalls nicht ihre Aufgabe, und alles auffüllen. Nebenbei wären da auch noch die mittlerweile drei Warensendungen, die sie zu buchen hätte. Was sie nicht machen konnte, weil sie ja ständig durch die Gegend gescheucht würde mit Dingen, die nicht zu ihrem Aufgabenfeld gehören. Dann hat sich auch noch ein Kunde eingemischt. Weißt du ... einer der Professoren, der ihr gesagt hat, dass sie als PKA ja gar keine Ahnung hätte, was ihre Aufgabe wäre. Während ihre Chefs doch genau wie er selbst alle studiert hätten. Den hat sie dann direkt noch mit abgewatscht für sein Standesdünkel. Dann ist sie ins Büro gegangen, hat den vorbereiteten Arbeitsvertrag zerissen und ihre Bewerbungsunterlagen mitgenommen. Und zwei weitere Leute sind ihr gefolgt. Sowas hab ich noch nicht gesehen.«, erzählte sie aufgeregt.
»Ist nicht wahr«, sagte Mathilda verblüfft.
»Doch ernsthaft. Und wenn ich ehrlich bin, hat sie doch absolut Recht. Die Frau vom Chef hat nicht mal ansatzweise Ahnung von dem was sie tut. Die hat Geschichte auf Lehramt studiert und nicht Pharmazie wie der Chef und seine Tochter. Und die Tochter ist doch noch nicht mal fertig. Die faselt doch die ganze Zeit was von einem Doktor in Geriatrischer Pharmazie. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die schon ihre Approbation hat«, sagte Hildegard ernst.
»Faszinierend.«, sagte Rosalinde und aß ein Stück ihres Käsekuchens. »Dass die Chefs aber auch nichts daraus lernen, dass ihnen ständig die Leute weglaufen. Alle drei Monate müssen wir neue Leute ins System einpflegen.« Sie schüttelte den Kopf.
»Tja ... wer Zwietracht und Hass sät wie die Chefs es tun, der kann nur Sturm und generellen Gegenwind ernten.«, sagte Mathilda achselzuckend.
»Da hast du Recht.«, bestätigten Hildegard und Rosalinde. Dann wandten sie sich ihrem Kaffee und anderen Themen zu. Das Thema Arbeit war abgeschlossen.
A/N: Die Erlebnisse der jungen Frau ohne Namen beruhen auf wahren Begebenheiten.